Dass wir eine solche Kindheit überhaupt überlebten....

Erzählung zum Thema Kinder/ Kindheit

von  eiskimo

Wir standen im Discounter vor dem Regal mit den 12 verschiedenen Müslis, neudeutsch auch Zerealien genannt. Da begann meine Frau diesen Vergleich zu früher, den ältere Leute ja gerne anbringen, sehr zum Leidwesen der „verwöhnten Jugend“.
„Als Kind bekam ich Haferschleim, wenn ich gekotzt hatte. Müsli kam viel später auf, und das musste man sich selber zusammenstellen, teuer im Reformhaus.“
Ich erinnerte mich an die Kölln-Flocken mit Sammelbildchen drin. „Die standen nur auf dem Tisch, wenn bei uns das Brot ausgegangen war. Die Milch wurde zugeteilt, ebenso ein paar Rosinen, aber kein Zucker.“
„Wir hatten immer Graubrot mit Margarine und Marmelade. Die holte meine Mutter aus dem grün-weißen Zentis-Eimer im Keller. Natürlich gab es nur eine Sorte,“ erinnerte sich meine Frau.
Ich, hielt ich dagegen, kannte als Kind nur selbstgemachte Marmelade. „Die stammte von den Beerensträuchern in Omas Garten. Leider hielt die Ernte nie lange vor, und dann gab es morgens aufs Margarine-Brot nur noch Sirup und Quark. Der Quark oder Schichtkäse, der stand auf der Kellertreppe, weil wir damals, in den 50er Jahren, noch keinen Kühlschrank hatten.“
Meine Frau: „Der Milchmann kam bei uns  jeden Tag mit einem offenen Pritschenwagen, und er hatte eine Glocke, die man schon von Weitem hörte. Da schickte mich meine Mutter mit der Milchkanne los und dem Geld, genau abgezählt natürlich. Der Milchmann pumpte dann die Kanne voll, und wehe, ich habe davon was verschüttet!“
Ich: „Das war noch Milch, die nach einem oder zwei Tagen sauer wurde … ohne Kühlschrank. Und wenn man sie kochte, gab es richtig Schmand. Die saure Milch wurde nicht weg geschüttet, die gab es mit ein bisschen Zucker als Nachtisch – lecker!“
„Bei uns gab es nur sonntags Nachtisch. Meist selbst gekochten Pudding mit einem Klecks Marmelade drauf.. aus dem Zentis-Eimer. Und dann waren da oft noch Klümpchen drin.“
„Sonntags mussten wir immer wandern,“ fiel wir dazu ein. „Da packten Mama die Zutaten für Pfannekuchen oder Bratkartoffeln ein, und Papa zog mit uns Kindern raus in die Natur. Nach zwei, drei Stunden machte er ein Lagerfeuer und er brutzelte für uns das Mittagessen. Den Nachtisch mussten wir uns im Wald und am Wegesrand suchen – Beeren oder Fallobst. Manchmal kehrten wir auch ein bei irgendwelchen Verwandten oder Freunden. Dann bekamen wir Streuselkuchen. Das höchste Glück war dann ein heißer Kakao oder eine Flasche Sinalco mit Strohhalm...“
„Getränke aus der Flasche bekam ich nie,“ wusste meine Frau noch. „Wir hatten immer nur Leitungswasser. Später kam dann Himbeer- oder Orangensirup auf. Da durfte ich mir schon mal ein Löffelchen von ins Glas rühren.“
Ich: „Meine Eltern waren da auch sehr spartanisch. Aber sie selber haben sich auch nur ganz selten etwas gegönnt. Ins Restaurant oder Café gehen, das gab es gar nicht. Wenn überhaupt, dann wurde mal zu Hause gefeiert, meist mit Kaffee und Kuchen. Irgendwann hockten auch einmal ein paar Erwachsene abends bei uns zusammen, und es gab tatsächlich eine Flasche Wein.“
Meine Frau stimmte mir zu: „Das fing irgendwann in den 70er Jahren an, dass wir bei Besuch auch Kleinigkeiten zu essen auftischten. Da musste ich nämlich helfen. Schinkenröllchen mit Formosa-Spargel drin, das weiß ich noch. Der Spargel war aus dem Glas...Und dann musste ich auch so Käse-Spießchen machen und Pumpernickel geschichtet mit Gervais-Käse dazwischen....“
„Sehr überschaubar,“ pflichtete ich ihr bei. „Nicht so wie hier beim Discounter, wo uns allein schon die fünf bis sechs Meter an Müsli-Auswahl schwindelig machen müssten!“
„Was es uns früher leicht gemacht hat,“ schloss meine Frau, „das war der Umstand, dass es bei allen knapp war. Das war einfach so. Und wir kannten es nicht anders. Insofern war das Essen auch kein großes Thema.“

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Kommentare zu diesem Text


 TassoTuwas (30.09.20)
Und Sonntags gingen wir in die Stadt um Schaufenster zu gucken!

Papa, erzähl mir nichts von gestern, ich leb heute!

