Abyssos

Essay zum Thema Entfremdung

von  LotharAtzert

Allein zu sein hat viele Vorteile. Man ist zum Beispiel ungeteilt bei sich. Allerdings, und hier kann man von der Muttersprache lernen, was Unterscheidung ist: wenn der Fernseher läuft, oder man plappert mit Gespenstern, lenkt sich sonstwie ab, denkt, ist man nicht mehr allein, sondern einsam. Der Ein-Same ist nie ganz bei sich, träumt vom zu befruchtenden Ei, sei es physisch, emotional, geistig. Der Unterschied zwischen einsam und allein ist also leicht zu begreifen, so man es will.
Ähnliche Unterschiede von Verwechselbarem gibt es vielfach. - melancholisch und depressiv zum weiteren Beispiel. Das Prinzip, man muß sich das Prinzip vergegenwärtigen und kann all-ein damit die Welt klären. Das Ding, das Klärwerk an sich, ist das dreifache Prinzip.
Melancholie - schwarze Galle - das Ahnen des Dichters.

Damit ein Seiendes oder die "Welt" von außer-halb überhaupt erscheinen kann, muß man "Sein" erst mal im Inneren verdrängt haben. Wo nichts verdrängt ist, kann nichts kommen. Unverdrängtes weilt im Hier und jetzt, ist also präsent. Die Binse weihte mich einst ein. Wobei, sie verschwieg den Rest, sonst wäre ich vielleicht auch davongerannt, wie meine Leser.
Aber als Mensch geboren zu sein heißt, auf eine bestimmte Weise als Vorleistung verdrängt zu haben, so daß man auch nur auf der Erde und als Mensch geboren werden kann, WEGEN des Verursachten. Nach tibetischer Auffassung ist das ein großes Verdienst, das schwer zu erwerben und leicht zu verlieren ist, diese Menschengeburt. Wie verliert man sie?
Die meisten wollen dann von diesem dunklen Aspekt, dem "Schatten", wie Jung ihn nannte, dem Hades, nichts wissen und packen den Eigen-Dünkel lieber den Trumps und Putins  noch drauf und betrachten sich selbst moralisch höherstehend und wissen als Wissenschaftler alles besser, weil beweisbar, ohne das Daseinasprinzip verstanden zu haben. Er weiß, daß er nicht weiß - hat da nicht mal ein hochdekorierter Grieche  sowas gesagt? ... er weiß seinen Schatten in sich selbst, sein Eigendünken "Ichselbst". Und sucht ihn daselbst zu erkennen (und redet nicht bloß von Faust und Mephisto, als wären die bloß "Metaphern").
Das Seiende ist das im Kern verdrängte Sein, ( Heidegger) ist Einsamkeit im Resultat. Der eine Same ist der ungehörte Erlöser, wie es Christen ausdrücken. Was macht man da? Je mehr man sein beschmutztes Geistesgut den Schurken der Welt aufbürdet, (wir haben sie alle tagtäglich dafür gewählt) umso mehr verdrängt man Gewahrsein, umso vorstellungsfixierter wird das Fühlen. Man fühlt dann wie mit dem Stock der Blinde, ob nicht in der großen Weite ... fühlst du, wie ich ... weitere Einsame sich herumtreiben, mit denen sich die Einsamkeit im Zeitvertreib vertreiben läßt, bis man sich findet.
Man findet sich allein in Allem - oder einsam, solange Verdrängtes fehlt.

Die Singelbörse: spricht das Wortbild nicht schon Folianten? Der Chatroom ... die Einsamkeit worldwide ist furchteinflößend in den Folgen, aber kurzfristig gut für gewissenlose Machtmenschen. Umjubeltes Einsamkeitsmanagement global. Das Internet, ein nicht minder gelungenes Wortbild für Arachnophoben.

Doch zurück zum Alleinsein. Das Unterscheidenkönnen, wo bin ich einsam und wo ist Alleinsein, ist mit der Fragestellung erst mal entschieden. Nie fragt Präsenz. Das Zuhause hingegen, wo man gepflegt einsam sein kann, gedämpftes Lich, guter Wein und, leise Musik bieten nur eine relative Sicherheit, da man es jeden Tag, sogar jede Minute, jetzt sofort verlieren kann.
Der Tod ist im Leben allgegenwärtig. Sobald das Herz stillsteht, ist der Zeitlos-Schockzustand ereicht: es dämmert die Gestorbenheit für zeitliche Abfolge.


