Yogananda und Kali - oder wie vorgeblich aus einem Wunsch eine Erscheinung wurde

Essay zum Thema Mystik

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Heute Morgen stieß ich im Yogananda-buch auf die folgende, von ihm erzählte Anekdote:
„Setze dich bitte, kleiner Herr! Ich spreche gerade mit meiner Göttlichen Mutter!“
  In ehrfurchtsvollem Schweigen hatte ich zum ersten Male den Wohnraum des Meisters Mahasayas betreten, und seine  engelhafte Gestalt blendete mich fast. ...
Seine schlichten Begrüßungsworte hatten eine unerwartet heftige Wirkung auf mich. ... Weinend fiel ich vor ihm nieder.
  „Kleiner Herr, beruhige dich“, sagte da der Heilige mit mitfühlender Besorgnis.
Ich aber umklammerte wie ein Schiffbrüchiger seine Füße, die mir das einzige Rettungsfloß zu sein schienen: „Heiliger Meister, legt bitte Fürsprache für mich ein. Fragt die Göttliche Mutter, ob auch ich Gnade vor ihren Augen finde.“
Der heilige Meister versprachs und als der junge Yogananda eilte nach Hause, wo er sich in sein kleines Mansardenzimmer zurückzog und zu meditieren begann:
„Da wurde die Dunkelheit der warmen indischen Nacht plötzlich durch eine wundersame Vision erhellt.
  Von überirdischem Glanz umstrahlt, stand die Göttliche Mutter vor mir. Ihr zärtlich lächelndes Antlitz war die Schönheit selbst: „Immer habe ich dich geliebt. Immer werde ich dich lieben!“ Während die himmlischen Laute noch in der Luft verhallten, entschwand sie.
Zusammen mit Mahasaya reiste er dann vier Tage später zum Kalitempel nach Dakaschineswar, wo dereinst schon Ramakrishna, einer der ganz großen Hinduheiligen, gelebt und der Göttin Kali gedient hatte. Natürlich ging es auch da nicht ohne übersinnliche Phänomene ab.

Was also nun ist von dem Ganzen zu halten?
Nun, ich bezweifle trotz der etwas schwülstig-frommen Erzählweise jetzt erst mal nicht den Wahrheitsgehalt der Sache. In Dubio pro Reo gilt hier für mich.
    Aus christlicher Sicht sind aber solche „Mutter Gottes - erscheinungen“ mit äußerster Skepsis zu betrachten. Sie erinnern mich ein wenig an den altägyptischen Isiskult und die Verehrung der babylonische Göttin Ishtar, die wohl in Jeremia 7,18 mit der "Himmelskönigin“ gemeint war.

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. (2. Mose 20,3)
Dieses erste Gebot war für die Israeliten in Stein gemeißelt, und gilt auch heute noch für Juden und Christen.
    Wie es sich mit dem Sohn und dem Geist Gottes verhält, wird im NT ja ausführlich erklärt, aber von einer himmlischen Mutter Gottes ist da definitiv nicht die Rede.

Gedankenimpuls:
Sollte sich tatsächlich alles so, wie von Yogananda geschildert, zugetragen haben, so sehe ich darin keineswegs eine göttliche Offenbarung. Sondern eher die Offenbarung eines anderen Gottes. Einer von denen im Mosevers gewarnt wird, dass man ihnen nicht dienen und sie nicht aufsuchen sollte.
  Selbstverständlich bleibt es natürlich jedem selber überlassen, was er von der Geschichte  hält. Es ist lediglich meine Sicht der Dinge, die ich hier zu Papier gebracht habe.

Nachtrag:
Nach Erstellung dieses Artikels habe ich festgestellt, dass bei Wikipedia Yoganandas Geburtsjahr mit 1893 und Mahasayas Todesjahr  mit 1895 angegeben wird. Sollten diese Angaben stimmen, wäre Yogananda zum Zeitpunkt der Geschichte noch keine drei Jahre alt gewesen. Dann wäre die Geschichte definitiv ein Fake!

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