Exkurs: Die letzten 250 Millionen Jahre

Kalendergeschichte zum Thema Länder/ Erdteile

von  Terminator

Eine satirische Geschichtsrevision.



Schon heute erinnert sich kaum jemand an die bedauernswerten Helden, die Hannibal Lecter, Jigsaw und Freddy Krueger besiegten. Die Bösen kennt jeder, und ihr Ruhm nimmt mit der Zeit sogar noch zu. In 1000 Jahren bleibt von Star Wars nur noch Darth Vader in bester Erinnerung, und vom 20. Jahrhundert nur Hitler. Deutschland ist eine nachhaltige Nation, die nicht bloß im Lächerlichen Ernst macht, indem sie ihre schönen Landschaften mit Windparks ruiniert, - sie denkt auch an die Zukunft, nein, nicht an das Jahr 2050, an die wahre, nämlich ferne Zukunft. Die Alleinschuld Deutschlands an beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts wird noch im Jahr 10000 dafür sorgen, dass alle wissen werden, wer die Deutschen waren, während alles, was wir heute kennen, verehren und für unverwüstlich befinden, längst vom Angesicht der Erde verschwunden sein wird. Nichts tut der böse Deutsche ohne Grund - er weiß nämlich, dass die Weltgeschichte viel länger ist, als Grieche und Barbar annehmen, und weder ein Toba-Ausbruch noch ein Asteroideneinschlag werden der stahlharten Wehrmacht des Lebens auf diesem Planeten die Stirn spalten. Warum wir mit an die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Vorwort durch den Spaziergang einer Ratte auf der Tastatur entstanden sein könnte, grenzender Sicherheit davon ausgehen, dass es die Menschheit auch in 100000 Jahren geben wird, lässt sich leicht beantworten - darum:




§ 1. Vor Helmut Rahn


Aus dem Hintergrund musste Rahn schießen, Rahn schoss, und Deutschland wurde Weltmeister. Die Stunde 1. Am 23.5.1949 wurde diese schöne Republik der Autobahnen gegründet: die Stunde 0. Nun werden Sie erschrecken: es gab noch etwas davor. Ich weiß, was für eine steile These das ist, und würde sie nicht vertreten, wenn es für sie keine überwältigenden Belege gäbe. Dass Brasilien sich vom Trauma eines WM-Endspiels (das eigentlich das letzte Gruppenspiel war) gegen Uruguay auch nach fünf Weltmeistertiteln nicht erholen konnte, weiß man in der C-Jugend. Wenige wissen aber, dass dieses Finale 1950 stattfand. Die Welt existierte keine neun Monate, und schon ein WM-Finale? Was nun komischer ist - dass es eine Weltgeschichte vor 1949 gab, oder das im vorigen Satz Lächerlichgemachte zu behaupten, finden Sie heraus, indem Sie über beides lachen und sonach die jeweilige Lachstärke vergleichen.



§ 2. Der Endkrieg


1949 war also nicht der Anfang, sondern eins der vielen Enden der Welt, wie Sie sie noch nicht kennen. Preußen, das erklärte Ziel der neueren Weltgeschichte, ward vernichtet, seine Hauptstadt in drei Sektoren und eine Zone geteilt. Die Länderspielpause war kaum zu ertragen, weshalb sich auf die Schnelle zwei deutsche Staaten bildeten: die BRD (Bösegewesene Republik Deutschland) und DDR (Deuflische Deutsche Republik), - der eine Staat hatte bereits ein schlechtes Gewissen, der andere Staat schuf sich noch ein weiteres. Der Krieg selbst begann an einem Tag vor Heiligabend 1913 mit freundlicher Genehmigung des US-amerikanischen Präsidenten Wilson und vollendete die beschleunigte Dekadenz der christlich-abendländischen Zivilisation, deren schönste Blüte 1770 in Stuttgart erblühte. Keine einzige Art starb in diesem furchtbaren Kriege aus, keine 5% der menschlichen Individuen verloren ihr Leben. Dass dieser Krieg uns bis heute prägt, hängt mit der exponentiell gewachsenen Befindlichkeitsempfindlichkeit der dekadenten modernen Menschen zusammen: mit dieser Weinerlichkeit hätte es die Menschheit gar nicht erst bis zu diesem Kriege geschafft.



