Dreiecksbeziehungen (I)

Schüttelreim zum Thema Alles und Nichts...

von  Didi.Costaire

Bevor mir die unten aufgeführte Ausarbeitung von Jürgen Rehm in die Hände fiel, hätte ich kaum daran gedacht, aus Schüttelreimen Limericks zu basteln. Zu ungleich erschienen mir die Genres, um sie unter einen Hut zu bekommen. Nun habe ich gesehen, dass und wie es funktionieren kann und kam nicht umhin, es selbst zu probieren. Hier möchte ich die Thematik mit meinen Worten kurz erläutern und mit eigenen Beispielen veranschaulichen.
 
Dabei ergibt sich folgende spezielle Problematik: Teils gleitende bzw. dreisilbige Schüttelreime müssen in kurzen Versen mit nur zwei bis drei Hebungen untergebracht werden. Hinzu kommen die Vorgaben des Limericks, dass am Ende der ersten Zeile ein Ortsnamen stehen sollte (was die Anzahl verfügbarer Schüttelreime entsprechend einschränkt), dass die handelnde(n) Personen im gleichen Vers erscheinen und dass der Fünfzeiler mit einer Pointe abschließt.
 
Des weiteren braucht man einen Plan, um die normalerweise als Paar auftretenden Schüttelreime mit den drei Endreimen in den Limerick-Versen 1, 2 und 5 in Einklang zu bringen (daher der Titel dieses Textes). Das kann man lösen, indem man diese Zeilen vollständig durchschüttelt. Etwas einfacher sind die nicht durchgeschüttelten Limericks, die ich in diesem Teil vorstelle. Hierbei werden V1 und V2 wie auch V3 und V4 paarweise geschüttelt. Für den Schlussvers gibt es unterschiedliche Optionen. Die erste besteht darin, den Limerick mit einem anderen Reimwort, vorzugsweise einem Doppelreim, zu beenden, wie im nachfolgenden Beispiel. Einer für alle ... 
 
 
Für Heiner gilt: "Einer für Halle!"
Alleine kämpft Heiner für alle
und säuft alles leer.
Da läuft alles sehr
und Heiner wär einer für Malle.

 
 
Wie man sieht, habe ich mich anfangs darauf konzentriert,  flüssige Verse zu bilden. Weingeist statt Feingeist sozusagen. Immerhin entstehen so drei Alternativen zur Ausgangsphrase.
 
Den Schlussvers kann man ebenfalls kreieren, indem man das Reimwort aus V1 am Ende wiederholt:
 
 
Es wird immer trüber in Essen.
Ein Wirt spricht jetzt über Intressen:
"Fehlt Kohle, fehlt Bier.
Nebst Bowle fehlt Kir.
Es gibt nichts zu trinken in Essen."

 
 
"Es wird .../ ein Wirt" - genau genommen erscheint er eine Zeile zu spät, und am Ende steht auch nur ein einfacher Reim. Eine Doppelreim-Alternative (Der Boom ist vorüber in Essen) wäre machbar, würde allerdings den Inhalt verwässern, die Einheit aus Essen, Trinken und Kohle zerstören und somit die konkreten Folgen dieser Wirtschaftskrise außer Acht lassen.
 
Eine weitere Möglichkeit, den Schlussvers zu gestalten, ist ein Zwillingsreim. Hierbei bestehen die Reime in V1 und V5 aus den gleichen Lauten, die Worte aber sind anders zusammengesetzt:
 
 
Nun singt sie, die kleine Miss Lingen.
Da Töne alleine missklingen,
probiert sie Getänzel,
traktiert sie Gebändsel,
doch Schritte, selbst kleine, misslingen.

 
 
Diese Variante hat oft den Vorteil, dass die Worte den Gag gleich mitliefern.
 
Eine ähnliche Wirkung ergibt sich beim folgenden Limerick durch eine optisch angetäuschte Reimwiederholung. Auf Wollke 7 ...
 
 
Karl-Heinz war im polnischen Warschau
der Held einer Wollnischen-Paarschau.
Die Wolle, sie einte.
Die Olle, sie weinte,
doch wahr war das nicht - das war Schau.

