Moralische Charaktertypologie

Glosse zum Thema Güte

von  Terminator

Anhand von drei Bestimmungen: Müssen (M), Sollen (S), und Wünschen (W) soll hier versucht werden, moralische Persönlichkeitstypen zu entwerfen. Die Abkürzungen geben die Rangfolge der jeweiligen Bestimmungen bei moralisch relevantem Handeln an.

MWS. Der tierische Mensch: er tut, was er muss, wozu ihn die Nothdurft zwingt. Da unter das Müssen nicht bloß die äußere und innere Natur, sondern auch der soziale und kulturelle Zwang fallen, handelt es sich hier um einen Typ, der sein Gewissen und Rechtsempfinden, aber ebenso seine Persönlichkeit dem Konformitätsdruck unterwirft. Ein Kind zu vergewaltigen, solange es keiner mitbekommt, wäre für ihn keine bedenkliche Tat, ein großes Verbrechen aber keinen Job oder keinen Sex zu haben.

MSW. Der Sklave: er hat sich zum Sklaven machen lassen, weil seine Natur von ihm das Überleben forderte. Er eignete sich den äußeren Zwang unterstützende Gebote der Sittlichkeit an, verinnerlichte den sozialen Zwang. Die größte Sünde ist für ihn das Selbstdenken, das Hinterfragen, der Ungehorsam. Seine Wünsche ordnet er der Sittlichkeit unter, aber die Sittlichkeit benutzt er nur als Mittel zum Überleben, zur Befriedigung seiner natürlichen Bedürfnisse.

WMS. Der dreckige Schurke: ihm gilt sein eigener Wille (im Sinne von Wunsch) absolut, und Moral gilt ihm absolut nichts. Sein Leben verbringt er zwischen W (an sich selbst eine leere Bestimmung) und M, sprich mit der eigensinnigen Befriedigung der Bedürfnisse. Er ist rücksichslos und ohne Gewissen, ein Hedonist aus dem Lehrbuch.

WSM. Der asketische Schurke: er ist ein Meister über seine Triebe, und nicht seine Bedürfnisse treiben ihn zur Bosheit, sondern sein selbstbestimmter Wille, der dem Wunsch dient. Wo er kann, ist er sittlich, und umso mehr, wo es ihm nützt. Von Außen betrachtet, ist er ein Kant, und wenn er es nicht schafft, ein Hitler zu werden, sprich seine geheimen Machtgelüste zu realisieren, wird er jedem als ein kultivierter pflichtbewusster Mensch im Gedächtnis bleiben.

SMW. Der Fromme: um dem Sollen die Oberherrschaft über seinen Willen zu gewährleisten, hat er den Wunsch ans Ende der Hierarchie verbannt. Er isst und trinkt, pflegt seinen Körper und achtet auf seine Gesundheit, weil und insofern er muss, aber versagt sich jeden Genuss und jede Ausschweifung. Er ist ein Asket, ein Meister der Selbstverachtung, der seine moralische Güte dadurch zustande bringen will, dass er sich selbst quält.

SWM. Der Freie: er hat das moralische Gesetz (Kants KI und daraus Folgendes) als seine Freiheit erkannt, und handelt moralisch aus freien Stücken. Zwang und Selbstverachtung sind ihm fremd. Er ist ein lebensfroher Mensch, ein Genießer, der seine Bedürfnisse lustvoll befriedigt, solange er ihrer Befriedigung nicht das moralische Gesetz opfern muss. Er ist kein Stück Vieh, das Gesetze von Außen wie Zäune braucht, denn er steckt durch eigenen Willen die Grenzen des moralisch Erlaubten ab, - darum ist er skeptisch gegenüber jeder Gesetzgebung und jedem Gewaltmonopol. Er ist von sozialem Druck wie von der Nothdurft seiner geschlechtlichen Natur unabhängig, und widersteht jeder Macht außer der eigenen Vernunft. Erst dieser moralische Typ ist wahrhaft Mensch.


Anmerkung von Terminator:

Zu empfehlen ist auch MBTI, die psychologische Typologie; Psychologie ist schließlich die Wissenschaft von der Psyche. Eine philosophische Charakterologie ist eher idealistische Metawissenschaft als empirische Wissenschaft.

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