Auf der anderen Seite der Straße

Lyrischer Prosatext zum Thema Armut

von  Enni

Du gehst in neonbeleuchteter Gleichmut,
setzt deine Schritte, dass die Absätze
das Pflaster zum Stöhnen bringen.
Rot weht dein Seidenschal hinter dir her
und die Lippen, verruchte Herausforderung,
wölben sich der Zukunft entgegen.
Du träumst von den Malediven.
Auf der anderen Straßenseite träumt
der Hunger und die Erinnerung an den
letzten Hamburger bläht sich unter
Schmerzen, füllt aus, macht so satt,
dass Hoffnung keinen Platz mehr hat.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (18.11.20)
Liebe Enni, das ist ein Text, der erst richtig in mir aufgeht, wenn ich ihn Zeile für Zeile aufgenommen habe. In den wenigen Versen hast du eine Menge Bilder gezeichnet.

War gerne bei dir zu Gast.
Liebe Grüße von Franky

 Enni meinte dazu am 18.11.20:
Oh, lieber Frankly, das freut mich wirklich.
Hab von Herzen Dank für deine Worte, die Empfehlung und den Favo.
Lieben Gruß
Enni

 Dieter_Rotmund (18.11.20)
Das ist mir zu moralinsauer.

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 18.11.20:
hallo Dieter,
es lässt sich nicht bestreiten, dass es gleichgültigen Reichtum auf der einen Straßenseite und Hunger auf der anderen gibt. Ich finde das Bild von den zwei unterschiedlichen Straßenseiten gelungen. Was ist daran moralinsauer?

 Enni schrieb daraufhin am 18.11.20:
Hallo Dieter,
du empfindest die Worte als übertrieben moralisierend, kann ich gut akzeptieren.
Ich sehe es anders, meine Worte sind bildhaft gemeint und in meinem Leben kommt das vor: diese Gleichgültigkeit einer priviligierten Gesellschaft der Armut gegenüber. Wobei ich "Hunger" hier sehr weit fasse, man kann nach vielem hungern.

Und ganz konkret: Laufe mal in München die Maximilianstraße hinunter. Da wird das Bild mit der anderen Straßenseite sehr real.

Es ist nicht - wie du es siehst - ein Anklagen mit erhobenem Zeigefinger, sondern ein Aufzeigen, evt. ein Mahnen, hinzuschauen.
Aber danke sehr für deine Stellungnahme, finde ich gut und wichtig.

Lieber Ekki,
lieben Dank an dich, ja, es gibt es, und ich muss da nicht ins Ausland gehen, wo man es vielleicht eher vermutet. Es findet hier statt.
Danke dir auch für deine Empfehlung.

Liebe Gruß @all
Enni

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 19.11.20:
Der Text ist mir zu plakativ, der erhobene Zeigefinger ist nun mal da, nolens volens.
Al-Badri_Sigrun (61)
(18.11.20)
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 Enni ergänzte dazu am 18.11.20:
Ja, liebe Sigrun, und es wird wohl ein Wunsch bleiben.
In einigen Städten ist das Gefälle zwischen Armut und Reichtum sehr deutlich sichtbar.

Und traurigerweise habe ich in meinem Job mit Kindern zu tun gehabt, die in der Tat hungerten - ganz real, aber natürlixch auch hungerten nach Dingen, die für andere selbstverständlich waren.

Herzlichen Dank an dich, auch für die Empfehlung.
Lieben Gruß
Enni

 niemand meinte dazu am 18.11.20:
Soweit ich weiß, muss hierzulande keiner wirklich hungern.
Besonders nicht Kinder, es sei denn ihre Eltern verbrauchen das den Kindern zustehende Geld für sich, wofür auch immer.
Armut ist da, keine Frage, aber nicht eine um zu hungern.
Auch über den Satz stolpere ich: "Dinge, die für andere selbstverständlich waren" ... Was ist denn so selbstverständlich?
Dinge des Konsums? Diese Selbstverständlichkeit sollte man vielleicht mal hinterfragen.

 Enni meinte dazu am 18.11.20:
Ja, selbstverständlich ist subjektiv, das, was für den einen selbstverständlich ist, muss es ja nicht generell sein.
Es gibt Menschen, für die sind kulturelles Erleben, Sport in Vereinen, Kinder lernen Instrumente, gehen zum Reiten/Tennis und es gibt andere, die nicht teilhaben können, für die ist es nicht selbstverständlich.
Und absolutes JA, diese Selbstverständlichkeit muss man hinterfragen.

Du hast recht, hungern im Sinne von "keine Nahrung" haben, ist hier selten.
Aber ich habe es erlebt, dass ich morgens Kinder betreut habe, die seit mindestens 24 Stunden nichts gegessen haben.

Aber meine Zeilen sind nicht auf HIER festgelegt.
Man findet dieses Gefälle überall.

Danke an dich und leibe Grüße
Enni

 niemand (18.11.20)
und die Erinnerung an den
letzten Hamburger bläht sich unter
Schmerzen
Der Lieferer des letzten Hamburgers [sprich: das Tier aus der Massentierhaltung] durfte sich wohl ebenso unter Schmerzen
gebläht/gewunden haben. Dies könnte jedes Mitleid erweitern.
LG niemand

 Enni meinte dazu am 18.11.20:
Absolut d'accord.
Und dass ich den Hamburger gewählt habe, ist auch nicht grundlos ...

Merci
Lieben Gruß
Enni

 TassoTuwas (18.11.20)
Hallo Enni,
die Abschaffung der Armut steht in jedem Parteiprogramm.
Die Anzahl der Suppenküchen und der Tafeln wächst von Jahr zu Jahr.
Das sind die zwei Seiten einer Straße, die immer breiter wird!
Ich glaube du erzählst von einer Grenzgängerin!
Liebe Grüße
TT

 Enni meinte dazu am 19.11.20:
Hallo Tasso,

absolute Zustimmung.
Als im Frühjahr meine Suppenküche wegen der Pandemie schließen musste, konnte ich die Breite spüren.
Jenseits war das Bedauern, nicht in Urlaub fleigen zu können sehr groß ...

Na ja ...
Lieben Gruß und herzlichen Dank
Enni

 AvaLiam (19.11.20)
Liebe Enni...

...ich stehe absolut hinter deinen Zeilen...
Ich kenne beide Straßenseiten sehr gut... Das Überqueren, um von der einen zur anderen zu gelangen, geht manchmal sehr schnell.

Ich muss aber auch eins ergänzen:
So sehr der letzte Hamburger drückt und Schmerzen verursacht, gibt es immer etwas auf dieser Straßenseite zu beneiden.
Die Freiheit.

Ohne jene kennengelernt zu haben, hätte ich das Leben, MEIN Leben nicht geschafft.
Manchmal muss man auf die andere Seite und dort eine Weile gehen, um zu sich selbst zu kommen.

Dies nur als kleine Ergänzung in die Gedanken und Bilder, die deine Zeilen schaffen - quasi mit dem Blick von der anderen Seite.

Verharmlosen oder empfehlen als Lebensweg möchte ich die andere Seite natürlich nicht.


Herzliche Grüße - Ava

 Enni meinte dazu am 19.11.20:
Liebe Ava,

oh ja, da kann ich dir nur zustimmen.
Ich habe hier engen Kontakt zu Menschen, dieser Seite der Straße leben (habe es auch in einem Roman verarbeitet).
Ich kann dieses Gefühl nachvollziehen und für eine Weile dort zu gehen, kann bei der Selbstfindung helfen.

Danke sehr für deinen Impuls, auch für deine lieben Worte und die Empfehlung.

Liebe Grüße
Enni
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