Wie ein einziger, schöner Sommertag!

Anekdote zum Thema Glück

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Die ersten großen Schulferien waren gekommen. Hinter mir lagen fünf glückliche Kindheitsjahre in einer kleinen Dorfsiedlung nahe bei Düsseldorf. Das sich daran jemals etwas ändern könnte, lag außerhalb meiner Vorstellungskraft.
   
Recht überraschend brachte man mich zu Verwandten aufs Land, genauer gesagt nach Essen-Werden. Gewohnt immer jemanden um mich zu haben, - meine Mutter, meine Großeltern, Nachbarschaftskindern und Schulkameraden - sah ich mich auf einmal mit einer völlig neuen Umgebung und Situation konfrontiert.
    Ein abgelegenes ehemaliges Bauernhaus mit einem Hühnerstall und einem Hundezwinger, dahinter eine große Obstbaumwiese und seitlich gelegen ein riesiger Garten. Kurz gesagt ein richtiges Naturidyll! Aber keine  Spielkameraden, außer Onkel Willi und Tante Maria war da sonst niemand..
  Insbesondere meine Tante kümmerte sich recht liebevoll um mich, was aber nichts daran änderte, dass ich die meiste Zeit allein spielend, träumend und beobachtend verbrachte. 
  Zum Beispiel zusah, wenn frühabends die Rehe aus dem nahegelegenen Wald kamen und sich auf der Wiese über das herumliegende Obst hermachten. Oder auf dem Hof zwischen frei herumlaufenden Hühnern mit Murmeln spielte.
 
Jene sechs Wochen vergingen wie ein einziger, schöner Sommertag. Es war gefühlt die vielleicht glücklichste Zeit meines Lebens. Eine besondere Gnadenzeit des Schicksals!
   Danach begann der Ernst des Lebens.

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (25.03.20)
Eine reizende Erinnerung.
Ich habe eine ähnliche, prägende Zeit auf einem Bauernhof verbracht, voller starker Eindrücke für ein Kind aus der Stadt.

Auf Gnade bin ich allerdings nie gekommen, denn ich habe auch die Schattenseiten des Lebens dort gesehen:

- Der Hund im Zwinger (ein Jagdhund, denn der Bauer jagte): ob er sich dort wohlgefühlt hat?
- Ein erkranktes Huhn, offenbar ganz unten in der Hierarchie, wurde von den anderen Hühnern vom Futter weggedrängt.
- Eines Tages kam ein Schlachter auf den Hof, um ein Schwein zu schlachten. Er hat den Bolzenschußapparat schlecht angesetzt und das Schwein im ersten Anlauf bloß schwer verletzt, dessen Schreie ich nie vergessen werden. Die Blutwurst, die es am Abend gab, mochte niemand essen.
- Die Idylle, die eben so ganz idyllisch nicht war, endete, als der Bauer mit Mitte 50 an Lungenkrebs erkrankte und zugrunde ging. Seine erste Tat am Morgen war immer der Griff zur Zigarette gewesen.

Alles das bewußt beobachtet und gespeichtert vom kleinen W.
Aber ich möchte die Erinnerung nicht missen.

 Bluebird meinte dazu am 25.03.20:
Der Hund im Zwinger war übrigens ein Schäferhund und war draußen meist immer an der Seite des Onkels, der sich tagsüber meist im Garten aufhielt

Also die von dir beschriebenen Erfahrungen hätten mich bestimmt geschockt, aber das entspricht wohl der bauerlichen Realität ... der Onkel war berenteter Postbote und wahrscheinlich hatte die Tante den Besitz geerbt ... der Onkel ist sehr alt geworden

 Graeculus antwortete darauf am 25.03.20:
In Deinem Fall handelte es sich nicht um einen professionellen Bauernhof?

Tiere wurden - wenn auch noch ohne Massentierhaltung - nicht aus Liebe gehalten.
Als relativ unbelastet habe ich die Arbeit auf den Feldern erlebt, z.B. die Heuernte.
Kennst Du noch Gleichstrom? Sowas hatten die da, weil sie ihren Strom selbst mit einem alten Mühlwerk erzeugt haben.
Mensch, da kommen Erinnerungen hoch!

 Dieter Wal (27.03.20)
Glücksmomente. Sehr schön!
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