Das Gute und das Böse

Innerer Monolog zum Thema Gut und Böse

von  BerndtB

Das Gute und das Böse
Oder: Lasst uns alle tot sein

„Das Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, was man lässt“. So sagte es Wilhelm Busch. Er konnte gut zeichnen und illustrieren. Aber konnte er auch denken? Vieles soll er ja betrunken geschaffen haben. Vielleicht auch diesen Spruch.

Nach diesem Spruch  ist nicht handeln besser als handeln.

Wer nichts Böses tut, tut damit automatisch Gutes.

Damit wird Nichthandeln zum Handeln.

Phänomenal. Die Quadratur des Kreises.

Am besten ist Schlafen; denn:  „Wer schläft, der sündigt  nicht.“

Noch besser wäre der Tod: Aus dem Schlaf wachen wir ja wieder auf, um weiter zu sündigen. Der Tod macht für immer frei von allem Sündigen. Wer tot ist, tut kein Böses mehr. Das wäre die endgültige Lösung.

Also: Am besten leben die, die schon tot sind. Noch eine Quadratur des Kreises.

Dabei ist dem Volksmund jederzeit ganz klar, was gut und was böse ist.

Anhand von Beispielen lässt sich das leicht darstellen. Alle sind sich einig, was das Gute und das Böse ist. Jedenfalls die Menschen eines Volkes. Oder einer Nation. Oder eines Erdteiles. Oder die Abkömmlinge des Homo Sapiens. Oder die Männer. Manchmal auch die Frauen. Die Linken und die Rechten. Die Nüchternen und Betrunkenen. Die Armen und die Reichen. Die Gebildeten und Ungebildeten. Die Sozialen und Asozialen. Die Arbeiter, Angestellten, Beamten, Handwerker, Bauern, Ärzte, Juristen, Künstler, Schriftsteller, Geistlichen, Militaristen und Pazifisten. Und natürlich die Politiker. Die Heiligen und die Henker.

Jedenfalls grundsätzlich.

Im Detail gibt es natürlich einige Unterschiede. Mal gilt das ehemals Böse als gut; mal ist es umgekehrt. Die Zeiten und Einstellungen ändern sich. Was in den alten Kulturen gut war, ist heute schlecht. Nur die Änderungs-Halbwertzeiten werden immer kürzer. Manchmal sind sie schon kürzer als ein Menschenleben geworden. Was man als Kind gelernt hat, ist heute völlig verkehrt. Und was wir unseren Kindern heute zu vermitteln versuchen, wird von diesen vielfach schon, während wir es sagen, verächtlich abgetan.

Für alles gibt es wissenschaftliche Studien. Bald gibt es mehr Studien als Menschen. Aber keine kann uns sagen, was gut und was böse ist.

So tappen wir weiterhin im Dunkeln und warten auf die Erleuchtung.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (05.03.19)
Schon deiner Interpretation von Wilhelm Buschs Satz kann ich nicht zustimmen. Ich sehe darin vielmehr die Aussage, dass das Böse Menschenwerk ist und nicht vom Himmel fällt oder auf den sinistren Plänen des Satans beruht. Dies ist umso entscheidender, wenn man bedenkt, dass das Gedankengut der Aufklärung im 19. Jhd. noch gar nicht vollständig akzeptiert war.

Demnach beweist sich Busch hier als Aufklärer und Anhänger des "menschlichen Prinzips" gegen das kirchliche "göttliche Prinzip", welchem die Spießbürger seiner Zeit, die er in seinen Schriften oft persiflierte, nur allzu gerne frönten.

 BerndtB meinte dazu am 05.03.19:
Danke für die Aufklärung, Sie ist damit schon im 21. Jhd. angekommen.
Ich stelle fest: Das Böse ist Menschenwerk.
Aha. Es scheint das Böse zu geben. Und es ist nicht göttlich (Theodizee) oder satanisch, sondern menschlich.
Und das alles ist das "menschliche Prinzip" (Schopenhauer lässt grüßen).
Lieber Trekan, entschuldige, aber deine Kritik erscheint mir als ein wenig zu kurz gegriffen. Ich wollte ganz sachte auf die Unterschiede zwischen "vita activa" und "vita contemplativa" hinweisen (Hannah Arendt). Mit Busch wollte ich ein wenig provozieren und zum Nachdenken anregen.

Auf jeden Fall scheint mir das gelungen zu sein.

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 06.03.19:
Die Kritik erscheint dir zu kurz, weil ich meine Kritik zum zweiten Teil weggelassen habe. Hier kommt sie:

Wie durchaus nicht wenige Menschen, scheinst du zu denken, dass die Definition von Gut und Böse vom Standpunkt abhängt. Das ist richtig und zugleich falsch. Denn wenn du dir Gesellschaften durch die Geschichte betrachtest, wirst du feststellen, dass die Ansichten über falsch und richtig, gut und böse gar nicht so verschieden sind. Sprich: Die Werte bleiben.

