Klartext...

Kurzprosa zum Thema Gesellschaftskritik

von  AvaLiam

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Immer wieder höre und lese ich: "Was du nicht alles schon erlebt hast!"
Den Zweifel im Unterton kann ich kaum überhören.

Ja, man. Was kann ich dafür, dass andere so eines wie ihr Leben haben?
Ich hab nun mal...

Ich hab nun mal Scheiße gefressen und von goldenen Löffeln gesüppelt.
Ich habe wie ein Tier den Regen aus dreckigen Pfützen geschlürft und Champagner höchsten Gutes aus kristallenen Gläsern geatmet.
Ich schlief wie ein räudiger Hund auf ständiger Flucht unter Brücken, in Nischen...oder gar nicht, wie ich auf weißen Laken schlief, zwischen Rosenblüten gebettet.
Ich blickte Geistern und Monstern, Dämonen und Bürokraten ins Auge wie ich mich mancher treuen Seele ins Auge legte.
Ich bin durch die Hölle gegangen, immer wieder...mal und war dem Himmel so oft so nah.
Ich drehte Münzen immer und immer wieder...um und ich habe Geld verdient, das ich kaum zählen konnte. Nie ging es mir aus, was ich auch machte und ich machte viel. Zuviel.
Es ging mir so ziemlich beschissen, so manchen Tag und manche Nacht und so ziemlich ging es mir gut, zwischendurch, wenn ich nicht oben und nicht unten war, am späten Morgen oder kurz nach Mittag, als ich satt, doch nicht mehr träge. Da ging es gut. Dazwischen.
Zwischen dem Rausch und der Jagd, zwischen dem Hunger und Zuviel.

Zuviel
gesagt.
Vielleicht.

Ja, das mag sein.
Doch ich habe es satt - das Zuviel.
Das Zuviel nach dem Hunger. Wenn der Überfluss sich der Leere kotzend übergibt.
So wie ihre Zweifel zum Kotzen sind.
Über! Ich habe es Über!
Solln ihre Leben leben und nicht ihres in meinem suchen und finden...

...finden, dass ich nicht schon alles erlebt habe und dabei gar keine Ahnung haben, was "ALLES" alles ist.
Ahnungslos an welchen Türen sie rütteln und reißen mit ihren Zweifeln.
Ahnungslos was sie erwartet..hinter den Türen.
Zweifel sind zuweilen groß, doch nicht genug, sich dem zu stellen, was sich eröffnet.
Denn ich habe all das zweifellos erlebt...und noch viel mehr. Doch passte nicht alles hinter die Türen.
Vieles ankert mir im freien Geist und spielt Windfang mit ihren Gedanken...




Anmerkung von AvaLiam:

Auszug aus Niederschriften zu Begegnungen

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (12.05.20)
Liebe Andrea,
manchmal hat man es satt, das Zuviel, das die rastlose Fantasie bewirkt, die man nicht abstellen kann. Was man mit ihr erlebt, mag fantastisch sein, auf jeden Fall ist es wirklich, denn die Fantasie gehört zu einem so wie das täglich schlagende Herz. Du hast das erlebt, was ein Künstlerin erlebt zwischen barfuß und Lackschuh. Ich wünsche deinen Lesern, dass es nie verloren geht.
Herzliche Grüße
Ekki

 AvaLiam meinte dazu am 12.05.20:
Geschätzter Ekki,

ja, die Fantasie kann ganz schön anstrengend und fordern sein.

Ich habe mal über eine Verfolgungsjagd geschrieben und wie ich rannte und rannte, um fort zu kommen.
Ich verlor mich völlig in der Beschreibung. Zählte die Laternen, an denen ich vorbei lief, spürte den Atem im Nacken, wie er muffig nach altem Fisch suchte, mich einzuschüchtern und schrie. Ich hörte den Mantel schlagen, direkt hinter mir und gab noch mehr Gas, stolperte in meinen ausgelatschten Turnschuhen von Laterne zu Laterne. Die Knie flogen nur so durch die Luft und mein eigener Atem fiel mir beim Rennen ins Gesicht.
Dann - auf einmal gingen die Lichter aus. Schwarz. Die Geschichte war - vorerst - zu Ende. Und ich sag dir, mir lief der Schweiß in Strömen zwischen der Gänsehaut auf dem Rücken.
Mein Puls überschlug sich im dreistelligen Bereich. Gut, dass das Asthmaspray direkt neben dem Monitor liegt. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich wieder richtig Luft bekam. Mir zitterten die Knie und an den Turnschuhen - Ekki - ungelogen! - an den Turnschuhen klebte Erde und Gras!! Fantasie hats echt faustdick hinter den Ohren. Die kann ALLES.

