..in den Untiefen eines sehr verzweigten Deltas.
Bei meinen Schätzchen zu Hause, da unterscheide ich zwischen den Volljährigen (über 21 Jahre!), zwischen denen, die noch aus DM-Zeiten stammen (mindestens 16 Jahre) , dann zwischen den Teenagern (ab 13 ) und den Youngstern. Letztere sind optisch kaum von der Frischware zu unterscheiden; aber sie sind halt nicht mehr ganz so verführerisch – ihr Outfit hat schon etwas Altbackenes.
Ich greife mir diese Schätzchen natürlich nicht jeden Tag, eine regelmäßige Kontrolle spare ich mir. Überhaupt fallen sie mir eher zufällig in die Hände, wie gerade jetzt Maggi.
Maggi ist eine der Volljährigen, aber - man höre und staune - absolut nicht verdorben. Ein bisschen Fett hat sie wohl angesetzt, aber das fühlt man nur äußerlich. Dass sie unberührt ist, lässt sich leicht feststellen. Sie hat ein rotes Köpfchen, das sitzt ganz fest und ist nicht von nachtropfender Soße besudelt. Ja, der Ausguss ist noch original versiegelt. Auf dem gelb-roten Etikett erkenne ich schwach das Jahr... 1995! Ja, Maggi hatte bei meiner Art zu kochen (viel Frisches, aber salzarm!) nichts zu befürchten, sie war schlicht überflüssig. Und dann überwintert so ein Schätzchen eben mal in der kuscheligen Speisekammer.
Maggi hat sich zudem versteckt hinter einem anderen Leckermäuschen, einer Soßen-Genossin aus DM-Zeiten namens Sunshine-Only, Sambal-Belacan; düster erinnere ich mich: Diese Flasche ist das Mitbringsel von einer Türkei-Reise 1999, und sie ist ebenfalls intakt und ungeöffnet.
In derselben Ecke finde ich ein Glas Formosa-Spargel "Happy Harvest", der sich leider in seiner trüb gewordenen Brühe zersetzt hat, Verfallsdatum 2001. Ähnlich undefinierbar, was in dem Glas mit dem schönen Namen Mei-Tai mal war: Irgend etwas mit Bambus. Beides muss das langjährige Nest verlassen, sorry.
Auch bei meinen Teenager-Relikten will jetzt eine ganze Gruppe endlich raus aus der Versenkung, nämlich das kleine Gewürzsorrtiment, das ich mal geschenkt bekommen und dann ganz hinten platziert hatte - exotische China-Pülverchen, in bunten Gläschen für die Ewigkeit versiegelt. Ewigkeit? Hat sich da nicht gerade was bewegt, in dem Garlic-Powder?
Der Teenager, der mir dann in die Hände fällt, ist nicht ganz so weit gereist. Es ist ein etwas fragmentarisches Lasagne-Platten-Ensemble...in Spinachi-Grün. Erster Eindruck: Bissfest, erstaunlich gut erhalten. Muss man so etwas Wertbeständiges aus dem Jahre 2004 jetzt schon wegwerfen?
Von Grün zu Braun... und zu den Youngstern: Die Schoko-Kuvertüre, deutlich jünger als die Lasagne, hat es dafür deutlich hinter sich. Ich sehe unter dem brüchig gewordenen Zellophan einen weißlichen Belag, der sich flächendeckend ausgebreitet hat - nein,solche Kadetten mit Verdacht auf Schimmel haben bei mir kein Bleiberecht, weg!
Noch tiefer in den Katakomben der Speisekammer, da finde ich ein Pulver, um Wackelpeter zu machen: rot, reicht für einen halben Liter! Das sieht dagegen noch astrein aus - wahrscheinlich ist da auch nur tote Chemie drin. Kein Risiko, beschließe ich. .
Selbe Farbe, auch was Süßes – hier erkenne ich auf dem Gläschen , kaum noch lesbar, den Aufdruck "Himbeer-Soße". Die gab es mal bei Tengelmann, und ganz früher, als Kind, da mochte ich die so gern auf Grießpudding.... Ja, lang, lang ist es her.
Vielleicht, so sinniere ich wehmütig, erlebe ich es ja noch, ein Koch-Erlebnis zumindest mit diesem Schätzchen...
Aber Spaß beiseite: Was diese Speisekammer ganz sicher erleben wird: Sie wird jetzt mal richtig aufgeräumt werden! Definitiv. Ja, ich werde ausmisten. Keine Gnade, weder für Youngsters noch für die Oldies. Radikal reiner Tisch! Auch für das Datum lege ich mich schon fest: Garantiert vor dem nächsten Umzug.