So hat z.B. jede Gesellschaft schon immer Sanktionen gegen Mord und Diebstahl verhängt. Allerdings galten die Betrachtungsweisen, was Mord und Diebstahl ist immer nur für die als Mitglieder der Gesellschaft Akzeptierten. Ein politisches Beispiel wäre das Frauenwahlrecht in Deutschland. Frauen wurden dadurch erst 1919 in Deutschland als Vollmitglieder der Gruppe definiert.

Also geht es nicht darum Werte und Richtlinien an sich zu definieren. Darauf kann man sich in der Regel recht schnell einigen. Sowohl Faschisten also auch Kommunisten wollen keine Gesellschaft, in der die Menschen herum laufen und sich nach Lust und Laune töten dürfen. (In diesem Sinne ist das Selbstbild der RAF interessant. Diese sah sich als gesellschaftliche Elite und darum war es ihnen erlaubt, Menschen zu töten.)

Es geht darum, diese Werte und Regel auf alle Menschen auszudehnen und sie nicht auszuschließen. Das deutsche Frauenwahlrecht von 1919 tat dies (in puncto Wahlen). Faschisten und Kommunisten haben ein gesellschaftliches Bild, dass bestimmte Menschengruppen von den allgemeinen Werten und Regeln ausschließt, nicht aufgrund individueller, sondern vorgeblicher Gruppeneigenschaften.

(Ganz nebenbei: Auch die Motivation hinter dem Brexit ist es, bestimmte Personen aus den allgemeinen werten und Regeln auszuschließen. Dies sieht man an dem Hauptstreitpunkt "Freizügigkeit" von Seiten der Brexiteers.)


Und in deinem zweiten Teil finde ich keinerlei grundsätzlichen Überlegungen, sondern nur Lamento, dass mit den üblichen Angriffen auf die Jugend und die Wissenschaft endet. Aber keine Sorge: Als du noch jung warst, waren die meisten Erwachsenen auch der Meinung, dass die "heutige Jugend" ganz furchtbar ist und keine Werte mehr kennt. Und als diese Erwachsenen jung waren, dachten deren Eltern...

Wenn diese Denkweise richtig ist, ist wahrscheinlich die Welt um 1623 in Deutschland perfekt gewesen. Aber das ist habe ich nicht durchgerechnet. es ist nur eine Vermutung...

 BerndtB schrieb daraufhin am 06.03.19:
Nein, deine Kritik erscheint mir zu kurz, weil wir verschiedene Dinge meinen und von ganz unterschiedlichen Denkweisen ausgehen:

Es fängt schon damit an, dass du versuchst, mich zu interpretieren. Das Ergebnis ist - leider - falsch:

Ich denke nicht, dass die Definition von Gut und Böse von Standpunkt abhängt. Daher geht alles, was du danach schreibst, fehl, soweit es meinen Beitrag betrifft. Ich stelle nur die Frage, ob es Gut und Böse überhaupt gibt. Meine Aufzählungen waren deshalb nur Beispiele und kein "Lamento".

Ich habe in meinen Beitrag nur zwei komplexe Fragen aufgeworfen:

1. Ist es besser, zu handeln oder nicht zu handeln? Kann Nicht Handeln automatisch zum Handeln werden? Ist es möglich, nicht zu handeln, aber nur zu denken oder nur zu "sein"? Ist nicht jeder unserer Atemzüge bereits ein "Handeln"? Usw.

2. Was ist "gut" und was "böse"? Hintergrund meiner Überlegungen war nicht die Frage nach den "Werten". Das wäre "nur" menschlich/politisch gedacht. Ich frage, ob das Gute und das Böse überhaupt existiert.

Die momentane Situation auf unserem Planeten scheint viele "Erkenntnisse" der Menschheit auf den Kopf zu stellen.

Du scheinst - leider - in dem von dir erwähnten "menschlichen Prinzip" gefangen zu sein. Ich versuche, darüber hinaus zu denken, nicht indem ich diesem "menschlichen Prinzip" ein "göttliches Prinzip" entgegensetze. Wenn es ein solches gäbe, könnten wir es wahrscheinlich nicht verstehen, sondern höchstens erahnen (Hiob).

Meine Frage betrifft die Prinzipien als solche. Gibt es sie? Muss es sie überhaupt geben? Kann es nicht noch etwas "Außerprinzipielles" geben? Sind die sogenannten Prinzipien nicht von Menschen für Menschen gemacht? Haben auch Tiere Prinzipien? Gibt es für diese "Gut" und "Böse"? Oder für Steine? Oder für den Kosmos?

Ich fürchte, du kannst und willst dich nicht mit diesen Fragen beschäftigen. Mich aber beschäftigen sie sehr.

Es ist immer wieder nett, mit dir zu diskutieren.
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