Gäa und Aphrodite, Teil 1

Beschreibung zum Thema Mythisch

von  LotharAtzert

Gäa und Aphrodite
Teil 1
Wenn wir uns kurz das Yin-Yang Symbol in Erinnerung rufen: in jeder Hälfte der zwei Gegensätze ist ein kleine Punkt. Der besagt, daß, je eines im andern, sich das Schöpferische und das Empfangende während ihres Kreisens umkehren - und zwar in dem Moment, wo eines den Zenit oder Scheitelpunkt erreicht.
Der Scheitelpunkt des Lebendigen ist meist früh erreicht. Man nimmt es erst später wahr - selten in der Jugend, höchstens im Krankheitsfall.

Der physische Tod ist ebenso Scheitelpunkt, wie die Konzeption Tiefpunkt ist. Das sind die beiden Umkehrpunkte oder Pole. Und wo zwei Pole sind, ist eine kreisende Verbindung von einem zum anderen zwangsläufig. Das heißt aber auch nichts anderes, als daß der Tod seinerseits Tiefpunkt für das Leben ist, das sich im Samen umkehrt, um wieder zu erscheinen. In der Natur ist das im Frühling und wir sprechen vom Jahreskreislauf mit seinen Frühlings- und Herbstpunkten.

Dieser Kreisverkehr ist ur-sprünglich. Das Volk der Hellenen sprach vom Uranos, als dem Ursprung, dem Vater aller Dinge - und von Gäa als austragender Mutter.
(Zur Erinnerung: Ursprung ist das Zerspringen in Gegensatzpaare, wie Ewig und Endlich. Das Endliche durcheilt seine gegebene Zeit von Anfang bis zum Ende, während Ewig aus Sicht des Endlichen zunächst ein unbegriffenes Mysterium bleibt.)

Mit dem Absterben geht ein geistiges Wachstum einher. Einfacher gesagt: Dem Wellenberg entspricht das Wellental. Die entstehende Kraft des Fallenden drückt Steigendes hoch. Sind, infolge fehlenden Windes, keine Wellen vorhanden, ändert sich nichts am Aggregatszustand.
Wind steht für Samsara - für Illusion aus Feuer und Wasser bzw. Gier und Haß: Es geht hoch, es geht runter von Leben zum Tod.
Nach buddhistischer Lehre beginnt nach dem physischen Tod das Dämmern des zu Lebenszeit bewußt Erfahrenen und im Anschluß begegnet der Verstorbene im sogenannten Bardo (Zwischenzustand) seinen Verdrängungen, die, weil vom Leben ausgeschlossen, ihren Peiniger jagen und, seinem Erwirkten gemäß, ihn zur nächsten Konzeption treiben, um schlußendlich zum verweigerten Dasein zu gelangen. Solange Kraft gebunden bleibt, sucht sie nach Entbindung, selbst über den Tod hinaus.

Das schöpferische Prinzip heißt im antiken Hellas Uranos, sein empfangender Gegenpol ist Gäa. Das Schöpferische schöpft aus dem noch Unbestimmten.
Im Mythos wird Uranos auf Gäas Geheiß von ihrem Sohn Kronos entmannt, der das abgehackte Zeugungsorgan in Nerptuns Meer wirft. Daraus entsteigt, quasi als Essenz der Schöpferkraft auf einer Muschel die Gestalt der nackten Aphrodite. (Botticelli hat es meisterhaft festgehalten, noch bevor er dem Mönch Savonarola verfiel)
Sie, die Göttin der Fruchtbarkeit, ist so vollkommen, heißt es, daß die Besitzgier der Menschen sogar beim Anblick ihres Schattens - Helena - noch Blutbäder und unvorstellbare Greuel verübt, um sich mit ihr als Trophäe zu schmücken.

Die Römer, die aus Uranos Uranus und aus Aphrodite Venus machten, kannten eine Venus-Urania - die Himmelsgöttin - und betonen, daß sie beim Bade in Neptuns Wasser ihre Unschuld stets erneuere.
Nach der Entmachtung des Uranos wird Gäas Sohn Zeus zum Anführer der Olympier.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(05.07.15)
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 LotharAtzert meinte dazu am 05.07.15:
Du darfst. Und ich dachte, ich hätt's von Terpsichore.