Allein - das All, das Eine, All-Es ist Eins, weder Tod, noch Leben und doch im nondualen Fluß von Raum, Licht und Zeit. Nichts ist besser, nichts schlechter - und doch ... verlangt der Magen fortwährend nach Nahrung, sowie der Einhaltung der Himmelsordnung - alles andere wird unerträgliche Einsamkeit, das Sehnen nach dem Partner, woraus alles Soziale, alle Herdenstruktur resultiert.

Die sozialen Medien - spricht nicht das Wortbild wieder Bände? Ach!- den Einsamen wohl nicht, die sind jetzt multimedial. Verloren in Vorstellungswelten.

Nahrung - den Nächsten mögen wir nicht essen, bloß die ferneren Verwandten, rät uns die Jungfrau. Die moralischen Staatsdiener entscheiden in Absprachen mit dem Volk, wie nahe verwandt Nahrung sein darf, ohne daß wir beim Appetit Gewissensbisse bekommen müssen. Unser Biss sollen woanders Fleisch zerkleinern: du sollst Schweine und Schildkröten essen, aber keine Schimpansen und keinen Ehepartner, "Schutzbefohlenen".

Zwischen Einsamkeit und Alleinsein pendelt die Lebenswaage immerzu, jedenfalls solange man noch Zwei-Fel(l) hat. Zwischen Himmel und Erde. Oder auch: zwischen Himmel und Hölle. Auf der Erde entscheidet sich das Kollektivkarma für das Danach.
Nur  Einsame begegnen Ersehntem scheinbar in den Sozi-Herden. Die Schein-Bar ist die verruchteste von allen Bars. Was nicht Herde ist, ist Rudel, Rotte, Schwarm. Alleinsein ist jedenfalls eins mit allem, so weit, wie man es im Bewußt-Sein erträgt, (-seines ewighungrigen Magens Zulieferer zu sein)
Obelix soll ganze Wildschweine verdrückt haben; er hatte allerdings in Asterix einen verlässlichen Partner, der ihn aufhielt, wenn es um Römer ging.

Geschrieben hab ich's, um in den Wortsinn zu blicken, wie in einen Spiegel: Nicht um meine Einsamkeit der Frau Merkel oder der AfD anzulasten, Auch wenn mir bei der Wissenschaft manchmal bange wird. Doch nein, meine Gier, mein Hass, die eigene Dummheit haben mich hier her geführt. Nicht Erdogan, nicht Bayern München. Und nur ich kann mich auch  wieder davon befreien.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (17.10.19)
Hallo Lothar,
aus meiner Sicht hast du hier etwas bechrieben, was dir klar und folgerichtig erscheint.
Mir fällt allerdings auf, dass auch du die sog. Einsamkeit gleichsam von außen betrachtest, ja, schlimmer noch, bei andernen feststellst. Als etwas, das es zu überwinden gilt.
Ist es aber nicht so, dass der Wunsch nach Zweisamkeit oder Geselligkeit ganz unterschiedlich ausgeprägt ist? Gibt es nicht tatsächlich Menschen, die sich in ihrem singulären Dasein wohlfühlen und sich weitgehend selbst genügen? Sind die durchgängig krank? Oder nach deiner Weltsicht einfach nur Widder?
Entwickelt sich das All-Einssein nicht zuweilen in der Einsamkeit, bzw. gerade dort? Ist das (buddhistische) Nicht-Anhaften nicht eher in einer Lebensform zu "erreichen", die sich jenseits der Menge abspielt?
Wie definierst du Glück? Nach deinen persönlichen Vorstellungen?

Freundliche Grüße
der8.

 LotharAtzert meinte dazu am 17.10.19:
Laß mir etwas Zeit. Deine Fragen sind zu wichtig, um sie kurz zu behandeln ...