§ 3. Das Abendland


Wenn das Abendland sich also 1949 abschuf, muss es irgendwann auch enstanden sein. Dieses Irgendwann ist 324, denn das Abendland ohne den Zusatz "christlich" ist wie Weihnachten ohne Tannenbaum. Konstantin der Konstante von Konstantistanbul machte das Christentum abendländisch, und das Abendland somit christlich. Seitdem rutschte das Abendland etwas nach Norden und nach Westen: begann es als Nordafrika und Südeuropa, so gelangte es zu seiner Blüte (vor 1348 und nach 1648) als West- und Nordeuropa. 1625 Jahre lang hatte es existiert. Im vorchristlichen, sprich religiösen Zeitalter gab es keine so kurzlebigen Zivilisationen: in nur 60-90 Generationen können sich keine evolutionär bedeutsamen Mutationen bei einer Art durchsetzen. So blieb der christliche Mensch derselbe Sünder, der er am Ende der vorchristlichen Zeit schon war.



§ 4. Die Antike


Handeln wir nun die letzten jedem Kind bekannten Langweiler ab, ziehen wir sie über den Weltladentisch. Die Antike beginnt lange vor dem Beginn des Abendlands zu enden, beendet ihr Ende aber erst 1453 endgültig, als Istanbul der Türkei beitritt. Der Beginn der Antike ist urumstritten, ja urukstrittig, und zwar in Mesopotamien. Vor 6000 Jahren beginnt die irakische Freiheit, und 1000 Jahre später erreicht die erste Demokratiebewegung auch Ägypten. Weitere 1000 Jahre später entsteht auf einer kleinen Insel nördlich von Ägypten eine gemütliche Hochkultur von fröhlichen Bilanzfälschern und Steuerhinterziehern, die nach weiteren 1000 Jahren den Grundstein für all das legt, was uns heute so klassisch erscheint: das Lügen (Odysseus), die Gewalt (Herkules), die Selbstsucht (Kreon) und die Faulheit (Diogenes). Deshalb sind alle zivilisierten Menschen heute Griechen im Geiste, wobei mit dem Christentum noch das schlechte Gewissen dazukam; heute leben wir bewusster: zwar tun wir im Prinzip auch nur das, was schon die alten Griechen getan haben, führen Kriege, treiben Wissenschaft, Sex und Kunst, aber mit dem herrlich schlechten Gewissen, das uns so lieb wie kein anderes Vergnügen und so teuer wie kein ethisches Gebot ist.



§ 5. Von Ariern zu Altindern


Es ist kein Geheimnis, dass es in Ostanatolien gut 5000 Jahre vor Ur, also 9000 Jahre vor unserer Uhr, sprich vor 11000 Jahren bereits Städte gab, und es ist keine Verschwörungstheorie, dass die Urahnen der Russen, besser bekannt als Arier, vor 16000 Jahren am Rande der sibirischen Gletscher die russische Sprache entdeckten, aus der erst das Altindische, und dann alle weiteren schönen Sprachen enstanden. Dem russischen Satiriker (und neulich Historiker) Zadornov verdanken wir weitreichende aber nicht wirklich revolutionäre Erkenntnisse auf diesem Gebiet. Gesichert ist, dass die indische Zivilisation älter ist, als die alten Sumerer in die Vergangenheit zu blicken wagten, wenn oder falls es sie überhapt gab - die Sumerer, nicht die Vergangenheit. Meine Wenigkeit entdeckte vor 20 Jahren in Südwestsibirien etwa 25km nördlich von Bogodukhovka (das zu Sowjetzeiten mit einem Federstrich in Roschtschinskoje umbenannt wurde) mindestens 18000 Jahre alte Steingräber, Schulhefte und Autoreifen. Es gab richtige Menschen schon vor den Ariern; die Arier waren aber diejenigen Altinder, die vor 20000 Jahren nach Norden zu den Gletschern und Schneewüsten auswanderten und sich die Haut weißfroren, um ihren Töchtern Schneewittchenschaft zu ermöglichen.