Die Vajrayana-Variante widerspricht in nichts der Lehre des Buddhismus. Wenn doch, dann bitte Belege!

Ja wärst du mal woanders so pingelig. ...
Graeculus (69) antwortete darauf am 05.07.15:
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 05.07.15:
Ich sehe zwar nach wie vor nicht, worin jetzt ein Widerspruch sein soll, aber es ist schwer, die Übereinstimmung der drei Kayas als identisch einem Nichtbuddhisten näher zu bringen. In allen Schulen des Vayrayana werden als vorbereitende Übungen die vier edlen Wahrheiten gelehrt. In der Madhyamaka Philosophie des Nagarjuna - was zum Mahayana gehört - wird das von Dir Geschilderte als "Mittlerer Weg vom Nicht-Selbst" bis in unsere Tage gelehrt. (§siehe "Der mittlere Weg" von mir ua.)
Unter Christen ist es im Übrigen nicht viel anders, was die Entsprechung betrifft: das alte Testament wird nicht in Frage gestellt, aber man geht nach Art des neuen Testamentes, also an die Neuzeit angepasst, großzügiger damit um.
Graeculus (69) äußerte darauf am 05.07.15:
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 LotharAtzert ergänzte dazu am 05.07.15:
Du bist ein zäher Bursche - aber das kann mir ja nur recht sein.
Ich hab die wahrscheinlich alberne Calvin-Verfilmung gesehen letztens auf 3sat und fand ihn zwar symphatisch, aber zugleich von krankhaftem Eifer ohne Verstand beseelt. Wie weit das mit dem "echten" Calvin zu tun hat - keine Ahnung. Jedenfalls kommen gerade in Tibet die "Bodhisattvas" trotz oder gerade wegen Chinesen-Invasion gehäuft vor, während der Theravada-Buddhismus in Indien am Aussterben ist.
(Antwort korrigiert am 05.07.2015)
Graeculus (69) meinte dazu am 05.07.15:
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 LotharAtzert meinte dazu am 05.07.15:
... stark vertreten noch in Thailand und Birma - Myanmar, oder wie sie sich gerade nennen.
Graeculus (69) meinte dazu am 05.07.15:
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 LotharAtzert meinte dazu am 05.07.15:
... Kambodscha nicht vergessen - die Khmer aus Angkor Wat.
Graeculus (69) meinte dazu am 05.07.15:
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 LotharAtzert meinte dazu am 06.07.15:
Lieber Graeculus, unser Zank, wenn es denn überhaupt einer ist, ist bestenfalls, um Dinge zu klären und was ist not-wendiger, als Klarheit? Nein, wir streiten uns auch nicht, wir klären - in dem uns eigenen Tempo und ich habe dabei auch mehr Freude und niemals Zorn.

Dein Gleichnis vom vergifteten Pfeil ist ein Sahnestückchen. Keine Frage! Und ich freue mich auch, daß Du es hier eingestellt hast, Danke dafür.
Der Theravada-B. ist die Wurzel, das Mahayana die Blüte und Vayrayana die Frucht. Nicht kommt etwas zur Frucht ohne eine Wurzel. Können wir uns so einigen?

Nun aber nochmal zum Titel: eigentlich soll es hier und im späteren Teil 2 um das Weibliche gehen, genauer um die beiden höchst verschiedenen Emanationen des Weiblichen. Dazu war es nötig, ein paar Worte über die prinzipielle Gegensatzspannung zu verlieren.
Irgendwie muß ich ja begründen, warum es gerade zwei Frauentypen gibt - eine "erdsüchtige" (Steiner) und eine "erdflüchtige". Bei Toltek wird da nämlich nie unterschieden und das ist falsch. Unsere Ausführungen haben mich diesem Ziel allerdings jetzt nicht näher gebracht. Macht aber nichts - ich bleib dran.
Gruß
Lothar
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