Vom Sehen und möglichen Gründen für ein Nichtsehen
Erörterung zum Thema Wahrnehmung
von Bluebird
Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text
Wie eigentlich immer tust Du so, als ob es Gotteserlebnisse und Wunder nur im Christentum (und allenfalls noch bei den Juden) gäbe.
Dem ist natürlich nicht so.
Das stellt das Problem der Erklärung solcher Erlebnisse auf eine ganz andere Grundlage, denn dann gilt nicht mehr: Naturalismus oder Jesus.
Dem ist natürlich nicht so.
Das stellt das Problem der Erklärung solcher Erlebnisse auf eine ganz andere Grundlage, denn dann gilt nicht mehr: Naturalismus oder Jesus.
Da hast du vollkommen Recht!
Dazu habe ich vor einiger Zeit mal in einem Video Stellung bezogen: hier
Dazu habe ich vor einiger Zeit mal in einem Video Stellung bezogen: hier
Ich habe für mich den Gedanken noch fortgesetzt:
Der Gegensatz lautet Naturalismus/Physikalismus v. magisches Weltbild.
Innerhalb des magischen Weltbildes ist das Christentum eine Religion unter vielen, nichts Besonderes. Gotteserscheinungen und Wunder gibt es überall bzw. werden überall berichtet.
Das eigentlich Spezifische des Christentums ist a) die Ethik (wie Kant betont), b) die Menschwerdung Gottes (wie Hegel hervorhebt).
Man kann zu beidem stehen, wie man will, aber das findet man so leicht bei keiner anderen Religion.
Auffallend ist nun Deine Fokussierung gerade auf den Bereich, der am wenigsten typisch christlich ist: den magischen.
Warum?
Der Gegensatz lautet Naturalismus/Physikalismus v. magisches Weltbild.
Innerhalb des magischen Weltbildes ist das Christentum eine Religion unter vielen, nichts Besonderes. Gotteserscheinungen und Wunder gibt es überall bzw. werden überall berichtet.
Das eigentlich Spezifische des Christentums ist a) die Ethik (wie Kant betont), b) die Menschwerdung Gottes (wie Hegel hervorhebt).
Man kann zu beidem stehen, wie man will, aber das findet man so leicht bei keiner anderen Religion.
Auffallend ist nun Deine Fokussierung gerade auf den Bereich, der am wenigsten typisch christlich ist: den magischen.
Warum?
Es gab und gibt natürlich immer Menschen, die von Gotteserscheinungen und Wundern fasziniert sind - warum das so ist, weiß ich nicht, aber es ist so.
Missionsstrategisch sollte man allerdings das Alleinstellungsmerkmal betonen, und das liegt eben nicht in den magischen Aspekten des Christentums.
Missionsstrategisch sollte man allerdings das Alleinstellungsmerkmal betonen, und das liegt eben nicht in den magischen Aspekten des Christentums.
Das Alleinstellungsmerkmal des Christentums ist natürlich die Erlösungslehre (Das Sühnopfer Jesu/freiwilliger Tod am Kreuz und Auferstehung am dritten Tage)
Dies ist beispielsweise für die Muslime eine Unvorstellbarkeit und wird im Koran ( ich meine in Sure 2) ausdrücklich abgelehnt!
Wenn ich also theologisch etwas betobe, dann diese Erlösungslehre. Aber wie sollte sie sich als richtig erweisen außer durch übernatürliche Evidenz?
Dies ist beispielsweise für die Muslime eine Unvorstellbarkeit und wird im Koran ( ich meine in Sure 2) ausdrücklich abgelehnt!
Wenn ich also theologisch etwas betobe, dann diese Erlösungslehre. Aber wie sollte sie sich als richtig erweisen außer durch übernatürliche Evidenz?
Antwort geändert am 03.11.2020 um 15:24 Uhr
Tod und Auferstehung eines Gottessohnes sind kein christliches Alleinstellungsmerkmal: Osiris, Dionysos usw., lange vor dem Christentum übrigens.
Sie tauchen häufig im Zusammenhang mit Vegetationsgöttern auf, welche das Sterben und die Wiedergeburt in der Natur verkörpern.
Die Kreuzigung mag spezifisch sein, doch auf die Art des Todes kommt es ja nicht entscheidend an, oder?
