Überzeichnete Verdienste

Erörterung zum Thema Historisches

von  loslosch

Nec debet historia egredi veritatem, et honeste factis veritas sufficit (Plinius der Ältere, ~23 n. Chr. bis 79 n. Chr.; Epistulae). Auch die Geschichtsschreibung darf nicht über die Wahrheit hinausgehen, und ehrenhaft vollbrachten Taten genügt die Wahrheit.

Hätte Plinius an die zweifellos vorhandenen Verdienste von Helmut Kohl um die deutsche Einheit denken können, wäre seine Sentenz kein Jota anders ausgefallen. Wir erinnern uns: Kohl hatte Ende der 1980er Jahre den Ränkespielen von Thatcher und Mitterrand ("mein Freund") wenig entgegenzusetzen. Wären da nicht Michail Gorbatschow (mit Glasnost und Perestroika) und - ein wenig auch - George W. Bush Senior gewesen, den sog. Kanzler der Deutschen Einheit Helmut Kohl hätte es nie gegeben. Ein Verdienst hatte er, gegenüber Oskar Lafontaine, der unbelehrbar auf ein Eigenleben der DDR gesetzt hatte: Unter diesem als Kanzler wäre das Ziel der Deutschen Einheit um Monate (Monate!) später erreicht worden, unter dem Druck der einsetzenden "Völkerwanderung" von Ost- nach Westdeutschland.

Kohls Verdienste? Punkt 10 (als letzter des Zehn-Punkte-Programms vom 28.11.1989): "Mit dieser Politik wird auf einen Zustand des europäischen Friedens hingewirkt, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangen kann. Die Wiedervereinigung, das heißt die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands, bleibt das politische Ziel der Bundesregierung." Ein Fernziel, knapp acht Monate später erreicht. Kohl erntete, was er nicht gesät. Kohl, dieser fleißige Erntehelfer.

Und ehrenhaft vollbrachten Taten genügt die Wahrheit.

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Kommentare zu diesem Text

Nimbus (41)
(27.07.15)
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Graeculus (69)
(27.07.15)
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 loslosch meinte dazu am 27.07.15:
dieser staatstragende historiker (hysteriker!) verrät seine zunft. das ist beschämend.

 TrekanBelluvitsh (27.07.15)
(...) und ehrenhaft vollbrachten Taten genügt die Wahrheit.
Vielleicht denen, die sie taten (auch nicht immer), aber bestimmt nicht jenen, die sich gern mit ihnen schmücken, obwohl sie gar nichts mit der Sache zu tun hatten.

Der Satz "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein" beruht z.B. auf Taten, mit denen der Sprecher rein gar nichts zu tun hat - und die er zumeist auch noch nicht einmal im Ansatz versteht.

 loslosch antwortete darauf am 27.07.15:
den text hab ich nach vorn geschoben. nicht dass mir kohl unter der hand wegstirbt.

ps: "ich bin stolz auf meine söhne" wäre demnach ok? ich hab sie doch angeschoben ...

 TrekanBelluvitsh schrieb daraufhin am 27.07.15:
Klar, mit denen hat man dann was zu tun. Aber das Otto Hahn und Lise Meitner die Kernspaltung entdeckt haben, tja, sie waren Deutsche und ich bin auch Deutscher, aber sonst habe ich nicht viel damit zu tun.

"Ich bin glücklich, ein Deutscher zu sein", ist übrigens was ganz anders - vor allem wenn man sich vorstellt, man wäre stattdessen ein afroamerikanischer Bürger der USA. Das ich das nicht bin, ja, darüber bin ich glücklich. Hat aber nix mit der Rasse zu tun, sondern ist der Tatsache geschuldet, dass auch ich nicht kugelsicher bin.

 loslosch äußerte darauf am 27.07.15:
zumindest hat der satz "ich bin stolz auf meine söhne" was äußerst biederes ...
(Antwort korrigiert am 27.07.2015)

 EkkehartMittelberg (27.07.15)
Ein großer Teil der Geschichtsschreibung ist interessegeleitet. Und was für wahr gehalten wird, hängt großenteils davon ab, welchen Interessen es genügt.

 loslosch ergänzte dazu am 27.07.15:
wohl in weiten teilen der welt richtig. genügt die geschichtsforschung wissenschaftlichen standards? mir fehlt die fachl. kompetenz, aber vermutlich wächst mit zeitlicher distanz auch die emotionale ...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.07.15:
aber vermutlich wächst mit zeitlicher distanz auch die emotionale ...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.07.15:
"aber vermutlich wächst mit zeitlicher distanz auch die emotionale ...
Das erscheint mir als richtig, weil sich das zeitlich weit Zurückliegende weniger zur Manipulation aktueller Interessen eignet.
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