Nachtblüher

Bild zum Thema Du und Ich

von  AchterZwerg

Wenn ich
der Turmuhr die Zeiger verbiege
beginnt Oleander zu sprießen
erwachsen Paläste aus Rosenquarz
und Städte liegen verlassen

fühl ich dein schlagendes Herz in der Hand
und trag es durch Schattenreiche –
Doch macht sich der Morgen vom Walde frei
fliegst du davon


Bleiern erlebt es sich jetzt
die Falter des Alltags zu spüren mit ihren
gefächerten Flügeln

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Kommentare zu diesem Text


 Moja (01.07.19)
Liebe 8.,

Dein Gedicht spricht mich sofort an durch seine deutlichen sinnlichen Bilder, die mich Verlust, Trauer und Schmerz fühlen lassen. Der Abstand zum letzten Vers (Leerzeile)und der Wechsel vom Ich zur passiven Form des Erlebens wandelt Sehnsucht in Ernüchterung um, kehrt zurück auf die reale Ebene des Alltags.
Was bleibt ? Die Erinnerung, wahrgenommen mit allen Sinnen - und die Schwere des Verlustes, Traurigkeit.

Liebe Grüße,
Moja

 AchterZwerg meinte dazu am 01.07.19:
Lieben Dank, Moja,
für deinen so erfreulichen Kommentar.
Du hast gut erfühlt, worum es hier geht. Aber wen wundert das.

Mich
nich
Kreuzberch† (66)
(01.07.19)
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 AchterZwerg antwortete darauf am 01.07.19:
Ick zehre mehr von die Erinnerung, Liebwerta. -
Und: Danke, dass du mia erwählt hast!

 TrekanBelluvitsh (01.07.19)
Ja, die Abwesenheit der "Falter des Alltags" hat was.

 AchterZwerg schrieb daraufhin am 01.07.19:
Das hoffe ich doch. :)

Liebe Grüße
der8.

 GastIltis (01.07.19)
Manchmal,
aber nur manchmal,
wenn die Falter mit ihren Flügeln
das tun, für das sie ihren Namen tragen,
dann erscheint etwas, das danach nie
wiederkehrt, der Glanz der
Unendlichkeit
Oder auch
nicht

 AchterZwerg äußerte darauf am 01.07.19:
Das ist aber eine bildhübsche Interpretation, Gil! :)
Danke schön.

Liebe Grüße
der8.
Sin (55)
(01.07.19)
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 AchterZwerg ergänzte dazu am 01.07.19:
Wow, Sin!
Du hast wirklich einen guten Blick fürs Detail.
Und natürlich nehme ich den "tosenden Applaus" nur allzu gern entgegen.

Errötende Grüße
der8.

 Willibald (03.07.19)
Die Aspekte der Dinge, die für uns am wichtigsten sind, werden durch ihre Einfachheit und Vertrautheit verborgen. Und das Malen von Aspekten in Verszeilen, so reflektiert es auch sein mag, und so spontan es in den Anfängen war, zeigt dem Betrachter ein Mehr oder genau das, was wissenschaftlich-rationale Sprache noch nie oder noch nicht zeigen kann.

Eine sehr feine Textur. Ungewöhnlich gut.

ww

 AchterZwerg meinte dazu am 04.07.19:
Und schon wieder muss ich vor Freude erröten. Ein Lob aus deinem Mund fühlt sich leicht & schwer zugleich an.

Schade nur, dass niemand auf den Oleander zu sprechen kommt ...
Du warst in dieser Hinsicht meine letzte Hoffnung *lautaufschluchz).

Trotzdem allen Lesern liebe Grüße
der8.

 Willibald meinte dazu am 04.07.19:
Mir fächelte die Altphilologie etwas wie oleum und andria, andreios um die Ohren-Augen.

Dazu eine fast toxische Schönheit der nachtblühenden Pflanze. Und ihre Schwundphase im "Morgen" der Verszeile. Und schließlich Paul Hetheringtons "moonlight on oleander".

Auch wenn es nicht entscheidend ist: Woher stellten sich bei der Autorin die Bilder ein?

greetse
ww

Antwort geändert am 04.07.2019 um 12:43 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 04.07.19:
So ist es, lieber Willi.
Wer Pflanzenteile des Oleanders verzehrt, erleidet allerlei Unbill.
In hoher Dosis kann das den Herz (!) -Tod verusachen.

Durch die Wahl dieser wunderschönen Pflanze und ihren Nebenwirkungen soll eine weitere Ebene des Gedichts geöffnet werden.
Offen bleibt, ob es sich hier um ein Traumgeschehen oder etwas real Erlebtes handelt ... wobei es Zustände geben kann, die beides zugleich sind.

Liebe Grüße
der8.

 harzgebirgler (17.02.21)
damit das herz behält vergang'nes blühen
ward uns wohl auch erinnerung verliehen
und messen daran dann die gegenwart
die dieser blüte oft vergeblich harrt.

lg
harzgebirgler

 AchterZwerg meinte dazu am 18.02.21:
Danke, Harzgebirgler,
dafür, dass du dieses ältere Gedicht hervorgeholt hast.
Dein Gefallen daran freut mich natürlich.

Liebe Grüße
der8.

 Pearl (07.06.23, 19:44)
Das ist wunderschön.

In letzter Zeit träume ich oft von der Liebe zu einem Mann, der mich an Kurt Cobain erinnert. Doch ich glaube, es gibt ihn in der Alltagsrealität gar nicht.
dafür in der Realität der Träume.
Und die ist ebenso real, für Träumende sogar noch mehr.
Daran ließ mich dein Gedicht denken.

Alles Liebe,

Pearl

 AchterZwerg meinte dazu am 08.06.23 um 07:24:
Pearl, du kramst in meinen alten Sachen? :O 

Hab Dank dafür! <3 :) 
Mit zunehmendem Alter kommt den Träumen wohl eine (noch) größere Bedeutung zu. Sie mischen sich mit der Realität und werden Teil von Erinnerungen ... und Kurt Cobain ist hierzu keine schlechte Wahl.

Liebe Grüße
der8.

 AngelWings (07.06.23, 20:01)
War das doch der liebe Waldfee?

 AchterZwerg meinte dazu am 08.06.23 um 07:30:
Nee.
Celan, ein etwas besserer Dichter als der8., bog Zeiger zu Ruten und forderte auf, "den Schweigenden zu lauschen."

Mein 2. Vers spielt auf den Altmeister an. ;)

 lugarex (08.06.23, 07:58)

Diese Falter verursachen Falten
in meinem ratlosen Gesicht!
So ein schönes Gedicht!

elgé Luga
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