Und vor allem bei Dionysos (bei Osiris kenne ich mich nicht gut aus) ist dies der Überlieferung zufolge immer wieder durch Wundertaten bekundet worden.
Dionysos gilt übrigens - wie Jesus Christus - als Erlösungsgott, und überhaupt sind die Parallelen zahlreich:
• Beide sind Mischwesen teils göttlicher, teils menschlicher Herkunft.
• Beide sind, ungeachtet der menschlichen Mutter, nicht auf normalem biologischem Wege entstanden: Dionysos von seinem Vater geboren, Jesus ohne menschlichen Vater gezeugt.
• Der göttliche Ursprung beider wird zunächst nur von wenigen anerkannt; sie müssen eigens durch Wunder beweisen, wer sie sind.
• Beide werden getötet und wiederbelebt.
• Ihnen und ihren Anhängern drohen Verfolgung und Tod.
• Beide sind Erlösergestalten und können ihre Anhänger ekstaseartig überkommen.
Sie tauchen häufig im Zusammenhang mit Vegetationsgöttern auf, welche das Sterben und die Wiedergeburt in der Natur verkörpern.
Die Kreuzigung mag spezifisch sein, doch auf die Art des Todes kommt es ja nicht entscheidend an, oder?
Und vor allem bei Dionysos (bei Osiris kenne ich mich nicht gut aus) ist dies der Überlieferung zufolge immer wieder durch Wundertaten bekundet worden.
Dionysos gilt übrigens - wie Jesus Christus - als Erlösungsgott, und überhaupt sind die Parallelen zahlreich:
• Beide sind Mischwesen teils göttlicher, teils menschlicher Herkunft.
• Beide sind, ungeachtet der menschlichen Mutter, nicht auf normalem biologischem Wege entstanden: Dionysos von seinem Vater geboren, Jesus ohne menschlichen Vater gezeugt.
• Der göttliche Ursprung beider wird zunächst nur von wenigen anerkannt; sie müssen eigens durch Wunder beweisen, wer sie sind.
• Beide werden getötet und wiederbelebt.
• Ihnen und ihren Anhängern drohen Verfolgung und Tod.
• Beide sind Erlösergestalten und können ihre Anhänger ekstaseartig überkommen.
Unvergleichlich ist in beiden Kulten wiederum die Ethik. Kant hat Recht: es kommt auf die Ethik an, nicht auf die Wunder.
Bei Dionysos handelt es sich um eine Sagengestalt. eingewoben in eine ziemlich verworrene Göttergeschichte ... und eine Erlösungsfunktion kann ich da auf die Schnelle nicht erkennen. Wen oder was soll Dionysos denn erlöst haben?
Jesus war eine historische Gestalt und die Art der Darstellung ist vorgeblich historisch:
Jesus war eine historische Gestalt und die Art der Darstellung ist vorgeblich historisch:
Da es nun schon viele unternommen haben, Bericht zu geben von den Geschichten, die sich unter uns erfüllt haben, wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes gewesen sind,
habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist. (Lukas 1, 1-4)
habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist. (Lukas 1, 1-4)
Ja, Jesus ist wohl eine historische Person. Aber daß er Sohn Gottes ist und selber Gott, dürfte wohl kaum historischer sein als die Göttlichkeit des Dionysos.
Das ist wie bei den römischen Kaisern: Augustus ist eine historische Person - aber divus Augustus, das ist Sache des Glaubens.
Mithin ist auch dies, daß das Christentum eine historische Person vergöttlicht, kein Alleinstellungsmerkmal.
Wenn Du dich über seinen - in der Forschung unbestrittenen - Charakter als Erlösungsgott informieren möchtest, empfehle ich Dir Die Bücher von Walter Otto, Joseph Campbell, Erika Simon und Mircea Eliade ... u.a. mit antiken Abbildungen eines gekreuzigten Dionysos.
Du würdest Dich wundern, wie in dem von Dir geschätzten frühen Christentum die Dinge durcheinandergingen, vermischt wurden.
Und noch heute: Wenn Du einer Gospelmesse beiwohnst und die Ekstase erlebst, weißt Du nicht, ob es sich um einen christlichen Gottesdienst oder um einen dionysischen Kult handelt. Rausch, Ekstase, Enthusiasmus (= Gotterfülltheit) - das ist die Erlösung durch Dionysos.