 LotharAtzert antwortete darauf am 17.10.19:
Zunächst - der Autor ist ebenso verstrickt in die illusorische Welt. Er bittet um Nachsicht, falls das nicht immer klar sein sollte. Aber "als etwas, das es zu überwinden gilt" ist von dir geschlußfolgert ... schlußgefolgert ?! Es genügt erst mal die Einsicht. Ich kann es garnichts überwinden, solange mir diese Einsicht fehlt. Der Wahrheitszustand (als das zeitlos-währende) bedarf nicht nur keiner Änderung, er ist unveränderbar. Was änderbar ist, ist die eigene Subjektivität.

Den Wunsch nach Geselligkeit hat nur der, dem sie fehlt. Es fragt ja nur der Philosoph, warum sie fehlt - die anderen machen sich auf, dorthin zu gehen, wohin sich alle aufmachen, aufbrezeln usw. und es kommt niemals zur Sprache.
"Gibt es nicht tatsächlich Menschen" fragst du, "die sich in ihrem singulären Dasein wohlfühlen und sich weitgehend selbst genügen?" - Ja, doch, durchaus. Warum sollen die krank sein? Sie sind nur krank, wenn sie in der sozialen Herde aufgehen (oder im Rudel, um Beute zu machen usw.) und sich selbst darin und dabei verlieren. Oder "nach meiner Weltsicht Widder" Widder? Wieso Widder. Da scheint der Eindruck sich bei dir verfestigt zu haben, ich hätte was gegen Widder und das ist verkehrt. Mir sind sie zwar oft zu vorlaut, auch manchmal zu "einfach gestrickt", aber das ist ja mein Problem. Wenn ein Problem anfäll, das durch Tatkraft zu lösen ist, und du fragst: "meldet sich jemand freiwillig", dann ist es immer der Widder, der schon startklar ist - und das ist ein feiner Zug von ihm. Nein, im Text heißt es doch "Nichts ist besser, nichts schlechter" - hast du das überlesen? Sobald du ein Zwölftel aus dem Kreis nimmst, ist er keiner mehr. Und jeder hat seinen Widder irgendwo stehen, jeder den Mars und das ist alles gut so. Das Schlimme ist halt das astrologische Minimalwissen, das sich irgendwas vorstellt. Deshalb mein stetiger Hinweis vom Verstehen des Daseinsprinzips. Prinzip, das machen wir jetzt prinzipiell, ist, was nicht mehr auf anderes weiter zurückführbar ist. Das heißt, es ist einmalig.

Das Nichtanhaften ist auf vielerlei Weisen verwirklichbar und hängt von der Subjektivität des Praktizierenden ab. Unter Intellektuellen ist beispielsweise der Zen-Buddhismus sehr beliebt, bei einfachen Menschen sind es andere Formen. Die Zurückgezogenheit kommt einer menschlichen Schwäche des sich nicht konzentrierenkönnens in lauter Umgebung entgegen. Wer aber schon gefestigt ist, sollte auch neben einem Presslufthammer völlig entspannt die Praxis machen können.
Laut Buddha gibt es 84 000 Krankheiten und folglich 84 000 Praktiken, sie zu heilen.

Wie definiere ich Glück - ja das ist vom jeweiligen Bedürfnis abhängig. Für mich war es ein großes Glück, erleuchteten Wesen begegnen zu dürfen - und doch muß ich mit dem nächsten Atemzug sagen, daß es zuallererst Verdienst war, denn hätte ich in der Vergangenheit nicht entsprechende Ursachen gesetzt, (Wunsch nach ... usw.)wäre es nie zu einer solchen Auswirkung gekommen. Glück ist, ums salopp zu sagen, die Schaumkrone auf dem Bier.
So, hab ich's. Falls du Widder bist, sage ich gern noch ein paar Schmeichelsachen
Danke für die Fragen.

Ihr Zwergenbeauftragter Lotharius Atzertus, sich artig bedankend.

