Mauerschützen, Deutsche, Menschen! Das Gewissen sagt uns doch, was man -nicht - tun sollte.
Text
von Willibald
Kommentare zu diesem Text
Ich möchte zur Ergänzung darauf hinweisen, daß sich die DDR als Mitglied der Vereinten Nationen auf die UN-Menschenrechtserklärung verpflichtet hatte, in der es heißt:
Artikel 13
(1) [...]
(2) Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen sowie in sein Land zurückzukehren.
(1) [...]
(2) Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen sowie in sein Land zurückzukehren.
Grüße Dich, Graeculus,
ja, jetzt traue ich mich auch zu präzisieren:
a) IPBPR (5)
Im sogenannten ersten Mauerschützen-Urteil verwarf der BGH Rechtfertigungsgründe wie „Die Staatspraxis der DDR gebot Schusswaffengebrauch“. Vielmehr gilt: Der Schusswaffengebrauch an der Berliner Mauer sei unvereinbar mit dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte (IPBPR).: "Jedermann steht es frei, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen", so heißt es im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem auch die DDR beigetreten war.
Das sehr viel spätere Urteil des BGH vom 26.7.1994 bewertet und verurteilt Tötungshandlungen von Grenzsoldaten der DDR, die sich im Jahre 1972 abspielte, also vor Inkrafttreten des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte für die DDR am 23.3.1976.
Dieser Umstand hinderte den BGH jedoch nicht, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten, die Staatspraxis der DDR sei kein Rechtfertigungsgrund für die Tötung von Flüchtigen an der innerdeutschen Grenze. Und zwar mit dem folgenden Argument.
b) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Der BGH stellte zunächst darauf ab, dass der IPBPR seine Grundlage in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – fixiert durch die Vereinten Nationen - habe. Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und des IPBPR stimmten im Hinblick auf das Recht auf Leben und freie Ausreise überein; weniger präzise als im IPBPR formuliert seien allerdings die Schranken der Menschenrechte (Art. 29 Nr. 2 der Allgemeinen Erklärung).
Funktion der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sei es, die Bezugnahme der Charta der Vereinten Nationen vom 26.6.1945 auf die Menschenrechte zu konkretisieren.
Angesichts der Exaktheit, mit der die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte das fundamentale Recht auf Leben und das Recht auf freie Ausreise definiert habe, könne die Erklärung - nicht anders als der IPBPR - als eine Konkretisierung dessen aufgefasst werden, was als die allen Völkern gemeinsame, auf Wert und Würde des Menschen bezogene Rechtsüberzeugung verstanden werde.
Der Tatsache, dass die DDR erst im Jahre 1973 Mitglied der Vereinten Nationen geworden war, maß der BGH wenig Bedeutung bei, da die DDR stets - also auch vorher - erklärt habe, sie identifiziere sich mit den Zielsetzungen der Vereinten Nationen.
c) Art. 91 DDR-Verfassung (4)
Schließlich verwies der Senat auf Art. 91 DDR-Verfassung, wonach die allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts über die Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und von Kriegsverbrechen unmittelbar geltendes Recht sein sollten.
Somit sei von den Mauerschützen nach DDR-Recht gehandelt worden, aber es hätte auch die Möglichkeit einer "menschenrechtsfreundlichen Auslegung" gegeben.
Nach dieser Interpretation der DDR-Verfassung und des Grenzgesetzes hätte nicht auf unbewaffnete, niemanden gefährdende Flüchtlinge geschossen werden dürfen, d.h. die Tötungen waren schon zur damaligen Zeit strafbar, da sie gegen positives (schriftlich fixiertes) Recht der DDR verstießen. Dass sie nicht bestraft wurden, ändere daran nichts.
d) Fehlende Unterrichtung kein Entlastungsargument
Die fehlende Unterrichtung der Grenzsoldaten der DDR über den Beitritt der DDR zum IPBPR oder über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte könne die Täter nicht entlasten. Entscheidend sei, dass die Tötung eines unbewaffneten Flüchtlings ein derart schreckliches und jeder vernünftigen Rechtfertigung entzogenes Tun darstelle, dass der Verstoß gegen das elementare Tötungsverbot auch für einen indoktrinierten Menschen ohne weiteres einsichtig, also offensichtlich gewesen sei.
Aber ...
ja, jetzt traue ich mich auch zu präzisieren:
a) IPBPR (5)
Im sogenannten ersten Mauerschützen-Urteil verwarf der BGH Rechtfertigungsgründe wie „Die Staatspraxis der DDR gebot Schusswaffengebrauch“. Vielmehr gilt: Der Schusswaffengebrauch an der Berliner Mauer sei unvereinbar mit dem Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte (IPBPR).: "Jedermann steht es frei, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen", so heißt es im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem auch die DDR beigetreten war.
