Die schöne Garonne

Gedicht zum Thema Abschied

von  GastIltis

Ach, die schöne Garonne, lass sie uns noch befahren,
mit der alten Sestine, die man uns schon vor Jahren
geschenkt hat, geliehen, zum letzten Gedenken,
um sie hinter Bordeaux in der Flut zu versenken.

Lass sie steuern bei Nacht nach Gehör und Geruch
und am Tag mit dem frohen „Bonjour“ vom Besuch.
Lass sie ankern bei Schänken und Straßencafés
und bei Aussichten, Ausflügen in Dekolletés.

Ach, die schöne Garonne und zuvor Melusine,
sie verändern ihr Bild wie auch unsre Sestine.
Was die Zeit nicht erreicht, schafft der Wein von Bordeaux,
die Sestine erst recht und auf Grund sowieso.


Anmerkung von GastIltis:

Empfohlen von: AchterZwerg, LottaManguetti, eiskimo, Jo-W., AZU20, EkkehartMittelberg, Stelzie, TassoTuwas, tueichler, Graeculus.
Lieblingstext von: LottaManguetti, EkkehartMittelberg.
Ja, Bonjour!

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Kommentare zu diesem Text


 LottaManguetti (02.12.19)
Lieber Gil, du kannst dir denken, wie sehr mir dieses Gedicht gefällt?
Zugegeben, Sestine musst ich googeln!
Nee, im Ernst: Sestine (Bootsname?) steht hier ähnlich wie (Fontanes) Melusine als Metapher für ... ein Mädchen?
Egal wie - ich habe meine (Lese-)freude dran!
Melodisch und sehnsüchtig gleiten die Verse im singbaren Fluss.

Die Lotta

 GastIltis meinte dazu am 02.12.19:
Liebe Lotta,
natürlich habe ich vorher auch gegoogelt und einige Bootstypen notiert, so u.a. die folgenden: Barke, Barkasse, Nachen, Pinasse, Piroge, Galeere, Galeasse, Triere, Brigantine, Feluke, Fregatte, Galeone, Schaluppe. Denen habe ich dann einige Gedichtformen entgegengesetzt: Sestine, Elegie, Kanzone, Limerick, Madrigal, Ode, Villanelle.
Ziel war natürlich, die Sestine, die du so wunderbar beherrschst, als einen von mir selbst erfundenen Boots- oder Schiffstyp einzubringen, ohne dass es allzu deutlich wird. Dass sie untergehen sollte, war vorgesehen. Nicht, um (dir) ein Zeichen zu setzen, sondern, um etwas entgegenzuhalten, was den Lyrik-Alltag ein wenig auflockern sollte. Die Melusine habe ich aus reimtechnischer Sicht, und da sie in der französischen Dichtung schon eine ziemliche Rolle spielt, mit einbezogen. Dennoch sind die Zeilen recht spontan entstanden und die Freude lag im wesentlichen bei mir. Wenn du sie mit mir teilst, ist es ein Riesengewinn.
Danke und viele liebe Grüße von Gil.
Jo-W. (83)
(02.12.19)
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 GastIltis antwortete darauf am 02.12.19:
Danke Jo,
was wolltest du auch auf einem Boot, das gegen Ende der Fahrt zum Untergang verurteilt ist? Nur um des Rotweins und der Schönheiten willen und der zu rezitierenden und zu verschiffenden vierzig Zeilen, die Überschrift mitgerechnet? Es stimmt, der dieKreativität anregende Garten tut es auch, herzlich grüße ich dich voll Zuversicht zurück. Gil.

