Pulen in diesem Arsch von einem Sonett - Ein Lit-Forum übersetzt Rimbaud

Experimenteller Text zum Thema Geborgenheit/ Wärme

von  toltec-head

Aus: Deutsches Schriftstellerforum  -> Schönes bleibt! -> Lyrik

toltec-head
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BeitragVerfasst am: 04/05/2012 17:31

In deutschen ja eh, aber selbst in französischen Rimbaud-Ausgaben fehlt oft das berüchtigte Cul-Sonnet, das er mit Paul Verlaine zusammen verfasste. Auch ist es, soweit ich weiß, nie ins Deutsche nachgedichtet worden.

Ich lobe hier mal 500 € für den aus, der es schafft eine akzeptable Nachdichtung zustande zu bringen, die zudem vom Moderator nicht in den Red Light District verschoben wird.
 
Sonnet du cul
 
Obscur et froncé comme un oeillet violet
Il respire, humblement tapi parmi la mousse
Humide encore d´amour qui suit la fuite douce
Des fesses blanches jusqu´au coeur de son ourlet.
 
Des filaments pareils à des larmes de lait
Ont pleuré, sous le vent cruel qui les repousse,
A travers de petits caillots de marne rousse
Pour s´aller perdre où la pente les appelait.
 
Mon rêve s´aboucha souvent à la ventouse;
Mon âme, du coit matériel jalouse,
en fit son larmier fauve et son nid de sanglots.
 
C´est l´olive pâmée, et la flûte câline;
C´est le tube où descend la céleste praline:
Chanaan féminin dans les moiteurs enclos.

Eine Prosa-Übertragung sähe so aus:

Loch-Gedicht

Dunkel und runzlig wie eine violette Nelke
Atmet es, bescheiden kauernd im Moos,
Feucht noch von Liebestropfen, die den zarten Spalt
Der weißen Backen bis ins Herz des Saums hinabrinnen.

Fleischfasern, die Milchtränen gleichen,
Haben unter dem sie niederdrückenden gewaltigen Wind geweint.
Aus kleinen Kieselsteinen rötlichen Mergels dringen sie hervor,
Um sich dorthin zu verlieren, wohin der Abhang sie ruft.

Das Saugloch, mein Traum er hat es oft geküsst.
Meine Seele, süchtig nach einem richtigen Fick,
Hat aus ihm sein wildes Tränenbad und Stöhnnest gemacht.

Es ist die ohnmächtig zerquetschte Olive und die schmeichelnde Flöte:
Es ist die Tube, aus der die himmlische Praline herabkommt:
Ein von Feuchtgebieten umschlossenes, feminines Land Kanaan.

Wer kann´s metrisch und mit Reim?

EdgarAllanPoe
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BeitragVerfasst am: 04/05/2012 18:02

Das Ding heißt Sonnet DU TROU du cul. Ich hab es an die Moderation gemeldet, damit sie den Titel korrigieren kann.

Moderator
Beiträge: 8454

Beitrag Verfasst am: 04/05/2012 18:15

Hab's geändert. Sollte auch das nicht stimmen, ändere ich das solange, bis es paßt. smile


toltec-head
BeitragVerfasst am: 04/05/2012 18:33 

Danke Poe, trou du cul ist korrekt und gibt mir Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass die 500 € Übersetzung nicht nach vulgärer Gossesprache klingen darf, weil so etwas zumal im Deutschen abscheulich ist. Rimbaud und Verlaine haben zwar in der Zeit als dieses Gedicht geschrieben wurde in der Gosse gelebt, es klingt aber im Original kein bisschen nach Gosse und ist auch nicht vulgär. Trou du cul dürfte für den Übersetzer ins Deutsche somit schon die erste beinah unüberwindbare Hürde darstellen.


EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 04/05/2012 18:59   

Wie soll man es anders als mit "Arschloch" übersetzen? Eine gepflegtere Bezeichnung ist im Deutschen ja kaum möglich. Ich könnte natürlich in die etwas rauere Ecke gehen und "Drecksloch" vorschlagen, aber eine kindlich-verniedlichende Variante wäre auch denkbar. Obwohl ich Letzterem sehr skeptisch gegenüber stehe, weil das ganze Sonett dann ins Lächerliche kippt. Das "Drecksloch" wäre noch eine gute Alternative.

Mardii
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BeitragVerfasst am: 04/05/2012 19:16 

"Drecksloch" wäre gegenüber dem "Arschloch" relativ mehrdeutig. Vielleicht haben Verlaine und Rimbaud bewusst eine eindeutige Überschrift gewählt, um etwaigen Mehrdeutigkeiten zu anderen Löchern vorzubeugen?
 

toltec-head
BeitragVerfasst am: 04/05/2012 21:45   

Herr Po, äh Poe , du hast Recht, dass sich gleich hier zu Anfang massive Übersetzungsprobleme stellen. Die Deutschen haben zu dem bezeichneten Körperteil wohl nie ein gesundes Verhältnis ausbilden können. Nicht nur die Dichtkunst hat hierunter zu leiden. Ich hab im Internet mal von einer vergleichenden statistischen Untersuchung zu Hämorrhoiden in Deutschland und Frankreich gelesen, die erschreckendes zu Tage brachte. Es  wäre sehr interessant den doch etwas unglücklichen Geschichtsverlauf unseres miserablen Völkchens unter diesem Gesichtspunkt einmal näher zu durchleuchten.

Drecksloch geht überhaupt nicht. Trou du cul ist im Französischen kein bischen pejorativ,weshalb es dort eben auch nicht als Schimpfwort verwendet werden kann.

Poloch geht auch nicht, denn Männer haben nun einmal leider keinen Po und Pädophilie ist hier nicht das Thema.

Ich denke es bleibt uns keine andere Übersetzung als Loch übrig. Dies entspricht im Übrigen auch der heutigen Schwulensprache, in der eine Verwechselung mit anderen Löchern durchaus ausgeschlossen ist.


EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 05/05/2012 18:06 

Der Zyklus, aus dem dieses Sonett stammt, heißt "Les Stupra". Das ist Lateinisch und bedeutet übersetzt "Obszönitäten". Damit dürfte auch klar sein, wie man dieses Gedicht übersetzen kann. Der Duden und der Larousse liefern zudem beide den Hinweis, dass man den Begriff "Arschloch" entweder als vulgäre Bezeichnung für den Anus oder einen Dummkopf verwenden kann.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 05/05/2012 18:50

Les Stupra ist ein späterer Titel, der weder von Rimbaud noch Verlaine stammt. Das Gedicht wurde zuerst von Verlaine unter seinem Namen in dem Band "Hombres" veröffentlicht, das nur unter der Ladentheke zu kaufen war.

Ich habe aber auch nie bestritten, dass das Gedicht obszön ist, sondern nur gesagt, dass es im Französischen nicht vulgär klingt. Vulgär und obszön sind zwei ganz verschiedene Dinge. 

Sonnet vom Arschloch fände ich weiterhin sehr unschön. In den im Internet auffindbaren englischen Übersetzung heißt es allerdings auch "Sonnet of the Asshole". Klingt auf Englisch doch auch blöd - oder?

Wie wärs mit "Sonnet vom Loch des Hintern"?
 

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 05/05/2012 19:03   

Nein, das klingt viel zu hölzern mit dieser Genitivkonstruktion! Ich würde dann doch eher von einem Arsch- oder Polochsonett sprechen.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 05/05/2012 19:45   

Eine Genitiv- oder Dativkonstruktion entspräche dem Original!

