TWD 5: Andrea und die Freiheit

Fernsehspiel zum Thema Schuld

von  Terminator

S2E6: Als Shane den nichtschießenden Mitgliedern der Gäste-Gruppe Schießunterricht geben will, fragt ihn Andrea, die Highquality-Singlefrau, ob er sich nun doch umentschieden hat, und die Gruppe nicht mehr verlassen will. Das trifft Shane ins Mark, denn er ist von seinem Naturell eine Mischung aus Alpha und Sigma, ein unabhängiger, freiheitsliebender Mann. Er ist sichtlich verärgert, denn Andrea hat eine Schwäche bei ihm gefunden: er würde gern allein weiterziehen, kann aber nicht.

Warum kann er nicht? Sein Alpha-Persönlichkeitsanteil erinnert sich an die noch frische Erfahrung, ein Familienvater zu sein. Als ewiger Junggeselle mit kurzen zu nichts führenden Beziehungen macht er in der Weltuntergangssituation die Erfahrung, in einer anthropologisch ursprünglichen Lebenswelt für eine Frau und ein Kind zu sorgen. Er ist maximal als Alpha gefordert und investiert emotional sehr stark in Lori und den kleinen Carl.

Doch dann taucht Loris totgeglaubter Mann Rick, dazu noch sein bester Freund, wieder auf. Einerseits freut er sich, dass sein bester Freund wie durch ein Wunder überlebt hat, andererseits leidet er am Verlust des Alphastatus als Familienvater und Anführer seiner Überlebendengruppe (die Gruppe führt der an, der mit Lori zusammen ist, wieder ein Hinweis auf den anthropologisch ursprünglichen Gynozentrismus).

Shane wäre froh, endlich die ihn runterziehende Gruppe und die sinnlose Suche nach einem toten Mädchen hinter sich zu lassen. Doch er kann sich nicht zur Freiheit entschließen. Deshalb begeht er eine Ersatzhandlung: als der beste Schießlehrer, den Rick kennt, bringt er Andrea das Schießen bei, und das macht er so gut, dass sie dadurch zu einer Top-Schützin wird. Andrea wollte schon immer sich selbst verteidigen können, Shane hat ihr diese Freiheit gegeben. Die Leidenschaft, mit der er Andreas Freiheit erkämpft (der Feind ist ihre Ängstlichkeit und Zögerlichkeit, die er ihr zu besiegen hilft), zeigt, dass es ihm eigentlich um seine eigene Freiheit geht. Doch die nimmt er sich nicht, dadurch staut sich Wut auf, die sich in S2E7 entlädt.

Die Betaisierung durch die kurze aber vor allem dank der extremen Umstände emotional intensive Beziehung mit Lori schafft es, Shane Ängstlichkeit und Zögerlichkeit einzuimpfen, die ihm charakterlich fremd sind. Dieser Widerspruch muss sich auflösen, Shane steht psychisch extrem unter Druck. Shanes Druck ist "suppression", er unterdrückt seine Emotionen, bis er es nicht mehr kann oder will; Ricks Druck ist "oppression", er wird von innen und außen unterdrückt, und zwar durch die Schuldgefühle wegen Sophia und durch seine Frau Lori. Äußerlich ist Shane frei, darum ärgert er sich so über sich selbst nach Andreas harmloser Bemerkung, dass er die Gruppe nun doch nicht verlassen will.

Natürlich will er, am liebsten sofort! Doch er hat einen Mann ermordet, um die Rettung des kleinen Carl zu ermöglichen, und damit mehr in die Beziehung zu Lori investiert, als er sich leisten kann. Wenn er jetzt geht, ist das umsonst gewesen. Das ist die harte Entscheidung, die er nicht treffen kann: eine konsequente Trennung von Lori und Carl, und eine Weile allein mit den Schuldgefühlen leben.

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