Selbstversöhnung

Erzählung zum Thema Ich

von  Mique

Ich träumte kürzlich davon, dass es mich zweimal gibt. Das war toll!
Ich saß mir also gegenüber und lächelte mich an. Es war so ein herausforderndes, aber gleichzeitig wohlwollendes, liebevolles Anlächeln. Die pure Geborgenheit! Sie wusste nämlich genau, was in mir vorging und was ich brauchte.
Wir waren die besten Freundinnen, die es geben konnte. Die engsten Verbundenen, seit es Zwillinge gibt. Wir waren so zuvorkommend zueinander und lasen uns jeden Wunsch von den Augen ab. Wir verstanden unsere schnippischen Kommentare und manchmal nicht, da wir beide wussten, dass so mancher Kommentar gar keinen Sinn machte. Wir machten Ausflüge, kochten gemeinsam unsere Lieblingsgerichte, hielten uns gegenseitig von unnützen Dingen ab.
Manchmal stritten wir uns, da wir sehr eigensinnig waren. Aber auch während eines Streites verstanden wir uns. Wir kannten uns durch und durch und deshalb gab es keine Missverständnisse.  Wir schrien rum und beleidigten uns und verstanden es als notwendigen Gefühlsausbruch. Emotionen müssen nun mal raus und dann hielten wir uns in den Armen.
Manchmal geschah nichts und wir starrten in die Leere. Wir hatten beide das Gleiche erlebt und machten uns oft Sorgen um uns und um die Welt. Dann kochte eine Tee, die andere drehte zwei Zigaretten, ganz ohne Worte. Und dann rauchten wir schweigend und genießend. Dann kuschelten wir, waren sanft zueinander und wiegten uns wie Babys.
Es gab auch Momente, da konnte sie mich nicht leiden und solche, da konnte ich sie nicht leiden. Aber dann sagte sie: „Nimm mich so, wie ich bin!“ Und ich sagte: “Ich bleibe hier. Ich bin hier, wie ein Fels. Du wirst mich nicht los, also akzeptiere es und komm damit klar! Ohne uns wollen wir schließlich auch nicht sein.“
Nach eingehender Akzeptanz dessen, erstrahlte sie in vollkommener Schönheit. Auch erkannte ich in ihren Augen die leuchtende Erkenntnis. Sie lächelte und ich auch und dann waren wir glücklich. Glücklich, mit Tränen in den Augen, hielten wir uns so fest wie wir nur konnten - am liebsten so fest, als würden wir ineinander verschmelzen. Denn eigentlich wollten wir nur eins sein.


Anmerkung von Mique:

Frieden schließen.

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(21.09.15)
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 Mique meinte dazu am 21.09.15:
Oh, ich hab einen recht großen: 1 Meter x 1,90 Meter, danke! :)
Sätzer (77) antwortete darauf am 21.09.15:
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 Mique schrieb daraufhin am 21.09.15:
Na, das klappt am besten, wenn die Augen verschlossen sind, zumindest nichts sehen. ;)
Sätzer (77) äußerte darauf am 22.09.15:
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 Dieter_Rotmund (22.09.15)
Die Protagonistin ist sehr stark in einer Art pupertäre Egozentrik verstrickt. Wirklich spannend zu lesen ist das nicht, finde ich.

 Mique ergänzte dazu am 22.09.15:
Sehr gut. Endlich mal eine Art konstruktiver Kritik...
(Antwort korrigiert am 22.09.2015)

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 22.09.15:
Bitte, gerne geschehen.

 Mique meinte dazu am 21.10.15:
Warum eigentlich so selbstgefällig? Kannst du mit deinem Scharfsinn keine gewisse Ironie in meiner Antwort auf deinen Kommentar erkennen? Im ersten Moment habe ich mich über mal negative Kritik gefreut, aber letztendlich habe ich nichts halbes und nichts ganzes in deinem Kommentar entdeckt, außer, dass du "pubertär" falsch geschrieben hast. Von der Jugendlichkeit hast du dich wohl verabschiedet, vielleicht deshalb die mangelnde Interpretationsfähigkeit meines Textes, bzw. zumindest die mangelnde Fähigkeit darüber, zu fragen warum die Protagonistin so scheint? Wenn du kein Interesse daran hast, dann lass ihn doch links liegen, statt willkürlich Unmut zu stiften.
(Antwort korrigiert am 21.10.2015)
(Antwort korrigiert am 21.10.2015)

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 22.10.15:
@Mique: Ja, stimmt in allen Punkten und von der Jugendlichkeit so weit verabschiedet, dass ich sogar "pubertär" falsch schreibe...

