Liebesgeschichte

Kurzgeschichte zum Thema Beziehung

von  StillerHeld

Etwas fehlt mir. Ich muss dieses Gefühl schon lange in mir getragen haben. Jetzt erst drängt es sich in mein Bewusstsein, ganz frech, als hätte sein Anspruch auf diesen Platz schon immer bestanden. Ich bin irritiert und der ungebetene Gast weidet sich am Anblick meiner Verwirrung.

Du fehlst mir. Wir haben uns bisher nicht oft gesehen. Unsere Treffen waren auch durchaus unverfänglicher Natur, Zusammenkünfte mit gesellschaftlich akzeptiertem Zweck, in einer farbenfrohen Gruppe ständig wechselnder Größe. Die Konstante aber warst du. Freundlich, liebenswert, unaufdringlich hat sich deine Persönlichkeit mir offenbart. Aber da war noch mehr.

Die Saat dieses Mehrs ist nun aufgegangen und beschäftigt meine Befindlichkeit. Und von all dem merkst du nichts, die du mich gerade anlächelst, scheinbar nur freundlich und dabei doch all die Schichten meines Bewusstseins durchdringend.

Spürst du das auch? Oder spielt mir mein Wunschdenken einen Streich? Oh ja, ich glaube, dass dein Blick meine Wahrnehmung bestätigen will. Viel zu lang ruht er schon auf meinen Augen. Und ich empfange auf der gleichen Wellenlänge.

Wir reden miteinander, doch was wir sagen, ist nicht mehr wichtig. Die Botschaften tauschen wir längst auf der Gefühlsebene aus. Uns beide umgibt eine gemeinsame Aura, die Welt da draußen entfernt sich aus unserer Wahrnehmung. Und die Zeit hat uns schon aufgegeben.

Die Nähe eines gemeinsamen Gesprächs reicht uns längst nicht mehr. Ich spür einen Finger auf meinem Handrücken. Wie selbstverständlich ist er dort gelandet und fühlt sich ganz schön wohl. Dann gesellt sich ein zweiter und dritter hinzu. Ich spür deine Wärme, will nicht mehr warten und fass nach deiner Hand. Sie fragt mich: Wo warst du so lange? Und meine Hand antwortet: Ich war doch nur kurz weg.

Unsere Schritte nähern sich einem gemeinsamen Takt. Die Anziehungskraft zwischen uns ist viel zu stark, als dass sich ihr einer von uns noch entziehen könnte. Wir wollen mehr und fragen nicht mehr lange. Und verlachen die Vernunft im Duett.

Warum bist du jetzt stehen geblieben, stellst dich mir entgegen? Ganz erstaunt schaust du mich an. Dann ist auf einmal keine Distanz mehr zwischen uns, mein Körper berührt den deinen und unsere kalten Lippen suchen, finden und treffen einander.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (18.12.18)
unsere kalten Lippen

Ach, herrje ...
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