Heilige Schwüre danach

Glosse zum Thema Ehrlichkeit

von  loslosch

Nulla enim avaritia sine poena est, quamvis satis sit ipsa poenarum (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Denn keine Habgier bleibt ohne Strafe, wenngleich sie selbst schon Strafe genug ist.

Eine Sentenz mit pseudoreligiösem Überbau. Der alte, schlichte Spruch seines Vaters und Rhetoriklehrers im heutigen Spanien (Seneca der Ältere, ~54 v. Chr. bis ~39 n. Chr.; Controversiae) war ihm nicht genug: Omnium vitiorum fundamentum avaritia est. Basis aller Laster ist der Geiz. Seneca Junior hatte gut reden, nach dem Rückzug aus der Politikberatung. Wenige Jahre zuvor, als engster Vertrauter Neros (Kaiser von 54 bis 68), galt er zeitweilig als einer der reichsten Männer im ganzen Imperium. Habsüchtig muss er nicht gewesen sein. Die beträchtliche Habe könnte ihm ja qua Funktion zugeflogen sein. Es waren in der Tat Zuwendungen des Kaisers. Jetzt, im selbst gewählten Ruhestand, notiert Seneca seine Lebensweisheiten briefweise, partiell wie ein rechtfertigender Blick zurück aufs Vergangene.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (30.05.16)
Das nennt man dann wohl "Leiden auf hohem Niveau" ...

 loslosch meinte dazu am 30.05.16:
oder jammern auf hohem niveau. (nobbi blüm.)

 niemand (30.05.16)
Da ist was dran, an der Bezeichnung "Habgier sei eine Strafe".
Mein Mitleid hält sich zwar in Grenzen, aber ein Habgieriger ist psychisch krank. Die sogenannte Strafe besteht darin, dass er sein Hab & Gut meistens [zwar nicht immer und nicht jeder]
nicht so einsetzen und genießen kann, sondern in seinem
ewigen Drang/Zwang alles Vorhandene zu vermehren krankhaft
steckt, von diesem quasi besessen ist und Zeit und Leben dafür vergeudet. Sicher hat er letztlich auch was davon [ich denke da
an Dagobert Duck, dessen Vergnügen das Geldbaden war]
aber alles andere geht an ihm vorbei. Wie gesagt, es gäbe genug andere zu bemitleiden als solche Spezies
Mit lieben Grüßen, Irene

 loslosch antwortete darauf am 30.05.16:
eine durchaus schlüssige betrachtung, die ich in einem anderen text verarbeitet habe.

molière hat schon darüber gespottet: "Der Geizige (Originaltitel: L’Avare ou l’École du mensonge, früher auch als Der Geizhals übersetzt) ist eine Komödie von Molière in fünf Akten und in Prosaform, die am 9. September 1668 im Théâtre du Palais-Royal uraufgeführt wurde. Molière nahm für das Stück wesentliche Anleihen bei der Komödie Aulularia des römischen Dichters Plautus.

In L’Avare wird der Typ des reich gewordenen, aber engstirnig und geizig gebliebenen Bürgers karikiert, der seine lebensfrohen und konsumfreudigen Kinder fast erstickt." (wiki.)

 niemand schrieb daraufhin am 30.05.16:
Ich kenne dieses Molierstück [vor Ewigkeiten sah ich es mal im Schauspiel] sogar Louis de Funes hat sich mal daran versucht,
ist aber ziemlich daneben gegangen der Film, meiner Meinung nach.

 loslosch äußerte darauf am 30.05.16:
das hätte ich mit seinen klassischen kostümierungen lieber geguckt als in der oberstufe über der schulausgabe der franz. fassung zu brüten.
Graeculus (69)
(30.05.16)
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 loslosch ergänzte dazu am 30.05.16:
köniig ibn saud mit seinen paar hundert frauen sollte man posthum befragen, auch was er vom gesetz des abnehmenden grenznutzens hält. ich glaube seine antwort zu kennen: "ich musste das alles auf mich nehmen, um die stämme auf der halbinsel zu einen."

 EkkehartMittelberg (30.05.16)
Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die Geschichte der katholischen Kirche mit ihre Päpsten, dann war deren Leiden an ihrer Habgier für sie eine viel zu geringe Strafe.

 loslosch meinte dazu am 30.05.16:
diese parodistische zuspitzung triffts. man käme fast noch auf die idee, diese "armen" geizkragen zu bedauern.
Festil (59)
(31.05.16)
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 loslosch meinte dazu am 31.05.16:
man sollte sich aber nicht daran trösten, dass diese untugenden gegen lebensende, quasi in der agonie, von den betroffenen oft durchlitten werden. stalin soll ja, kurz vor seinem tödlichen apoplex, vor sich hingemurmelt haben: "ich traue keinem, nicht mal mir." (zitiert nach graecu.)
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