 AchterZwerg schrieb daraufhin am 18.10.19:
Herzlichen Dank für deinen anspruchsvollen und erhellenden Kommentar. Auch für die Überarbeitung des "Abyssos", die den Text nun klarer leuchten lässt.
Gut gefällt mir
Der Wahrheitszustand (als das zeitlos-währende) bedarf nicht nur keiner Änderung, er ist unveränderbar. Was änderbar ist, ist die eigene Subjektivität,
wenngleich ich der Meinung bin, dass dies nur zum Teil gelingen kann, weil der Mensch nun einmal in sich selbst gefangen existiert.
Hier bietet sich ein Übergang zur Astrologie. Natürlich ist mir bekannt, dass es keine guten bösen Zeichen gibt. Aber eben doch einige Grundformen (vor allem im Bereich der Ängste / Fritz Riemann), deren Anerkennung mir nicht (mehr) schwer fällt. - Früher haben mich Häufungen von Zeichen in bestimmten Berufsgruppen, besonders in Führungspositionen, noch überrascht. Nun nicht mehr.

Die acht Pfade des Buddhismus sind mir (ansatzweise) bekannt. Naturgemäß gefällt mir der edle achtfache Pfad der Erkenntnis am besten. ,-)
Ich bin mir allerdings sicher, dass ein Leben nicht ausreicht, um zu verstehen, was es zu verstehen gilt.

Herzliche Grüße
aliceandthebutterfly (36)
(17.10.19)
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 LotharAtzert äußerte darauf am 17.10.19:
Heut muß ich dich kürzer abhandeln, denn ich merke, wie die Kräfte schwinden, da nur wenig geschlafen, wir können aber gern später fortfahren.
Wir pendeln alle. Wichtig ist nur, es bewußt zu erfahren und ein bißchen Schmerz zu ertragen, statt alles gleich mit Tranquilizer, Tabletten, Süßigkeiten etc. etc. zuzuschütten. (Ich selbst vaporisiere auch immer noch viel zuviel THC)

Mit der "Krankheit" an die Öffentlichkeit gehen, ist mir zu modern gedacht. Wer ist denn die Öffentlichkeit? Sind es nicht all jene, die die ursprüngliche Offenheit verdrängt haben?
Zu denen soll ich mit meinen Macken gehen? Und bekennen "Ja, auch ich!" - das ist mir zu extrovertiert, auch wenn ich zugeben muß, daß die verdammten Wixer (sexuelle Belästiger) alle vor Gericht gehören, besser heute, als morgen.

Ich danke dir und grüße dich
L.
aliceandthebutterfly (36) ergänzte dazu am 17.10.19:
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fey (51)
(17.10.19)
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 LotharAtzert meinte dazu am 17.10.19:
Richtig!
Vlelen Dank, fey (oder wie sagt man in Holland? Heißen die Mädchen dort nicht Mejsjes??)
fey (51) meinte dazu am 17.10.19:
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 LotharAtzert meinte dazu am 17.10.19:
Michaela
fey (51) meinte dazu am 17.10.19:
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 Dieter_Rotmund (17.10.19)
Lothar, das ist ein Text, der anfangs sehr gut geschrieben ist und inhaltlich ein tolles Thema hat, dann im Mittelteil ins arg Verplapperte wechselt, bevor er zum Schluss richtig ramschig wird. Wenigstenes RS und Grammstik stimmen leidlich, auch wenn Dich eine RS-Überprüfungsprogramm sicherlich auf "Mgens" (???) hingewiesen hätte.

 LotharAtzert meinte dazu am 17.10.19:
Ja Dieter, der Mittelteil - ich wusste es! Leider konnte ich die Feuerwehr nicht zum Löschen bewegen,
Das "Magens" hat sein a erhalten und erhalte du dir das scharfe Augenlicht. Das meine hat leider abgenommen.
Danke

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 17.10.19:
Ich würde man darüber nachdenken, ob deine Beschreibung Deiner persönlichen Befindlichkeiten wirklich so spannend für uns Leser ist ...

 Momo (17.10.19)
„Aber als Mensch geboren zu sein heißt, auf eine bestimmte Weise als Vorleistung verdrängt zu haben, so daß man auch nur auf der Erde und als Mensch geboren werden kann, WEGEN des Verursachten.“
Also ohne Verdrängung keine Geburt (als Mensch).
Und ich dachte immer, der Mensch hätte sich mit der Evolution entwickelt. Da müssen Maus und Co. aber schon sehr viel verdrängt haben.

