Wie ein Bischof kaiserliche Entscheidungen beeinflusste

Dokumentation zum Thema Glaube

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Unter Kaiser Theodosius (347 - 395) wurde der christliche Glaube zur offiziellen Staatsreligion im gesamten Römischen Reich (390). Gleichzeitig wurde die öffentliche Ausübung anderer Religionen verboten.
  Nun gut, so etwas konnte ein totalitärer Alleinherrscher damals beschließen, und es entsprach ja durchaus der religiösen Entwicklung seit Kaiser Konstantin. (318)
    Das eigentliche Problem bestand aber darin, dass der MailänderBischof Ambrosius  der Auffassung war: „Nichts ist größer als die Religion, nichts erhabender als der Glaube!“ und damit dem Kaiser zu verstehen gab, dass er - als gläubiger Christ - sich dem Willen Gottes und dem Diktat der Kirche zu unterwerfen habe.
    Und da muss man sagen, dass Ambrosius da wohl grundsätzlich etwas missverstanden hatte. Denn gemäß dem Apostel Paulus sind weltliche Herrscher von Gott eingesetzt, um im weltlichen Sinne für Recht und Ordnung zu sorgen.
   
Nichts Anderes tat Theodosius, als er 387 nach der Brandschatzung einer jüdischen Synagoge in Syrakus die Bestrafung der christlichen Übeltäter und den Wiederaufbau der Synagoge anordnete.
    Woraufhin ein erboster Ambrosius dem Kaiser einen Brief schrieb und sich  vielleicht ein rhetorischer Kniff -  unverfroren  bekannte: „ ich ihnen dazu den Auftrag gegeben habe, damit es keinen Ort mehr gibt, wo Christus geleugnet wird!“
    Theodosius las weiter: „Wirst du den Juden diesen Triumph über Gottes Kirche gewähren? … Du wendest ein, dass dich das Prinzip der Wahrung der Ordnung leitet. Was steht höher? Der äußere Schein der Ordnung oder die Sache der Religion?“
      Der Kaiser zeigte sich uneinsichtig und gab erst nach, als der Bischof mit der Absagung einer Messfeier, an der Theodosius teilnehmen wollte, drohte. Weder eine Bestrafung der Brandstifter noch der Wiederaufbau der Synagoge fanden statt.

Dies hier ist ein klares Beispiel einer kirchlichen Anmaßung und Übergriffigkeit. Da war wohl die Durchsetzung eigener religiös-politischer Interessen wichtiger als die Wahrung einer weltlichen Gerechtigkeit oder Rechtsordnung.
  Ab diesem Zeitpunkt war das Verhältnis zwischen Kirche und Staat jahrhundertelang eine schwierige Angelegenheit. Besonders dann, wenn die Position des Mahners und Ratgebers aufgegeben und mit Verlust des Seelenheils gedroht wurde, um eigene politische Interessen durchzusetzen.

Gedankenimpuls:
Kirche und politisches Machtstreben passen nicht wirklich gut zusammen. Weniger wäre da - im historischen Rückspiegel betrachtet - vermutlich mehr gewesen.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (16.07.20)
Interessant.
Es dürfte sich bei der von Dir genannten Auseinandersetzung um die sog. Callinicum-Affäre handeln, wobei allerdings die zerstörte Synagoge nicht in Syrakus, sondern in Kallinikon (im heutigen Syrien) stand. Das hast Du vermutlich verwechselt.

Ambrosius hat den Kaiser mehrfach unter Druck gesetzt, und zwar mittels der (Androhung der) Verweigerung einer Teilnahme am Gottesdienst und an den Sakramenten, d.h. den Ausschluß aus der Gemeinschaft der Gläubigen (Exkommunikation).
Eine bestimmte politische oder rechtliche Entscheidung wurde als Sünde gedeutet und mit dieser Kirchenstrafe belegt.
Für den Gläubigen bedeutete das den Verlust des christlichen Heils. Ein starkes Druckmittel.

Diese Methode wurde noch lange später angewandt.
Im Grunde, meine ich, tun z.B. Jehovas Zeugen nichts anderes, wenn sie einen 'Abtrünnigen' sozial isolieren.

Die Trennung beider Sphären, der weltlichen und der geistlichen, war nie ein kirchliches Anliegen, denn dadurch verlor sie ihre Macht.

Literatur:
Ambrosius. Politische Briefe. Lateinisch und deutsch hrsg. v. Frank M. Ausbüttel. Darmstadt 2020

 Graeculus meinte dazu am 16.07.20:
Die Juden waren den Christen ja allzeit ein Stachel im Fleisch, weil sie durch ihr hartnäckiges Warten auf den kommenden Messias eben auch das ausdrückten: daß Jesus nicht dieser Messias war.

 Regina (16.07.20)
Hier passt : "Gib dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gottes ist." Die kath. Kirche handelte anders.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram