Angst machende Angst

Glosse zum Thema Angst

von  loslosch

Numquam non miser est, qui, quod timeat, cogitat (Publilius Syrus, 1. Jh. v. Chr.; Sententiae). Nie ist glücklich, wer das, wovor er sich fürchtet, bedenkt. Oder: Keiner ist glücklich, der ständig über seine Ängste nachdenkt.

Die Angst, die sich selbst produziert, ja potenziert. Vielleicht die erste schemenhafte Beschreibung einer Depression. Solche Betrachtungen lassen auch den modernen Menschen etwas ratlos werden. Gab es dieses Krankheitsbild also bereits vor mehr als 2000 Jahren? Vermutlich ja, wenn auch höchst selten.

Keiner ist glücklich, der stets an seine Ängste denkt. Eine kluge Sentenz - so weit zutreffend. Allein es fehlt an Rat, und sei es auch der vagste Therapievorschlag, wie ein Gequälter sich von seinen inneren Fesseln befreien könnte. Heute ist das Wissen der Psychiatrie weit, weit höher - zugleich die Zahl der von Ängsten Heimgesuchten und Geplagten weit, weit größer.

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Kommentare zu diesem Text


 solxxx (02.02.15)
Es soll es sogar geben und das nicht einmal so selten, ja ich möchte sogar behaupten; die Angst vor der Angst ist am Verbreitesten. - LG

 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
klingt tautologisch, ist es aber nicht.
AbrakadabrA (45) antwortete darauf am 02.02.15:
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 TrekanBelluvitsh (02.02.15)
Natürlich gab es die Depression schon früher. Jahrhundertelang benutze man dafür das Wort 'Melancholie', das damals nicht so unbestimmt wie heute, sondern eng umrissen verwendet wurde. Und wenn man sich die Beschreibungen ansieht´, erkennt man das Krankheitsbild der Depression. Und die Überraschungen reißen nicht ab: Melancholie galt in früheren Jahrhunderten als Krankheit!

Das wirklich interessante an dem Spruch von Publius Syrus ist, dass er eine bis heute verbreitete Fehleinschätzung enthält. Er benutzt cogitat = jemand denkt nach. Damit unterstellt er, dass das Ganze ein bewusster Prozess ist, man nur nicht daran denken müsse und schon wäre man aller Sorgen ledig. Diese Annahme ist eben so modern wie falsch! Es ist Küchenpsychologie die funktioniert, wenn es um Stimmungen geht. Dem Krankheitsbild der Depression wird er damit nicht gerecht.

Aber womöglich gehört Publius Syrus auch nur zu dieser gnadenlosen Optimistenbande...
(Kommentar korrigiert am 02.02.2015)

 loslosch schrieb daraufhin am 02.02.15:
von dieser "schwarzgalligkeit" hatte ich schon mal gehört. - man kann natürlich einem depressiven nicht raten, sich zusammenzureißen. damit kann er nichts anfangen.

p.s., ein freigelassener sklave, hat damals wenig schöpferisches geleistet. seine bedeutung liegt vielmehr darin, dass er das "wissen" seiner zeit zusammengetragen hat.

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 03.02.15:
Sag ich doch. damit aus einem Sklaven ein freigelassener Sklave wird, braucht man schon eine Menge Optimimus...
(unter anderem...)

 Dieter Wal (02.02.15)
Mich hat die Lektüre von Jean Delumeaus "Angst im Abendland – Die Geschichte kollektiver Ängste im Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts" nicht nur einmal bereits sehr glücklich gemacht, sie vermag es bei jeder neuen Lektüre, durch die ich immer wieder von der Vielfalt des Dargebotenen überrascht und erfreut werde.

Ein Verständnis kollektiver Ängste hat mir viele historische, soziologische und psychologische Türen geöffnet, weshalb ich dem römischen Autor nur bedingt zustimme.

Sicher sind kontinuierlicher Pessimismus unter Nabelschau wenig hilfreich im Leben. Sich nicht auch zB durch jenes Buch Delumeaus mit dem Phänomen eigener und kollektiver Ängste auseinanderzusetzen, halte ich für einen Nachteil.

 loslosch ergänzte dazu am 02.02.15:
du kennst dich ja bestens aus, dieter. mein oberflächenwissen rührt daher, dass mich diese schwermut nicht behelligt, niederdrückt. was natürlich nicht besagt, dass depressive sich mit der krankheit intensiv befassen. vermutlich höchst selten. früher war depressiv ein makel, dessen sich die betroffenen sogar schämten. heute reden die ganz jungen flapsig darüber: "ich glaub, ich hab 'ne depri."
Nimbus (41)
(02.02.15)
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 Didi.Costaire (02.02.15)
Ja, viele Ängste sind reine Illusion und sie verselbständigen sich - eine Schattenseite des Naturwunders Menschliches Hirn.
Beste Grüße, Dirk

 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
von außen betrachtet hast du völlig recht, dirk. die betroffenen sehen das (leider) anders. lo
(Antwort korrigiert am 02.02.2015)

 niemand (02.02.15)
Menschen die keine Angst haben, haben auch wenig Fantasie/Vorstellungskraft im Bezug auf mögliche Gefahren.
Hierzu würde ich auch den sogenannten Helden zählen,
welcher sich mutig, jedoch gedankenlos, ins Geschehen wirft. Oft sind es auch Geschöpfe, die mehr Muskel-
als Hirnmasse zu haben scheinen. Macher und stete Optimisten, welche nicht nur auf dem Boden fest stehen, sondern mit dem Hintern den Acker furchen
Eines ist klar, das Leben fällt solchen leichter. Im Übrigen sollte man "Angst haben/zur Angst fähig sein" nicht mit einer Depression verwechseln. Bei einer richtigen Depression hat der Mensch nichts mehr, weder Angst, noch Freude, noch Mut noch sonstwas - er ist innerlich wie abgestorben, aber das wissen nur die welche eine echte Depression kennen, die meisten reden höchstens von einer depressiven Verstimmung oder Melancholie. Um Angst überhaupt haben zu können, muss man feine Sensoren haben, muss man empfindlich sein fürs Kleinste. Der Masse Mensch fehlt solches, daher wirft sie sich auch in Unmöglichkeiten und hat letztlich nur Glück, das Glück des
Naiven. Mit herzlichen Grüßen, Irene

 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
gar keine angst kennen, das wäre das andere extrem. meist sind solche menschen, wie du richtig andeutest, mit einem bescheidenen verstand "gesegnet". lo
Graeculus (69)
(02.02.15)
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 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
das thema angst wird hier zahlreich kommentiert. so verbindet sich angst mit glück.

 Fuchsiberlin (02.02.15)
Sweety,

zu große Angst kann blockieren. Dafür gibt es dann Fachleute.

Liebe Grussis
Jörg

 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
na, so süß bin ich auf meine alten tage sicher nicht ...

 EkkehartMittelberg (02.02.15)
Solange man noch über seine Ängste nachdenken kann, ist es so schlimm noch nicht.
Bei großer Angst setzt der Verstand aus.
t.t.
Ekki

 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
strauß sagte gelegentlich: aus angst vor dem tod selbstmord begehen. ob er den spruch geklaut hatte?
janna (66)
(02.02.15)
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 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
ja, du hast es auf kv schon öff. gesagt. schön makaber, die story. beim monotonen kartoffelschälen kann man ins grübeln kommen und - mit dem messer in der hand - auf dumme gedanken.
janna (66) meinte dazu am 02.02.15:
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 loslosch meinte dazu am 02.02.15:
oha. in meinem alter gebe ich einen schlechten kronzeugen ab!
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