Mein Petit Robert hat zu trou du cul keinen Eintrag, zu cul wird aber auch die Bedeutung "idiot" angegeben. Cul ist also tatsächlich wie im Deutschen auch ein Schimpfwort, so dass ich mit meiner These von der problematischen Sonderstellung der Deutschen zu diesem Körperorgan wohl doch leider Unrecht habe - es sei denn man unterscheidet noch einmal feinsinnig zwischen cul und trou du cul, weil letzteres kein Schimpfwort zu sein scheint.

Ist es nicht vielleicht doch so, dass es im Französischen nicht wirklich ein Wort für Arsch gibt und cul mehr unserem Hintern entspricht? cul de paris - eine Frauenmode der belle époque lässt sich ganz sicher nicht mit Arsch von Paris übersetzen. Oder ist Hintern la derrière? Haben Tiere eigentlich nur einen Hintern und nur der Mensch einen Arsch? Wenn dem so wäre, würde das den Arsch gegenüber dem Hintern ja doch wohl sogar nobilitieren. Fragen über Fragen.

Gibts denn hier niemanden, der beide Sprachen perfekt beherrscht?

Sonnet vom Hintern ist zwar weniger vulgär, aber leider geht auch die Sinnlichkeit ein stückweit flöten. Im Zweifel wär ich dann für die Sinnlichkeit.

Nihil
Moderator
Alter: 25
Beiträge: 6588
BeitragVerfasst am: 07/05/2012 01:51 

Zitat:

Ich hab im Internet mal von einer vergleichenden statistischen Untersuchung zu Hämorrhoiden in Deutschland und Frankreich gelesen, die erschreckendes zu Tage brachte. Es wäre sehr interessant den doch etwas unglücklichen Geschichtsverlauf unseres miserablen Völkchens unter diesem Gesichtspunkt einmal näher zu durchleuchten.

Zeigt sich diese Beschämtheit denn nicht viel mehr in deinem Zögern, einfach Arschloch zu sagen? Schließlich beginnt mit Baudelaire eine Zeit, in der das Alte Schöne endgültig angezweifelt und aufgebrochen wurde. (Nicht, dass es das nicht schon vorher gegeben hätte.)

Zitat:
Eine Genitiv- oder Dativkonstruktion entspräche dem Original!

Das kann man so nicht sagen, da die Franzosen ihre Wörter nicht so zusammenziehen können wie wir und das „de“ in fast jedem spezifischeren Wort steckt. Im Deutschen hingegen ist das „des“ unnötig schwer.

Es ist nun mal sehr deutlich in seiner Sprache, auch wenn die „Tränen aus Milch“ im „Leck“ am „Rande des Saums“ darüber hinwegtäuschen könnten. Man muss ja nicht gerade schreiben, dass jemand hier kräftig in wessen Arschbacken abgespermt hat, aber eine deutliche Übersetzung, die nicht vulgär sein muss, ist ja heutzutage wirklich kein Ding mehr. Die sprachliche Ebene ist (größtenteils) poetisch, die semantische pornographisch.

Zitat:
Rimbaud und Verlaine haben zwar in der Zeit als dieses Gedicht geschrieben wurde in der Gosse gelebt, es klingt aber im Original kein bischen nach Gosse und ist auch nicht vulgär. Trou du cul dürfte für den Übersetzer ins Deutsche somit schon die erste beinah unüberwindbare Hürde darstellen.

Warum sollte das im Französischen denn nicht vulgär klingen? Nur weil es klischeehaft eine schön klingende Sprache der Liebe ist?

Nichtsdestotrotz würde es mich doch sehr reißen, zumindest mal eine Übersetzung zu wagen. Gerade habe ich eine ins Englische gelesen, wo der grausame Wind plötzlich Südwind war, obwohl von Süden nie die Rede ist. Hm.

Zitat:
cul de paris - eine Frauenmode der belle époque lässt sich ganz sicher nicht mit Arsch von Paris übersetzen. Oder ist Hintern la derrière?

Und wo ich gerade schön am Klugscheißen bin: Beim Cul de Paris ist nicht auszuschließen, dass das, zumindest anfangs, ein Schmähbegriff war, der sich einfach eingebürgert hat. (So war es zum Beispiel auch beim Begriff Barock, der ursprünglich Hässliches oder Überladenes bezeichnete.) Hintern kann man hier wohl auch sagen, aber derrière ist dann normalerweise doch das gezähmtere Wort.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 07/05/2012 17:52   

Danke Nihil für deine Hinweise.

Für die Ästhetik des Hässlichen bin ich sofort zu haben. Aber das Problem mit Arschloch ist eben, dass es im Deutschen ein Schimpfwort ist. Der Arsch wird nicht als böse, sondern als dumm angesehen, was nun wirklich blöde ist. Aber was will man von einer Sprachgemeinschaft erwarten, die sich so schöner Wörter wie Wichsen bedient?

Wenn wir trotzdem bei Sonnet vom Arschloch bleiben wollten, müssten wir im Übrigen auch erst die Walter Moers Comics einem autodafé unterziehen, finde ich.

Ich gebe zu bedenken, dass wenn wir in diesem Tempo weiter machen, uns eine Übersetzung nie gelingen wird. Einen Inflationszuschlag zu den 500 € werde ich nicht zahlen! Und die eigentlichen Probleme warten ja noch auf uns. Wie würdet ihr denn

Mon âme, du coit matériel jalouse

übersetzen und interpretieren?

Wer die Sonnet-Form zwar nicht einhält, aber immerhin eine gereimte Fassung abliefert, die sich sehen lassen kann, bekommt 250 €.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 07/05/2012 19:29   

Hier eine Basisübersetzung, anhand derer sich vielleicht arbeiten lässt: Ich habe sie "Polochsonett" genannt, damit sich Reminiszenzen an andere Körperöffnungen vermeiden lassen.

Es ist voll Haar und rosafarben: nelkengleich,
so atmet es, gedrückt bescheiden in den Schaum,
der feucht von Liebe ist. Er folgt sehr weich
dem blanken Hintern bis zum Kern des Saums.

Und Fädchen – so geformt wie milchgespritzte Tränen –,
die flennten unterm scharfen Wind, der sie nicht wollte,
so über kleinen roten Mergel hin, um sich zu wähnen,
wo immer auch der Hang befahl, dass sie sich rollten.

Mein Traum hing sich sehr oft an diesen Pfropf,
mein Herz – im Neid auf Beischlaf (armer Tropf!) –
zum Tränenfänger wurde es und schluchzumgossen.

Es ist olivenhaft und blümerant, das Himmelslied;
es ist das Rohr, in das die Paradiesfrucht flieht:
Du frauenhaftes Kanaan, so feucht umschlossen!

toltec-head
BeitragVerfasst am: 07/05/2012 20:00   

Edgar Allan, ich bin begeistert! Wie hast du das so schnell hinbekommen? Muss es erst noch weiter auf mich wirken lassen. Aber die beiden ersten Strophen sind schon einmal beinah perfekt. Die beiden letzten sind leider etwas durchwachsen. Mit dem armen Tropf kann ich mich erst mal nicht anfreunden. Das Rohr, in das die Paradiesesfrucht flieht, ist an sich genial. Aber im Text stehts leider anders. Ich glaube, Du hast céleste praline etwas missverstanden oder nicht?

Es ist dir aber insgesamt das Kunststück gelungen, auf deutsch die Sache nicht vulgär hinzubekommen, was ja mein Wunsch war. Wenn natürlich auch Beischlaf etwas unschön ist. Erinnert an den juristischen terminus technicus der Beischlafdiebstahls.
 
EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 08/05/2012 10:50   

Danke für die Blumen.
Inzwischen hab ich den "Neid auf Beischlaf" durch "Intimneid" übersetzt. Rimbaud und Verlaine werden "coït" (das du übrigens falsch geschrieben hast) ja nicht umsonst gesetzt haben, denn sie wollten ja die zärtelnde Frauenkörperdichtung Albert Mérats parodieren. "Intimverkehr" hätte nicht ins Metrum gepasst, aber ich denke, auch mit "Intimneid" ist "coït" angemessen genug übersetzt.
Wie hast du denn die "céleste praline" verstanden?
Übrigens bin ich auch nicht mit dem "arme[n] Tropf" zufrieden, das ist eher aus der Not entstanden. Ich werd mir da was Besseres überlegen.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 08/05/2012 19:05 

Muss coit weiterhin falsch schreiben, hab keine Ahnung wie man die beiden .. erigieren kann.

Intimneid empfände ich als Verschlimmbesserung. Das Klingt ja nach Intimseife oder so. An dieser Stelle wird man um einen härteren Ausrduck nicht herumkommen, die Idee des Penetrierens muss zumindest anklingen.

Leider haben sich für mich weitere Zweifelsfragen an Deiner Übersetzung ergeben. Aber zunächst mal, den Titel Polochsonnet find ich eigentlich gut, er kann lautmalerisch sogar  (und das im Deutschen, dieser Advokatensprache!) mit dem französischen Original durchaus konkurrieren und Lautmalerei ist ja bei Rimbaud und Verlaine das A und O.

Dein Beginn: "Es ist voll Haar..." geht dann aber gar nicht. Ein Poloch voll Haar, ich bitte Dich! Übrigens hab ich auch noch mal zur Entstehungsgeschichte gegooglet und man muss den schwulen Kontext doch stark relativieren, wenn nicht gar ausklammern. Das Gedicht ist für einen Pariser Salon von Literaten als Parodie auf einen Text von Mérat, wie Du ganz richtig schreibst, entstanden. Das beschriebene Körperteil wird also wohl doch das einer Frau sein. Deshalb geht Poloch in Ordnung, aber die Haare müssen raus. Stehen nicht im Original und von Picasso abgesehen gibts kaum jemanden, der so was in weiblichen Polöchern mag. Also leg hier mal die Pinzette an...

Zur céleste praline möchte ich nur sagen, dass sie ja descendieren und nicht ascendieren tut wie in deiner Übersetzung.

Armen Tropf kann man mit Penis assoziieren (tropf, tropf) und ist insoweit vielleicht doch ganz genial.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 09/05/2012 19:02   

Jetzt ist das Sonett doch deutlich vulgärer geworden.
Deinen Hinweis mit dem haarigen Poloch hab ich umgesetzt. Jetzt steht da: "Sehr dunkel, kraus und rosafarben: nelkengleich" usw. Der härtere Ausdruck für "Intimneid", welcher sich in der Rückschau doch ausnimmt wie ein terminus technicus, lautet jetzt "so scheel aufs reine Pimpern". "Scheel" lässt sich durchaus als Synonym für "neidisch", also "jaloux", auffassen; ich habe nach einem einsilbigen Wort gesucht, das ins Metrum passt. Außerdem ist das "Pimpern" zwar ein bekannter, aber nicht so viel verwendeter Ausdruck für den Akt wie "Knallen" oder Ähnliches.
Dass die "céleste praline" aufsteigt, ist aus meiner Übersetzung doch nicht ersichtlich. "Poloch" hat jetzt, nach dem Abstand einiger Tage, doch eher einen kindlichen, wenn nicht sogar verklemmten Klang: Da habe ich wörtlich übertragen und mich nun doch fürs "Arschloch" entschieden, um die pornographisch-semantische Ebene nicht ins Schwanken zu bringen.
Hier nochmal der ganze Text:

Arschloch-Sonett

Sehr dunkel, kraus und rosafarben: nelkengleich,
so atmet es, gedrückt bescheiden in den Schaum,
der feucht von Liebe ist. Er folgt sehr weich
dem blanken Hintern bis zum Kern des Saums.

Und Fädchen – so geformt wie milchgespritzte Tränen –,
die flennten unterm scharfen Wind, der sie nicht wollte,
so über rotes Mergelzeugs, um sich zu wähnen,
wo immer auch der Hang befahl, dass sie sich rollten.

Mein Traum verhakte sich sehr oft an diesem Pfropf,
mein Herz – so scheel aufs reine Pimpern (armer Tropf!) –:
Zum Tränenfänger wurde es und schluchzumgossen.

Es ist olivenhaft und blümerant, das Himmelslied;
es ist das Rohr, in das die Paradiesfrucht flieht:
du frauenhaftes Kanaan, so feucht umschlossen!

toltec-head
BeitragVerfasst am: 10/05/2012 18:32

Du befindest Dich auf der Zielgeraden zum Preisgeld.

Die zweite Strophe ist perfekt. Damit wirst du in die Geschichte eingehen.

Die erste ist auch gut aber z.B gefällt mir das "Sehr" gleich  am Anfang nicht, no "sehrs" in poems please! Beim Schaum, der feucht ist, fragt man sich obs auch trockenen Schaum gibt. Ja gibts, zB in Discotheken oder in Installationen von James Turrell, aber so was kannte unser Dichterduo nicht. Doch das sind Kleinigkeiten.

Bei den beiden letzten Srophen haperts. Das Herz, das Pimpern will ist ganz schlecht und Tropf ginge, wenns den Bezug zu Penis gäbe aber der Bezug auf Herz ist ruinös.

Und nochmal zur Praline: sie deszendiert, kann also schlecht nach Innen fliehen, wenn schon flieht sie nach draußen. Aber warum flieht sie denn?

Die Praline führt mich noch mal zum Titel. Du kennst mich ja mittlerweile ein bischen, ich bin keineswegs verklemmt. Aber die aus dem Arschloch deszendierende Praline ist auch unter Gesichtspunkten einer Ästhetik des Hässlichen nicht ästhetisch sondern einfach nur eklig. Es ist daher zwingend: Wir müssen uns einen gepflegten Pariser Damenpo frisch aus dem Boudoir denken, der das ganze umrahmt, so dixhuitième siécle like wie von Boucher gemalt. Keineswegs 20. Jahrhundert Homoästhetik, die auch vor letzten Greueln nicht zurückschreckt. Und dann ist es in sich stimmig, die Praline aus einem Boucher Popo lässt man sich gefallen. Der Titel muss deshalb Sonnet vom Poloch sein. Polochsonnet ginge theoretisch auch, aber das klingt furchtbar ringelnatizg und zu wenig klassisch und klassisch ist dieses Sonnet ja trotz allem.

Aber es ist Licht am Ende der himmlischen Tube deutlich erkennbar...

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 10/05/2012 18:51 

Ich möchte sehr wohl behaupten, dass PV und AR feuchten Schaum kannten, immerhin haben sie den in ihrem Sonett (ja, Sonett!!) selbst erwähnt: "Il respire, humblement tapi parmi la mousse / Humide encor d'amour [...]".
Die ersten beiden Verse des ersten Terzetts sind wirklich misslungen, da hast du Recht: Ich muss da nochmal drüber. Wahrscheinlich werde ich sie entfernen und nochmal neu anfangen müssen. Aber das macht nichts.
Die Sache mit der Praline könnte man durch eine simple Präpositionsänderung korrigieren, allerdings entspricht eine Fluchtbewegung nicht dem Absteigen oder in diesem Zusammenhang besser: Hinausrutschen. Das ist in der Tat sehr ekelhaft und killt sämtliche Erotik, sofern man in dieser Parodie davon sprechen mag. "Sonett vom Poloch" finde ich wegen der Dativkonstruktion ein wenig verunglückt, wie wäre es mit "Sonett auf / an ein Poloch"? Immerhin sprechen die beiden Dichter das an: "du frauenhaftes Kanaan, so feucht umschlossen!". Für das "descendre" muss ich noch Synonyme suchen und notfalls Reime ändern.
Und: Hast du eine Variante parat, die das "sehr" am Anfang des ersten Verses vermeiden und trotzdem in den sechshebigen Jambus passen kann?

