Das ausgeschlossene Dritte

Glosse zum Thema Fortschritt

von  loslosch

Tertium non datur. Oder: Nihil tertium est (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; Epistulae ad familiares; ebenso Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Ein Drittes gibt es nicht.

Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten war hoch im Schwange bei den alten Sprachgrößen, ist keineswegs nur den großen Logikern der Antike (wie etwa Aristoteles) zuzurechnen. Die Sonne scheint oder sie scheint nicht. Scheint sie ein bisschen nur, so scheint sie eben doch. Lieber ein weiteres Beispiel: Die Frau ist schwanger oder sie ist nicht schwanger. Ein bisschen schwanger (Politikerjargon), das geht eben nicht. Oder (sehr infam): Aut amat aut odit mulier, nihil est tertium (Sprichwort aus dem Mittelalter). Die Frau liebt oder hasst, da ist kein Drittes. Das Gestaltungsprinzip der binären Logik: Der Strom fließt oder er fließt nicht. Oder: Der Impuls erfolgt oder er erfolgt nicht. Aus einer schier endlosen Zahl von Nullen und Einsen in unterschiedlicher Abfolge lassen sich Bilder, Landschaften, Tabellen, Grafiken, dynamische Prozesse usw. konstruieren. Daran hatten Cicero und Seneca nicht gedacht, verstanden hätten sie das Prinzip der modernen Datentechnik aber schon.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(20.02.15)
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 loslosch meinte dazu am 20.02.15:
das gilt auch für die sog. paradoxa: alle kreter lügen, behauptet ein kreter.

ps: ein teil der antwort hat sich verirrt. siehe unter trekanbullevitsh.
(Antwort korrigiert am 20.02.2015)

 Bergmann (20.02.15)
Wir müssen nicht mehr die Probleme des Aristoteles erörtern, das kann man als Student auf der Uni mal tun.
Ich denke, heute muss man frühestens bei Wittgenstein (Tractatus ...) und Russell/Whitehead (Principia ...) einsteigen, kann dabei noch Frege einbeziehen, aber das reicht dann als Logik-Steinzeit. Anekdoten sind allerdings oft auch ganz lustig, und so haben sie ihren verdienten Platz.

 loslosch antwortete darauf am 20.02.15:
für den historiker ist das schon interessant, uli. im klarsten kohl-deutsch: wir stehen auf den schultern unserer vorfahren. (vllt. meinte er: ... auf den schulden unserer vorfahren.)

 Bergmann schrieb daraufhin am 20.02.15:
Ich habe 1970 gern Logik gemacht (im Fach Philosophie), bin ja auch Historiker. Suum cuique, sage ich (auf die Gefahr hin, dass mir einer der kv-Rüpel wieder Auschwitz um die Ohren hauen.

 TrekanBelluvitsh (20.02.15)
Vielleicht postuliert der Mensch dieses Prinzip ja, weil er Schwierigkeiten hat, schon mir drei Möglichkeiten umzugehen. Oder anders ausgedrückt: Bipolares Denken macht Pseudodenker glücklich!

 loslosch äußerte darauf am 20.02.15:
die zukunft wird von der gegenwart eingeholt. das haben prognosen so an sich. das angesprochene bipolare denken wäre ein schwarz-weiß-denken.

ps: der anfang gehört zur antwort auf graecu...
(Antwort korrigiert am 20.02.2015)
Graeculus (69) ergänzte dazu am 20.02.15:
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 loslosch meinte dazu am 20.02.15:
zur wahrscheinlichkeit: das transformieren wurde erst ab dem 18. jh. entwickelt. als erster gilt bernoulli. die älteren dachten zwar an wahrscheinlichkeiten (lehnwort aus vere/ similis, der wahrheit ähnlich), glaubten aber, damit ließe sich nicht "rechnen".

unter fuzzi logik fand ich den bemerkenswerten satz: "Die Überlegungen zu einer Logik der Unschärfe reichen zurück in die griechische Antike. Bereits der Philosoph Platon postulierte, dass zwischen den Begriffen wahr und falsch ein dritter Bereich liege. Dies stand ganz im Gegensatz zu seinem Zeitgenossen Aristoteles, welcher die Präzision der Mathematik darin begründete, dass eine Aussage nur entweder wahr oder falsch sein kann." (wiki zur fuzzilogik.)
(Antwort korrigiert am 20.02.2015)

 Irma (20.02.15)
Heute sind wir da weitaus aufgeschlossener und schließen Möglichkeiten ein, die früher undenkbar gewesen wären: Es gibt Mann und Frau - und es gibt Conchita Wurst. So what? LG Irma

 loslosch meinte dazu am 20.02.15:
oh, der arme conchita. immerhin konnte er seine bipolarität verwursten, yvonne. lo
Graeculus (69) meinte dazu am 20.02.15:
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