Alleinsein und Einsamkeit sind nicht das Gleiche, gehen manchmal aber ineinander über. Und Alleinsein kann tatsächlich als Privileg begriffen werden, wenn man sich einmal vor Augen führt, was sich Menschen, die in sogenannten Lebensgemeinschaften zusammenleben, antun können, welche Abhängigkeiten, Beeinflussungen, Verletzungen bisweilen dem Anderen zugefügt werden, kann man verstehen, warum einige auch noch im hohen Alter die Scheidung einreichen. Andererseits ist der Mensch ein soziales Wesen, das heißt, da ist auch ein angeborenes Bedürfnis nach Beziehungen.

Wir leben in einer unerlösten Welt. Wäre sie erlöst, gäbe es sie nicht (mehr). Depression und Einsamkeit sind Empfindungen dieser Tatsache.
Mir sind Menschen, die diese Zustände nicht wahrnehmen und immer gut gelaunt und fröhlich durch die Gegend laufen, schon immer suspekt gewesen.

LG Momo

 LotharAtzert meinte dazu am 17.10.19:
"Und ich dachte immer, der Mensch hätte sich mit der Evolution entwickelt." - das eine muß das andere nicht ausschließen. Es gibt zweifellos ein Kollektivkarma, nur den Zufall dürfen wir ausschließen.

Es ist hoffentlich nicht der Eindruck entstanden, ich würde das Soziale geringschätzen. Wie bei 8. Zwerg den Widder, so achte ich auch den Stier. Nur wo es um Exzesse geht - und das heutige Verhalten ist überall exzessiv - ist es ungesund.

Depression und Einsamkeit sind eben keine Empfindungen, sondern Gefühle, die anstelle von verdrängter Empfindung entstehen. Melancholie und Einssein sind dagegen Empfindungen. (siehe Blindenstock)

Suspekt, jaja - mir auch

Danke
LG Lothar

 Momo meinte dazu am 18.10.19:
Empfindungen - Gefühle
Ich will dir ja nicht deine Überzeugung nehmen, aber muss nicht zuerst etwas empfunden werden können, bevor es zu einem Gefühl werden kann? Empfindung hat also etwas mit Sensoren zu tun und steht dem Gefühl nicht als Entweder-Oder gegenüber. Nicht alles ist Verdrängung. :)

„Melancholie und Einssein sind dagegen Empfindungen“.
Aha. Meinst du das Gefühl der Trauer, das einen manchmal scheinbar grundlos überfällt oder das Gefühl des Einsseins?
(Blindenstock?)

LG Momo

 LotharAtzert meinte dazu am 19.10.19:
Du willst mir nicht meine Überzeugung nehmen? - Das ist schlimm! Was mach ich jetzt damit ...

Empfinden ist dem Wortsinn nach, (-nicht etwa nur meiner unbedeutenden Meinung nach) was ich in mir an Eindrücken finde. Finde ich nichts (wg. Verdrängung von Ungewünschtem zB. Verdrängen kostet Kraft, die anderweitig dann fehlt, weil sie beim Verdrängten bleibt), so beginnt das Fühlen, als Abtasten des äußeren Umraums, ob vielleicht da ein Hinweis auf Gewünschtes ist und trifft daselbst auf andere, ähnlich empfindungseingeschränkte Fühlende, die ebenso herumtastend der Einsamkeit zu entkommen trachten. (Zb. im Internet aus purer Langeweile Texte veröffentlichen und sich gegenseitig mit Lob überschütten.)
Nichteingeschränkte Empfinder trifft man eher selten, bis überhaupt nicht, da diese sich selbst genügen, in dem nämlich, was sie an innerem Reichtum vorfinden. Das alles ist die Domäne des Mondes, des Krebses, des vierten Hauses, wie wir Sterngucker sagen.

Dann folgt als nächste Stufe der Löwe, die Sonne, das fünfte Haus, will heißen: Empfundenes will ausgedrückt sein. Und spätestens hierbei wird klar, daß je mehr wir in uns finden, umso kraftvoller wird wohl der Ausdruck ausfallen. Ebenso klar dürfte sein, daß Ausdruckskraft nur ausdrücken kann, was an Empfundenem geborgen wurde. Wer nichts birgt, kann auch nichts ausdrücken.
Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Der Nichtsgeborgenhabende (Schicksallose) kann nachahmen. Es soll Nachahmer geben, die rein formal besser als die Originale sind und so sind wir wieder beim Internet und den Lobhudlern, die den Reichhaltigeren sagen, wie ein Text auszusehen hat. Das soll kein Vorwurf sein, sondern bloß der Appell zum Emp-Finden in sich selbst. Das kann sehr weh tun, wenn man es nicht gelernt hat, Einsamkeit zu ertragen. Denn die wird zuallererst empfunden. (Ist wiederum nicht meine Meinung, sondern original so empfunden und daher für mein Subjekt ausdrückbar) Aber der Schmerz ist ein untrügliches Zeichen des Verdrängten und muß ausgehalten werden, wobei man natürlich Extreme vermeiden sollte, aber das gehört schon zur dritten Stufe des Gemütsquadranten, der Jungfrau.