 Mique meinte dazu am 22.10.15:
Schade, kommt nix weiter bei rum.

 Owald (14.10.15)
Ich kam vor Jahren, in Krisenzeiten, einmal in die Verlegenheit, mich mit einer Gruppe anderer auf eine "Phantasiereise" begeben zu dürfen, zu sollen oder wie auch immer. Vorne las eine therapeutische Dame den Text vor, und wir, die anderen und ich, reisten. (Ich habe damals diverse - sagen wir mal: bewußtseinserweiternde Übungen mitgemacht, aber diese hier war so ziemlich die einzige, auf die ich mich einlassen konnte.)

So begaben wir uns, gemeinsam und jeder für sich, an einen schönen, entspannenden, sicheren Ort, bauten uns dort eine schöne, entspannende, sichere Behausung und so weiter. Dann sah der therapeutische Text vor, daß man auf eine ältere oder jüngere Version seiner selbst treffen sollte. - Wie soll ich sagen: Es funktionierte. In der obligatorischen Reflexionsrunde berichteten die anderen später von prägenden Begegnungen mit ihren kindlichen Ichs, die endlich Trost empfangen durften, oder mit älteren, erwachsenen, geheilten Ichs, die ihnen den Trost spendeten, den sie ersehnten.

- Bei mir war es so: In einer verfallenen Holzhütte am Nordseestrand besuchte mich ein Typ, der mir sehr ähnlich sah, nur um die zehn Jahre älter, immer noch dick, die gleiche Unfrisur, etwas ergraut allerdings, auch der Bart. Aber er muß ich gewesen sein, ich kannte sogar das Karohemd, das er trug. Er setzte sich zu mir, wir tranken ein Bier zusammen. Wir lächelten einander (uns) zaghaft zu, dann ging er wieder.

Ich fand das damals nicht wirklich zufriedenstellend, suchte ich doch eigentlich eine Veränderung, einen Neuanfang. Mit der Zeit jedoch wurde mir immer klarer, daß diese Phantasiebegegnung eine - zu diesem Zeitpunkt völlig unerwartete - Form der Selbstbestätigung, Selbstversicherung und, genau: Selbstversöhnung war. Es war das, was ich brauchte. Heute weiß ich das. Heute, wo ich älter und grauer bin, auch der Bart.

- Bitte entschuldige meine Ausschweifungen. Dein Text weckt Assoziationen, wie Du siehst. Eigentlich wollte ich nur sagen: ein gelungenes Gedankenexperiment, mit Happy End, das zugleich Pointe ist. Gefällt mir gut, ja. Guter Text.

Lieben Gruß,
O.

 Mique meinte dazu am 21.10.15:
Deine Ausschweifung ist grandios. Ich bedanke mich für deine Offenheit und freue mich über die geschaffene Assoziation. Ebenso über die beidseitige Kritik, einmal auf den Inhalt bezogen und einmal auf den Schreibstil. Ich habe ihn nämlich unbewusst "gewählt", doch durch konstruktiver Kritik kann ich aus einer distanzierten, neutralen Sicht eine gewisse Schlüssigkeit dessen in den Text interpretieren und erkenne, dass ich im ersten Moment für mich schreibe und im zweiten Moment, auch andere dadurch etwas für sich gewinnen können. :)
Das hofft man schließlich insgeheim, wenn man seine Texte veröffentlicht, aber so wird es greifbar und gibt mir ein stärkendes Gefühl des Fußfassens auf dieser Plattform.

Also Danke und lieben Gruß an dich zurück.
(Antwort korrigiert am 21.10.2015)

 Thomas-Wiefelhaus (30.01.21)
Mit deinem letzten Satz hebst du den ersten Wunsch wieder auf! Das rundet die Geschichte ab, ist aber schade.
Der Text könnte noch weitergehen.

Ich fände es auch spannend, mich selber zu treffen, aber eben nicht 100-prozentig, sondern mit interessanten Unterschieden. Am liebsten in einem anderen Alter, nicht als Geschwister-Paar, sondern als Jungspund und Vater bzw. Berater.
Aber vielleicht würde ich ja gar nicht auf mich hören?

 Dieter_Rotmund (28.01.22, 10:22)
Und wer von den beiden ist zur Arbeit gegangen?
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