Neue, ureigene Erzählweisen in der digitalen Welt

Erzählung zum Thema Gegenwart

von  toltec-head

What am I doing here? Naja, Bio-Blogging auch nicht so richtig. Dafür fehlt viel zu viel. Nicht nur Job und Kollegen, die ich wie andere ihre Geschlechtsteile verschweige. Echtes Bio-Blogging verlangte eine letztlich ebenfalls auf ein Buch oder doch irgendeine Werkform schielende Disziplin, eine Selbstaufopferung, oder noch schlimmer Versklavung, zu der ich einfach nicht bereit bin. Es schreibt sich über mittelgute bis einigermaßen misslungene Ficks, ich glaube, die wirklich guten habe ich mittlerweile längst selbst vergessen.

Eigentlich gar nichts so richtig. Keine Gedichte, jedenfalls keine "richtigen". Prosa - selbst das Wort ekelt mich an. Eine Art dadaistisches Facebook, aber ohne jeglichen dadaistischen Ernst und Gruppenbezug.  Was bleibt sind möglicherweise bloße Meinungen. Meinetwegen, warum nicht? Meinungen eines bloßen Lesers, der sich zu irgend einer Form von Autorschaft nicht wirklich aufraffen kann.  Ersetzt man in Anlehnung an Stirner das Wort Meinung mit Ichung, klingt es schon weniger blöd. Wer Ichung will, sollte selbst noch seinen Meinungen freien Lauf lassen, die gehören - wie eine gehörige Portion Kitsch - eben nun einmal mit dazu; ich bin doch nicht Paul Celan.

Die Welt des Internets ist die Welt der Ichungen. Die Vorstellung von neuen, ureigenen Erzählweisen in der digitalen Welt ist eine dem Literatursystem entsprungene Sichtweise, die am Phänomen Internet völlig vorbei geht. Das Internet wurde in etwa zeitgleich mit der neuen, frohen Botschaft von Luhmann entwickelt: Ich bin als psychisches System nicht Teil der Gesellschaft. Kein Mensch ist es. Es ist daher zwangsweise so, dass die "neuen, ureigenen Erzählweisen" gar nichts so richtig sein können. Die Form, wenn man ihr denn unbedingt einen Namen geben wollte, wäre wohl so etwas wie: Versickerung im Ich. Ich bin überzeugt, anders als ich es hier tue, kann man eigentlich nirgends, weder in einem Internetliteraturforum noch sonst im Internet oder sonst wo weiterschreiben. Und gerade weil es keine Form gibt, kann man ihr genauso gut jeden Namen geben. Neu kann man das aber auch nicht wirklich nennen. Es fehlt nämlich die Anschlussfähigkeit zum alten.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 Oskar (13.01.19)
Gott und die Menschheit haben ihre Sache auf Nichts gestellt, auf nichts als auf Sich. Stelle Ich denn meine Sache gleichfalls auf Mich, der Ich so gut wie Gott das Nichts von allem Andern, der Ich mein Alles, der Ich der Einzige bin.

Ich warte immer noch auf Steiner.

 Horst meinte dazu am 14.01.19:
brilliant geschrieben, außer ein derb formuliertes Verb (F.)

Antwort geändert am 14.01.2019 um 07:56 Uhr
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram