Bestrafen und bestraft werden - zwei Seiten einer Medaille

Essay zum Thema Anpassung

von  ManMan

Wir alle strafen oder werden bestraft, zumeist das ganze Leben lang – und womöglich darüber hinaus. Immerhin weiß niemand mit Sicherheit, dass es keine Höllenstrafen gibt oder nicht zumindest ein Fegefeuer, in dem zwar Buße angesagt ist, das aber letztlich der Vermeidung eben jener Höllenstrafen dient, und wenn ich die katholische  Lehre meiner Kindheit in richtiger Erinnerung habe, mit der Reinigung endet, die den Eintritt in das Himmelreich ermöglicht. Strafe soll hier also etwas Gutes bezwecken, und das sagen wir unseren Kindern ja auch unentwegt, wenn wir nicht umhin können, eine Strafe auszusprechen – und welche Eltern kommen schon ganz ohne Strafen aus?

Die Kinder lernen daraus ja auch fürs Leben: Verfehlungen sind strafbewehrt, zuhause gibt es vielleicht Hausarrest oder Fernsehverbot, zumindest aber laute oder stille Vorwürfe, vielleicht vorwurfsvolle Blicke der Mutter, die für manche Kinder die schlimmste Strafe sind, weil diese Strafe nicht einfach so aufhört wie in früheren, barbarischen Zeiten, als Vater das böse Kind übers Knie legte, ihm den Po verhaute, während Mutter mahnte, nicht zu streng zu sein und  nachher die Schande, welche auch immer, getilgt war. Auf die Strafe folgte dann die Liebeserklärung: „Wir haben dich trotzdem lieb!“ Aus und vorbei, diese Zeiten. Aber, um den Faden wieder aufzunehmen, ob das Kind will oder nicht, es wird mit Strafen groß, zuhause hatten wir bereits kurz gestreift und jetzt kommt die Schule.

Wer seine Sache gut macht, also fleißig ist und sich anpasst, der wird gelobt und gefördert, die anderen werden bestraft, sei es durch schlechte Noten, Einbestellung der Eltern, Strafarbeiten, auch wenn sie anders heißen. Aber auch jene Fleißigen und Angepassten laufen Gefahr, bestraft zu werden, zumal von Mitschülern, die in ihnen Streber und Kriecher sehen und in ihrer kindlichen Unschuld glauben, das wären keine guten Werte und die deshalb die Streber und Kriecher mobben, auch auf die Gefahr hin, später von Lehrern und Eltern dafür bestraft zu werden.

Heute gibt es Pädagogen, die postulieren, auf Strafe völlig zu verzichten und die Kinder nur zu loben. Aber auch sie kommen nicht umhin, einige viel und andere wenig zu loben, was die anderen durchaus als Strafe empfinden mögen. Im Übrigen ist es natürlich ein jugendlicher Denkfehler, dass Streber und Kriecher etwas Negatives sind, wo wir Erwachsenen doch schon längst gelernt haben, dass die Eigenschaften dieser Personen im Berufsleben mindestens ebenso wichtig sind wie profunde Kenntnisse. Da ich mein Berufsleben hinter mir habe, kann ich diese Wahrheit gelassen aussprechen, ohne Nachteile oder Strafen zu erhalten, außer vielleicht gehässige Kommentare von KV-Lesern. Aber die strafe ich mit Missachtung!

Kommen wir zum Privatrleben: Unter Privatmenschen werden keine Strafen ausgesprochen, außer bei jenen Menschen, die sich offen dazu bekennen, gerne zu strafen oder vice versa gerne bestraft zu werden. Obwohl die SM-Seiten im Netz voll von dieser Spezies sind, wollen wir uns hier nicht weiter um sie kümmern, vielleicht abgesehen davon, dass lustvolle Bestrafung vielleicht ein guter Trick ist, der Strafe den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn was für eine Strafe soll das sein, die Bestrafern und Bestraften Lust und gute Laune beschert! Aber wie ist es bei den  „normalen“ Müllers, Meiers und Schulzens?

Um bei Letzterem anzufangen: SPD-Schulz hat die größmögliche Strafe angetreten, als er seinen Rücktritt verkündete. Damit dürfte seine politische Karriere weitgehend beendet sein, es sei denn der Posten des Bundespräsidenten wird gerade frei, was aber kaum anzunehmen ist, weil dort schon einer sitzt, der seiner Partei das zweitschlechteste Ergebnis beschert hat. Lassen wir das! Wenden wir uns Herrn Meier zu. Nehmen wir an, er wohnt mit Frau und zwei schulpflichtigen Kindern in einer Doppelhaushälfte in Remscheid oder meinetwegen Castrop-Rauxel. Von Beruf ist er Lehrer, hat also, wie oben ausgeführt nolens volens beruflich mit Bestrafung zu tun und mag das nicht gerne.
Wenn Herr Meier heimkommt, will er nichts mehr von Bestrafung wissen, weshalb er Fünfe gerade sein lässt, auch wenn die beiden Süßen seine Lieblingsvase aus Griechenland zerdeppert haben. Ach, sagt er nur, das ist ja traurig, meine Lieblingsvase! Dann schluckt er und sagt zu Frau Meier: „Nicht wahr, Schatz, wir wollten im Sommer eh nach Kreta fliegen, dann kaufen wir da eben eine neue.“ Frau Meier schweigt, aber es ist ein beredtes Schweigen, und abends, wenn die Tagesthemen vorbei und die Kinder im Bett sind, kriegt er von ihr zu hören, er mache es sich sehr bequem, indem er ihr das Strafen überlasse, und Strafe müsse nun mal sein bei Fehlverhalten der Kinder, das müsse er als Pädagoge doch wissen! Es kommt zum Streit, der eskaliert und damit endet, dass Frau Meier die Nacht im Gästezimmer verbringt als Strafe für ihren Gatten, der sich einen schönen Abend gewünscht hatte.

Wir sehen also: Die Strafen sind überall und es ist kaum möglich, ihnen aus dem Weg zu gehen. Von den „richtigen“ Strafen ganz zu schweigen, jenen also, zu denen die Bösewichte verurteilt werden und die Armen, die sich keinen guten Anwalt leisten können. Jurastudenten lernen noch den Grundsatz „nulla poena sine lege“, aber versierte Juristen haben den Satz längst umformuliert: „nulla poena cum Rechtsschutz“.
Und sie verdienen gut daran, und zwar ohne Risiko, deshalb bestraft zu werden, anders als die Finanztrickser und -täuscher, die immer befürchten müssen, dass ihre Tricksereien auffliegen und sie mit einer deftigen Geldstrafe bestraft werden. Könnte jedenfalls sein. Das wenn es kein Gesetz gibt, dass ihre Tricksereien verbietet und bestraft... Ach, lassen wir das! Sicher wollen sie alle nur unser Bestes, aber da fängt der Streit schon an, denn was ist unser Bestes?! So, und jetzt bitte ich um möglichst viele Empfehlungen, aber wer mich bestrafen will, kann es auch sein lassen. Vielleicht empfinde ich ja Lust dabei!


Anmerkung von ManMan:

Natürlich gäbe es noch mehr Schlagworte, aber lassen wir die Schläge sein!

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Kommentare zu diesem Text

matwildast (37)
(16.02.18)
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fdöobsah (54)
(16.02.18)
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 ManMan meinte dazu am 17.02.18:
Das ist die Höchststrafe! Na gut, ich habe gelernt und einige Absätze gemacht.

Antwort geändert am 17.02.2018 um 00:46 Uhr
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