Für den Anfang hab ich einen lockereren Ton gewählt: "Echt dunkel, kraus und rosafarben ...". Damit sollte die satirische Absicht sofort deutlich werden. Im zweiten Terzett dann das:

Mein Traum wars oft, mich mit dem Schröpfkopf zu verhaken,
mein Herz jedoch im Neid aufs Wälzen auf dem Laken: ...

Wirkt das hier unfreiwillig komisch?

Es ist olivenhaft und blümerant, ein süßer Schall;
es ist das Rohr, aus dem das edle Naschwerk knallt: ...

toltec-head
BeitragVerfasst am: 10/05/2012 19:24   

Sei so nett und schau beim Übersetzen dieses Sonnets (Sonett heißt mein Spülmittel!) auch mal ein bischen ins Wörterbuch. Mousse ist Moos und der kann natürlich, wenns glitschig wird schnell mal feucht werden. Oh je, da sind sie doch, die verfluchten Haare...

Wenn ich Lust hätte sechsfüßige Jamben zu zählen, hätte ich wohl kaum die Auslobung gemacht.

Aber Sonnet auf ein Poloch ist bedenkenswert.
 
"Echt" dunkel geht noch viel weniger als "sehr". Wir haben es hier nicht mit einem Rap sondern eine Hochform der Dichtung zu tun.

Was du mit Schröpfkopf meinst, ist mir unklar. Wälzen auf dem Laken geht natürlich nicht.

Dein Ende ist aber schön!, das hätte auch R/V gefallen.


EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 11/05/2012 10:12

Moos? Nee. Auch nicht metaphorisch. Der Schaum passt da doch besser. Beim Moos fehlt mir der Bezug, den Nihil schon erwähnte.
Der Schröpfkopf ist eine mögliche Übersetzung für "ventouse". Das hab ich nachgeschlagen, weil ich mir was Ähnliches schon dachte. Und siehe da.

Gedichte - und besonders: Sonette - mit Endreimen kommen nicht ohne festgelegten Rhythmus aus. Das driftet ansonsten in eine schmuddelige Rap-Ecke ab. Dieses Gedicht ist auch schmuddelig, aber das auf hohem literarischen Niveau, und deshalb muss ich dem Metrum möglichst genau Rechnung tragen. Dass das immer geht, kann man bezweifeln, man kann aber auch versuchen, das Beste daraus zu machen. Wenn die Metren übereinander herlaufen wie die Käfer, wird das nichts.
Der Ekel, den das Gedicht auslöst, wird den Vortrag sicherlich zu keiner euphorisierenden Veranstaltung geraten lassen. Allerdings ist das erste Quartett dafür noch etwas zu weich. Ganz ohne Emphase wird man das Sonett sicher an keinen Hörer bringen können.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 12/05/2012 09:03 

nihil hat etwas übertrieben. der bezug von moos ist klar: haare, schau mal bei dir selbst nach!

schröpfkopf musste ich ehrlich gesagt erst mal googlen um mir eine bildliche vorstellung zu machen, aber ja!, das könnte eine gute idee sein.

ich hab doch immer gesagt: 500 € wenn die sonettenform gewahrt wird, 250 € für ein gedicht, das wenigstens ordentliche endreime aufweist.

bin gentleman-poet, zum zählen nur selbst zu faul, mags im wohnzimmer durchaus auch schön sauber und ordentlich, indes the gardening is eben better done by the gardener, my dear.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 12/05/2012 18:43

Das hier ist ein Sonett. Sogar mit Endreimen. Aber darum geht es ja nicht.
Übrigens finde ich "mousse" und "froncé" doppelt. Vielleicht ließe sich dem entgegenwirken, indem man statt "Moos" die Übersetzung "Schaum" wählt. Aber vielleicht ist das ja auch nur eine Ausrede von mir, der zu faul ist, nach einem neuen Reim zu suchen, wenn er sich für diese Möglichkeit entschiede. Wer weiß das schon?
Im Übrigen ist eine eiskalte Rezitation gar nicht möglich. Zumindest in den meisten Teilen dieses Gedichts. Die erste Strophe ist im wahrsten Sinne des Wortes "douce", obwohl sich bereits einige krause Haare auf der fast glatten Oberfläche schlängeln. Wir werden im Unklaren gelassen: bis das zweite Quartett mit seinem "Mergelzeugs" und den unmissverständlichen "milchgespritzte[n] Träne[n]" heranrollt. Deshalb müsste man zumindest die erste Strophe noch etwas freundlicher vortragen.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 13/05/2012 09:47

Mein Lieber, ich glaube, Du weisst weder was froncé in unserem Zusammenhang bedeutet noch deuten deine "einigen krausen Haaren" auf vertiefte Sachkenntnisse hin. Ich fürchte, du kannst noch soviele sechsfüßige Jamben zählen, du musst dir zunächst, jung wie du bist, einige materielle Kenntnisse der Dinge, über die Du schreibst beschaffen, sonst wird das nix.

Also hol dir jetzt erst mal einen kleinen Handspiegel und wenn du mit deinem Körper so wendig wie mit deinen Worten bist, meditier mal eine Weile über das, was Deine Inspirationsquelle sein könnte.

Pencake
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Alter: 46
Beiträge: 2488
Wohnort: Hamburg

BeitragVerfasst am: 13/05/2012 10:52    T

Ich habe mir erlaubt, etwas freier mit dem Text umzugehen.
Verzeiht das Einkürzen, ich wollte nichts, als der Bewegung der Sache
möglichst gerecht werden.
 

Bäckchen-Alarm 

Es schillert, braunes Geflecht im Knopfloch,
dampft feine Wellen der Schlingenwelt,
gießt Perlen aus, häutet das weiche Riff,
reicht funkelnde Fische, die ins Licht schießen.

Zuseldunst.

Zutschelfest.

Süßaufzug, der Ernte bringt.

 
Nihil
BeitragVerfasst am: 13/05/2012 11:19 

Bis auf die unreinen Reime und einige Wörter, die vielleicht nicht ganz so schön sind (flennten statt weinten), finde ich Eddies Übersetzung sogar nahezu genial. Sonette zu übersetzen ist im Übrigen aber auch ein undankbarer Job.


toltec-head
BeitragVerfasst am: 13/05/2012 11:22

Pencake, deine Nachdichtung gehört in eine Klasse für sich. Du solltest Dir überlegen, ob du sie wirklich in diesem Thread, wo sie später keiner mehr liest, begraben willst.

Du wirst verstehen, dass ich Dich für die Auslobung indes nicht in Betracht ziehen kann.

nihil, ausgerechnet "flennten" fand ich großartig. aber edgars gesamtkonzept stimmt einfach nicht. ich glaub ausgerechnet du hast ihn da auf eine falsche Spur gebracht mit deiner Interpretation der zweite Strophe.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 13/05/2012 18:29

Warum sollte mein Gesamtkonzept nicht stimmen? 