§ 6. Toba-Überlebende und unser Genpool


Der Taupo-Supervulkan brach vor 23000 Jahren aus und zwang die Altinder zur ersten Auswanderungswelle nach Westen. In Südasien starben 90% der Menschen aus, was bei der damaligen Bevölkerungszahl einem lächerlichen Viertel der Toten etwa im Kriegsjahr 1915 entsprach. Die Menschen in Afrika und Amerika bekamen vom Taupo-Ausbruch nicht viel mit, sie rotteten weiterhin Mammuts und Säbelzahntiger aus, aber auch Neandertaler, Labradorschweden und kalifornische Schwaben.

Der Toba-Supervulkan brachte hingegen vor 74000 Jahren Neandertaler, homo sapiens, aber auch Menschen an den Rand des endgültigen Aussterbens. Bei einer eiszeitbedingten Weltbevölkerung von knapp 100000 (mit einer an Gleichmäßigkeit grenzenden Verteilung auf der ganzen Welt) und dem Hungertod von 90-95% dieser Bevölkerung im vulkanischen Toba-Winter kam es zur Sodomie zwischen Menschen und Affen wie dem Neandertaler und dem homo sapiens. Dies wirkte sich insbesondere ästhetisch verheerend auf den menschlichen Genpool aus, stellte aber das Überleben der Menschen sicher. Der Durchschnitts-IQ sank auf der Welt um die Hälfte, viele Hochkulturen kehrten in die Steinzeit zurück, manche ins Tierreich.

Nur im Norden Schottlands lebten mit Tieren unvermischte Menschen, aber die wiederkehrenden Eiszeiten zwangen sie zur Auswanderung; zahlreiche Kolonien an der amerikanischen Küste entstanden vor knapp 70000 Jahren: Miiau (das heutige Miami), Yiihhi (auf der Halbinsel Yucatan) und Niihi (heute Punta Arenas). Diese Nachkommen der Inii-Völker überlebten ohne Sodomie durch eine extrem niedrige Kindersterblichkeit, die ihre hochentwickelte Medizin gewährleistete.

Für die heutige Zeit unvorstellbare 3% der iniischen Frauen hießen Feen und waren makellos schön und unfruchtbar, die restlichen Frauen hießen Freen (aus diesem Wort entstanden die deutschen Wörter "frei" und "Frau") und konnten nur zwischen dem 23. und dem 28. Lebensjahr schwanger werden, wobei sie niemals Mehrlinge und höchstens drei Kinder zur Welt brachten. Dieser Umstand hätte die ohnehin (auch den Kindern selbst gegenüber) kinderfreundliche Zivilisation dazu zwingen müssen, alle Ressourcen nicht in die Quantität, sondern in die Qualität ihrer Kinder zu investieren. Die sexuell extrem wählerischen Endzeit-Inier starben schließlich vor 30000 Jahren endgültig aus, während Mischlinge sich auf dem ganzen Globus ausbreiteten.



§ 7. Die letzten Menschen


Vor dem Toba-Ausbruch lebten 100000 Menschen und fünf- bis zwanzigmal so viele Menschenaffen auf dem Globus. Sodomie kam zwar noch nicht vor, aber der Lebensstil der meisten Kulturen grenzte in harmlosesten Fällen an spätrömische Dekadenz. Fang- und Folterkriege wurden untereinander geführt, und die Eliten wurden nicht mehr in Wissenschaften, sondern in sexueller Folter ausgebildet, welche sie auch ausgiebig genossen. Diese Folter hatte jedoch nichts mit der uns heute bekannten grobschlächtigen und blutigen Folter zu tun, sondern war bis zur Zärtlichkeit subtil. Schöne Menschen konnten sich jedoch nicht mehr fortpflanzen, da sie gänzlich für Folter in Anspruch genommen wurden. So traf der vulkanische Winter nach dem Toba-Ausbruch auf eine kulturell bereits absteigende Menschheit.

