Die Ballade vom Pforzheim

Gedicht

von  Watsche

Im Herzen einer täuschenden Idylle,
Umringt von Wäldern, die nur scheinbar friedlich dösen,
Versteckt in Smogmiasmen, lauernd unter dieser Hülle:
Das Pforzheim liegt hier, Stadt des Bösen.

Der Reisende, ertrinkend in des Fahrzeugmeeres Wogen,
Ist er im Bann von Pforzheims Spinngeweben,
Wird immer tiefer in den Schlund der Stadt gesogen.
Sei nicht so arglos, Wandersmann! Es geht um Leib und Leben!

Ist er im Stadtkern angekommen, in diesem finsteren Moloch,
Steht sein Gefährt dann gänzlich und für immer
Und er entsteigt, geschwächt, noch hofft er…  Noch!
Schwankt durch die Straßen, Klopft an Türen, sieht durch Fenster in die leeren Zimmer…

Dann endlich Licht! Die Tür steht offen, er betritt die Wohnung,
Kein Mensch ist hier, er legt sich hin, erleichtert, obgleich stark geschunden.
Naiver Wandersmann! Die Zuflucht ist keine Belohnung,
Der Käse in der Mausefalle muss dem Nager munden.

Die nächsten Tage dann, versucht er aus der Stadt zu finden,
Doch es gibt keine Flucht aus dieses Ungeheuers Kehle.
Er siecht dahin, wird dünn, dürr, transparent, um schließlich zu verschwinden…
Das Pforzheim nagt an seinem Fleisch, das Pforzheim zehrt von seiner Seele!

Das Pforzheim war schon da, bevor die Menschheit in Erscheinung trat,
Ein chthonisch-albtraumhaftes Wesen, wie aus Lovecrafts Pantheon,
Cthulhu, Pforzheim, Azathoth, Shub-Niggurath…
Das Necronomicon erwähnt sie schon.

Es gibt Agenten, die dem Monstrum fügsam Opfer bringen,
Der Kult der Stadt, bewaffnet mit Garotte und Stilett,
Und ich kann nachts nicht schlafen, muss mit Ängsten ringen,
Sie fassten mich, oder das Pforzheim selbst sei sogar unter meinem Bett.


Anmerkung von Watsche:

Meine Kollegin und ich kamen in den letzten Wochen immer wieder bei Pforzheim in einen Stau, versuchten ihm dann über den Umweg durch die Innenstadt zu entkommen, standen dann aber letztendlich länger, als es auf der Autobahn der Fall gewesen wäre. Als sie die Stadt einmal scherzhaft als „das Pforzheim“ bezeichnete, entwickelten wir nach und nach eine Mythologie über eine Stadt, die Menschen hinein lockt, aber nie wieder hinaus lässt. Dieses Gedicht stützt sich auf diese Mythologie. Ich hoffe, es ist auch für Außenstehende lustig und hoffe natürlich besonders darauf, dass es von Pforzheimern gelesen wird.

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Kommentare zu diesem Text

parkfüralteprofs (57)
(20.03.16)
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 Watsche meinte dazu am 20.03.16:
Danke für den Hinweis mit dem Moloch. Habe das Wort tatsächlich noch nie ausgesprochen gehört und nahm da die falsche Aussprache an.
Ich finde es geht gerade noch so vom Rhythmus her, aber es ist schon etwas holprig und ich werde es auch ersetzen, wenn mir auf die Schnelle was Besseres einfällt. Bei so Spaßgedichten habe ich aber auch nicht ganz so große Ansprüche an mich.
Graeculus (69)
(20.03.16)
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 Lala (05.12.18)
Großartig!

Bielefeld kann einpacken.

 FrankReich (03.06.19)
Deine Ballade riecht zwar ein wenig streng, irgendwie nach Käseglockenalarm und Teufelshufkraut, o. s. ä., aber bei einem Menschenmäuselabyrinth muss das wohl so sein, und eine Stadt unter dem Bett anstatt einer Bettstatt hat doch auch was empfehlenswertes.

Ciao, Ralf
Adrian (47)
(07.07.22, 22:03)
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 Watsche antwortete darauf am 08.07.22 um 06:03:
Freut mich! Danke!
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