Das Tagebuch : Der Magarethe Bauldauf 1600 - 1680 2.Teil

Erzählung zum Thema Vergangenheit

von  Borek

Auszug:Das Tagebuch:  Der Magarrethte Baldauf 1600-1680                                                                                                                         
                                                    2.Teil
Auszug:

Meine liebste Freundin aus der Kindheit!

Wir wollten heiraten und das haben wir oft gespielt. Wir verbeugten uns vor unseren Hochzeitsgästen, dem Herzog der Gebissene mit Gemahlin. Der Sanftmütige war mit seinem Gefolge gekommen. Prinz Bärentatze von Stolzenfels war sehr eifersüchtig auf  mich, denn Du hattest Dich für mich entschieden.
Du hattest ein schneeweißes Kleid, aus Tausender Schneeflocken, an. Eine kleine Krone zierte Dein schwarzes Haar. Ich, ganz in Schwarz mit roten Strümpfen. Wir waren ein bildschönes Paar. Herzog der Gütige mit seiner Gemahlin schenkte uns zur Hochzeit eine Schatulle mit Juwelen.
Oder erinnerst du dich noch: Ich, ein erhabener Händler aus dem Orient, der die Köstlichkeiten aus fernen Ländern dir feilbot. Du warst nie mit dem Preis einverstanden und ich verlangte immer noch als Zugabe einen Kuss auf die Wange, wenn ich dir einen Sonderpreis für die schwarzen Perlen einräumte
Ich schreibe dir auch von meinem schwersten Tag in meinem Leben. Es war der Tag als mein Vater tödlich verunglückte.
Sein Tod veränderte alles und ist die Ausgangssituation  für mein heutiges Ende als gefürchteter Räuberhauptmann Radewelch.
Wenn du diese Zeilen liest, so bin ich sicherlich keines friedvollen Todes gestorben. Meine eigenen Waffen werden mich schlagen, eine Kugel oder das Schwert. Der Herrgott möge mir alle Missetaten verzeihen und Erbarmen für meine Seele haben.
Ich bin einen Weg gegangen, den ich nie gehen wollte. Ich wurde zum Bösen erzogen.
Der Mann, der meine Mutter heiratete und mit mir nach Berlin zog, war ein ferner Verwandter meines Vaters. Sein Auftreten war elegant und großspurig. Immer eine Zigarre in seinem Mundwinkel. Er bezeichnete sich als Handelsmann. Was es damit auf sich hatte erkannte ich bald. Dass ich das notwendige Übel im Haus war, er lies es mich sofort merken. Meine Mutter konnte ihm nichts im Haushalt recht machen. Ein Tobsuchtsanfall nach dem anderen schüchterte meine Mutter immer mehr ein, und raubten ihr das Selbstvertrauen.

Er beauftragte mich mit vielen Botengängen dahin und dorthin. Ich brachte kleine Päckchen und Briefe zu den verschiedensten Personen, die entweder mürrisch oder erfreut über mein Überbringen waren. Ich brachte diese Sachen in Bürgerhäuser zu Offizieren und suchte auch dunkle Kneipen mit finsteren Gestalten auf. In einer dunklen Straße auf der sehr viele elegante Damen spazieren gingen, führte mich der
Auftrag zum Wirt vom Vollen Krug. Ich gab ihm ein Päckchen und der Wirt schaute mich an und meinte, „nanu, hat das „schnelle Messer“ jetzt einen Boten?“
Berlin war eine faszinierende große Stadt. Überall pulsierte das Leben. Kutschen und Reiter sah man in den Straßen, ein ganz anderes Leben als in unserem langweiligen Schmiedeberg. Am Anfang war ich noch sehr schüchtern, doch im Laufe der Zeit verlor ich dieses immer mehr. Diejenigen, die sich über meinen Besuch freuten, gaben mir Trinkgeld, dass ich außerhalb der Wohnung versteckte, da ich vermutete, der Mann meiner Mutter durchsuche mein Zimmer. Immer öfter musste ich zum „Vollen Krug“ gehen und die Damen sagten, „ne, da isser wieder das kleene Messer, wir sollten es einmal schärfen“
Alle lachten fürchterlich. Nur eine lachte nicht, man nannte sie die Baronin. Sie hatte pechschwarze Haare und dunkle Augen. Ihre prächtigen Haare reichten bis zur Taille. Ich stellte mir vor, so muss eine arabische Fürstin aussehen, nur die Juwelen hatte man ihr gestohlen, sie entführt und verkauft. So phantasierte ich auf meinen Botengängen Märchen zusammen, in denen ich der große Held war, sie aus der Sklaverei befreite und wieder in ihre Heimat brachte. Ich lebte mich in eine Traumwelt ein, in die ich flüchten konnte, wenn der Stiefvater meine Mutter oder mich fürchterlich schlug.
Es war mein liebster Botengang zum Vollen Krug. Ich versuchte immer einen Blick auf die Baronin zu erhaschen. Sie sah mich nur an und bei ihrem leisen Lächeln schmolz ich unwiderstehlich dahin. Als ich wieder einmal einen Gang zum Vollen Krug hatte, sagte mir der Wirt, ich solle in das Zimmer der Baronin gehen, sie habe einen Auftrag für mich. Aufgeregt, ging ich in den ersten Stock und suchte in dem spärlich beleuchteten Gang die Nummer sieben. Ich wusste nicht, ob ich an die Tür klopfte, oder ob es mein Herz war. Komm herein, hörte ich ihre Stimme. Mit ganz weichen Knien betrat ich das Zimmer meiner Prinzessin. Da stand sie am Fenster vor mir wie eine Göttin,  in schwarzer Seide mit roten Spitzen.
„Kannst du für mich einen Botengang zur Apotheke machen?“
„Sehr gerne Frau Baronin.“
„Ich bin keine Baronin, sag einfach Jennifer zu mir.“
„Aber alle sagen Baronin zu Ihnen.“
„Das ist das Geschäft, du bist aber bei mir privat.“
„Und was ist Ihr Geschäft?“ Jennifer schaute mich lange an.
„Wenn du von der Apotheke zurückkommst, lasse dich nicht sehen, benutze den Hintereingang. Ich glaube, du solltest von meinem Geschäft einiges lernen.“
Ich flog zur Apotheke und wieder zurück. Unbemerkt konnte ich das Haus betreten. Ich hörte das Klirren von Biergläsern in der Schänke, es konnte mein Herzklopfen nicht übertönen. Ich schlich mich in den ersten Stock. Auf mein Klopfen kam das erlösende herein. Ich erstarrte.

