Sprungbrett ins Leben

Parabel zum Thema Gerechtigkeit/ Ungerechtigkeit

von  eiskimo

Ein Bursche,vielleicht 13 oder 14 Jahre alt, stand auf dem Ein-Meter-Brett, dick und breitbeinig. Nass glänzten die schwarzen Haare und und nass war auch seine etwas pummelige Figur. Springen wollte er nicht. Er wartete auf den Kleinen, der da nach ihm hoch kam und an ihm vorbei wollte. Mit einem süffisanten Grinsen schubste er ihn vom Brett, platsch, ins Wasser.
Der Kleine kletterte an Land und kam zögernd zurück auf das Ein-Meter-Brett. Da stand der Dicke noch immer. Wieder wollte der Kleine an ihm vorbei, und wieder schubste ihn der Dicke grinsend ins Wasser. Er rieb er sich begeistert den Bauch, voller Vorfreude, denn der Kleine ließ sich nicht entmutigen, er kam wieder aufs Brett.
Diesmal duckte er sich und hoffte so vorbei zu kommen. Nichts da. Der Dicke erwischte ihn  und schon landete der Kleine wieder im Wasser. Erneut genoss der Dicke seine Überlegenheit und hob sogar triumphierend die Arme.
Das focht den Kleinen nicht an. Wieder auf dem Brett, machte er aber den schon bekannten unfreiwilligen Abgang. Auch der Dicke blieb sich treu, feist grinsend, im Wohlgefühl seiner so nachdrücklich erwiesenen Macht.
Als Autor könnte ich diesen bildhaften Ablauf jetzt endlos weiter führen. Klein rebelliert gegen Groß, Klein verliert. Klein verliert immer wieder. Die Weltgeschichte sozusagen vorgeführt im Sprungbecken unseres Schwimmbades.
Ich könnte der Geschichte aber auch eine unerhörte Wende geben; ich könnte den Bademeister kommen lassen, der dann energisch eingreift und dem Kleinen endlich zu seinem wohlverdienten Auftritt verhilft. Oder besser noch: Aus dem Lautsprecher erschallt die gewaltige Stimme dieses Herren, die den Dicken zusammenfahren lässt und zur feigen Flucht treibt.
Das wäre ja mal was Erbauliches. Ich bekäme als Autor prompt das Prädikat „pädagogisch wertvoll“. Seht, so geht Gerechtigkeit!
- Hmm, da ist mir aber nicht nach. Ich entscheide mich – schließlich ist das mein Text und ich sag, wo es in dieser Welt lang geht - für folgendes Ende:
Vom Schwimmbad-Rand her hörte man eine weibliche Stimme: „ Super, Fredi! Gib´s ihm!  Immer drauf! Da lernt der Fuzzi mal was fürs Leben, haha...“

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Kommentare zu diesem Text


 tueichler (17.07.20)
Da biste wohl weit näher an der Realität als moral-romantische Vorstellungen, wie das richtige Leben aussehen sollte ;)

 eiskimo meinte dazu am 17.07.20:
Badeanstalten öffnen die Augen . Blöd is nur das Chlorwasser...
lG
Eiskimo

 Graeculus (17.07.20)
Ein Zyniker ist - gemäß der schönen Definition von Ambrose Bierce - jemand, der aufgrund eines angeborenen Augenleidens die Welt so sieht, wie sie ist, und nicht so, wie sie sein sollte.

 AZU20 (18.07.20)
So sieht die Realität tatsächlich eher aus. LG

 Dieter_Rotmund (27.07.20)
Du musst dich als Erzähler nicht rechtfertigen.
Das ist überflüssig und mindert die handwerkliche Textqualität.

P.S.:
Komma->Leerzeichen!
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