Weiß

Gedicht zum Thema Farben

von  EkkehartMittelberg

Weiß ist das Blatt Papier,
auf dem ich gerade schreibe,
weißer die Kirschbaumblüte,
wenn der Mond auf sie scheint,
noch weißer der Schnee auf dem Kilimandscharo,
der dem Himmel so nah ist,
am weißesten dein Hochzeitskleid,
in dem du der Himmel bist.

Wenn wir einmal sterben,
wünsche ich mir,
dass wir bei Mondlicht
auf dem Kilimandscharo liegen,
du in deinem Hochzeitskleid,
eine Kirschblüte im Haar.

April 2013

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Kommentare zu diesem Text


 windstilll (06.04.20)
Ich fand es spannend, ein Gedicht zum Thema Farben zu entdecken - und dann lautet der Titel "Weiß".
Was auf den ersten  Blick fast wie ein Widerspruch erscheinen mag, ist  physikalisch gesehen sehr interessant, ist doch Weiß nicht das Nichts, sondern Alles, die Summe aller Farben des Lichts.

Unter diesem Aspekt gewinnen deine gewählten (Wort)Bilder zusätzlich an Tiefe im Licht dieser Farbe, die das Ideale, Gute, die Unschuld und Reinheit (Brautkleid, Schnee), den Anfang (das zunächst leere Blatt Papier) und das Neue (was gerade darauf geschrieben wird) symbolisiert.

War in Ägypten Weiß die Farbe des Glücks und der Freude, so ist in östlichen Kulturen Weiß die Farbe der Trauer und des Todes. Daher finde ich, dass das noch einmal aufgegriffene Bild des Hochzeitskleides im zweiten Abschnitt (wie ein Echo des ersten Teils) und die Kirschblüte in der letzten Zeile die Vergänglichkeit unseres Seins in leiser, Trost spendender Klangsprache vereinen, steht doch die Kirschblüte für neues Leben, womit sich der Kreis der Bilder in deinem Werk in der Farbe Weiß wieder schließt.

 AchterZwerg meinte dazu am 06.04.20:
Guter Kommentar! :)

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 06.04.20:
Hallo windstill, ich danke dir sehr für deinen einfühlsamen, detaillierten und sachkundigen Kommentar. So etwas ist hier selten geworden.
Liebe Grüße
Ekki

 AchterZwerg (06.04.20)
Lieber Ekki,
windstill hat schon einiges zu Weiß gesagt, das gern auch als "Nichtfarbe" bezeichnet wird. Insofern kann die "Summe aller Farben" ebenso rein gar nichts bedeuten oder alle Erinnerung trügerisch und aufspaltbar in ihre eigentlichen Bestandteile sein.
Trotzdem ist jene tröstlich. Oder gerade deswegen.

Liebe Grüße
der8.

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 06.04.20:
Hallo Picola, merci. Vielleicht liegt in meinem Gedicht ein wenig Trost. Aber zu Zeiten von Corona merkt man, wie vergänglich und trügerisch alles ist, auf das wir in dieser Welt setzen.
Liebe Grüße
Ekki

 blauefrau (06.04.20)
Mich erinnert deine Vorgehensweise an das sog. Kopfkissenbuch. LG blauefrau

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 06.04.20:
Grazie, blaue frau, deine Erinnerung ist in meinem Sinne. Ich wollte die fernöstliche Symbolik von weiß streifen.
LG
Ekki
Sätzer (77)
(06.04.20)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 06.04.20:
Hallo Uwe, gerade das schafft Kontrast zu weiß als Farbe der Unschuld, der Freude und der Trauer. Wahrscheinlich antworte ich auf deine humorvolle Anspielung zu ernst.
LG
Ekki

 TassoTuwas (06.04.20)
Hallo Ekki,
du weißt, der alte Ernest kann über dein stimmungsvolles Gedicht nicht schmunzeln.
Dann tu ich es halt
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
Vielen Dank, Tasso, ich habe bei der Niederschrift meines Gedichts natürlich auch an Hemingways Novelle "Schnee auf dem Kilimandscharo" gedacht, die mit zahlreichen Stars, wie zum Beispiel Gregory Peck, Rita Hayworth, Ava Gardner und Hildegard Knef hervorragend verfilmt wurde.
Herzliche Grüße
Ekki

