Schlaf mein Kind schlaf ein

Kurzgeschichte zum Thema Erziehung

von  Der_Rattenripper

„Mami  mir ist langweilig und die Füße tun mir weh.“, jammert Chantal.
Ich strafe mein Kind mit einem strengen Blick, während ich Cornflakes, Nudeln, Limonade und Miracoli in den Einkaufswagen werfe.
„Mami ich will diese Kaubonbons mit Brause wo sind die? Ich will die Kaubonbons.“
Ich drehe mich zu Chantal um packe sie an den Schultern und sage: „Jetzt ist Ruhe Chantal wenn du nicht aufhörst kannst du gleich wenn wir wieder Zuhause sind ins Bett gehen hast du mich verstanden?“, zische ich. „Und wie siehst du wieder aus?“
Dieses Blag raubt mir noch den letzten Nerv, ständig nörgelt sie rum. Ihr rosafarbener Barbiepullover ist voller Schokoflecken. Ein Schluchzen entweicht ihrer Kehle und ich weiß, dass gleich der Chantalwutanfall kommt, bei dem sie sich auf den Boden wirft und den ganzen Laden zusammen brüllt. Ich packe mein Kind am Arm, drücke zu und schaue ihr mit strengem Blick in die Augen.
„Wage es ja nicht hier herumzubrüllen komm jetzt!“
Meine Tochter sagt nichts, ich schiebe den Einkaufswagen zur Kasse, während ich Chantal hinter mir her schleife wie ein lästiges Anhängsel. Dieses Kind macht es einem wirklich nicht einfach. Manchmal ertappe ich mich bei der Frage, warum es nicht einfach abgetrieben oder nach der Geburt zur Adoption freigegeben habe. Ich erschrecke bei dem Gedanken, so etwas kann man seinem Kind doch nicht antun. Meine Tochter soll es einmal besser haben als ich. Mir wurde damals keine Liebe und keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ich kannte nur Druck, Gewalt und Angst. Angst vor den eigenen Eltern. Meine Tochter soll vor mir keine Angst haben, sondern mit jedem Problem zu mir kommen können.
„Mami ich habe Durst.“, jammert meine Tochter hinter mir. Ich sage nichts, ich habe keine Lust mehr auf diese immer wiederkehrenden Diskussionen.
„Ich muss ganz dringend Pippi.“
„Wir sind gleich Zuhause, wage es ja nicht hier in die Hose zu machen.“
Chantal fängt an zu plärren, ich beachte sie nicht, das ist das Beste was ich tun kann sondern schmeiße die Waren auf das Kassenband und bewege mich vorwärts.
„90 Euro.“, sagt die Kassiererin, nachdem sie meine Sachen eingescannt hat.
Ich krame meine Geldbörse heraus, während Chantal ungeduldig von einem Bein auf das andere hüpft.
„Kannst du nicht still stehen?“, zische ich meine Tochter an, während ich der Kassiererin 90 € in großen Scheinen überreiche. Ich stopfe die Sachen in die Tüte schenke meiner Chantal einen vorwurfsvollen Blick und sage: „Kannst du mal mit anpacken? Du faules Luder.“
Chantal nimmt die Cornflakespackung und  wirft sie in den Korb.
„Ich muss mal.“, ruft sie wieder.
„Halt den Mund und fass mit an.“
Meine Tochter greift sich das Gurkenglas und lässt es zu Boden fallen. Gurkenwasser und Glassplitter fliegen herum.
„Chantal kannst du nicht aufpassen?“, schreie ich und verpasse meiner Tochter eine schallende Ohrfeige. Chantal weint, Tränen laufen ihre Wangen hinab, auf ihrer linken Wange kann ich deutlich den Abdruck sehen, den meine Hand hinterlassen hat.
„Geh ins Auto Chantal keine Widerrede!“, zische ich meine Tochter an. Chantal steigt ins Auto, während ich die restlichen Sachen in den Kofferraum packe und den Einkaufswagen wegbringe.
Als wir Zuhause ankommen fängt meine Tochter an zu weinen. Tränen laufen in großen Tropfen ihre Wange hinab.
„Was hast du jetzt schon wieder?“, ich schaue auf meine Tochter hinab und sehe den dunklen Flecken auf ihrer Hose.
„Ins Haus mit dir aber ein bisschen plötzlich wenn ich bitten darf. Zieh dich aus und dusch dich, du dreckiges kleines Monster. Anschließend gehst du sofort ins Bett hast du mich verstanden und wage es ja nicht noch eine Barbie CD zu hören. Für die kommende Woche ist mit Freunden spielen und Fernseh schauen verboten.“
Chantal stürmt ins Haus ich höre ihr schluchzen unter der Dusche, was soll ich nur tun? Vielleicht sollte ich das Kind wirklich zur Adoption freigeben? Ich lasse den Einkauf in der Küche stehen und nehme die Flasche Korn aus dem Küchenschrank. Nur ein kleiner Schluck, dann geht es mir wieder besser, selbst mit Chantal kann ich dann besser umgehen. Ich höre wie sich die Badezimmertür öffnet und Chantal auf leisen Sohlen in ihr Zimmer verschwindet. Was soll ich nur tun? Ich räume  den Einkauf weg, dann  nehme ich die Flasche Korn und setzte mich vor den Fernseher. Nach einer Stunde schalte ich das Gerät aus. Mein Blick fällt auf die Flasche Korn, sie ist leer. Auf leisen Sohlen schleiche ich an die Zimmertür meiner Tochter. Es ist still, mucksmäuschenstill still. Langsam öffne ich die Tür und betrete das Zimmer. Meine Tochter schläft. Ihren Kopf zur Seite gedreht einen Daumen im Mund. Vorsichtig hebe ich ihren Kopf an um ihr das Kissen wegzuziehen. Mit dem Kissen in der Hand beuge ich mich langsam zu ihr hinunter. Ich presse das Kissen auf ihr Gesicht.