Ich spare mir diese für später auf und möchte noch einmal zum Anfang zurück: woher kam oder kommt Empfundenes? Wir Sterngucker wissen natürlich, daß es aus dem Schützen, vom Jupiter, resp. dem 9. Sektor kommt. Aber der Logiker verlangt zurecht eine sinnvolle Erklärung für dieses ihm unverständliche "Kauder-Welsch". Allerdings muß auch er eine Vorleistung erbringen: zuallererst muß das Daseinsprinzip verstanden werden, da man Blinden bekanntlich nichts von Farben erzählen kann.

 FrankReich (17.10.19)
Hi Lothar,

anfangs schreibst Du, dass allein zu sein bedeutet, ungeteilt bei sich zu sein, indem Du aber das Denken der Einsamkeit zusprichst, scheinst Du es beim Alleinsein (einzig Sein?) auszuklammern, doch gerade das Rationale ist es meiner Meinung nach, welches unsere Existenz ausmacht.
Auch gibt es mittlerweile eine Studie, die das Alleinsein nicht nur auf das reine Sein beschränkt, sondern durchaus die geistigen Anregungen während des Alleinseins würdigt, ohne die viele Menschen tatsächlich einsam wären, das scheint jedoch eine Frage des Standpunktes zu sein, und aus dieser Perspektive habe ich mich gern mit Deinem Essay auseinandergesetzt, und kann es nur empfehlen.

Ciao, Frank

 LotharAtzert meinte dazu am 17.10.19:
Frank, beim Denken ist noch vieles ungeklärt. Durch meine Tätigkeit als ****** (böses Wort mit A) weiß ich, daß der Intellekt nicht ausreicht, um es zu erfassen. Es ist "nur" richtig (im Sinne der Richtungsangabe) oder falsch. Das Wahre und das Richtige jedenfalls gehören verschiedenen Ebenen an. Das Richtige wendet sich an die Erscheinung und das Wahre gehört zur Geisteswelt. Die Erscheinung erscheint stellvertretend für das Nichterscheinende und weist auf dieses hin.
Beispiel: Die körperliche Erscheinung ist sichtbar, Sie läßt vermuten, daß in ihr - unsichtbar für die Sinne - ein geistiges Wesen innewohnt, ohne das der Körper nur ein Fleischhaufen wäre.

Das Rationale ist ohne das Irrationale (-seine ursprüngliche Herkunft) nicht denkbar. Das Gefühl der "Überlegenheit" ist schon daher sehr zweifelhaft. Das ist natürlich ein rationaler Gedanke. Aber ich möchte dir noch eines als Anregung mitgeben: die Nähe des Begriffes Denken zum Danken. Im Begriff der Andacht steckt die Vereinigung von Mythos und Logos.
Jetzt brauch ich erst mal ein Glas Rotwein.

Ich danke dir sehr und freue mich über diese Einlassung.
Gruß
Lothar

 DanceWith1Life (17.10.19)
Hallo, jemand Zuhause, wenn ich es bin, kann ich antworten.
In gewisser Weise geht es in diesem Text um diese Frage, wer und wie auch immer sie gestellt wurde. Es geht aber sehr viel darum, was alles passiert, wenn ich es nicht bin.
Wir, also jeder von uns lebt hier mit Billionen von "empfindungsfähigen" Lebensformen, interessantes Wort im Kontext dieses Textes. Was also ist passiert.