Ob ich das "Flennen" rausnehmen werde, weiß ich noch nicht, schließlich soll die Parodie gewahrt bleiben, die mit "Weinen" nicht hinreichend vorläge; Ersteres ist eine durchaus valide Übersetzung für "pleurer", wenn auch eine umgangssprachliche.
Was "froncé" bedeutet, weiß ich, ohne einen Handspiegel benutzen zu müssen. Das "kraus" impliziert ja bereits den haarigen Arsch. Und "coït", lieber toltec, ist nicht der "Fick", von dem du sprichst, sondern ein simpler Geschlechtsakt. Deine Deutung des Ganzen ist, sag ich mal, zu heißblütig: Rimbaud und Verlaine geht es nicht darum, besonders vulgär zu sein, sondern darum, den Sex als etwas Nüchtern-Banales darzustellen, um die Lust, die das Lyrische Ich darauf hat, ins Lächerliche zu ziehen. Warum sollte ich auch was Langweiliges wollen?

toltec-head
BeitragVerfasst am: 13/05/2012 18:38 

Edgar, mit falschem Gesamtkonzept meinte ich nur, dass nihil uns mit seiner übertriebenen Interpretation der zweiten Strophe auf eine falsche Fährte geführt hat.

Eine sinnwahrende Übertragung in der Form eines Sonetts wäre natürlich wunderbar.

Nur weiß ich langsam selbst auch nicht mehr recht weiter. Jetzt wo die Haare doch wieder ins Spiel gekommen sind, ist doch auch das Geschlecht sogar wieder zweifelhaft. Und die bloße Übersetzung des Titels hängt für mich wie dargelegt mit dem Geschlecht zusammen und also kommt man nicht weiter.

Kraus impliziert im Übrigen mitnichten den haarigen Arsch. Gemeint ist das eigentümlich blumenartige der Rosette.

Hab keine Ahnung, was meinen Fick von einem simplen Geschlechtsakt  unterscheiden soll - genau das wollte ich ausdrücken, nicht mehr und nicht weniger.

Mit deiner Lächerlichkeitsthese liegst Du, meine ich, falsch. Es geht hier vielmehr um so etwas wie einer Alchemie der Sexualität passend zu dem rimbaudschen Gesamtkonzept einer totalen Verquerung der Sinne.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 13/05/2012 19:07   

Sollte das zu textentfernt sein, bitte bei mir klingeln.

Gekräuselt, dunkel, rosafarben: nelkenhaft,
so atmet es, bescheiden aus dem Schaum gereckt,
der feucht von Liebe ist; mit sanfter Kraft
folgt es dem weißen Hintern bis ins Herz des Lecks.

[...]

Das Saugloch war oft Stoff genug für einen Traum,
mein Herz war heiß aufs Pimpern, aber nie im Zaum:
Zum Tränenfänger wurde es und schluchzumgossen.

Na ja, jetzt hab ich mit dem neu hervorgeholten "Pimpern" wohl selbst aufs Glatteis geführt. Das ist genauso vulgär wie "Fick" (der nach meinem Verständnis die Triebabfuhr bezeichnet, also wenig mit Erotik zu tun hat).


toltec-head
BeitragVerfasst am: 17/05/2012 21:27   

sollten wir nicht besser erst einmal klären, warum in der letzten zeile von einem "femininen" land kanaan die rede ist? wenn es sich um einen weiblichen po handelt, ist das ziemlich unnötig, bei einem männlichen etwas rätselhaft.

ohne gesamtkonzept kommen wir nicht weiter.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 18/05/2012 10:29   

Hast du schon in die Vorlage der Parodie, also Mérats Sonette, reingelesen?
Dann wirst du bemerkt haben, warum Rimbaud und Verlaine hier von einem "femininen Kanaan" sprechen. Um einen männlichen Po geht es doch gar nicht. Die beiden führen Mérats säuselnd-romantischen Tonfall ad absurdum, indem sie statt wohlgeformter Körper Scheiße besingen. Das Ganze dann noch überkandidelt mit einem "Land, in dem Milch und Honig fließen": Der Kot wird zu etwas Schönem (zumindest im ironischen Sinn).

toltec-head
BeitragVerfasst am: 18/05/2012 19:31   

Wenn es so wäre, warum hat Verlaine das Gedicht dann in seine Sammlung "Hombres" aufgenommen?

Aus dem französischem Wikipedia-Eintrag (deutschen gibt es nicht, welch Schande!):

"Une expérience personnelle?
 
Il ne fait aucun doute que la précision avec laquelle Rimbaud décrit, sans conteste possible, une situation post-coitum réfère également à une expérience personnelle. Le sonnet, puisqu'il est écrit à quatre mains, scelle également l'amitié spirituelle et amoureuse du couple formé avec Paul Verlaine, et célèbre leur union poétique sur le mode de l'humour.
 
Bien que le poème ne relève pas d'une réalité directe ni d'un témoignage à prendre au pied de la lettre, mais d'une représentation poétique conçue pour plaire, il peut aussi se lire comme un signe de leur vie commune, un hommage amusé à leur intimité, qui rendent compte de la réalité de leur relation et de leurs pratiques, considérées à l'époque comme outrageuses, provocantes et passibles de peine d'emprisonnement."

Ich erinnere außerdem noch einmal daran, dass das Moos in der zweiten Strophe, wenn ein weibliches Körperteil besungen würde, sehr unpassend wäre.

EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 19/05/2012 10:27   


Lieber toltec, das, was der Wikipedia-Autor da schreibt, ist keine allgemeingültige Interpretation des Gedichts, sondern eine mögliche. Deshalb würde ich mich hüten, da einen Absolutheitsanspruch hineinzulesen. Natürlich kann man mit dem Vorwissen über Rimbauds Homosexualität sagen, er hätte hier zusammen mit seinem Liebhaber persönliche Erfahrungen verarbeitet. Ein Vorschlag: Du schreibst eine Übersetzung gemäß deiner Deutung, ich eine gemäß meiner bzw. überarbeite das, was ich schon entworfen habe.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 19/05/2012 13:27

du handelst dir damit natürlich ein enormes problem mit dem moos in der zweiten strophe und dem gedichtstitel ein. auf deine lösungen bin ich gespannt.

ich hingegen bekomme ein interpretatorisches problem mit dem femininen land kanaan, das aber einfach zu lösen ist. r/v haben nur oberflächlich eine parodie auf mérat geliefert. hinter der oberfläche steckt das programm einer sexuellen alchemie und einer verquerung der sprachlich-sexuellen ordnungen: der mann wird zur frau, die frau zum mann.

eine reine hetero version des gedichts wäre deshalb genau so unschön wie eine rein schwule version. das gedicht ist jenseits solcher einfachen kategorisierungen angesiedelt. es hintergeht vielmehr unser mann/frau verständnis genauso wie die von uns vorgenommene ordentliche trennung zwischen der "niederen" ebene der sexualität und der "höheren" ebene von literatur.


Jocelyn
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BeitragVerfasst am: 20/05/2012 12:13   

Noch mal zur Titelfrage, nur zufällig von mir im Vorbeigehen eingeworfen:

Man muss doch keinen umständlichen doppelten Genitiv verwenden. Man kann doch einfach schreiben:

Sonett über das Loch im Hintern

Ich finde, das klänge rund.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 20/05/2012 12:32   

Madame, finde Vorschlag auch bedenkenswert!

Hatte den Hintern ja selbst ins Spiel gebracht, weil dieser für Mann und Frau gleich gut funktioniert.