Die Nachkommen der Inii-Völker zwischen Labrador und Schottland lebten von der Kultur ihrer Vorfahren, - für viele war das Lesen alter Schriften ihre Hauptbeschäftigung, andere widmeten sich religiösen Kulten der Mädchen- und Katzenanbetung. Es handelte sich um sterbende Völker ohne gesellschaftliche und spirituelle Dynamik, die enormen Wohlstand und endlose Zeiten von Stabilität und Frieden gewohnt waren. Die Toba-Katastrophe zwang sie zwar zur Auswanderung in den verhassten Süden, war aber kein Weckruf: sie blieben sich zu schade, ums kollektive Überleben um den Preis der Vermischung mit Menschenaffen zu kämpfen.



§ 8. Vollständige Verbrennung


Bevor wir in der Geschichte weiter zurückschreiten, tut eine grundsätzliche Bemerkung not: erst die Mensch-Neandertaler-Mischlinge begannen unbedacht Knochenmüll zu hinterlassen, - bis vor 20000 Jahren wurden sämtliche Knochen und persönliche Gegenstände Verstorbener vollständig verbrannt. Allein der Gedanke, ein Feind oder pietätloser Nachkomme könnte die Überreste Verstorbener schänden oder als Laborspielzeug für archäologische Forschungen missbrauchen, widerte die hochkultivierte menschliche Zivilisation so sehr an, dass sie alles zu Asche verbrannte, was die Verstorbenen hinterließen, und danach noch mehrmals die Asche selbst.

Der Begriff der biologischen Abbaubarkeit ist keine Erfindung der Postmoderne: nur in der kurzen Geschichtsperiode der letzten 20000 Jahre produzierte die Menschheit Müllberge, aus welchen noch in Jahrhunderttausenden Artefakte auszugraben wären. Heute haben wir keine Vorstellung von den Kenntnissen der Bionik und der bioharmonischen Chemie, die unsere so-gut-wie-nicht-Vorfahren (zu 99% stammen wir von Affen wie dem Neandertaler und dem homo sapiens ab) seit Urzeiten inne hatten. Wenn schon die Rede von Artefakten ist: das größte Kunstprodukt in unserer Welt (als unsere Welt bezeichne ich hier die Raumkugel um die Erde, deren Oberfläche mit Lichtgeschwindigkeit in einem Menschenalter zu erreichen wäre) ist unser Sonnensystem. Davon wird wesentlich später die Rede sein, denn seine keineswegs meisterhafte Konstruktion liegt 4,48 Milliarden Jahre zurück.



§ 9. Die Menschwerdung der Affen


Schon immer führten Menschen Kriege, aber nie war eine Zivilisation so erotisch im Sloterdijkschen Sinne, wie die Postiniische Zivilisation vor 160000 bis 75000 Jahren. Um sexuelle Attraktivität nicht durch mögliche Verstümmelungen aufs Spiel zu setzen, benutzen die Menschen genetisch bearbreitete Affen als Soldaten. Durch gezielte Herbeiführung von Mutationen entwickelten sich klügere und aggressivere Affenarten, wobei der Neandertaler und der homo sapiens die erfolgreichsten Arten waren. Die menschenähnlichen Affen wurden jedoch bereits so vorgefunden, und nicht etwa aus Gorillas und Schimpansen gezüchtet - sie waren etwas affiger als der Neandertaler und etwas menschlicher als der Australopithecus, was darauf schließen lässt, dass die Postiniische Zivilisation nicht die erste war, die Affenheere in den Krieg schickte.

Die Abspaltung der Menschenaffen vom gemeinsamen Vorfahren war kein einheitlicher Prozess, sondern umfasste natürliche und künstliche Genmutationen, Hybridbildungen zwischen genetisch veränderten Menschen und höheren Primaten und eine Vielzahl von Aussetzungen extraterrestrischer Affenarten. Die Entwicklung des Neandertalers aus seinem genetischen Vorfahren kann mit einer Vandammewerdung von Schwarzenegger verglichen werden, und nicht etwa mit einer Entwicklung von George Clooney aus einem Gibbon.



