Dammrisse und Rotwein zum Frühstück- weshalb ich keine Mutter bin.

Kindergeschichte zum Thema Dummheit

von  Marlena

Es ist Muttertag und ich liege betrunken in meinem Bett, nein, ich thematisiere hier nun nicht das Verhältnis zu meiner Mutter, aber es ist gut. Glaubt mir.
Ich habe seit D. vorgab tot zu sein aufgehört zu trinken, außer der eine Abend mit Leon in der Hauptstadt, Pillen und Wein, ficken und Cartoons. Aber es war trockener und ich hab keine Ahnung.

Irgendwann ab mitte Zwanzig fühlt man sich alt. Ja, das sage ich, obwohl ich weiß dass ihr alle jenseits der 40 seid. Aber man. Es ist Muttertag und ich liege besoffen im Bett und frage mich, ob ich jemals ein kleines brüllendes Bündel Fleisch aus meiner Vagina pressen werde. Ob ich dann verschwitzt und halb tot in einem Bett liegend, vom Kindsvater geküsst werde, das Baby in meinem Arm, und ob er mir sagen würde, dass ich wunderschön bin. Verschwitzt, voller Blut und vielleicht eingeschissen, mit Dammriss oder was man sonst noch gratis dazu bekommt.
Oder ob ich die komische Tante auf Familienfeiern sein werde, immer dunkel gekleidet, vielleicht mit einem kleinen Hund der auf niemanden hört, außer auf mich, so ein Wollknäuel auf vier Beinen mit einem dusseligen Namen. Lady, oder Minnie, vielleicht nenn ich sie auch Trudi. Meine Oma wurde manchmal so genannt.
Vielleicht würden dann die Kinder meiner Geschwister immer die Schnauze halten, wenn sie mich sehen. "Tante Marla, darf man Wein zum Frühstück trinken?" Und ich würde sagen: "Hör zu du kleiner Scheißer, man darf alles, wenn man keine Kinder hat."

D's Frau wollte keine Kinder. Diese Art der Unterhaltungen führten wir nach dem Sex auf meinem Balkon, ich komplett nackt, D. in seinem scheiss Hugo Boss Hemd und sich die Brille gerade rückend. "Sie will keine. Ich weiß nicht warum, ich denke dass Kinder was schönes sind." Und ich dachte mir, halt dein Maul, wie kannst du sowas sagen? Wie kannst du bei mir sitzen, während du noch aus mir heraus läufst, wie kannst du von euren nicht existenten Kindern sprechen. Du Idiot. Du dummer Idiot, sie will zwar keine Kinder, aber du willst ja nichtmal Sie. Oder mich. Oder irgendwas als Ganzes und für immer.

Leon war da ganz simpel. Er wollte eine Tochter, er wollte unbedingt eine Tochter und ich erinnere mich nicht mehr an den Namen den er schön fand, aber es klang nach einem Nuttennamen. Er sagte dann "Klar, am liebsten ne Tochter. Wie geil wär das? Bald sind wir sowieso reich, Marla. Wegen deinen Texten und so. Dann können wir einfach ne Familie sein und die Drogen nehmen wir dann wenn die Kleine pennt, also abwechselnd, einer muss ja klar bleiben." Und er sah mich an, mit einem breiten Grinsen, aber so einem, dass dir zeigt dass er es ernst meint. Er wollte wirklich den Vater mimen, ohne seinen scheiss Stoff aufzugeben, er dachte wirklich, so funktioniere das und noch dazu: er dachte wirklich- mit mir.

Das soll kein feministischer Aufruf sein, ich glaube dass es Frauen gibt, die tolle Mütter wären. Ich glaube, dass es sie glücklich machen kann, auch wenn ihre Ärsche aufgerissen sind und ihre Titten hängen. Ich glaube, dass diese bedingungslose Liebe dieser winzigen Menschen schön sein kann und dass man sich dran gewöhnen könnte, zum Frühstück nicht zu trinken.

Aber wo bliebe die Kunst?

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Kommentare zu diesem Text

ArndtManfeld (42)
(10.05.20)
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 Marlena meinte dazu am 10.05.20:
Selten einen so geilen Kommentar gelesen, danke man.
ArndtManfeld (42) antwortete darauf am 10.05.20:
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 eiskimo (10.05.20)
"Man darf alles, wenn man keine Kinder hat."
Das ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Textes.
Nur: Wenn man keine Kinder hat, ist dieses Alles, was man darf, keine Kunst.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 11.05.20:
Quatsch, die Kunst braucht keine quengelnden Kleinkinder!
Sin (55)
(10.05.20)
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Fisch (55)
(10.05.20)
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MenschMann (55) äußerte darauf am 11.05.20:
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 XtheEVILg (12.05.20)
Endlich mal was Unterhaltsames. "während du noch aus mir rausläufst" - yeah Mama! Gut performt. Ein paar Deppen Leerzeichen, aber die sind aufgrund der prosaischen Gesamtqualität genehmigt.

 minze (12.05.20)
Ich finde den Absatz mit dem Vatervergleich von D und Leon ganz gut, da kommt irgendwie die Protagonistin auch gefühlsmäßig gut rüber. Die Passage davor, wo es um IHRE Einstellung zu Kinder/Kinderkriegen geht ist für mich nicht authentisch. Also ok die Angst mit dem Dammriss, Pressen, Bluten vielleicht. Aber das ist auch sehr Klischee. Mir fehlen da echte Gefühle. Oder meinetwegen eine nüchterne, beschreibende Story zu dem potententiellen Tantendasein. Aber dieser Kommentar mit dem Scheißer ist irgendwie auch unecht. Ich kann mir diese Phrase gegenüber Kindern in der Realität nicht vorstellen.
Zum letzten Absatz, ok es ist eine provozierende Frage. Ich hätte die Conclusio eher dann zur Protagonistin gezogen und sowas formuliert wie: ich entscheide mich für die Kunst.
Den ersten Absatz verstehe ich nicht - braucht ihn doch nicht für den Text. Und die Ansprache mit dem "ihr seid alle jenseits der 40" schränkt die Leserschaft ein - wenn du diese aggro Ansprachen rausnimmst, kann ich mich als Leser selbständiger, auf meine Art in den Text einfühlen. Irgendwie denke ich so ständig, ich soll nur provoziert werden und der Text lebt dann nicht eigentständig. So ein Gefühl habe ich dabei.
Ich finde das Bild übrigens auch sehr schön "Und ich dachte mir, halt dein Maul, wie kannst du sowas sagen? Wie kannst du bei mir sitzen, während du noch aus mir heraus läufst, wie kannst du von euren nicht existenten Kindern sprechen."...weil es fühlbar ist :)
LG

 minze ergänzte dazu am 12.05.20:
ah noch eines: einerseits von "Leon" und dann von "D. " zu schreiben, ist sperrig und inkonsequent. Ich bin allgemein kein Fan von Abkürzungen. Wenn es die autobiographischen geschützten Daten sind, dann erfinde doch für den Leser einen Namen. Oder kürze Leon als L. ab, dann ist es eine Linie. Aber ich mag Vollnamen, irgendwie ist es sonst keine Erzählung für mich sondern eher ein Sachbericht oder so.
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