 EkkehartMittelberg (02.12.19)
ich lasse deine Schönheiten vorbeigleiten, mein Freund, und will sie nicht festhalten, weil ich weiß, dass sie nur dem bleiben, der das Schöne nicht einfangen will.
Entzückte Grüße
Ekkii

 GastIltis schrieb daraufhin am 02.12.19:
Lieber Ekki,
wenn ich Hölderlins „Andenken“ nicht hätte, das mir so am Herzen liegt, ich wüsste wahrscheinlich nicht, was ich noch schreiben sollte. Außer ein paar Kommentaren natürlich. Und Antworten. Aber die Schönheiten der Hölderlinschen Zeilen verleiten mich immer wieder, mich daran zu versuchen. Und ich werde mich nicht unterkriegen lassen.
Ich danke dir ganz herzlich und hoffe weiter. Gil.

 TassoTuwas (02.12.19)
Lieber Gil, nun ja, es handelt sich offensichtlich um ein Schiff. Das ist verständlich (du erkennst meine Irritation?), doch mit der "schönen Garonne" hatte ich das Bild eines weiblichen Wesens vor Augen und da es sich um ein Abschiedsgedicht handelt die Hoffnung, es wäre die Abkehr von Schackeline und Mandy, von Cindy und Schantalle! Lass gut sein, ich mag auch Schiffe und wilde Wasser. Will sagen "Ahoi" und gute Fahrt, TT

 GastIltis äußerte darauf am 02.12.19:
Nun, mein lieber Tasso,
wenn bei mir die Zeilen über drei oder vier Hebungen hinausgehen, spreche ich von Wellengang. Richtig, es handelt sich um ein Schiff, sagen wir Boot! Eine Sestine, wie ich oben schon bemerkt habe, handgeschöpft. Und mit diesem Boot lass uns die Garonne (die schöne Garonne) befahren. Das Bild eines weiblichen Wesens. Deine Fantasie ist quasi überbordend, um im Sprachgebrauch zu bleiben. Das mit dem Steuern, Ankern, Versenken, alles bei Freibier, ich meine Bordeaux, ist selbstredend auf das Boot, die Sestine, bezogen. Die alte Sestine.
Die schöne Garonne, das Produkt der Mutter Natur und in Szene gesetzt von Hölderlin, in dem Fall durch meine Hand, ist nur tragendes und später verschlingendes Element. Nun bringst du da neben meiner schönen Melusine, der zu Zeiten der edlen Trobadore, bitte die okzitanische Wortform beachten, eine tragende Rolle zufiel, unter dem Vorwand der Abkehr so allerlei zwielichtiges Weibsvolk ins Spiel, dass man voller Zweifel aus dem Staunen nicht herauskommt. Schelm du! Dass die Zeit ihren Tribut verlangt, na, an dir nagt deren Zahn ja ohnehin nicht, zeigt ein Übriges. Ich verzweifle. Lass dir danken und dich mit Bordeaux verwöhnen, falls nichts von Bord fällt. Herzlich Gil.

 Graeculus (02.12.19)
Da möchte ich mitschauen und -trinken. Mitdichten kann ich mitnichten..

 GastIltis ergänzte dazu am 03.12.19:
Das freut mich, Graecu!
Die Argonauten haben auch nicht grade Schlange gestanden, als es losging. Rettungsweste und so, weißt ja Bescheid. Danke und herzliche Grüße.
Bleibt freundlich wie wir. Gil.

 AchterZwerg (03.12.19)
Die Guillotine der Neuzeit macht vor Sestinen nicht halt.
Das kann man bedauern oder nicht. - Wie im Ausschlag eines Pendels kehren diese alten Gedichtformen jedoch immer wieder zurück.
Gern in Gesellschaft eines alten Bordeaux.

Tröstende Grüße
der8.

 GastIltis meinte dazu am 03.12.19:
Liebes Achtelchen,
dein Trost könnte mich retten. Du kennst ja den Titel schon. Insofern, hätte ich nur nicht solchen Respekt, wäre meine (noch seetüchtige) Sestine schon auf KV-See. Ob mit oder ohne Bordeaux sei dahingestellt.
Danke und sei herzlich gegrüßt von Gil.
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