Aus dir wird nie ein Soldat!

Erzählung zum Thema Lebensweg

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Gerhard Bauer wuchs in wirtschaftlich guten Verhältnissen auf. Der Vater war höherer Beamter beim Statistischen Reichsamt und die Mutter eines selbständige Damenschneiderin, die ein Geschäft mit 15 Angestellten leitete.
  Seine Kindheit fällt in jene Jahre zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg, also an sich eine eher unruhige und instabile Zeit. Da ist solch ein wohlsituiertes Elternhaus sicherlich ein enormer Vorteil.
    Gerhard selber hatte das aber wohl nicht so empfunden. Als sehr sensibler Junge  leidet er unter der gefühlskalten und preußisch-korrekten Art seines Vaters, der ihn auch gelegentlich mal mit den Worten abkanzelt: „Aus dir wird nie ein Soldat!“
  Es ist schon seltsam, wie so ein Satz fast eine ganze Kindheit erklären kann. Und es erstaunt dann auch nicht weiter, dass sein Vater recht früh schon der NSDAP beitrat.

Der junge Gerhard hatte es nicht leicht im ersten Schuljahr. Als „Musterschüler“ wurde er auch gerne mal von seinen Mitschülern verhauen, wobei der wahre Grund dafür wohl hier lag: „Der hat alles – der kriegt alles – ein feiner Pinkel.“
Berlin-Wedding war eine  Arbeitergegend und da fiel der gut gekleidete und wohlerzogene Gerhard natürlich unangenehm auf. Da wurde halt ein bisschen für eine „ausgleichende Gerechtigkeit“ gesorgt. Nicht, nett aber irgendwie nachvollziehbar.
    Seine Reaktion aber schon etwas erstaunlich:

Er beneidete die Kinder, die mit sechs Geschwistern draußen im Dreck spielen und Streiche aushecken konnten.

Als Hitler dann 1933 an die Macht kam, da war Gerhard sieben oder acht Jahre alt, spitzt sich die Lage zu:

Zu Hause fühlt er sich eingesperrt, eingeschlossen in einen goldenen Käfig. Es fehlt ihm an nichts, nur an der offenen Tür. Wenn die Kinder draußen schreien, heißt es bei Bauers: „Du bleibst hier!“
Aber selbst, wenn er auf die Straße gedurft hätte, wäre es zwecklos gewesen:
Die anderen Kinder wollten ihn nun überhaupt nicht mehr. …  Mit dem Sohn eines Nazis wollten die nichts zu tun haben
Und wohin mit all seiner Frustration:
Im Nachbarhaus der Bauers ist der Hauswirt Jude. Gerhard schlägt dessen Tochter wiederholt blutig, lässt seine angestaute, ohnmächtige Wut an dem Mädchen aus.
Im Grunde genommen begann hier das, was ihn später zu einem gefürchteten Kiez-Rocker werden ließ.

Gedankenimpuls:
Fälle niemals ein Urteil über jemanden, bevor du nicht seine ganze Lebensgeschichte kennst


Anmerkung von Bluebird:

Folge 2  der Lebensgeschichte des Gerhard Bauer in Anlehnung an  von ihm gegebene Interviews  und dem Buch "Udo, Rocky und das ewige Leben""

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