Ich lasse das für heute Abend mal so stehen und hoffe, es unterhält dich ein wenig.

Ich bedanke mich und grüße dich herzlichst, Andrea.

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 14.05.20:
Hallo Andrea, das ist dermaßen gut geschrieben, dass ich dir empfehle, es noch einmal zu veröffentlichen.
Herzlichst
Ekki
Al-Badri_Sigrun (61)
(12.05.20)
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 AvaLiam schrieb daraufhin am 12.05.20:
Ja - liebe Sigi - da hast du wohl oder übel Recht.
Darum such ich mir schon sehr aus, wem ich mich anvertraue.
Und manchmal - wenn mir der Sinn nach Konfrontation und Verblüffung steht - begegne ich Menschen auf die Nachfrage "Und? Wie gehts dir?" lapidar mit "Interessiert dich das wirklich??" .
Wie du sicherlich bereits vermutest, sind dann viele Gespräche bereits im Keim erstickt.

Aber ich kann ja oftmals noch nicht einmal ein normales Gespräch führen mit für mich weniger bedeutenden Inhalten. Ich erlebe so viel Kleingeistigkeit um mich herum oder was auch immer das ist, dass Menschen sich soooo vieles nicht vorstellen können. Sie tun so oft überrascht oder weniger überzeugt, selbst wenn es um, für mich normale, einfache Anekdoten geht.
Ich weiß bald nicht mehr ob und worüber ich erzählen kann oder soll. Sie schlachten die Möglichkeiten nach Wahrscheinlichkeiten aus, dass ausgerechnet ich dies oder das oder jenes oder gar alles davon erlebt habe. Beinahe so, als ob sie neidisch sind auf dieses Zuviel. Ich weiß dann manchmal nicht so recht, was mich wütender macht. Ihre Zweifel oder scheinbar stark verkümmertes Vorstellungsvermögen. Wobei Letzteres im Grunde genommen ja schon beinahe bemitleidenswert wäre.

Gut, wenn man sich alles und zweifellos erzählen KANN...
...so wie ich dir.

Fühl dich umarmt - Andrea
Jo-W. (83)
(12.05.20)
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 AvaLiam äußerte darauf am 12.05.20:
Danke - lieber Jo...

...im Schreiben ist alles möglich.

Man kann aus seinen Erlebnissen und Ängsten Monster erschaffen und gegen sie kämpfen, man kann fliegen lernen oder 1000 Tode sterben und trotzdem lebendig schreiben. Alles ist möglich, was mit der magischen Tinte der Fantasie geschrieben wird. Nichts davon muss wahr sein und alles ist möglich. Ein weißes Blatt Papier gibt dir alle Chancen. Du kannst alles schreiben. Es muss noch nicht einmal deine eigene Geschichte sein, deine eigenen Gefühle.

Es ist gut, sehr gut, dass du angefangen hast, deine eigenen Emotionen zu verschriftlichen.
Und ich freue mich sehr, noch weitere von dir zu lesen. Bleibe mutig.

Herzlich - Ava
Sätzer (77)
(13.05.20)
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 AvaLiam ergänzte dazu am 13.05.20:
Also ich bin immer für Klartext.

Hab vielen Dank und noch einen schönen Abend.
lG - Ava

 AchterZwerg (13.05.20)
Ich glaube auch nicht,
dass ein beständig Goldbelöffelter etwas Interessantes zu schreiben vermag
Obwohl der Thomas Mann natürlich ...
In echt spielt es wohl keine Rolle, ob eine Fantasie wahr ist oder wahr sein wird. Für den, der sie träumt ist sie real.

Liebe Grüße
der8.

 AvaLiam meinte dazu am 13.05.20:
Mein lieber Achter,
da hast du wohl Recht.

