Geschlechtskrankheiten

Kurzprosa zum Thema Annäherung

von  FrankReich

Seit langem schon hege ich den Gedanken, dass eine Karriere als Slapstick-Komiker meinem Leben wesentlich förderlicher gewesen wäre, als die Situationen, in die ich heutzutage mitunter gerate.
Ich hatte gerade einige Bahnen im größten und einzigen Hallenbad unserer Kleinstadt gezogen, als sich unversehens eine wahrhaftige Amazone zu Wasser ließ. Ihre Anmut versetzte sie sichtlich in die Lage, über dem klaren Nass zu schweben, so dass ich unwillkürlich an Orca, den Killerwal aus meiner Jugendzeit, erinnert wurde, obwohl ich den als recht niedlich empfand, und er dem Wesen meiner Erinnerung gemäß auch nie Schwimmhandschuhe getragen hatte. Es war das erste Mal, und das kommt bekanntlich nie weher, wie ich bald erfahren sollte, dass mir jemand behandschuht über den Weg schwamm. und so passte ich sie in einem Moment der Ruhephase ab, um in aller Unbefangenheit zu fragen, ob diese Handverpackung als Schutz gegen Schwimmhäute oder sonstige Krankheiten diene.
Verächtlich musterte die Bilderbuchathletin mich, und schüttelte ihr weises Haupt, dessen Kurzhaarschnitt in krassem Gegensatz zur Breite ihres Oberkörpers stand. "Nein", murmelte sie lakonisch, "es geht hier um den Trainingseffekt, der letztlich dazu dient, meine Statur mittels des Wasserwiderstandes zu kräftigen." Im Blick auf ihre Figur interessierte ich mich nun natürlich noch für den Frauensportverein, dem sie ganz offensichtlich angehörte, und wies sie darauf hin, dass sich Verteidigungsmechanismen durchaus übertreiben ließen. Als sie mich fragend anblickte, beeilte ich mich, ihr zu erklären, dass mancher Kraftakt in einer unverhohlenen Hyperbel enden könnte, und schob noch kleinlaut die Frage hinterher, ob Männer bei ihr denn überhaupt eine Chance hätten, ernst genommen zu werden. Daraufhin blickte sie regelgerecht drohend auf mich herab, und fragte zurück, was ich denn gegen eine emanzipierte Frau einzuwenden hätte. Nun bin ich ja nicht etwa auf den Mund gefallen, und deshalb antwortete ich, ganz Kabarettist der alten Schule: "Nichts, ich bin sogar der Meinung, dass jeder eine haben sollte."
Als ich am Beckenrand erwachte, hatte sie den Wiederbelebungsversuch an mir erfolgreich abgeschlossen, wischte sich etwas angewidert über den Mund, und meinte nur, dass sie mich eigentlich hätte verrecken lassen sollen, aber sie sei nun einmal ehrenamtlich in einem Tierheim tätig.
Schlagartig wurde mir klar, dass ein kleines Handicap den wunderbaren Nebeneffekt des feinen Humors in noch ganz andere Dimensionen befördern konnte, doch irgendwie beschlich mich ebenfalls das Gefühl, dass dieser ihrer Abschiedsbemerkung ein durchaus seriöser Aspekt zugrunde gelegen haben dürfte.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (16.06.19)
.... meines Erachtens nach ...

dieses rheinische sprachidiom ist deutschlandweit auf dem vormarsch, aber noch nicht bis zur dudenredation vorgedrungen.

 FrankReich meinte dazu am 16.06.19:
... stimmt, wirkte auch im Text gedrungen.
Cora (29)
(17.06.19)
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 FrankReich antwortete darauf am 17.06.19:
Danke, war ausnahmsweise mal Zufall, passte ganz gut ins Schwimmbadflair. aber Caro, so ganz stimmt das mit der Penetranz nun auch wieder nicht, Arco, denn Dein Nickname ist recht ergiebig, Ocra. :D

Ciao, Ralf

P.S.: Super Konterfei, Orca.
Cora (29) schrieb daraufhin am 17.06.19:
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 FrankReich äußerte darauf am 17.06.19:
Danke, Acor, wirklich zu aufmerksam von Dir, aber lieber Geheimrat als Unrat, und für Witze bin ich heute mal nicht zuständig, die Lage ist ernst genug, dieses Sockenpuppensterben im ganzen Land, und unser Dieter scheint plötzlich zum Chorknaben zu mutieren, nee, nee, nee, wo soll das alles noch hinführen?

Ciao, Ralf

 Dieter_Rotmund (17.06.19)
Ich bin zwar kein Feminist, aber der schmierige Ich-Erzähler kommt meines Erachtens nach zu gut weg. Ansonsten gerne gelesen, trotz des wieder etwas selbstverliebten Vokabulars.

 FrankReich ergänzte dazu am 17.06.19:
Danke, Dieter, welches Schicksal hättest Du Dir denn für den schmierigen Ich-Erzähler gewünscht? Vielleicht kann ich da ja was drehen.

Ciao, Ralf

P.S.: Am selbstverliebten Vokabular werde ich allerdings nichts ändern, da musst Du durch.

 Regina (17.06.19)
Ob das die Menschheit weiter bringt, wenn jeder eine gewalttätige Amazone zu Hause hat? In der feministischen Sagenwelt waren die früher sogar zur Jungfernzeugung fähig. Von einer schwangeren Sumo-Ringerin allerdings hat noch niemand berichtet. Der komisch daherkommende Text bietet sogar Stoff für die Männer-Frauen-Rollendiskussion..

Kommentar geändert am 17.06.2019 um 12:28 Uhr

 FrankReich meinte dazu am 17.06.19:
Danke, Regina, für diesen Kommentar, der mindestens so komisch daherkommt wie mein Text, und Du hast diesmal die richtige Spur aufgenommen, denn genau das hatte ich im Sinn.

Ciao, Ralf

P.S.: ... und danke für Deine Empfehlung. Hast Du Dieters Kommentar dazu schon gelesen?

Antwort geändert am 17.06.2019 um 12:54 Uhr

 Regina meinte dazu am 17.06.19:
Ja, aber ich sehe es anders. Die Haltung der Prot in dem Text wird mir sehr deutlich und die Sprache ist für meine Begriffe passend. Was er schreibt, ist seine Sicht und ich habe meine.

 autoralexanderschwarz (17.06.19)
Der Erzählstil erinnert mich an Hannes Wader und den "Tankerkönig". Ich hatte beim Lesen sofort diese Melodie im Ohr:  Melodie

 FrankReich meinte dazu am 17.06.19:
Danke, ALX, aber mit Melodien habe ich es immer noch nicht so ganz. Ich glaube, ich muss mir bald mal ein neues Klavier zulegen, das alte gibt immer noch keinen Ton von sich. :D

Ciao, Ralf

 autoralexanderschwarz meinte dazu am 17.06.19:
Stimmt ja, meintest du. Wollte dir grade den Text reinkopieren, aber daran allein erkennt man's nicht. Egal. Man kann deinen Text (ab dem zweiten Absatz) auf jeden Fall hervorragend mit dieser Intonation lesen.
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