Von Tintenfässern, gehabtem Glück und unbedingtem Gottvertrauen

Ansprache zum Thema Glück

von  Bluebird


Zu dir, HERR, erhebe ich meine Seele. Mein Gott, auf dich vertraue ich; lass mich nicht zuschanden werden, lass meine Feinde nicht über mich jauchzen! (Psalm 25,1+2)
Hier schreibt ganz offensichtlich jemand, der in Schwierigkeiten steckt und - menschlich gesehen- keine Garantie auf ein gutes Ende hat.
    Als Verfasser dieser Zeilen gilt König David, und der, will man der Bibel Glauben schenken, hat mehr als einmal schwer in der Tinte gesteckt. Aber, und das ist die gute Nachricht, ist tatsächlich immer wieder heil, wenn auch nicht immer ganz unbeschadet, aus dem Tintenfass herausgekommen.
  „Glück gehabt!“ würden die einen sagen. Andere glauben, dass dieses „Glück“ eine Folge seines unbedingten Gottvertrauens war.

Persönlich kann ich bezeugen, dass auch ich etliche Male während meines Lebens in einem Tintenfass gesteckt habe und nicht zuschanden geworden bin. Der einzige Unterschied zu König David ist vielleicht nur der, dass mein Untergang weder großen Jubel noch allzu große Trauer ausgelöst hätte. Aber das ist ein anderes Thema.
    Eine nichtgläubige Verwandte, die mich ganz gut kennt, sagte einmal: „Du hast viel Glück in deinem Leben gehabt, bist immer auf deine Füße gefallen!“
    Ich weiß, was sie da meinte. Beispielsweise meine Bundeswehrzeit, wo ich so viel Mist gebaut hatte, so dass der Gang in den Knast unvermeidlich schien. Aber wie von Wunderhand gewirkt, wurde ich haftunfähig geschrieben und aus gesundheitlich Gründen aus der Bundeswehr entlassen.
    Damals war ich noch nicht gläubig und dachte ich träumte, als ich das letzte Mal durch das Kasernentor ging.
   
„Ja, siehste“. könnte jetzt ein aufmerksamer Leser sagen, „du hast damals nicht in Gott vertraut, und bist doch heil aus der Sache herausgekommen. Also doch Glück gehabt!“
Ein durchaus berechtigtes Argument!
    Wir Christen sprechen da gerne von vorlaufender Gnade. Was so viel meint wie: Gott wusste ja, dass du dich eines Tages bekehren würdest, und hat dir deshalb da schon aus der Patsche geholfen.
  Nun ja, das ist immer so eine Sache, die Gedanken und Absichten Gottes erklären zu wollen. Belassen wir es dabei, dass Er mir damals - vermutlich - geholfen hat.

Ich denke, dass jeder es schon erlebt hat, das es manchmal ziemlich eng werden kann im Leben und das es oftmals keine Garantie dafür gibt, dass man heil aus einer Not oder Lebenskrise herauskommt.
  Gottvertrauen ist dafür auch keine zwingende Notwendigkeit, aber für mich alternativlos. Mag Er mir damals in der Bundeswehrzeit - und noch einige Male zuvor und danach- ungebeten aus der Patsche geholfen haben, aber nachdem ich 1985 Christ geworden bin, kannte ich meinen Retter und setzte ganz bewusst mein Vertrauen in Ihn. Und bin bis heute nicht enttäuscht geworden.

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Regina (28.10.20)
Du instrumentalisierst Gott, dir aus der Patsche zu helfen. Jesus lehrte die absolute Hingabe, auch für den Fall, dass einem keiner aus der Patsche hilft, lieber Bluebi. Auch für den Fall, dass man zum Kreuzestod verurteilt wird. Da wurde kein Deal gemacht.

 Bluebird meinte dazu am 28.10.20:
Das stimmt ... es gibt auch mit Gottvertrauen keine Garantie, dass man heil aus einer Sache herauskommt ... manchmal ist auch das (vermeintliche oder echte) Scheitern der Wille Gottes ... das sollte man als Christ dann demütig akzeptieren - so jedenfalls sehe ich das

Übrigens war der Tod Jesu ja, laut Bibel - nicht das letzte Wort in dieser Angelegenheit

Antwort geändert am 28.10.2020 um 10:55 Uhr

 Graeculus antwortete darauf am 28.10.20:
Jesus, so wie er in der Bibel auftritt, verstehe ich einigermaßen: Er hält uns oft vor Augen, daß uns der Himmel als Belohnung winkt und die Hölle als Strafe droht.

Nicht, daß ich daran glaube, aber ich verstehe, wie es funktioniert.

In diesem Sinne verstehe ich auch Bluebird, dem schon so oft aus der Patsche geholfen wurde und der bis heute nicht enttäuscht worden ist. So hat er von seinem Gott seinen Vorteil.

