Geruchssinn

Skizze zum Thema Wahrnehmung

von  Isaban

In den Bäumen hingen jene,
die nicht mit dem Strome schwammen
und sie schwangen und sie schwangen
manchmal ziemlich lange nach.

An den Ufern jenes Stromes
türmte sich Kollaterales,
das all jenen, die dort schwammen,
nie in ihre Nasen stach.

Doch der Dunst stieg aus dem Wasser
auf das Land und neue Normen
krallten sich in Uniformen -
was einst Recht war, lag jetzt brach.

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Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (13.08.19)
Hallo Isaban,

Körnerreime kommen also wieder in Mode, wie mir scheint. Der Vollständigkeit halber hättest Du 'schwammen' auch im 1. Vers der dritten Strophe verwenden können, aber der Paarreim ist auch schon nicht schlecht. Der Trochäus passt gut zur Bearbeitung des Themas, ganz witzig auch die Wiederholung des Satzteiles 'und sie schwangen'.
Der Bezug der ersten Strophe zum Geruchssinn, bzw. der Wahrnehmung erschließt sich mir zwar nicht unbedingt, ich gehe aber davon aus, dass sie lediglich als Einleitung gedacht ist, den Schluss empfinde ich als etwas altbacken.

Ciao, Frank

P.S.: Ebenfalls etwas eigenartig erscheint mir der Vers 'Doch der Dunst stieg aus dem Wasser' wegen des bestimmten Artikels vor Dunst.

Kommentar geändert am 13.08.2019 um 11:02 Uhr

 Isaban meinte dazu am 16.08.19:
Hallo Ralf,

was für ein anregender und konstruktiver Kommentar! Hab herzlichen Dank dafür!
Waren Körnerreime je aus der Mode?

Ja, das "schwammen" - wäre es auch in der dritten Strophe verwendet worden, wäre das Mit-dem-Strom-schwimmen vielleicht noch etwas deutlicher geworden, dafür wären aber die hässlichen Nebenwirkungen dieses Allheilmittels vielleicht untergegangen. Manchmal ist das Kleingedruckte das, was uns das meiste Kopfzerbrechen bereiten sollte.


Der Bezug zwischen S1 und dem Titel?
Nun, der Titel bezieht sich auf alle drei Strophen. Totes stinkt, ob es nun baumelt, als Kollateralschaden am Flussufer vor sich hin verrottet oder ob es um Ethik und Moral geht, um das, was verloren ist, wenn alle einfach nur mit dem Strome schwimmen. Ob es wahrgenommen wird, dass da was stinkt, das hängt vermutlich davon ab, dass man sich nicht einfach die Nase zuhält und weiterschwimmt, ob man hinschaut und auch dem Kollateralen Beachtung schenkt, ob es das eigene Moralempfinden stört, wenn das, was früher richtig und rechtens war einfach außer Kraft gesetzt wird.

Und ja, du hast vollkommen recht, der Schluss ist altbacken, liest sich wie etwas, das uns arg bekannt vorkommt - und das sollte es auch.

Aber vielleicht habe ich dem Leser zu viel zugemutet, vielleicht habe ich meine Gedankensprünge hier nicht ordentlich genug verknüpft - ich merke grad, dass ich meinen Text erkläre und das sollte nicht notwendig sein, ein Text sollte für sich selbst sprechen. Da dieser hier das anscheinend nur bedingt vermag, muss ich wohl noch einmal die Feile ansetzen.

Dir noch einmal vielen Dank für deine Rückmeldung!
Liebe Grüße
Sabine

 EkkehartMittelberg (13.08.19)
hallo Sabine,
es gibt Menschen, die für das Totalitäre keine Witterung haben. Sie lassen sich von ihm uniformieren, werden größenwahnsinnig und pfeifen auf das Recht.
Liebe Grüße
Ekki

 Isaban antwortete darauf am 16.08.19:
Ja, lieber Ekki,
dem ist wohl so. Und an welche Zeit erinnert das bloß?

Ich vermag mir nicht vorzustellen, wie all jene nachts schlafen, deren Job es inzwischen ist, Hilfebedürftige ertrinken zu lassen und jene strafrechtlich zu verfolgen und zu inhaftieren, die Hilfe leisten wollten.

Klar, Befehl ist Befehl und Gesetz ist Gesetz, aber wer erklärt das meinem Gewissen, wer macht, dass es sich richtig anfühlt, solche Befehle zu befolgen, wer macht, dass es da in einem ganzen Volk keine Mehrheit gibt, die nicht mit der Handhabung einverstanden ist?

Und wie sieht es hier bei uns aus, würden wir Widerstand leisten, wenn es darum geht, tödliche Befehle zu befolgen, die sich im "gesetzlichen Rahmen" bewegen, wenn es darum geht, Männer, Frauen und Kinder lieber vor unseren Augen elendig ertrinken zu lassen, als ihnen die helfende Hand hinzustrecken?



Liebe Grüße
Sabine

 eiskimo (13.08.19)
Die üble Seite der Gewalt-Politik, übel riechend - das geht nahe!
Sehr stark, dieser Text!
lG
Eiskimo

 Isaban schrieb daraufhin am 16.08.19:
Wenn es gegen das Gesetz ist, Menschen aus Seenot zu retten, wenn es gegen das Gesetz ist, Flüchtlinge aufzunehmen und zu versorgen. wenn jene vor Gericht gestellt werden, die Hilfe leisten und nicht eben jene, die sich der unterlassenen Hilfeleistung befleißigen, wenn wir anscheinend alle Angst haben, etwas von unserem Wohlstand abgeben zu müssen, dann stinkts schon gewaltig, auch wenn es immer noch genug gibt, die in diesem Fahrwasser mitschwimmen und lieber nicht nach rechts und links schauen, damit sie ihr Gewissen nicht anstrengen müssen.

Danke für deine Rückmeldung, Eiskimo, die mir zeigt, dass meine Gedankengänge in diesem Text doch nicht so ganz und gar untergegangen sind.

LG Sabine
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