Heinrich Heine und seine späte Einsicht

Essay zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)

„Wenn man auf dem Sterbebett liegt, wird man sehr empfindsam und möchte Frieden machen mit Gott und der Welt. Seit ich selber der Barmherzigkeit Gottes bedürftig bin, habe ich allen meinen Feinden Amnestie erteilt. Gedichte, die nur halbwegs Anzüglichkeiten gegen Gott enthielten, habe ich mit ängstlichem Eifer den Flammen überliefert. Es ist besser, dass die Verse brennen als der Versemacher.
    Ja, ich habe mit dem Schöpfer Frieden gemacht, zum größten Ärger meiner ‚aufgeklärten’ Freunde, die mir Vorwürfe machten über dieses Rückfallen in den „alten Aberglauben“, wie sie meine Heimkehr zu Gott zu nennen belieben.
    Ich bin zurückgekehrt zu Gott wie der verlorene Sohn, nachdem ich lange bei den Hegelianern die „Schweine gehütet“ habe. Das himmlische Heimweh überfiel mich. In der Theologie muss ich mich des Rückschreitens beschuldigen, indem ich zu einem persönlichen Gott zurückkehrte.“    (Heinrich Heine in seinem Nachwort zum Gedichtband Romanzero / September 1851)
Diesen Worten ist eigentlich kaum etwas hinzufügen, außer vielleicht dass er die letzten acht Jahre seines Lebens  bettlägerig – aufgrund einer rätselhaften Lähmung und gepflegt von seiner Ehefrau Mathilde – zugebracht hat.  Er selber sprach von seiner „Matratzengruft“! Aber er verlor nie seinen Humor und blieb auch schriftstellerisch aktiv.
Wie ernst er es mit seiner Umkehr mit meinte kann man auch seinem Testament (November 1851) entnehmen:

„Seit vier Jahren habe ich allem philosophischen Stolze entsagt und bin zu religiösen Ideen und Gefühlen zurückgekehrt; ich sterbe im Glauben an einen einzigen Gott, den ewigen Schöpfer der Welt, dessen Erbarmen ich anflehe für meine unsterbliche Seele.
    Ich bedaure, in meinen Schriften zuweilen von heiligen Dingen ohne die ihnen schuldige Ehrfurcht gesprochen zu haben, aber ich wurde mehr durch den Geist meines Zeitalters als durch meine eigenen Neigungen fortgerissen. Wenn ich unwissentlich die guten Sitten und die Moral beleidigt habe, welche das wahre Wesen aller monotheistischen Glaubenslehren ist, so bitte ich Gott und die Menschen um Verzeihung“
Was genau diesen Gesinnungswandel bei Heine bewirkt hat, lässt sich nur erahnen. Mein Vater,  der die letzten Jahres seines Lebens viel in Krankenhäuser zugebracht hatte, sagte einmal zu mir: „Da hat man nachts viel Zeit über seine Sünden nachzudenken!“
Heinrich Heine starb am 17. Februar 1856. Folgende  Anekdote wird  berichtet:

  „Als Heine hörte, dass Mathilde neben seinem Sterbebett betete, Gott möge ihm verzeihen, habe er sie unterbrochen: „Zweifle nicht daran, meine Liebe, er wird mir verzeihen. Das ist sein Geschäft!“
Und noch ein Heine-Gedicht zum Abschluss:
„Zerschlagen ist die alte Leier
Am Felsen , welcher Christus heißt!
Die Leier, die zur bösen Feier
Bewegt ward von dem bösen Geist,
Die Leier, die zum Aufruhr klang,
Die Zweifel, Spott und Abfall sang.
O Herr, o Herr, ich knie nieder,
Vergib, vergib mir meine Lieder!“

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (08.11.16)
Heine muss wirklich sehr krank gewesen sein. Eine solche Phase als fromm darzustellen, wirkt so kleingeistig wie vieles, das der Autor hier zum Besten gibt.

"Herr, lass die Frösche fromm werden!", könnte ein solcher Biblizist beten, worauf er in einen Chor mit frommen Fröschen zu quaken einstimmt.

Fröhliches Quaken allerseits!

 Bluebird meinte dazu am 09.11.16:
Mein Text entspricht den Tatsachen. Punkt!

 Dieter Wal antwortete darauf am 09.11.16:
"Was genau diesen Gesinnungswandel bei Heine bewirkt hat, lässt sich nur erahnen."

Blödsinn. Er war totkrank und wollte offensichtlich mit mehr als Hoffnung auf einen Himmel sterben. Heine hatte Todesangst.

Tiefreligiös war er immer schon. Lies sein Werk.
Graeculus (69)
(14.02.17)
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