Ausschnitte

Monolog zum Thema Bewusstsein

von  blauefrau

In jedem Fall ein Schnitt. Mit der Schere ausschneiden. Aus dem Photo einen Kopf herausschneiden. Einen Menschen herausschneiden. Mich selbst herausnehmen.
Wie wäre die Situation ohne mich gewesen? Oder: Wäre es besser, dort nicht gewesen zu sein? Nachträglich die Situation töten, eliminieren. Ich. war. da. nicht. Ich will das nicht erlebt haben. Ohne das Ganze finde ich alles besser, kann ich besser leben. Lebensausschnitte zerreißen, wegwerfen. Das Leben im Nachhinein verschönern. Das schlechte Aussehen: Hatte ich nicht. Den Streit: Gab es nicht. Das, das habe ich nicht gesagt, nicht gemacht, nicht gedacht.
Manchmal denke ich: Wie wäre ein Leben ohne mich? Könnte niemand mich mehr erkennen? Könnten die Spiegel mich nicht mehr spiegeln? Meine Worte keinen Einfluss mehr nehmen? Schlimm, denke ich. Schade auch.
Und dann: Ohne mich geht es weiter, vielleicht aber nicht so gut? Ohne meine Blicke, meine Bewegungen, meine Schatten. Mulmig wird mir, mich aus allem zu ziehen. Dass ich eine Welt ohne mich nicht mehr beurteilen kann, fuchst mich. Lebe lieber länger, denke ich. Dann bleibst Du länger in den Bildern.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (28.10.16)
Ich halte es auch eher mit dem letzten Satz. LG
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