Bitterer Lohn

Gedicht zum Thema Ehrgeiz

von  Herbstlaub

Im Rasen der gehetzten Zeit
Verschwindet jeder Blick aufs Ich.
Du rennst – und hältst dich stets bereit.
Du bückst und krümmst und windest dich.

Willst du dem Anspruch doch genügen,
dem Anspruch, den du selber stellst.
Du willst dich in die Reihe fügen
und nicht der sein, der runterfällt.

Das Ziel ist es: ins Bild zu passen,
Ganz stramm dort mit der Zeit zu gehn.
Unmöglich etwas auszulassen;
Du kannst einfach nicht widerstehn.

So rennst und hetzt du immer weiter,
Stets vorwärts nach dem hehren Ziel.
Der Stress als treuer Wegbegleiter,
Du willst doch ALLES – nicht nur viel.

Und das, was auf der Strecke leidet,
Was du vergisst, das bist doch DU,
Das, was mit voller Kraft du meidest,
das ist Sinnieren, Lust und Ruh!

Denn alles ist nur zweckgebunden:
Nur wenn du leistest, bist du gut!
Du deckst mit Ehrgeiz deine Wunden
Und stillst mit Arbeit deine Wut.

Doch ewig kannst du nicht so spielen,
Dein Kräftevorrat ist verzehrt
Und als du nachrennst deinen Zielen,
Verkümmert was du jäh entbehrt.

Am Ende stehst du leer ganz oben;
Nicht Stolz, nicht Glück, nur stiller Hohn,
Denn statt dich für den Sieg zu loben
Ist Bitterkeit dein einzig Lohn.

(c) Herbstlaub, 28.05.2018

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Kommentare zu diesem Text


 Bella (05.01.20)
Gut und realistisch dargestellt, das Stressgefühl kommt rüber :D

Herzlich Willkommen!
Liebe Grüße von Bella

 Herbstlaub meinte dazu am 06.01.20:
Ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar sowie deine Begrüßung!
Liebe Grüße
Herbstlaub

 regenfeechen (10.01.20)
Herzlich Willkommen Herbstlaub
Du beschreibst poetisch die bittere Realität. Denn genauso spielt das Leben. Danke dafür
LG Regenfeechen

 Herbstlaub antwortete darauf am 29.02.20:
Herzlichen Dank, Regenfeechen, für deinen Kommentar!

Es ist immer wieder gut aber auch ernüchternd, den Text wiederholt zu lesen. Man fühlt sich dann immer etwas ertappt, weil man ja gerne mitrennt.

 niemand (10.01.20)
Im Rasen der gehetzten Zeit
Verschwindet jeder Blick aufs Ich.

Mit der obigen Zeile stimmt etwas inhaltlich nicht. Grade in unserer Zeit steht das Ego dermaßen im Vordergrund, dieses sich selber optimieren Wollen, ohne Rücksicht auf Verluste anderer, sich selber auszuleben etc. Dieses jeder Blick stimmt nicht,
es sei denn man schriebe "jeder kritische Blick", denn den Menschen der Heutzeit fehlt in der Tat eine Art tiefe und ehrliche Selbstkritik. Mit lieben Grüßen, niemand

 Herbstlaub schrieb daraufhin am 29.02.20:
Vielen Dank, niemand, für deinen Kommentar.
Ich verstehe was du meinst, stimme aber nicht ganz mit dir überein.
Aber hier ist wohl generell die Frage nach der Definition des "Blicks". Für mich ist hier der wahre sehende Blick gemeint.
Und jeder wirkliche Blick auf sich selbst ist doch verschwunden. Wer nimmt sich denn schon die Zeit sich wirklich mal mit sich selbst auseinanderzusetzen? Man hangelt sich doch von einer Ablenkung zur nächsten. Von der Arbeit rennt man zum Sport und weiter zur nächsten Unterhaltung/Ablenkung.

Aber ich stimme zu, dass - sollte "Blick" auch die flüchtigen Blicke in den Spiegel meinen um zu schauen, wie man sich noch mehr optimieren kann, um zu gefallen, dass diese Blicke sehr wohl erfolgen.
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