 ViktorVanHynthersin (06.04.20)
Lieber Ekki
ich kann mich an ein Gedicht von Dir erinnern (den Titel habe ich leider vergessen), da ging es um ein weißes Porzellan-Service. Man konnte es mit meiner Brille auch als Liebesgedicht an eine Frau lesen. Das heutige Gedicht ist ebenso schön wie melancholisch. Sehr gerne gelesen.
Herzlicht
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
hallo mein Freund, ich staune über dein gutes Gedächtnis. Es heißt "Beim Anblick alten Porzellans" und ist der Schönheit von "Maria Weiß" gewidmet, insofern also motivverwandt mit "Weiß" Danke und herzliche Grüße
Ekki

 LottaManguetti (06.04.20)
Die Schattierungen von Weiß, Ekki, hast du schön verdichtet.

Lieben Gruß
Lotta

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
Merci, Lotta, im Leben fallen Schattierungen auf das strahlendste Weiß.
Liebe Grüße
Ekki
Sin (55)
(06.04.20)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
Gracias, Sin, die Kirschblüte im Haar ist Romantik auf japanisch. :)
LG
Ekki

 BeBa (06.04.20)
Ein wunderschönes (Liebes?)gedicht. Mond und Kirschblüte, das gefällt mir als Japanfan natürlich ganz besonders. Alles ist vergänglich, so traurig es sein mag.
Und schön, dass das Weiß des Papiers ebenfalls vergänglich ist, indem du dich darauf verewigst mit deinen Texten .

LG
BeBa

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
Vielen Dank, Beba, ich denke, dass es neben der Referenz an die Natur auch Liebesgedicht ist.
LG
Ekki

 AZU20 (06.04.20)
Ein interessanter Wunsch, der sich nur im Traum erfüllen könnte. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
Merci, Armin, das stimmt, aber wir vergessen oft, dass Träume einen großen Teil unseres Lebens ausmachen.
LG
Ekki
Al-Badri_Sigrun (61)
(06.04.20)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.04.20:
Grazie, Sigi. du hast mein Liebesgedicht fein nachempfunden.
Herzliche Grüße
Ekki

 JDvGoethe (08.04.20)
Mit Worten ein Bild zu zeichnen oder ein Gefühl zu erwecken ist die Königsdisziplin eines guten Autors, der zugleich immer auch ein wenig seine Seele entblößt.
Dein kleines "Farben-Werk" könnte tatsächlich die Zusammenfassung einer monumentalen Kino-Leinwand-Version sein, in der der Held schließlich sein glorreiches Ziel erreicht...
Prägnante Worte, die mehr aussagen, als Buchstaben vorhanden sind.
Respekt.

Herzlichst
JDvGoethe

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.04.20:
Merci, JDvGoethe dein feines Kompliment hat mich sehr gefreut.
Liebe Grüße
Ekki

 AvaLiam (09.04.20)
Weiß ist die Treppe ins Licht...


mein lieber Ekki - was kann ich noch groß dazu schreiben... vor allem, ohne bisherige Worte zu zerreiben?

Nur nebenbei: ...in einem größeren angefangen "Werk" läuten Kirschblüten alles ein - und aus...
Dazwischen ist viel Leben, Versagen und Schmerz, aber auch Glück und Liebe, Romantik und Zufriedenheit....

Es muss an der Kirschblüte selbst liegen, dass sich das meiste auch in deinen wunderschönen Zeilen findet. .

lG - Ava

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.04.20:
Ach. Ava, deine Kommentare sind immer ein besonderes Geschenk. Ich danke dir sehr und wünsche dir ein frohes Osterfest.
Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (11.11.20)
dem anhimmeln verleiht doch poesie
mehr weiß-heit wie ein 'weißer riese' nie.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 11.11.20:
Mille grazie, Henning. So einen humorvollen Kommentar habe ich lange nicht mehr gelesen.
LG
Ekki
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