Edgar mag entscheiden...
 

firstoffertio
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BeitragVerfasst am: 06/08/2012 21:43 

Hier ist meine Übersetzung von "Sonnet du trou du cul".

Gereimt geht wieder gar nicht:


Idol. Sonett über das Öhr im Gesäß


Dunkel und zusammengezogen wie eine violette Nelke
ruht es aus, unterwürfig geduckt unter Moos. Feucht noch
von Liebe, die dem süßen Geheimnis des weissen Gesäßes
bis in sein Verborgenstes auf den Grund geht.

Dabei werden in dem gewaltigem Wind, der ihnen entgegenstösst,
Fädchen, die milchigen Tränen gleichen,
vergossen über Klümpchen von rötlichem Geschiebelehm,
um sogleich dort zu verschwinden, wohin die Anziehung sie lockt

Meine Phantasien münden häufig in seinem Saugnapf;
Meine Seele, die körperliche Vereinigung begehrt,
fand in ihm Unterschlupf für ihre wild schluchzende Tränendrüse.

Verzückte Olive, und liebkosende Flöte;
das Rohr, aus dem himmlische Köstlichkeit dringt:
Weibliches Kanaan, das diese Feuchtigkeit einschließt!

toltec-head
BeitragVerfasst am: 07/08/2012 19:26   

hm...

finds ehrlich gesagt nicht so toll, bitte nicht böse sein.

idol, ist deine erfindung. würd ich aber noch gelten lasen. ein gedicht von mallarmé heisst so. mit gesäß im titel deutest du schon an, dass du keinen rechten wagemut zur übersetzung dieses kleinen monstrums hast. gesäß ist höheres töchterdeutsch. im kontext von r/v vollkommen unpassend.

öhr im gesäß geradezu unfreiwillig komisch. zum einen werden die größenverhältnisse verkannt, zum anderen aber auch wegen des biblischen anklangs. von wegen kamel.

"süsses geheimnis" in der ersten strophe ist symptomatisch für deine ganze übersetzung, sie ist "viel zu süß". wer obszönes nicht mag, lässt von diesem gedicht besser die finger.

die seele in der dritten strophe begehrt nicht bloß körperliche vereinigung - eine solche wird in den vorherigen strophen durchaus beschrieben - sie will  mehr: nämlich den coit matérielle.

"wild schluchzende tränendrüse" ist ganz schlecht - drüsen schluchzen nicht. tränendrüse steht wohl im Wörterbuch für larmier, ist aber von der auffaussung her vollkommen unpoetisch.

die olive in strophe 4 ist nicht verzückt (das wäre sie vielleicht bei lasker-schüler) sondern durchaus zerquetscht. unvergleichlich diese exakte beschreibung von r/v. das sieht dort unten tatsächlich so aus. hat vor ihnen nur noch nie jemand in worte gefasst.

wenn du am ende köstlichkeit statt praline schreibst, tauschst du etwas sehr konkret anschauliches gegen einen allgemeinplatz ein. der witz des gedichtes kommt daher am ende bei dir nicht richtig zum ausdruck.

nein, finds leider wirklich nicht toll.

firstoffertio
BeitragVerfasst am: 07/08/2012 22:11   

Ich meinte, ich hätte gelesen am Anfang irgendwo, dass du eine poetische Übersetzung suchst.

Hier habe ich das Idol her:

http://www.mag4.net/Rimbaud/poesies/Idole.html

Ich dachte, du hättest das vielleicht aus Versehen weggelassen.

Das "Geheimnis" habe ich aus meinem Wörterbuch, wo  für "fuite" auch
"Verrat eines Geheimnisses" als Bedeutung angegeben wird.

Und auf die Zeile mit der Tränendrüse war ich richtig stolz.  Crying or Very sad

Außerdem wird hier das Bild Bild der zweiten Strophe fortgeführt.

Das Oehr klingt komisch, aber da sowohl oeillet auch Oehr bedeutet, und die Fädchen (die man ja sonst in ein solches fädelt) vorkommen, habe ich es mal benutzt. Man könnte im Titel aber auch einfach "Öffnung" sagen.

Gesaess fand ich eigentlich passend, weil auf dieser Öffnung eher gesessen wird als auf der im Hintern. lieber hätte ich Schoss geschrieben, aber das ist ein anderes Wort im Französischen.

Und die Olive, da bin ich mir nicht sicher, auf was genau damit referiert wird. Es könnte auch wieder die Öffnung im Gesaess gemeint sein. Ähnlich ist es mit "tube" in der nächsten Zeile.
Es war auf jeden Fall interessant, diesen Versuch zu machen. Trägt zur Auffrischung meiner Französischkenntnisse bei.

toltec-head
BeitragVerfasst am: 07/08/2012 22:23   

Oh, danke Firstoffertio für den Hinweis auf "Idol" im Titel. Nein, das wusste ich bislang nicht. Wundert mich, dass Edgar das nicht schon aufgefallen war.

Fuite ist Flucht.

Hatte Edgar nicht sogar mal "rostige Tränendrüse" ausprobiert und dann wieder gestrichen?

Zu faul jetzt zu scrollen. Problem mit zu langen threads. Niemand kennt sich mehr aus.

firstoffertio
BeitragVerfasst am: 07/08/2012 23:40

Fuite ist nicht nur Flucht. Woerter haben meistens mehrere Bedeutungen, das weisst du. Damit spielt Rimbaud ja gerade so sehr.

fuite ist z,B. auch ein Leck. Eine undichte Stelle. Durch eine solche wird oft ein Geheimnis verraten. Eine Indiskretion. 3, und weiter unten 4 hier:

http://dictionary.reverso.net/french-synonyms/fuite

So sind die Verbindungen oft von Bedeutungen.

Dominik Klama
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BeitragVerfasst am: 10/07/2012 17:20
 
Kurz mal zwischendurch. Ich bin dann gleich und hoffentlich endgültig (Gott-o-Gott!) wieder weg. Ist mir alles viel zu hoch hier. Und richtig Französisch kann ich auch nicht, wie ich leider immer öfter feststelle.

Aber es gibt von dem Gedicht bereits mindestens ene deutsche und gereimte Übersetzung im Internet. Hab mal gegooglet. Und was ich dabei auch gleich wiederfand, war dieser Thread hier.

Ich hab keine Ahnung, was der hier wieder falsch verstanden hat, aber:

Zitat:

Geheimnisvoll gefaltet, violett und wie ein Auge
atmet es, demütig kauernd im Schaum
feucht noch von Liebe, die sachte dem Flaum
folgt, den weißen Backen bis zur Lauge.

Fäden, milchig weiße Tränen, vergossen
im grausamen Südwind, der manchen
mitten in dunkelrote Klümpchen
zurückwirft, wohin die Schwerkraft ihn beschlossen.

Oft paarte sich mein Mund mit diesem Exitus.
Meine Seele, eifersüchtig auf den materiellen Koitus,
errichtete dort ihre eingerostete Tränendrüse und ihr Heulsusennest

Das ist die ohnmächtige Olive und die zärtliche Flöte
Das ist das Rohr, aus dem die göttliche Praline strömte,
weibisches Kanaan, von Feuchtigkeiten eingenässt.


Findet man da:
http://dramen.blog.de/2007/05/17/~2285776/

lorraine
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BeitragVerfasst am: 24/05/2012 08:40   

Ich habe mich da jetzt mal durchgewurschtelt. Hm! Wie wär es, das mit dem femininen Kanaan als Gegenstück vom 'trou du cul masculin' zu sehen?

Und zu jemandem im Französischen 'trou du cul' zu sagen heisst genau das gleiche wie im Deutschen auch. Es ist eine grobe Beleidigung und heisst auch hier sinngemäss'Arschloch'!

