Was Strafe bewirken kann

Glosse zum Thema Täter/Opfer

von  loslosch

Omnis poena non tam ad delictum pertinet, quam ad exemplum (Quintilian, 35 n. Chr. bis ~96 n. Chr.; Declamationes). Jede Strafe zielt nicht so sehr auf das Vergehen als vielmehr auf das (abschreckende) Beispiel.

Was Rhetoriklehrer Quintilian in gekonnter Sprache epigonal deklamiert, das sind die Erkenntnisse und Einsichten Ciceros, des unerreichbaren Idols von Quintilian. Aber auch Cicero las viel und fand diese Gedanken schon bei Plato (5./4. Jh. v. Chr.: Νόμοι, nomoi - Gesetze). Unbestritten ist, dass - abgesehen von im Affekt oder von Triebtätern begangenen Straftaten, bei denen kaum Raum für eine Tatabwägung bleibt - jeder Täter vor Ausführung der Tat davon überzeugt ist, nicht erwischt zu werden. Somit ist die abschreckende Wirkung eine sehr begrenzte.

Im Medienzeitalter haben spektakuläre Strafprozesse über Gewaltverbrechen, die publizistisch ausgeschlachtet, ja zelebriert werden, die fatale Folge, dass sie (meist verstörte) Nachahmungstäter auf den Plan rufen. - Attraktion statt Abschreckung.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (19.03.18)
Na, ja inzwischen erwartet fast kein Täter noch irgendeine
bedeutende Strafe, weil diese Gesellschaft auf super-verständnisvoll macht. Am liebsten gutstreicheln,
dann wird das schon mit dem Besserwerden.
Und wenn nachgeahmt wird, dann doch nur, weil man ganz
fix wieder laufen gelassen wird, nach kurzer Festnahme.
Tja, wir sind eben soooooo supergut. LG Irene

 loslosch meinte dazu am 19.03.18:
ich rede keiner straffreiheit das wort. als rechtslaie frage ich mich allerdings, ob angesichts überfüllter gefängnisse und hoher unterbringungskosten von der fußfessel angemessen gebrauch gemacht wird. lo
Aron Manfeld (48)
(19.03.18)
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 loslosch antwortete darauf am 19.03.18:
quelle? ein link?

ich erinnere mich ans jahr 1986. als zeuge in einem strafverfahren war ich gefordert. im wartestand kam ich mit einem ehepaar ins gespräch. die erinnerung ist jetzt verblasst, aber die beiden warteten auf einen termin, in dem ihr sohn als beschuldigter galt. besonders die mutter feixte, was sie für einen tollen bub großgezogen hätten. kein wort von falscher anschuldigung. ich war baff.
Aron Manfeld (48) schrieb daraufhin am 19.03.18:
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 loslosch äußerte darauf am 19.03.18:
originalerdacht klingt witzig. ich glaube nicht an diesen utilitaristischen ansatz, aron.

 TrekanBelluvitsh (19.03.18)
Ich denke, es ist immer eine Frage des Abwägens. Abschreckung durch Strafe funktioniert da, wo der Gewinn das Risiko nicht lohnt UND zweifelhaft ist. Die meisten halten sich im Straßenverkehr an die vorgegebenen Geschwindigkeiten - ungefähr - weil, das Risiko noch scheint UND der Nutzen kaum bis nicht vorhanden ist. Es bringt einfach nichts, mit 190 durch die Stadt zu kacheln. Ampeln, Straßenverläufe und Verkehr bremsen einen immer wieder so ab, dass ein etwaiger Zeitgewinn nicht ins Gewicht fällt. Und davon abgesehen: Wenn man zur Schwiegermutter fährt, kann es ja ruhig ein wenig dauern.

 loslosch ergänzte dazu am 19.03.18:
die jährliche fachkonferenz der strafrechtsexperten ist uns weit voraus.

 Nachtpoet (31.03.18)
Bei deinem Gedanken fällt mir eine allgemeine Notwendigkeit des pholisophischen Um/Neudenkens in Zeiten globaler Digitalisierung auf, welche heute noch maginal erscheint. Später könnte diese Dringlichkeit aber zu einem mörderischen, alles-verschlingendem Monster heranwachsen ...

LG
Ralf

 loslosch meinte dazu am 31.03.18:
etwas kryptisch.
Graeculus (69)
(31.03.18)
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 loslosch meinte dazu am 31.03.18:
den gedanken der abschreckung hat seneca von plato übernommen.
Jack (36)
(03.05.18)
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