Kältemutter

Monolog zum Thema Alles und Nichts...

von  Muuuzi

Das Marmeladenbrot ist schon alt. Warum liegt es noch hier? Alles ist angeschmiert davon. ‬

‪Warum konnte er nicht besser aufpassen? Warum benutzte er keinen Teller? Nun darf ich alles wegputzen! Ich habe es satt. ‬
‪Ob er schon schläft! Wo ist er? Ich will ihn nicht mehr wecken. Nein, bestimmt schläft er schon. Liegt wohlbehütet in seinem Bettchen. ‬
‪Es ist kalt. Es ist so unglaublich kalt in diesen Räumen. Wer hat die Heizung abgestellt? Ich war doch eben noch da? ‬Ich hol mir dann meine Weste. Sie liegt noch im Auto. Dann ist es besser.
‪Und dann muss ich noch putzen! Alles ist verdreckt. Alles ist verschimmelt und voll von Ungeziefer! Selbst in der Obstschüssel! ‬
‪Auch der Vogel im Käfig ist tot. Das arme Geschöpf! Wer verdenkt es ihm? Ich bringe ihn später raus. Die Blumen haben kein Wasser mehr. ‬
‪Wann war ich zuletzt hier? Ich kann mich nicht erinnern. Es war doch erst vor wenigen Tagen. Oder...irre ich mich? ‬Wie kann er nur die Wohnung so vernachlässigen?
‪Ich kann mich noch an die letzte Zugfahrt mit ihm erinnern. Sie war im September? Als wir zusammen nach Paris fuhren. Ja, es war bestimmt im September. Damals war er noch glücklich. Wir waren alle glücklich. Selbst ich. Doch der Herbst ist doch schon vorbei. Es ist doch schon Frühling! Wo ist nur die Zeit geblieben? ‬Wie bin ich denn heute aufgewacht? Puh! Ich weiß es nicht mehr.
‪Wie er nun daliegt! Ich habe dieses Wunder geschaffen. Diesen wunderschönen Knaben, seine blasse Haut und seine großen Augen.
‪Ja, er schläft. Tief und fest. Ich wecke ihn nicht. Ich decke ihn zu. ‬Die Decke ist schön warm.
‪Ob die Zeit vergeht, wenn ich einen Augenblick raste? Rastet sie dann mit mir? Oder nimmt sie keine Rücksicht, schleicht fort und beachtet mich altes Weib nicht weiter! ‬
‪Wo kommen nur die roten Spritzer her? Der ganze Spiegel ist voll davon. Falten in meinem Gesicht. Ich kann sie deutlich sehen! Es bekümmert mich! Alles grau und farbenblind.‬

Er atmet nicht mehr. Er atmet schon längst nicht mehr! Niemals zuvor war seine Haut so blass. Niemals zuvor lag Blut in seiner Nabelgrube. Er ist tot, ja schon längst gestorben! Gestehe es dir ein! Du weißt es genau. Schau doch nur, was du getan hast! Der eine Moment der Schande hat dich überholt! Verdränge ihn nicht mehr. Du weißt warum du es getan hast. Du weißt es. Sag es! Nein, ich kann nicht. Ich erinnere mich nicht. ‬
‪Nur Liebe für ihn. Die Liebe bleibt bestehen! Für immer! Die Liebe ist stärker!? Was habe ich nur getan? Ich kann nicht mehr so tun als ob. Es ist vorbei, geschehen und nicht mehr zu verzeihen.‬
‪Ich bin seine Mörderin. Ich habe ihn erschossen, schau nur, schau gut hin, du! Hier liegt noch die Waffe! Die Marmelade ist sein Blut. Schau doch, wie sonst könnte sie so rot sein? Gestehe es dir endlich ein! Gestehe, Mörderin! Göttin! Richterin! ‬
‪Er wird für immer hier in seinem Bettchen liegen. Verschwindet, ihr bösen Gedanken und lasst mich allein mit dem Leichnam meines Sohnes! Die Maden werden ihn zerfressen. Das ganze Fleisch abnagen. Der Gestank wird unerträglich sein. Irgendwann werden die Fliegen verschwinden! Ich werde solange geduldig warten.


‪Das Marmeladenbrot ist schon alt. Warum liegt es noch hier? ‬
‪Alles ist angeschmiert davon.‬

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (17.02.15)
Sehr traurig. LG
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