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Kommentare zu diesem Text


 princess (01.12.17)
So nahe an der Realität, dass es weh tut.

Liebe Grüße
Ira

 Der_Rattenripper meinte dazu am 01.12.17:
Der Text soll weh tun.

Schönen Gruß

Der Rattenripper

 princess antwortete darauf am 01.12.17:
Das habe ich mir gedacht.

 Sanchina (01.12.17)
Die Adoption wäre vielleicht ein Segen für das Kind gewesen.

 Der_Rattenripper schrieb daraufhin am 01.12.17:
Stimmt, aber wer mich kennt weiß, dass ich meinen Protagonisten häufig schlimmes antue.

Antwort geändert am 01.12.2017 um 14:11 Uhr

 AZU20 (02.12.17)
Totale Überforderung. Hoffentlich frei erfunden. LG

 Der_Rattenripper äußerte darauf am 02.12.17:
Zum Glück ja. Danke für deinen Kommentar und die Empfehlung.

Schönen Gruß

Der Rattenripper

Antwort geändert am 02.12.2017 um 12:09 Uhr
Schachtfalter (39)
(15.12.17)
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 Der_Rattenripper ergänzte dazu am 15.12.17:
Schachtfalter Bock schon, es ist tatsächlich bewusst kurz gehalten. Ja man könnte das ausbauen und ich habe sogar vor aus diesem Thema ein längere Geschichte zu machen, jedoch mit etwas anderem Ende. Es ging eher darum, zu zeigen was so alles passieren kann wenn man schläft, und mehr oder weniger ausgeliefert ist.

Schönen Gruß

Der_Rattenripper

Antwort geändert am 15.12.2017 um 22:19 Uhr
Schachtfalter (39) meinte dazu am 15.12.17:
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 Der_Rattenripper meinte dazu am 15.12.17:
Och psycho nein, da gibt es von mir schlimmeres. Das ist harmlos. By the way, dass Motiv kommt doch relativ gut rüber, die Frau hat ein Alkohol Problem und ist mit der ganzen Situation überfordert.

Schönen Gruß

Der Rattenripper
Schachtfalter (39) meinte dazu am 15.12.17:
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