Schaukeln in einer Zeit, in der man rennen muss.

Gedankengedicht zum Thema Alles und Nichts...

von  Inlines

Alles in mir schwingt so zart und leise. So, wie erst kürzlich, ganz frisch angebrachte Schaukeln. Wie solche, die das erste Mal vertrauenswürdig sind. Das erste Mal dich glauben lassen, dass die Schnur nicht reissen wird. Eher das Gebälk zerrostet, als dass eine dieser gut verdrillten Litzen eine Querschnittsänderung erfährt.

Es ist kaum zu hören, das Geräusch, wenn der Querbalken belastet wird. So leise, dass man diese jungen Menschen an den Nachbarsschaukeln hört, denen nach dem Stürzen ihre Hintern schmerzen. Die mit kaputten Displays und mit Knochenbrüchen auf den Sanka warten. Weil sie nicht wußten, wie das Schaukeln geht.

Ich habe eine Weile gebraucht, um es zu bemerken. Doch meine Puppe hat das längst gesehen, und schon ordentlich geweint. Ihr Kleidchen eingeweicht, die Farben aus den Augen ausgewaschen. Hemmungslos wimmert sie, und ich glaub, sie friert. Sie stöhnt so, wie nach Bienenstichen, dass man nach dem Stachel suchen will. Und weckt in mir die Sehnsucht, dass ihre Schmerzen schnell vergehen sollen. Und dieser warme Sommer, in dem die Schmetterlinge immer dicker werden. Wo ihre bunten Bäuche platzen, und der heiße Inhalt auf den Windschutzscheiben perlt.

Ausgelebte sagen Wetter halt. Sägen mich für sich zurecht. Halten Tabellen an das Mikrophon, die für sich selbst sprechen, in der Überzeugung für die gute Sache einzustehen. Rütteln mit Stimmen an den Wolken, die über meiner Schaukel treiben. Legen mir lautstark etwas nahe, ohne nachzufragen, wo die Rumpelkammer ist, in der denn meine Stärken liegen. Ohne sich zu erkundigen, ob die Hütte im Wald, noch eine Türe hat, und nicht schon längst unter dem begraben worden ist, was einst zu deren Schutze taugte.

Kalenderblätter gehören abgerissen, sagen sie, so wie alle Traumgebilde, die auf hohen Stelzen stehen. Geschluckt werden muss, auch wenn man weiß, dass es die eigenen Zähne sind, die ihren Abdruck auf den Unterarmen liessen. Selbst wenn Fleisch in deinen Zähnen steckt, das einmal dort in deinem Oberschenkel weilte. Und sonst nichts übrig ist, von jenem Menschen, für den man sich noch gestern hielt.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (06.10.19)
Das Heilige, das Alles, liegt nicht im Tun, sondern im Traum von den Möglichkeiten des Einzelnen und der ganzen Menschheit.

Das lese ich heraus. Und dem stimme ich zu.

Herzliche Grüße
der8.

 unangepasste (06.10.19)
Sehr schöner Text, der es fertigbringt, dieses Unaussprechliche zu streifen, dem man sich als Schreibender so gerne annähern möchte.

 Dieter_Rotmund (06.10.19)
Das ist Metaphernkitsch.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.11.19:
Eine schwülstige Allegorie, möchte ich ergänzen.

 juttavon (07.10.19)
Das feine Atmosphärische oder ein seelisches Schwingen mit teilweise harter Erfahrung zu verbinden, ist Dir hier gelungen. Ein Text, den ich gerne wieder lese.

HG Jutta

 Dieter_Rotmund (18.04.21)
Verstehe nicht, um was es gehen soll.

Was ist eine Sanka?

 Graeculus antwortete darauf am 18.04.21:
Ein Sanka: Sanitätskraftwagen.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 19.04.21:
Ah, Danke.
Wo bezeichnet man das so? Österreich?

 Graeculus äußerte darauf am 19.04.21:
In Deutschland, wohl überwiegend beim Militär:

https://de.wikipedia.org/wiki/Krankenkraftwagen
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