Mutter... Oh, Mutter!

Text

von  klaatu

Fast dreißig Jahre war ich
eingesperrt in deiner
keimfreien Gebärmutter.

Nun habe ich mir
seit drei Tagen schon
nicht mehr die Hände gewaschen
und dein Desinfektionsmittel
habe ich leergetrunken.

Es schmeckte nach Freiheit.
Es schmeckte nach Freiheit, Mutter!

Den ganzen Tag lang
habe ich in der Sonne rumgesessen
und mich NICHT
mit Sonnencreme eingeschmiert!

Hast du das gesehen?
Hast du es gesehen, Mutter!?

Du wolltest mich auf den Strich schicken,
ja das wolltest du!
Du wolltest mich der kapitalistischen Bestie
zum Fraß vorwerfen!
Mich!
Deinen einzigen Sohn!

Die Stadttauben sprechen zu mir.
Sie sagen,
dass sie nur zu gerne
deinen Part übernehmen würden.

Mutter...
Oh, Mutter!
Hörst du mich, Mutter?

Ich werde mir die Fingernägel
so lang wachsen lassen,
dass ich damit im Wald
nach Trüffeln graben kann.
Lass dir das gesagt sein!

Mit Erbrochenem
werde ich übelriechende Anklagen
gegen deine Unmenschlichkeit
auf alle Gehwege schreiben
und die ganze Stadt
wird über dich die Nase rümpfen
und mit dem Finger auf dich zeigen.

"Da geht es", werden sie schreien.
"Da geht das Monster,
das seinen einzigen Sohn
verstoßen hat!"





(Das ist ein kurzer Auszug aus meinem noch namenlosen Roman, der mit ziemlicher Sicherheit niemals und nirgendwo erscheinen wird.)

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Kommentare zu diesem Text

Aha (53)
(17.09.19)
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 klaatu meinte dazu am 18.09.19:
Schön, dass es dir anscheinend gefallen hat! :D

Werde die Tage vielleicht noch ein, zwei Auszüge posten.

LG
k

 Irma (18.09.19)
Die Emanzipation eines Muttersöhnchens, das von der bösen Mutter irgendwann aus dem Nest geworfen wurde?

Tja, der eine droht an Mutterliebe zu ersticken, hat (nach) dreißig Jahre(n) Muttermilch und Mutterkuchen satt. Für den anderen hat keine Brust Milch geweint, er durfte nie Nippel lecken und besitzt keinen Nabel auf dem Bauch, der ihn mit seiner Mutter verbunden hätte (Rammstein: "Mutter").

Gefällt mir, ganz besonders als Gegenpart zum Rammstein-Song.

Liebe Grüße und alles Liebe zum GEBURTSTAG, Irma

Kommentar geändert am 18.09.2019 um 09:29 Uhr

 klaatu antwortete darauf am 18.09.19:
Hi Irma!

Von Emanzipation kann man nicht wirklich sprechen. Im Grunde versucht er, seiner Mutter ein schlechtes Gewissen zu machen, indem er sich als Penner zur Schau stellt, nur um wieder in sein Kinderzimmer zurückziehen zu dürfen... :D

LG
k

 Irma schrieb daraufhin am 18.09.19:
Wer flügge ist und aus dem Nest gestoßen wurde, muss entweder fliegen oder sterben. So ist das. Viermuttergrüße von Irma.

 klaatu äußerte darauf am 18.09.19:
Ganz so einfach ist es nicht. Es gibt auch da noch andere Möglichkeiten, aber ich möchte da nicht zu viel vorweg nehmen. Falls ich das ganze Ding doch irgendwann mal veröffentlichen sollte.
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