Orient

Erlebnisgedicht zum Thema Betrachtung

von  EkkehartMittelberg

Flimmernde Luft.
Heißer Wind weht
über die Wüste.
Das Autoradio hämmert
eine Sure des Korans.
Der Taxifahrer blickt
mit schweren Lidern
in den wolkenlos blauen Himmel,
an dessen Horizont sich die Konturen von Bergen abzeichnen,
die immer gleich weit entfernt scheinen.
Es heißt, die Wüste lebt,
aber ich spüre nur,
wie ich unter der bleiernen Hitzeglocke wegdämmere.

Plötzlich neben der monotonen Piste
das tiefblaue Meer
und wiegende Palmen im Wind.
Wie eine Fata Morgana taucht eine Stadt auf
mit schön geschnittenen pastellfarbenen, rundbogigen Häusern,
kontrastiert von der kräftigen Farbe der Bougainville.

Die Lebensgeister kehren zurück.
Das Taxi fährt
an berieselten gepflegten Rasenflächen vorbei
auf eine Blumenrabatte zu,
hinter der sich das blendend weiße Hotel erhebt.
Ich trinke die Farben der intensiv leuchtenden exotischen Blumen.
Schon steht ein eisgekühltes Getränk vor mir
und meine Blicke tauchen in das Azurblau des Swimmingpools,
schweifen über safrangelbes indisches Blumenrohr
und verlieren sich in dem Türkisblau des Meeres.
Die Wüste lebt.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (19.05.19)
Bilder einer fremden Welt. Dem kann sich keiner entziehen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
ja, danke, das Fremde fasziniert selbst dann, wenn es Furcht einflößt.

 Regina (19.05.19)
Ich sehe sie wieder vor mir, diese Bilder. LG Gina

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 19.05.19:
Merci, Regina, wenn sich die Bilder bei dir wieder einstellen, kann meine Beschreibung so falsch nicht sein.
LG
Ekki

 AchterZwerg (19.05.19)
Hallo Ekki,
ich habe mich in solchen Gegenden früher länger herumgedrückt. -
In den Wüsten scheint das Wort "Nichts" erfunden worden zu sein ... bis zum Auftauchen einer Oase. Und natürlich lebt auch im Nichts so allerhand, wenn man näher hinschaut.

Du hast diese Stimmung gut eingefangen.

Nostalgische Grüße
der 8.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 19.05.19:
Grazie achter Zwerg, das ist der Unterschied zwischen Dschungel und Wüste. Im Dschungel springt einen das Leben an, in der Wüste muss es geduldig im Nichts entdeckt werden.
Verbindende Abenteuergrüße
Ekki

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 19.05.19:
Grazie achter Zwerg, das ist der Unterschied zwischen Dschungel und Wüste. Im Dschungel springt einen das Leben an, in der Wüste muss es geduldig im Nichts entdeckt werden.
Verbindende Abenteuergrüße
Ekki

 monalisa (19.05.19)
Lieber Ekki,
in deinem Text gehen zwei Welten unmittelbar in einer weichen Überblendung ineinander über. Nach der kargen Wüste, der Hitze, dem Staub, der Monotonie, nach einer ermüdenden Fahrt, werden die Augen, die Sinne plötzlich mit Farben und Fülle, der Körper mit Luxus verwöhnt, der Geist durch vielfältige Eindrücke angeregt. Da liegt etwas Paradiesisches in der Luft, das in dieser Dimension nicht erfassbar wäre ohne die vorherige Wüstenerfahrrung. In diesem Sinne ist es auch eine Art Reisebericht durch ein Menschenleben und eine subtile philosophische Betrachtung.

Liebe Grüße
mona

Kommentar geändert am 19.05.2019 um 08:43 Uhr

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 19.05.19:
Grazie, Liebe Mona, ich räume ehrlich ein, dass ich die subtile philosophische Betrachtung nicht angestrebt habe, Dass du sie dennoch entdeckt hast, macht mich glücklich.
Liebe Grüße
Ekki

 Momo (19.05.19)
Ein Gedicht voller Sinneseindrücke und lebendiger Farben, die im Kontrast stehen zur scheinbaren Leblosigkeit der Wüste, ein Erlebnisgedicht für die Daheimgebliebenen. :)

LG Momo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Vielen Dank, Momo, ja,mir ging es um die scheinbare Leblosigkeit der Wüste und um die farblichen Kontraste, die man in ihr finden kann.
LG
Ekki
Jo-W. (83)
(19.05.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Merci, Jo, da hast du etwas Wunderbares erlebt. Man muss in der Lage sein, sich der Natur in sich zu überlassen, damit sie einen zu Tränen rühren. kann. Glücklich der, dem das gelingt.
LG
Ekki
cannon_foder (50)
(19.05.19)
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 FrankReich meinte dazu am 19.05.19:
SgH cannon_foder,

mit Sicherheit bezieht sich Ekkis Titel "Orient" nicht auf das von Edward Said 1978 veröffentlichte Werk "Orientalism", da Ekki ein Erlebnisgedicht im Sinn hatte, und dieses m. E. richtig gut umgesetzt hat.
Der Abschlussvers "Die Wüste lebt" ist wohl eher als metaphorische Hommage auf die gleichnamige Disneyproduktion gerichtet, als im ironischen Sinn aufgenommen werden zu wollen.