 
 
Bei diesem Gedicht sieht man auch, dass aus manchen Schüttelreimen absurde Ideen und kühne Reime entstehen, auf die sonst niemand gekommen wäre. Ein derartiger Effekt könnte vielleicht sogar Limericks bereichern.
 
Das Experiment hat mir bislang Spaß bereitet, und im zweiten Teil werde ich mich an den ersten vollständig durchgeschüttelten Limericks versuchen. Demnächst hier.


Anmerkung von Didi.Costaire:

Quelle:   "Der geschüttelte Limerick" von Jürgen Rehm

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (22.07.15)
Gehen dem Limerikaner - ganz gleich ob geschüttelt oder gerührt - eigentlich mal die Städte aus?

 Irma meinte dazu am 22.07.15:
Kennst du den  "Atlas der 999 Seltsamen Ortsnamen", Trekan? Ein absolutes Muss für Limericker! ) LG Irma

 Didi.Costaire antwortete darauf am 23.07.15:
"Limerikaner" klingt witzig, Trekan!
Wenn es schon fast tausend seltsame Ortsnamen in Deutschland gibt (und der fehlende ließe sich wohl noch finden), wäre ein Reimlexikon mit allen deutschen Orten und sonstigen hier bekannten geografischen Begriffen der Welt sicherlich ein verdammt dickes Werk. Aber die eigene Sucherei bringt ja viel mehr Spaß. Ein Schüttelreimlexikon habe ich auch noch nie in der Hand gehabt und trotzdem immer einiges entdeckt. Hier habe ich insbesondere nach Ortsnamen geschaut, die Infinitiv-Formen gleichen.
Danke fürs Kommentieren und die Sternchen und schöne Grüße, Dirk

 Irma schrieb daraufhin am 23.07.15:
Das Ding ist aber wirklich witzig, Didi! Lohnt sich! LG Irma
(Antwort korrigiert am 23.07.2015)

 Didi.Costaire äußerte darauf am 23.07.15:
Danke, das ist vielleicht etwas für den weihnachtlichen Wunschzettel ...
chichi† (80)
(22.07.15)
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 Didi.Costaire ergänzte dazu am 23.07.15:
Dann bis demnächst!
Liebe Grüße, Dirk

 Jorge (22.07.15)
Hier wird die viele Arbeit sichtbar und nachvollziehbar für den Normalreimer.
Alle Achtung, Dirk
LG
Jorge

 Didi.Costaire meinte dazu am 23.07.15:
Danke für die Achtung und Betrachtung, Jorge!
Liebe Grüße, Dirk
Agneta (62)
(22.07.15)
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 Didi.Costaire meinte dazu am 23.07.15:
Danke fürs Lob und deine Analyse, Agneta!
Mit den Begriffen ist es gar nicht so einfach. Was Jürgen Rehm wie du als Echoreim bezeichnet, nennt Günter Nehm Zwillingsreim. Ich selbst bin da jetzt im Zwiespalt.
Liebe Grüße, Dirk
Agneta (62) meinte dazu am 23.07.15:
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 Didi.Costaire meinte dazu am 23.07.15:
Frechen ist leider etwas weit für eine Lesung. Vielleicht schaffe ich es ja nächsten Jahr zum Schüttelreimer-Treffen, falls Jürgen Rehm wieder eines organisiert. Das fände ich schon recht interessant.
Aber sprich ihn mal auf die Echo-/ Zwillingsproblematik an und berichte, wenn es neue Erkenntnisse gibt.
Agneta (62) meinte dazu am 23.07.15:
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 Didi.Costaire meinte dazu am 24.07.15:
Schaun mer mal.

Verborgen hinterm Gitter ruhte
der Schüttelreim im Rittergute ...
Da boch um die Ecke der Heiner aus Essen,
dann Olli aus Oldau, selbst einer aus Hessen,
die alle mehr als Torten wollten
und freudig mit den Worten tollten.

 Lluviagata (22.07.15)
Einfach genial. Nun MUSS ich es wirklich selbst mal probieren. :D
(Fragt sich nur, wann ...)

Liebe Grüße
Dein Fan Llu ♥

 Didi.Costaire meinte dazu am 23.07.15:
Hallo Llu,
spätestens mit dem nächsten Teil werde ich dich daran erinnern!
Danke und liebe Grüße, Dirk
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