P.S.:
Das umfangreichste aus der Antike erhaltene Epos, die "Dionysiaka", ist dem Dionysos gewidmet ... und verfaßt von einem christlichen Bischof namens Nonnos.
P.P.S.:
Sowohl die Tragödie (das Drama) als auch die Komödie, also das Theater, sind aus dem Dionysoskult hervorgegangen; die Aufführungen fanden in Griechenland an den Dionysien statt. Sein Kult war vielfältig und sehr reichhaltig.
Das ist wie bei den römischen Kaisern: Augustus ist eine historische Person - aber divus Augustus, das ist Sache des Glaubens.
Mithin ist auch dies, daß das Christentum eine historische Person vergöttlicht, kein Alleinstellungsmerkmal.
Wenn Du dich über seinen - in der Forschung unbestrittenen - Charakter als Erlösungsgott informieren möchtest, empfehle ich Dir Die Bücher von Walter Otto, Joseph Campbell, Erika Simon und Mircea Eliade ... u.a. mit antiken Abbildungen eines gekreuzigten Dionysos.
Du würdest Dich wundern, wie in dem von Dir geschätzten frühen Christentum die Dinge durcheinandergingen, vermischt wurden.
Und noch heute: Wenn Du einer Gospelmesse beiwohnst und die Ekstase erlebst, weißt Du nicht, ob es sich um einen christlichen Gottesdienst oder um einen dionysischen Kult handelt. Rausch, Ekstase, Enthusiasmus (= Gotterfülltheit) - das ist die Erlösung durch Dionysos.
P.S.:
Das umfangreichste aus der Antike erhaltene Epos, die "Dionysiaka", ist dem Dionysos gewidmet ... und verfaßt von einem christlichen Bischof namens Nonnos.
P.P.S.:
Sowohl die Tragödie (das Drama) als auch die Komödie, also das Theater, sind aus dem Dionysoskult hervorgegangen; die Aufführungen fanden in Griechenland an den Dionysien statt. Sein Kult war vielfältig und sehr reichhaltig.
Sagen wir mal so ... das mit einem gekreuzigten Dionysos klingt mir doch sehr nach einer christlichen Einfärbung, kann ich jetzt auf die Schnelle natürlich nicht überprüfen. Inwiefern ein dionysischer Rausch eine Erlösungsfunktion haben soll, bleibt mir allerdings schleierhaft.
Und wenn manche Christen ekstatische Gottesdienste feiern, dann ist das eine spezielle Ausdrucksform. Dies hat aber nichts mit christlicher Erlösung zu tun, ist höchstens eine Folge davon. Erlöste, die gerne in ekstatischer Weise einen Gottesdienst feiern.
Also den geheimen Voorwurf, dass hier die Christen ein greichischen Erlösungsmythos kopiert oder adaptiert hätten, halte ich für doch sehr weit hergeholt. Allerdings habe ich mich mit diesem Thema noch nicht intensiv beschäftigt.
Und wenn manche Christen ekstatische Gottesdienste feiern, dann ist das eine spezielle Ausdrucksform. Dies hat aber nichts mit christlicher Erlösung zu tun, ist höchstens eine Folge davon. Erlöste, die gerne in ekstatischer Weise einen Gottesdienst feiern.
Also den geheimen Voorwurf, dass hier die Christen ein greichischen Erlösungsmythos kopiert oder adaptiert hätten, halte ich für doch sehr weit hergeholt. Allerdings habe ich mich mit diesem Thema noch nicht intensiv beschäftigt.
1. Die Bilder (Graffiti) liegen mir vor, in einem Buch. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Wer sie einst in die Wände geritzt hat, ist nicht bekannt.
Ikonographisch taucht Dionysos mit seinem Gefolge, den Silenen, im Christentum als Teufel auf, inkl. Hörnern.
2. Daß das Christentum heidnische Mythen kopiert bzw. sich dort bedient hat, ist zwar richtig (denke nur an die in der Antike verbreitete Isis-Horus-Ikonographie --> Maria-Jesuskind), aber mir kommt's hier nicht darauf an, wo ich nur mein Staunen darüber ausdrücken möchte, daß Du Dich bei Deiner christlichen Missionsarbeit nicht auf das fokussierst, was im Christentum einzigartig ist, sondern Dich immer wieder auf göttliches Eingreifen & Wunder beziehst, wie es sie in jeder Religion gibt.