MfG,

Ralf_Renkking

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Hallo cannon_foder, mir wird bei deinem Kommentar deutlich, wie sehr wir alle Gefangene unserer Lektüre und Assoziationen sind.. Ich schließe mich da nicht aus und meine Bemerkung ist nicht abwertend gemeint. Mit freundlichem Gruß zurück
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Hallo Ralf, du hast meine Intention völlig richtig erkannt und ich danke dir sehr für die Favorisierung.
LG
Ekki
cannon_foder (50) meinte dazu am 19.05.19:
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 FrankReich meinte dazu am 19.05.19:
Hallo Ekki, keine Ursache, verdient ist verdient.

Ciao, Ralf

 AZU20 (19.05.19)
Und Du mittendrin? Schöner Text. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Ja, danke Armin, so war es, mit allen Sinnen.
LG
Ekki

 Didi.Costaire (19.05.19)
Manchmal ist die Natur ganz schön anstrengend. Gut, wenn man dann ein (offensichtlich auch bezahlbares) Taxi hat.

Liebe Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Merci, Dirk, die Natur darf anstrengend sein, wenn sie sich danach von ihrer schönen Seite zeigt.
Liebe Grüße
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Merci, Dirk, die Natur darf anstrengend sein, wenn sie sich danach von ihrer schönen Seite zeigt.
Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (19.05.19)
Hallo Ekki,
eine bildreiche Schilderung!
Die Welt ist voller schöner Plätze. Aber finden wird sie nur der, der auch bereit ist auf dem Wege einige Strapazen in Kauf zu nehmen!
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Lieber Tasso,
du hast grundsätzlich recht, obwohl ich einräumen muss, dass meinst Strapazen fast luxuriös waren.
Herzliche Grüße
Ekki
wa Bash (47)
(19.05.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.05.19:
Danke, wa Bash. dcie Freunde von Wüsten haben gelernt, genau hinzusehen.

 GastIltis (20.05.19)
Bei uns, lieber Ekki, hat sich (in der Familie) der Satz etwas gewandelt: „Die Wüste klebt!“ Über die Ursachen könnte man spekulieren. Wenn man mein Profilbild betrachtet, erkennt man sicher eine der Ursachen: die Kleiderordnung, die dem Klima offenbar unangepasst ist. Auf dem Originalfoto trage ich selbstverständlich noch, wie man andeutungsweise sehen kann, das lange Teil, das sehr luftig und offensichtlich dem Wüstenklima angemessen ist. Dennoch, wer in der Wüste leben will, muss andere Prämissen setzen, als nur die Schönheiten betrachten zu wollen. Dein Text zeigt aber, wie schön ein Tagesausflug (wie überall in der Welt) sein kann. Wenn er gut beschrieben wird. Herzlich Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 20.05.19:
Lieber Gil, ich ahne, dass du über weitaus umfangreichere Erfahrungen mit Wüste verfügst als ich. Ich darf mich also glücklich schätzen, dass mein Gedichtchen vor deinem erfahrenen Blick bestehen konnte.
Herzliche Grüße
Ekki

 GastIltis meinte dazu am 20.05.19:
Nein Ekki, meine wüsten (halt) Wüsten-Erfahrungen kann ich nur aus einer Woche in Abu Dhabi schöpfen. Und das war z.T. ein dienstlicher Aufenthalt Anfang Januar um 1992/93. Das heißt, ein Teil der Zeit wurde noch mit Seminaren genutzt. Ansonsten kenne ich nur die schönen Strände der Ostsee, als sie noch verhältnismäßig naturbelassen waren bzw. als die "Grünen" (jetzt nicht die Partei, die richtig Grünen sind noch viel schlimmer) noch nicht die Finger im Spiel hatten. Also: Fehlanzeige! LG zurück. Gil.
Hilde (62)
(30.05.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.05.19:
Liebe Hilde,
du triffst meine Empfindungen wie immer. Ich danke dir sehr.
Herzliche Grüße
Ekki
Piroschki (57)
(12.06.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.06.19:
Grazie, das freut mich sehr, Petra.
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