In unserem Haus gab es ein winzig kleines Ledertaschenreparaturgeschäft, das gehörte dem Sohn von der Frau Anders und die war schon sehr alt und der Hermann auch schon um die 50. In dem Geschäft konnte man sich kaum umdrehen, so klein war es, es roch stets nach Leder und auf der Ladentheke waren unzählige Werkzeuge ausgebreitet. Der Hermann hatte immer zu tun und kam am Vormittag nie aus seinem Laden, aber am Nachmittag stand er rauchend, eine nach der anderen Zigarette, mit dem Hansi, dem Taxler und Günther, dem Hausmeister vor seiner Türe und starrten vor sich hin, ich sah die drei niemals reden und einer sah grimmiger drein als der andere und überhaupt der Hermann war faltig und sah schon aus wie ein ganz alter Mann, hatte stets eine Lederschürze umgebunden und der Günther hatte eine hellrote Perücke auf dem Kopf und war ganz rot im Gesicht, der Hansi, eine Halbglatze und die wenigen Haare, die er noch hatte, waren ausgefranst und ungepflegt. So standen die drei jeden Sommer und starrten geradeaus, Hermann und Hansi rauchten, der Hermann ständig.
Ich sah sie auch nie lachen.
Der Hermann kaufte sich bei der Frau Nowak, der Trafikantin, stets Pornohefte, die unter dem Ladentisch verkauft wurden, und dann erzählte sie das der Hedi, die für die Frau Anders kochte und die erzählte das der Frau Anders und so kam die alte Dame, die am Stock ging, sehr schwerfällig, herunter und bäumte sich vor Günther, Hermann und Hansi auf, erhob ihren Stock und schrie, dass er aufhören soll, so ein Pornoonkel zu sein, man muss sich ja genieren! Und, der Hermann, der nie eine Miene verzog und nur rauchte, ließ seine Zigarette fallen, zertrat sie mit den Schuhen und blickte beschämt zu Boden. Ich sah das, weil ich gerade vom Park kam und wahrlich, die alte, kleine Dame erhob den Stock wie ein General und da konnte man sehen, warum der Hermann nie redete, weil er nichts sagen durfte.
Aber, ich mochte den Hermann, weil zuvor, ein paar Jahre zuvor, stand ich mitten im Hof und weinte bitterlich, da sah der Günther aus dem Fenster, er wohnte im Erdgeschoss als Hausmeister, und fragte: "Warum weinst du?" und ich antwortete: "Ich weiß es nicht!", da kam er mit einem Kübel Wasser heraus und schüttete mir den Inhalt über den Kopf, ich brüllte, da sagte er ruhig: "Jetzt hast einen Grund!" und in dem Moment kam der Hermann, der damals schon nicht redete und später dann auch nicht, um die Ecke, ging zum Günther und gab ihm eine schallende Ohrfeige, sagte: "Und, jetzt hast du auch einen Grund zum plärren, du Idiot!" Aber, dann drehte er sich um, würdigte mich keinen Blickes und ging nachhause in die 1.Stiege zu seiner Mutter.
Ich mochte seitdem den immer rauchenden Hermann, obwohl der mich ignorierte, weil ich stets das Gefühl hatte, der passt auf mich auf. Er bekam Lungenkrebs und starb, da stand ich auch schweigend an seinem Grab.