Hier mein Versuch:

An Rosette
(Rosettensonett)

Bescheiden kauert sie als violette Nelke kraus
und dunkel da im Moos, das liebesnass noch immer
sich entlang der Linie her von weissen Backen
bis zum Herzen ihrer so gesäumten Fassung zieht

Zarte Fäden gaben sich als milchig-weisse Tränen aus
die, grausam stark hinweggedrängt von Windgewimmer,
vorbeigezwängt an rötlich-mergeligen Schlacken
dann dort versickern sollten, wo der Abhang flieht
 
Mit meinem Traum verschweisste sich der Saugnapf oft
Neidvolle Seele, die umsonst auf echtes Kopulieren hofft:
Tränenwinkel, tierhaften Ursprung ihres Leids erdichtet sie daraus

Hier willenlose Griechenfrucht, schmeichelnde Flöte, rund geliebt
Dort der Kanal durch den die überirdische Praline sich herab begibt
versklavte Weiblichkeit - in feuchten Weidengärten liebend gern zuhaus


***

Wenn mir jemand sagen könnte,
warum ich meine Zeit mit
einem Arschloch verbringe, an ihm herumfeile
wo ich doch tapezieren muss?
Nach oben


EdgarAllanPoe
BeitragVerfasst am: 24/05/2012 12:17 

Anja: gute Übersetzung. Allerdings frag ich mich, warum du die beiden Terzette reimst und die Quartette nicht?

toltec-head
BeitragVerfasst am: 24/05/2012 12:58   

kennt sich hier jemand mit internationalem privatrecht aus? sind auslobungen auch über die grenze hinweg wirksam? ich mach vom guten alten deutschen arschland aus eine auslobung, wobei ich an die vielen angela merkelartigen kartoffeldicher- und dichterinnen denke und es meldet sich aus gottes sonnenverwöhntem eigenem land, wo im bürgerlichen beruf auch andere arbeitsbedingungen herrschen (beweis: sarazin), eine offenbare muttersprachlerin und stiehlt mir die show. ist das mit dem BGB noch vereinbar? please help!

Anja, der Titel allein haut mich um. Auf einmal fühl ich mich von Ronsard oder meinetwegen auch Hoffmannswaldau umsäuselt. Dass ich als Dichter ein derart hoffnungloser Fall bin, war mir vorher nicht klar. Betrink mich jetzt erst mal.

lorraine
BeitragVerfasst am: 24/05/2012 13:14   

@Eddie:
???
Enlève les tomates et ouvre les yeux ...

Mr. Curiosity
Bestseller-Autor
Alter: 26
Beiträge: 4538
Wohnort: Köln

BeitragVerfasst am: 24/05/2012 13:18   

Ist ja cool. Das meistdiskutierte Gedicht im "Schönes bleibt"-Thread handelt vom menschlichen Arschloch.
Da sieht man wieder die Anziehungskraft dieser Themen ^^

Edit(h) (Piaf):

Lorraine hat Folgendes geschrieben:
@Eddie:
???
Enlève les tomates et ouvre les yeux ...

lol

toltec-head
BeitragVerfasst am: 25/05/2012 08:07

Anja, auch im nüchternen Zustand bin ich von Deiner Übersetzung weiterhin begeistert. Ich glaube, sie wird Geschichte machen. Zukünftige R/V-Ausgaben werden das Gedicht wie selbstverständlich mit abdrucken und um diese Übersetzung wird dabei niemand herumkommen. Du wirst berühmt werden!

Wenn man sich demgegenüber nur einmal die verkorksten englischen Übersetzungen ansieht...

Und das beste ist wie gesagt der Titel! Wir zerbrechen uns wochenlang die Köpfe und nun diese genial einfache und zudem höchst poetische Lösung.

Ich erkläre die Auslobung für beendet. Wo soll das Geld hin ?

toltec-head
BeitragVerfasst am: 29/05/2012 08:40   

heut morgen stieß mir beim lesen doch ein kleiner wermutstropfen auf. Das ende ist leider unstimmig.

"Hier willenlose Griechenfrucht, schmeichelnde Flöte, rund geliebt
Dort der Kanal durch den die überirdische Praline sich herab begibt
versklavte Weiblichkeit - in feuchten Weidengärten liebend gern zuhaus."

die willenlose griechenfrucht ist zwar genial für die im titel angedichtete. aber was mich stört ist die geographische ausbreitung eines "hier" und "dort". dieses erzeugt zwar zum ende hin noch einmal  eine schöne dynamik, weshalb ich beim ersten lesen drauf reingefallen war - allein es ist beim näheren hinsehen eine ganz falsche dynamik.

"hier" und "dort" - auch wenn man nur über rudimentäre geographische kenntnisse der beschriebenen regionen verfügt: von "hier" und "dort" lässt sich gerade nicht sprechen. es ist ein und dasselbe gebiet, in das die beiden dichter und so auch die leser zum schluss mit ganzem mut tiefer eindringen müssen.   

aber wie gesagt: wermutstropfen.

letzte zeile mit versklavter weiblichkeit dann wieder genial!
 
lorraine
BeitragVerfasst am: 09/07/2012 00:06   

Das muss ich nun doch noch zu Ende bringen ... es geht nicht um ein- und dasselbe Gebiet.
Hier und dort habe ich mir deshalb erlaubt, um es klar herauszustellen, was jeder der beiden - je nachdem - gesehen hat.
Nämlich sich und den anderen.

Nimmst du die ersten Verse und die mehr als explizite Landschaftsbeschreibung, dann ist doch klar, dass am Ende hier die Blüte, tränend
und dort
das zu sehen ist, durch das die Tränen kamen

Wenn das Ganze eine Gemeinschaftsdichtung ist, dann sind die beiden ja auch austauschbar, es heisst allerdings, einer habe den ersten, der andere den zweiten Teil geschrieben, aber das geht mich nichts an, glaub ich.

Ich wollte, dass das klar wird, und habe mir deshalb diese Freiheit genommen, die dein Wermutstropfen ist.

Gruss
Anja

toltec-head
BeitragVerfasst am: 09/07/2012 09:28   

Oh hättest Du geschwiegen, Desdemona!

Oder totz simplamentz (les gerad provenzalisch) eine Überweisung verlangt.

Stattdessen (Frau!) wird die Büchse der Pandora (bissel unpassender Ausdruck in unserem Zusammenhang) noch einmal aufgemacht. Die Folge? Die Folge ist, dass ich jetzt erst Deine ganze Intention verstehe und sehe, dass Du Dir mit dieser einen Strich nicht nur durch die letzte Strophe sondern Deine Übersetzung insgesamt gemacht hast.

Lorraine schrieb:

Zitat:
Nimmst du die ersten Verse und die mehr als explizite Landschaftsbeschreibung, dann ist doch klar, dass am Ende hier die Blüte, tränend
und dort
das zu sehen ist, durch das die Tränen kamen


Liebe Lorraine, Du hattest Dir also nicht einmal die Mühe gemacht, die langwierigen wissenschaftlichen Erkundigungen des Terrains, die ich mit Edgar betrieben habe, zu Ende zu lesen. Wahrscheinlich hast Du an der Stelle, wo Nihil seine von einem amerikanischen Übersetzer im Internet abgekupferten Thesen zum besten gab, aufgehört zu lesen. Lass mich Dir sagen, dass dies ein Fehler war.

Es geht in diesem Gedicht nicht um einen Koitus! Und zwar auch nicht um einen Koitus a tergo. Das "jalouse" in der vorletzten Zeile würde sonst nämlich gar keinen Sinn ergeben. Und was die herabsteigende Praline ist, sollte doch klar sein, dass sie nicht die von Dir und ja auch schon von Edgar fälschlich angenommene milchige Flüssigkeit ist. Denn diese täte ja HERAUFSTEIGEN und nicht deszendieren!

Die Dinge sind ganz einfach. Freilich muss man sich ein wenig in den Cosas De La Vida auskennen, Senora. Erteile älteren Damen aber gerne ein wenig Nachhilfeunterricht darin. Beschrieben wird ein Akt des Rimmings (kennst nicht? googlen!). Jeder, der sich darin schon einmal geübt hat, wird wohlmöglich im Schweiße seines Angesichts nicht ganz freiwillig Bekanntschaft mit der "céléste praline" hat schließen müssen.

Hierin liegt der ganze Witz der letzten Strophe.

Aber ihr Heteros denkt ja immer nur ans Ficken! Schade eigentlich, es gibt so viel mehr...

lg toltec

lorraine
BeitragVerfasst am: 09/07/2012 13:51 

Hab gerade deinen abschliessenden Komm gelesen ...

Zitat:
Und was die herabsteigende Praline ist, sollte doch klar sein, dass sie nicht die von Dir und ja auch schon von Edgar fälschlich angenommene milchige Flüssigkeit ist. Denn diese täte ja HERAUFSTEIGEN und nicht deszendieren!


Wie kommst du auf so etwas? Du kannst also auch nicht lesen. Dacht ich mirs schon fast.

Ich gehe nicht konform mit dem, was ich selbst gefunden habe dazu, und glaube, mich klar, allerdings diskreter ausgedrückt zu haben. Ich wohne nicht weit von der belgischen Grenze, was Pralinen sind, weiss ich, danke.

Mir ist schleierhaft, woher deine Überheblichkeit nun kommt. Ich würde mir solche Pauschalisierungen:
Zitat:
Aber ihr Heteros denkt ja immer nur ans Ficken!

nicht erlauben, und das nicht meines Alters wegen.

Mich in verletzender Absicht eine ältere Dame zu nennen ... ich wünsch dir was, mon petit, merk' dir, dass manche schon alt geboren wurden.
Was deinen Nachhilfeunterricht betrifft ... weder im Französischen noch in alldem, was du mit deiner Chose so machst: ich brauch ihn nicht, junger Mann, danke für den unbeholfenen Versuch.

Mangelnde Phantasie werfe ich R/V nicht vor, nur weil es unter Anderem auch darum geht, ich halte es eben gerade nicht mit der Interpretation, die du angesprochen hast.
Damit habe ich gesprochen, dazugelernt und wegen dir werde ich nicht anfangen, alle Männer über einen Kamm zu scheren,

Lorraine

toltec-head
BeitragVerfasst am: 09/07/2012 16:06   

Madame,

würdest Du mir bitte noch einmal verzeihen? Der überhebliche Ton ist auf morgendlichen Koffeeinrausch zurückzuführen. Als ich´s eben im Büro las, musste ich mich schämen, weil wir uns ja mittlerweile doch auch ein wenig kennen und ich Dir ja auch ein klein wenig etwas zu verdanken habe. Kann erst jetzt antworten, wo ich wieder Zuhause bin. Ist auch ein Problem des Internets, dass man den anderen nicht gegenüber hat, meint mit sich selbst zu kommunizieren und so den Ton nicht trifft. Sry nochmals.

Und es ist richtig, dass ich besser noch einmal Deine Übersetzung statt nur Deinen letzten Beitrag hätte lesen sollen. Hier noch einmal Deine letzte Strophe:

Zitat:
Hier willenlose Griechenfrucht, schmeichelnde Flöte, rund geliebt
Dort der Kanal durch den die überirdische Praline sich herab begibt
Versklavte Weiblichkeit - in feuchten Weidengärten liebend gern zuhaus.

 
Die sich herab beggebenden Praline steht also ganz klar originalgetreu dar. Sry also auch deswegen.

Meine Kritik an Deiner letzten Strophe war nun:

Zitat:
die willenlose griechenfrucht ist zwar genial für die im titel angedichtete. aber was mich stört ist die geographische ausbreitung eines "hier" und "dort". dieses erzeugt zwar zum ende hin noch einmal eine schöne dynamik, weshalb ich beim ersten lesen drauf reingefallen war - allein es ist beim näheren hinsehen eine ganz falsche dynamik.

"hier" und "dort" - auch wenn man nur über rudimentäre geographische kenntnisse der beschriebenen regionen verfügt: von "hier" und "dort" lässt sich gerade nicht sprechen. es ist ein und dasselbe gebiet, in das die beiden dichter und so auch die leser zum schluss mit ganzem mut tiefer eindringen müssen.


Hierauf antwortest Du in Deinem Beitrag so:

Zitat:
es geht nicht um ein- und dasselbe Gebiet.
Hier und dort habe ich mir deshalb erlaubt, um es klar herauszustellen, was jeder der beiden - je nachdem - gesehen hat.
Nämlich sich und den anderen.

Nimmst du die ersten Verse und die mehr als explizite Landschaftsbeschreibung, dann ist doch klar, dass am Ende hier die Blüte, tränend
und dort
das zu sehen ist, durch das die Tränen kamen


Ich verstehe das nun also so - Verzeihung es ist wirklich nicht ganz eindeutig -, dass du sowohl der meiner Meinung nach falschen coitus a tergo Theorie folgst als auch an der deszendierenden Praline festhalten möchtest. Das halte ich ehrlich gesagt für die beinah schlechteste aller Lösungen. Auf das "jalouse", das sich auf coitus bezieht, habe ich bereits hingewiesen. Könnte jetzt hier noch weiter in die Tiefe gehen. Aber ich weiß gar nicht, ob Du nach meinem Ausreißer heute Morgen überhaupt noch Lust hast, mit mir weiter zu diskutieren.

Meine eigene Lösung habe ich genannt. Auch sie könnte ich weiter begründen.

Übrigens beschränkt sich meine Kritik natürlich doch nur auf die letzte Strophe Deiner Übersetzung. Und selbst die letzte Strophe inbegriffen bleibt das ganze genial.

Verzeih,

dein toltec

toltec-head
BeitragVerfasst am: 10/07/2012 13:06

Die Auslobung ist beendet. Lorraine ist die Siegerin. Das Geld wurde bereits auf ihr Konto nach Frankreich überwiesen.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (24.03.15)
es fehlt das Popoloch. (schon die drei ooo)

imposant. impoposand.

 toltec-head meinte dazu am 24.03.15:
lo-lo-op grand old entymologen-pop.
AbrakadabrA (45)
(24.03.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 toltec-head antwortete darauf am 24.03.15:
Ich liebe dich auch.

 hadrianus (16.01.21)
Hallo zusammen und bravi für diese Uebersetzungen
Kennt Ihr die Uebersetzung von Curt Moreck, die um 1920 erschienen ist und im Buch "Paul Verlaine / Mönner" (Verlag Rosa Winkel, 1996) zitiert wird?

Kommentar geändert am 16.01.2021 um 21:52 Uhr

 Dieter Wal (16.01.21)
Sehr interessante Beiträge.

"Arschloch-Sonett" wäre zwar wörtlich, doch wegen des Argot-Wortes sicher keine Übersetzung. Die Prosaübersetzung gefällt mir recht gut bis auf "Feuchtgebiete". Der Begriff ist verbraucht.

Kommentar geändert am 16.01.2021 um 18:37 Uhr
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