Ein beständig Goldbelöffelter ( DIESE Wortfindung nehme ich mir mit, wenns erlaubt ist :D ), der sich nie um irgendwas bemühen muss, hat auch keine Chance, sich wirklich zu entwickeln und zu entfalten. Nein, so möcht ich gar nicht sein. Da geb ich lieber den Löffel ab.
Woher sollte denn jener aus Vorstellungen oder Erlebnissen schöpfen können? Selbst ein Narr braucht Fantasie.

Lass es dir gut gehen.
Herzlich - Ava

 TassoTuwas (14.05.20)
Liebe Ava,
wir leben in der Zeit der sich jagenden Schlagzeilen. Die Medien malen uns die Bilder im Eiltempo ins Haus, so schnell, dass eine Überprüfung der Botschaft kaum möglich ist. Wir sollen glauben, Klarheit ist nicht im Sinne der Meinungsmacher.
So bekommen wir etwas vorgeführt. Es ist die manipulierte Fassade von Lebenswegen. Was aber zu den Gründen führt, dass die Dinge so sind, wie sie sind, und das man auch Schicksal nennt, die Höhen, die Tiefen, die Erfolge und Niederlagen, die Irrtümer, Zweifel und Verletzungen, bekommen nur Raum wenn sie ins Geschäftsmodel passen.
So erfahren wir viel und wissen nur wenig.
Dieser aufrichtige Text zeigt die Welt hinter den bunten Kulissen!
Herzliche Grüße
TT

 niemand meinte dazu am 14.05.20:
@ Tasso
ein guter Kommentar. Genauso sehe ich es.
Mit Dank und lieben Grüßen, Irene

 AvaLiam meinte dazu am 14.05.20:
Ja, Irene hat Recht - ein guter Kommentar, lieber Tasso, den ich voll und ganz unterscheide.
Ich finde es sehr schlimm, dass solche Zweifel existieren. Sie machen in vielen Menschen so viel kaputt und dabei meine ich nicht nur auf er psychischen und zwischenmenschlichen Ebene, wie man es gar interpretieren könnte. Ich finde, es wird durch dieses Anzweifeln und in Frage stellen so viel Kreativität zerstört, so viel Engagement für etwas, Ratschläge und Weitergabe von Lebenserfahrung im Keim erstickt, für die wir zu anderen Zeiten zu Oma und Opa gelaufen sind, um sie zu hören. Heute ist das irgendwie alles nichts mehr wert und vor allem alles gar nicht wahr.
Voneinander lernen und Vorbilder leben davon. Was ist damit, dass wir niemanden in unserem Leben umsonst treffen, dass jede Bekanntschaft uns etwas gibt und lehrt?
Ach - ich könnt weiter so schreiben und mir fallen zu viele Beispiele und Fragen ein. Fakt ist: Es gibt Menschen, die viel erlebt haben, von denen man soviel hören und lernen könnte, die authentisch sind und einfach eine Menge erlebt haben.
Aber wozu haben wir Google? ...dort findet man auf alles eine Antwort...

Ich grüße euch beide herzlichst und freue mich auf eure verschriftlichten Erlebnisse und Erfahrungen.

Ava
Fisch (55)
(14.05.20)
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 AvaLiam meinte dazu am 14.05.20:
Das war es - ehrenwerter Fisch - das war es!

Wobei ich ehrlich gestehen muss, dass ich es manches Mal nicht unterscheiden konnte. Die Übergänge waren fließend.

Ich bedanke mich und wünsche Ihnen allzeit klares Wasser.

A. L.
Serafina (36)
(15.05.20)
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 AvaLiam meinte dazu am 09.06.20:
Oh, da hab ich dein Lächeln doch glatt übersehen.

Danke, dass du es mir hier gelassen hast.

LG - Ava
Agnete (66)
(09.06.20)
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 AvaLiam meinte dazu am 09.06.20:
Hallo Agneta.

Schön, dich wieder zu lesen und dann noch auf einer meiner Seiten.

Ja, der Preis war manchmal ziemlich hoch und ich zahle heute noch die Raten die dafür. Wobei das nur die Zinsen sind - die Tilgung werd ich wohl nie erreichen. :-D

Auch freue ich mich, dass dir diese Zeilen gefallen und du ein Stück meinen sehr - sagen wir lebhaften - Lebensweg mitgegangen bist.

Danke dir und liebe Grüße - Ava
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