LG TT

 eiskimo meinte dazu am 30.09.20:
Und wir gingen zu Fuß in die Stadt!
Warum sollen wir verschweigen, dass wir auch mit Weniger klar kamen?
lG
Eiskimo

 Dieter_Rotmund (30.09.20)
Sehr schlampig gemacht, haufenweise Fehler drin, Eiskimo!

 eiskimo antwortete darauf am 01.10.20:
Ja, schehr slamsig ... aber man muss ja auch Deiner Art, sich mit Texten auseinanderzusetzen, Futter bieten.
Übrigens war ich mir meiner Unvollkommenheit auch vorher bewusst.

Antwort geändert am 01.10.2020 um 10:37 Uhr

 FrankReich schrieb daraufhin am 01.10.20:
Wieso Art, ist das nicht eher so eine Art Unterart? 😂😂

 Moja (30.09.20)
Es gab nur - so wenig, war das nicht wunderbar, denke ich heute. Den Überfluss heute kann man doch gar nicht genießen, wer braucht das alles?
Nur und müssen - erlangen eine andere Bedeutung; ironischer Titel, gefällt mir - wenn NUR nicht so viele Fehler drinstecken würden, geh noch mal rüber, es lohnt sich, nicht NUR für Dich.

Heiteren Gruß!
Moja

 eiskimo äußerte darauf am 30.09.20:
Danke!
Aber ich verstehe Deinen zweiten Absatz nicht.
lG
Eiskimo

 Moja ergänzte dazu am 01.10.20:
Du verwendest die Worte "nur" und "müssen" so häufig, dass ich hinter dem scheinbaren Mangel und Druck, dies oder jenes tun zu müssen, eine Fülle guter Sachen sehe. Es gab wenig, aber war das schlecht? Ich lese es eher ironisch. Das ist alles.

Gruß,
Moja

 eiskimo meinte dazu am 26.10.20:
All right - jetzt wird es mir klarer. Danke für die Vertiefung!
Eiskimo

 AZU20 (30.09.20)
Da kommen bei mir Erinnerungen hoch. LGi

 eiskimo meinte dazu am 01.10.20:
Hoffentlich nur Erinnerungen, und nicht der Haferschleim...
grins... und Grüße von
Eiskimo

 FrankReich (01.10.20)
Jetzt weiß ich endlich, worauf sich die Parodie in 'Deadpool' während des 'Schwanzvergleichs' zwischen Ryan Reynolds und seiner Filmpartnerin bezieht. 😂
Ciao, Frank

 Regina (26.10.20)
Ernährungsgeschichte der BRD, bis das Wirtschaftswunder mit seinen Fressorgien kam. Hier werden die verschiedenen Frühstücksgerichte aufgezählt. Was wurde eigentlich gekocht? Das Thema könntest du spannender bearbeiten. Zusammenhänge, die Verfügbarkeit, Werbung, Zwang zur Profitorientierung in der Food-Industrie, Sparmentalität, Gewohnheiten und Gesundheitsstreben, das alles gehörte mit hinein und ergäbe interessante Perspektiven. Marmelade und Sirup sind ja nun mal nicht das Gesündeste, was auf den Tisch kommt. Und wie gehen wir heute vor bei der Auswahl? Vergiss auch nicht, dass nicht jeder mehr das nötige Kleingeld hat und das billigste aus dem Regal nehmen muss.

 tulpenrot meinte dazu am 26.10.20:
@ Regina Ich habe mir gerade Nutella zum Frühstück gegönnt. Ha! Grausig, nicht wahr? Und dabei verrate ich rein überhaupt nicht, was ich von Beruf war und wieviel Meter Ausarbeitungen (auch für öffentliche Vorträge) ich zu diesem Thema ich z.T. jetzt entsorgt habe!
Hier geht es aber nicht um eine umfassende Darstellung von falschem oder richtigem Ernährungsverhalten sondern um Erinnerungen, die natürlich nur einen partiellen Aspekt des wirklich abendfüllenden Themas behandeln, und um einen Vergleich zu heute. Das, was du hier erwartest ist maßlos und ungerecht.

 Regina meinte dazu am 26.10.20:
Abendfüllend wäre in die andere Richtung übertrieben in diesem Rahmen hier. Aber der Dialog hier kommt würde durch eine gewisse Zielrichtung nach meinen Vorschlägen inhaltlich gewinnen.

 blauefrau (30.10.20)
Früher war alles besser, selbst das Graubrot!

 Teichhüpfer (10.11.20)
Ach so, wir sind drei Kinder und unsere Eltern vor gut einem Jahr gestorben, eingeschlafen und der ewige Blut hochdruck R.I.P. Ja, wir hatten mit fünf Jahren das erste Hobby, Judo, Klavierunterricht, Segel, zwei Mal im Jahr in den Urlaub / Mittelmeer, Dolomiten. Wir gingen durch die Wälder, wenn es Mal Sonntags gewesen ist. Die Haushälterin sorgte sich so um das Essen und das Haus, aber was machten meine Freunde
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