Das sehr viel spätere Urteil des BGH vom 26.7.1994 bewertet und verurteilt Tötungshandlungen von Grenzsoldaten der DDR, die sich im Jahre 1972 abspielte, also vor Inkrafttreten des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte für die DDR am 23.3.1976.
Dieser Umstand hinderte den BGH jedoch nicht, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten, die Staatspraxis der DDR sei kein Rechtfertigungsgrund für die Tötung von Flüchtigen an der innerdeutschen Grenze. Und zwar mit dem folgenden Argument.
b) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Der BGH stellte zunächst darauf ab, dass der IPBPR seine Grundlage in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – fixiert durch die Vereinten Nationen - habe. Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und des IPBPR stimmten im Hinblick auf das Recht auf Leben und freie Ausreise überein; weniger präzise als im IPBPR formuliert seien allerdings die Schranken der Menschenrechte (Art. 29 Nr. 2 der Allgemeinen Erklärung).
Funktion der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sei es, die Bezugnahme der Charta der Vereinten Nationen vom 26.6.1945 auf die Menschenrechte zu konkretisieren.
Angesichts der Exaktheit, mit der die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte das fundamentale Recht auf Leben und das Recht auf freie Ausreise definiert habe, könne die Erklärung - nicht anders als der IPBPR - als eine Konkretisierung dessen aufgefasst werden, was als die allen Völkern gemeinsame, auf Wert und Würde des Menschen bezogene Rechtsüberzeugung verstanden werde.
Der Tatsache, dass die DDR erst im Jahre 1973 Mitglied der Vereinten Nationen geworden war, maß der BGH wenig Bedeutung bei, da die DDR stets - also auch vorher - erklärt habe, sie identifiziere sich mit den Zielsetzungen der Vereinten Nationen.
c) Art. 91 DDR-Verfassung (4)
Schließlich verwies der Senat auf Art. 91 DDR-Verfassung, wonach die allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts über die Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und von Kriegsverbrechen unmittelbar geltendes Recht sein sollten.
Somit sei von den Mauerschützen nach DDR-Recht gehandelt worden, aber es hätte auch die Möglichkeit einer "menschenrechtsfreundlichen Auslegung" gegeben.
Nach dieser Interpretation der DDR-Verfassung und des Grenzgesetzes hätte nicht auf unbewaffnete, niemanden gefährdende Flüchtlinge geschossen werden dürfen, d.h. die Tötungen waren schon zur damaligen Zeit strafbar, da sie gegen positives (schriftlich fixiertes) Recht der DDR verstießen. Dass sie nicht bestraft wurden, ändere daran nichts.
d) Fehlende Unterrichtung kein Entlastungsargument
Die fehlende Unterrichtung der Grenzsoldaten der DDR über den Beitritt der DDR zum IPBPR oder über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte könne die Täter nicht entlasten. Entscheidend sei, dass die Tötung eines unbewaffneten Flüchtlings ein derart schreckliches und jeder vernünftigen Rechtfertigung entzogenes Tun darstelle, dass der Verstoß gegen das elementare Tötungsverbot auch für einen indoktrinierten Menschen ohne weiteres einsichtig, also offensichtlich gewesen sei.
Aber ...
Kennen wir auch das Soldatengesetz bei Befehlsverweigerung der ehemligen DDR? Was stand dort?
Aha (53) schrieb daraufhin am 14.07.20:
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Ich bin ja dafür, dass man alle Umstände berücksichtigt. Dann kann man recht schön darüber nachdenken.
Greetse in die Runde!
Ich finde spannend, dass bei aller Sprödigkeit juristischer Argumentation plötzlich ein Urteilen und "der" Gerechtigkeitssinn gefragt sind. Und dass dann also wirklich solche Domänen wie Gewissen, Moral, mildernde Umstönde, Sozialisation recht konkret verhandelt und diskutiert werden können.
Ich finde spannend, dass bei aller Sprödigkeit juristischer Argumentation plötzlich ein Urteilen und "der" Gerechtigkeitssinn gefragt sind. Und dass dann also wirklich solche Domänen wie Gewissen, Moral, mildernde Umstönde, Sozialisation recht konkret verhandelt und diskutiert werden können.
Ist ja auch so, da erzählt der Angeklagte aus seiner Kindheit...