Vor mir stand meine Prinzessin, Fürstin und Königin meines Herzens. Ein langes, fast durchsichtiges, schwarzes Gewand verschmolz mit ihrem prächtigen Haar, dass sich schützend an ihren zarten Körper schmiegte.
„Komm herein, lege Deine Jacke ab und ziehe deine Schuhe aus, es ist frisch geputzt. Hast du schon einmal mit einem Mädchen geschlafen?“
„Nein.“ Kam es gepresst über meine Lippen, das Blut schoss mir in den Kopf.
„Du bist ein netter Junge. Wie kommst du zum Langmesser?“
„Mein Vater ist verunglückt und meine Mutter hat Langmesser dann geheiratet.“
„Die Arme.“
„Wieso?“
„Er ist kein Gentleman!“
„Nein, er schlägt meine Mutter nachts.“
„Ich dachte es mir schon. Vertraust du mir?“
„Ja. Sie sind die schönste Prinzessin, die ich nicht einmal in meinen Träumen hatte.“
„Du bist ein lieber Schelm. Lege dich dorthin und ziehe deine Hosen aus. Ich werde dir etwas sehr Schönes zeigen.“

Es war die erste und schönste Unterrichtsstunde in meinem Leben, viele wunderschöne folgten noch, aber diese eine war unübertroffen. Eine feste Freundschaft und  Liebe entwickelte sich zwischen uns, bis die Katastrophe über uns hereinbrach. Ein zweites Mal sollte sich mein Leben urplötzlich verändern, und diese Katastrophe war die schlimmste in meinen Leben.
Ich hatte wieder einen Botengang zum Vollen Krug. Nur ein kleiner Beutel war abzuholen. Danach schlich ich mich in die erste Etage zu Zimmer sieben. Ich hörte aus dem Zimmer Wimmern, leise Schreie und das Klatschen,  wie von einer Peitsche. Geräusche, die ich auch nachts aus dem Schlafzimmer von meiner Mutter hören musste. Ich öffnete leise die Tür und erstarrte. Ich sah meinen Stiefvater wie er die Peitsche zum Schlag ausholte. Mit einem fürchterlichen Schrei, der aus meinem Unterbewusstsein kam, stürzte ich mich auf ihn. Er raubte mir meinen einzigen Halt. Ich konnte es nicht fassen. Kalte Wut stieg in mir auf und beherrschte mich. Ich zitterte am ganzen Körper. Jennifer lag mit dem Rücken meinem Vater zugewandt auf dem Bett. Er hatte ihr die Bluse aufgerissen, blutige Striemen zeichneten ihre Haut.
Was dann geschah weiß ich nicht mehr. Ich hatte plötzlich ein Messer in der Hand und stach, stach zu, nochmals und nochmals in seinem mächtigen Rücken. Er sah sich erstaunt um und brach blutüberströmt zusammen. Jennifer  rief mir mit einem kleinen Aufschrei zu: „Mein Gott Eberhard, fliehe, fliehe!“
Ich hatte meinen Stiefvater erstochen.

Das war der Schritt, der mich von Deinem Freund Eberhard zum Räuberhauptmann Radewelch werden ließ. Unendlich viele Länder durchquerte ich, nahm an manchem Krieg teil, bis ich meinen eigenen Krieg begann, gegen die Reichen. Es zog mich wieder nach Sachsen im Schatten der großen Heere, die hier ein furchtbares Schlachtfeld anrichteten, raubten und alles plünderte. Ihre Seelen werden auch keinen Bestand vor unserem Herrgott haben, ob es nun Könige oder Fürsten, Feldherren oder Offiziere und Soldaten sind. Sie haben alle gemordet und gemeuchelt im Namen des Glaubens.  Gemessen an diesen Verbrechen sind meine Sünden gering. Ich bekenne mich für diese und bitte um Gnade bei unserem Schöpfer. Bete für mich!
Wäre mein Vater nicht gestorben, hätte mein Leben eine andere Wendung genommen.
Mit Sicherheit hätten wir Otto den Starken und Herzog den Pfiffigen zu unserer Hochzeit geladen.
Behalte mich so in Deiner Erinnerung wie wir in unserer Kindheit waren!
Dein Freund Eberhard,
der Dich nie vergessen konnte.
H:L 19

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