Aber die "absolute Hingabe" an Gott, von der Regina schreibt, also die Unterwerfung unter einen Gott, der dafür nichts verheißt und nichts verspricht und einen stattdessen noch "prüfungshalber" in die Tinte reitet, die verstehe ich nicht.

Ich weiß, daß es das ist, was Gott von Hiob verlangt - aber warum in aller Welt sollte man sich auf soetwas einlassen?

Es erinnert mich an ein Experiment, das man im 19. Jhdt. einmal mit einem bedauernswerten Hund gemacht hat, an dem man testen wollte, ob ein Hund seinem Herrn auch dann noch treu ergeben bleibt, wenn der ihn gräßlich mißhandelt.
Und siehe da, selbst der verstümmelte Hund hing noch seinem Herrn an.

Ist es das, was damit gemeint ist? Das wäre ja die totale Unterwerfung ... bzw. die absolute Hingabe.
Da schüttelt nicht nur jede Katze ihren Kopf und sucht sich einen besseren Herrn.

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 28.10.20:
Da bin ich trotz Lockdown und ohne Maske bei Graeculus. Schon das Wort Unterwerfung, man stelle es sich bildlich vor, hat was Furchtbares, ganz abgesehen vom Mangel an Ästhetik.
Es hat auch nichts mehr mit Wertschätzung, wie der Verbeugung, zu tun.
Aber:
… was Gott von Hiob verlangt - aber warum in aller Welt sollte man sich auf soetwas einlassen?
Auf sowas läßt sich ein, wer seinem Lehrer grenzenlos vertraut (nicht unterwirft!) - eine Grundvoraussetzung im Vajrayana. Der sich Lehrer nennen darf - ebenfalls Grundvoraussetzung beim kurzen Pfad - kennt das Karma des Praktizierenden genau und kann Dinge empfehlen wie beispielsweise ein paar Tiere aus dem Tiergeschäft kaufen, um ihnen anschließend die Freiheit zu geben. Das ist jenseits aller Logik, weil der Verkäufer sich freut und Nachschub ordert, das weiß ich auch, aber für alle Beteiligte kann diese karmische Handlung zum Besten sein. Es geht prinzipiell immer darum, für alle Wesen das Beste zu tun - mit dem Körper, der Rede und dem Geist.
Es ist ja beim Dharma nicht sektiererisch, wie bei den Christen.

Tashi delek

 Graeculus äußerte darauf am 28.10.20:
Wenn dieser Lehrer etwas für Dich tut und Du ihm in dieser Hinsicht vertraust, dann verstehe ich das (ohne es für meine Person übernehmen zu wollen). Du hast etwas davon.

Doch wenn die Autorität, wie im Falle des Hiob, - wegen einer Wette mit dem Teufel, also aus einer Laune heraus! - ihren Untertan aktiv in massive Schwierigkeiten bringt und dennoch Unterwerfung bzw. absolute Hingabe verlangt, dann verstehe ich eben nicht mehr, warum jemand das tun sollte ... wie der zitierte Hund. Hündisch erscheint mir das.

Übrigens, aber das ist ja wohl bekannt, lautet das arabische Wort für Unterwerfung Islam.

 LotharAtzert ergänzte dazu am 28.10.20:
Unterwerfung=Islam - Ach! Ich wusste das nicht. Ist schon schön!

Schade doch, daß ich dich nie zur Rhythmenlehre hin locken konnte: Hündisch, na klar, der Kerberos, der Hades, das 8. Haus der Vorstellungsgebundenheit.

 Bluebird meinte dazu am 28.10.20:
Ja, ich verstehe dieses Problem ...

Das hier von mir propagierte Gottvertrauen geht selbstverständlich von der Überzeugung aus, dass Er mir wohlgesonnen ist und es gut mit mir meint.

Aber es können natürlich auch hiobmäßige Prüfungen kommen, wo man nichts mehr versteht und man an der Güte Gottes oder gar an Seiner Existenz zuzweifeln beginnt.
Wohl dem, der so viel in guten Zeiten mit dem Herrn erlebt hat, dass er auch dann noch mit Hiob sagen kann: "Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen. Gelobt sei der Name des Herrn."
An seinem Vertrauen in einen gütigen und gerechten Gott festhält und am Ende - hoffentlich -Recht behält. Und sei es mit einem schönen Himmelsplatz mit Aussicht.

 LotharAtzert meinte dazu am 28.10.20:
Der Platz sei dir von Herzen gegönnt, Bluebird.

 Graeculus meinte dazu am 28.10.20:
Bluebirds Glaube überstünde es auch noch, wenn Gott und der Teufel auf seinem Rücken - wie einst bei Hiob - eine Wette austrügen.

Nur was das Wort "Prüfung" - mir aus meinem Berufsleben noch gut bekannt - bei einem allwissenden Wesen bedeuten soll, das verstehe ich noch immer nicht.

 Graeculus meinte dazu am 28.10.20:
Letztlich läuft es vielleicht darauf hinaus: Will man als Hund (= Knecht) oder Katze (= freier Mitarbeiter) seines Herrn leben?
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