3. Daß Du die erlösende Funktion des Rausches und der Ekstase nicht nachvollziehen kannst, glaube ich Dir gern. Zu denken geben sollte Dir jedoch, daß die einschlägigen 'kultischen' Veranstaltungen (inkl. Drogen) in unserer Gesellschaft weit populärer sein dürften als christliche Gottesdienste. Wohin zieht es Jugendliche massenhaft? Ist Dir fremd, ich weiß.
Ikonographisch taucht Dionysos mit seinem Gefolge, den Silenen, im Christentum als Teufel auf, inkl. Hörnern.
2. Daß das Christentum heidnische Mythen kopiert bzw. sich dort bedient hat, ist zwar richtig (denke nur an die in der Antike verbreitete Isis-Horus-Ikonographie --> Maria-Jesuskind), aber mir kommt's hier nicht darauf an, wo ich nur mein Staunen darüber ausdrücken möchte, daß Du Dich bei Deiner christlichen Missionsarbeit nicht auf das fokussierst, was im Christentum einzigartig ist, sondern Dich immer wieder auf göttliches Eingreifen & Wunder beziehst, wie es sie in jeder Religion gibt.
3. Daß Du die erlösende Funktion des Rausches und der Ekstase nicht nachvollziehen kannst, glaube ich Dir gern. Zu denken geben sollte Dir jedoch, daß die einschlägigen 'kultischen' Veranstaltungen (inkl. Drogen) in unserer Gesellschaft weit populärer sein dürften als christliche Gottesdienste. Wohin zieht es Jugendliche massenhaft? Ist Dir fremd, ich weiß.
1. Die Bilder (Graffiti) liegen mir vor, in einem Buch. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Wer sie einst in die Wände geritzt hat, ist nicht bekannt.
Ikonographisch taucht Dionysos mit seinem Gefolge, den Silenen, im Christentum als Teufel auf, inkl. Hörnern.
2. Daß das Christentum heidnische Mythen kopiert bzw. sich dort bedient hat, ist zwar richtig (denke nur an die in der Antike verbreitete Isis-Horus-Ikonographie --> Maria-Jesuskind), aber mir kommt's hier nicht darauf an, wo ich nur mein Staunen darüber ausdrücken möchte, daß Du Dich bei Deiner christlichen Missionsarbeit nicht auf das fokussierst, was im Christentum einzigartig ist, sondern Dich immer wieder auf göttliches Eingreifen & Wunder beziehst, wie es sie in jeder Religion gibt.
3. Daß Du die erlösende Funktion des Rausches und der Ekstase nicht nachvollziehen kannst, glaube ich Dir gern. Zu denken geben sollte Dir jedoch, daß die einschlägigen 'kultischen' Veranstaltungen (inkl. Drogen) in unserer Gesellschaft weit populärer sein dürften als christliche Gottesdienste. Wohin zieht es Jugendliche massenhaft? Ist Dir fremd, ich weiß.
Ikonographisch taucht Dionysos mit seinem Gefolge, den Silenen, im Christentum als Teufel auf, inkl. Hörnern.
2. Daß das Christentum heidnische Mythen kopiert bzw. sich dort bedient hat, ist zwar richtig (denke nur an die in der Antike verbreitete Isis-Horus-Ikonographie --> Maria-Jesuskind), aber mir kommt's hier nicht darauf an, wo ich nur mein Staunen darüber ausdrücken möchte, daß Du Dich bei Deiner christlichen Missionsarbeit nicht auf das fokussierst, was im Christentum einzigartig ist, sondern Dich immer wieder auf göttliches Eingreifen & Wunder beziehst, wie es sie in jeder Religion gibt.
3. Daß Du die erlösende Funktion des Rausches und der Ekstase nicht nachvollziehen kannst, glaube ich Dir gern. Zu denken geben sollte Dir jedoch, daß die einschlägigen 'kultischen' Veranstaltungen (inkl. Drogen) in unserer Gesellschaft weit populärer sein dürften als christliche Gottesdienste. Wohin zieht es Jugendliche massenhaft? Ist Dir fremd, ich weiß.