 LotharAtzert meinte dazu am 18.10.19:
Wie schon einmal, hast du aus mir was rausgekitzelt, was ich doch streng geheim halten wollte, wegen der kaum verheilten Wunde.
Und wie immer, verstehe ich Bahnhof und kann dir so vielleicht die Abfahrzeiten des Zuges nach Alzenau-Süd sagen, falls du sie irgendwann einmal brauchst. Die Abfahrzeiten nach Dewa Chen richten sich nach Bedarf.

 DanceWith1Life meinte dazu am 26.10.19:
Ist Einsamkeit eine Frage?

 LotharAtzert meinte dazu am 26.10.19:
Wer will das wissen?

 Borek (18.10.19)
Lieber Lothar, 18.10.19
es ist ein beeindruckender trauriger Brief, denn das Alleinsein
ist eine weit verbreitete Krankheit trotz Handy, Fernseher und
Computer
Auch das Ahnen der Dichter war unrealistisch, denn die Zeit
ihrer Worte und Handlungen haben sich in der Zeit verändert.
Ein gültiger Satz hat alle Zeiten überstanden, da er zeitlos war.
Ich weiß, dass ich nichts weiß (oder auch, er)
Es ist mein Schicksal die Einsamkeit der Zeit mit ihrer Gier zu
ertragen. Ein Land habe ich ausgesucht um zu helfen, doch die
Dummheit der Regierenden und die Gier der Banken habe es zerstört.
Ich habe ein bewegtes erfolgreiches Leben geführt, aber was habe
ich daraus gelernt?? Gegebene Hilfe fließt selten zurück, und die
Familien sind oft vom Neid ihrer Erfolglosigkeit zerfressen gegenüber dem Erfolgreichen. Partnerschaften zu verlassen war
im 19.Jahrhundert ein gesellschaftlicher Makel heute hat die
Scheidung sich zum guten Ton entwickelt, weil man sich nicht
mehr versteht oder einfach nicht will, es ist einfacher davon zu
laufen zu neuen Ufern.
Es gibt wenig Rezepte gegen die Einsamkeit die sich sogar zur
Krankheit ausweiten kann.
Wir haben einen großen Garten mit einem kleinen Wald.
Mein morgendlicher Weg der 100 Schritte zu meiner prächtigen
Birke, bestimmt meinen täglichen Weg. In der Natur liegt die Sprache des Du´s
Wie Du auch schreibst: “Auf der Erde entscheidet sich das
Kollektivkarma für das Danach.“
Wenn die Liebe versagt, ist die Tiefe des Schmerzes und deren
Verletzungen unergründlich.
Auch wie ein Spruch sagt: In der Zweisamkeit kann auch Einsamkeit herrschen.
Ja, es ist eigentlich die Möglichkeit der Einsamkeit mit großer Geduld zu begegnen. Zu warten geduldig, sich mit vielen Gedanken
zu beschäftigen oder zu schreiben. Bis ……das neue Leben beginnt
wie in der Natur, in einer anderen neuen Welt mit Verantwortung
und Gemeinschaft.

Dir herzliche Grüße aus meinem Exil Breslau
Herbert

 LotharAtzert meinte dazu am 19.10.19:
Lieber Herbert,
vielen lieben Dank für den ausführlichen, schönen Kommentar. Durch Breslau bin ich nur einmal durchgefahren, kann mich leider nicht mehr an Einzelheiten erinnern und nun bin ich auch schon in dem Alter, wo die Reisen höchstens noch aus Tagesreisen bestehen, sonst würde mich Deine Wahlheimat interessieren. Ich wohne leider im hässlichen Rhein-Main-Gebiet, aber egal, wenn ich die Wohnung betrete ist es auch hier schön.
"Es ist mein Schicksal die Einsamkeit der Zeit mit ihrer Gier zu ertragen." - gläubige Menschen können das leichter, als ungläubige, die dann zum Psychiater müssen und dort kaum etwas über die wahren Zusammenhänge erfahren. Für uns hat ja alles seinen tieferen Sinn und so ist jetzt die Zeit, Geduld zu lernen und freigibig zu bleiben. Nutzen wir sie zum Besten aller Lebewesen.

Wir hören voneinander, so Gott es will und so wünsche ich Dir eine gute Gesundheit und weiterhin inspirierendes Lesen und Schreiben und sei auch Du herzlich gegrüßt..
Lothar
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