Der heilige Benedikt und ein zersprungener Giftbecher

Anekdote zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Papst Gregor der Grosse (540-604) schrieb ein Buch über Leben und Wunder der Kirchenväter. Unter Anderem berichtete er über das Leben des heiligen Benedikt (480-547). Der hatte sich drei Jahre lang in eine einsame Höhle zurückgezogen gehabt und dort durch Askese und Geisselung seine leiblichen Begierden abzutöten versucht. Dann änderte ein Ereignis seine Lebensbahn. Aber lassen wir Papst Gregor zu Wort kommen:
Nicht weit entfernt lag ein Kloster, dessen Abt gestorben war, und der ganze Konvent kam zu dem ehrwürdigen Benedikt und bat ihn inständig, er möge sein Vorsteher werden. Lange weigerte und sträubte er sich und sagte ihnen voraus, daß seine Lebensweise mit der ihrigen nicht harmonieren werde. Schließlich aber gab er auf ihr Bitten nach und sagte zu.
    Als er dann im Kloster über die Beobachtung der Regel wachte und keiner mehr wie früher durch unerlaubte Handlungen vom Weg des klösterlichen Lebens nach rechts oder links abweichen durfte, gerieten die Brüder in wahnsinnige Wut und klagten sich selbst an, daß sie ihn gebeten hatten, ihr Vorsteher zu werden; denn ihr verkehrter Sinn stieß sich an dem Muster seiner Geradheit.
    Da sie also sahen, daß ihnen unter ihm Unerlaubtes nicht mehr erlaubt war und es ihnen wehe tat, den gewohnten Weg zu verlassen, und es sie hart ankam, daß sie gezwungen würden, in ihrem alten Geist Neues zu betrachten, wie denn das Leben der Guten den bösen Sitten allezeit unbequem ist, unterstanden sich einige, über seinen Tod zu verhandeln, und taten ihm der Verabredung gemäß Gift in den Wein.
      Als nun das Glas, in welchem sich der Gifttrank befand, nach Klostersitte dem Abte, während er bei Tisch war, zur Segnung gebracht wurde, erhob Benedikt die Hand und machte das heilige Kreuzzeichen darüber, und das Glas, das doch weiter weggehalten wurde, zersprang auf dieses Zeichen hin; es zersplitterte so, wie wenn er auf den Todesbecher einen Stein geworfen und nicht das Kreuz darüber gemacht hätte.
    Sofort erkannte der Mann Gottes, daß der Becher einen Todestrank enthalten hatte, weil er das Zeichen des Lebens nicht ertragen konnte, erhob sich auf der Stelle, ließ die Brüder zusammenkommen und sprach zu ihnen mit sanfter Miene und ruhigen Herzens: „O Brüder, Gott der Allmächtige habe Erbarmen mit euch, warum habt ihr so etwas an mir tun wollen? Habe ich es euch nicht zuvor gesagt, daß meine und eure Sitten durchaus nicht zusammenpassen? Gehet und suchet euch einen Abt nach euren Sitten, denn mich könnt ihr von nun an nicht mehr haben.”
      Hierauf kehrte er an die Stätte seiner lieben Einsamkeit zurück und wohnte allein in sich unter den Augen des himmlischen Zuschauers.
Diese wundersame Errettung vor dem Gifttode blieb aber nicht das einzige Wunder in seinem Leben. Gregor berichtete auch noch voneiner erfüllten Prophetie, die Benedikt dem Gotenkönig Totila gegeben hatte, nachdem der ihn zuvor erfolglos durch einen getürkten Ersatzmann zu täuschen versucht hatte:
„ Hierauf begab sich Totila selbst zu dem Manne Gottes. Als er ihn von weitem sitzen sah, wagte er nicht, sich ihm zu nähern, sondern warf sich zur Erde nieder. Zwei- bis dreimal sagte ihm der Mann Gottes: „Stehe auf!” Aber er wagte nicht, sich vor ihm vom Boden aufzurichten.
    Da würdigte sich Benedikt, der Diener Jesu Christi, in eigener Person zum König hinzugehen, hob ihn vom Boden auf, hielt ihm vor, was er begangen hatte, und sagte ihm mit wenigen Worten alle seine Geschicke voraus. Er sprach: „Viel Böses tust du, viel Böses hast du getan. Laß endlich einmal ab von deiner Bosheit! Ja, du wirst in Rom einziehen, über das Meer setzen, neun Jahre regieren und im zehnten sterben.”
    Als der König dies hörte, erschrak er sehr, bat ihn um sein Gebet, entfernte sich und war von dieser Zeit an weniger grausam. Nicht lange darauf zog er in Rom ein und begab sich nach Sizilien; im zehnten Jahre seiner Regierung aber verlor er durch Gericht des allmächtigen Gottes die Herrschaft zugleich mit dem Leben.
Zum Abschluss noch eine kleine Randnotiz: Seinen eigenen Todestag soll Benedikt exakt vorausgesagt haben.

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(05.11.16)
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unfrankiert (52) meinte dazu am 05.11.16:
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Graeculus (69) antwortete darauf am 05.12.16:
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