§ 10. Die Postiniische Zivilisation


Der einzige Müll, den vor 20000 Jahren und früher lebende Menschen hinterließen, sind Füllwörter in unserem heutigen Sprachschatz. In der postiniischen Zeit bestanden sämtliche Sprachen zu 80% aus Füllwörtern. Es lag daran, dass es den Sprechern dieser Sprachen einzig daran lag, ihre Sprache so elegant wie möglich klingen zu lassen (weshalb weder ein "ähm" noch ein "dings" unter diesen Füllwörtern zu finden war). Lautkombinationen wie "mo" oder "mb" kamen nicht vor, Lautfolgen wie "bra" oder "babr" waren schlicht undenkbar. Der häufigste verwendete Laut war "i", gefolgt von "j" und nasal unterstützt vom nicht-vokalverschmutzten "n" (sprich ohne "a", "o" oder "u" nach dem "n"). Die häufigste Lautkombination war "li", gefolgt von "ni" und "ki".

Über die Postiniische Zivilisation gibt es nichts zu sagen, was nicht über die Iniische Zivilisation zu sagen wäre - sie war die verblasste und zum Stillstand gekommene Iniische Zivilisation, die nach der Liihialen Immädchenation (der Auswanderung sämtlicher Mädchen von vollkommener Schönheit durch ein kosmisches Portal auf den paradiesischen Planeten Liihii, der durch gewöhnliche Transportmittel nicht hätte erreicht werden können (und niemals mit einem Teleskop zu beobachten sein wird), da er 27 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt ist) ihren zivilisatorischen Kern verlor, und nur noch in Erinnerungen lebte. Die Immädchenation selbst war der logische Aufstieg der vollkommenen Mädchen ins übermenschliche Reich der Vollkommenheit, was gleichsam der Endzweck des religiösen Kultes von Inii war.



§ 11. Die Iniische Zivilisation


Die Iniische Zivilisation barg vor 188000 bis 160000 Jahren zwar nicht die technologisch, aber die beautytechnisch höchstentwickelten Menschen her, die jemals auf Erden lebten. Das Iniische Kernreich umfasste drei Lesbien: das Iniische Lesbium erstreckte sich über Grönland und die Inseln Nordkanadas, das Kitiische Lesbium umfasste die Halbinsel Labrador und Neuengland, das Liische Lesbium nannte Alaska und Westkanada ihr Zuhause. Es handelte sich um ein kulturell introvertiertes Reich, wobei die Iniische Kultur von Spionen aus anderen Reichen unter strengster Lebensgefahr erkundet und in deren Heimat verbreitet wurde. Durch diese friedliche Eroberung wider Willen herrschte Inii vor 168000 Jahren über den gesamten Planeten.

Es ist Geschmackssache, ob man die Iniische Zivilisation die kulturell am Höchsten entwickelte nennen will, denn das kulturelle Spektrum erfreute sich einer sich auf Mädchenschönheit fokussierenden Enge. Gewiss war Inii ein Reich des Guten, in dem eine Unterwerfung von Höherem (naheliegend: die Schönheit eines Mädchens) unter Niederes (sexuelle Befriedigung) undenkbar war, und die Anbetung des Höheren geschah aus der Reinheit des Herzens und dem starken Willen, durch bedingungslosen Dienst an diesem Höheren teilhaben zu können. So arbeitete z.B. ein patagonischer Südhiiter (Hiite war die Hauptstadt des flächenmäßig größten Reiches über 15 Jahrtausende, das sich vom Feuerland bis nach Urschwäbisch-Kalifornien erstreckte) sein Leben lang aufopferungsvoll dafür, dass die Verwöhnfrauen von Verwöhnmiezen (Mieze: eine huldvolle iniische Bezeichnung für eine keusche und makellos schöne junge Frau) von Mädchen (das Wort Mädchen wurde nur für die vollendet schönen Mädchen von Inii verwendet) alles zu ihrer totalen Verwöhnung Erforderliche zu ihrer weisen Verfügung hatten.



§ 12. Die Deden


Die Vorfahren der Inier bildeten eine eigenständige Rasse, die sich vor etwa 420000 Jahren vom Rest der Menschheit abkoppelte und 230000 Jahre isoliert auf der schwer zugänglichen Baffininsel lebte. Die Deden nannten die aus Inii Verstoßenen Eismenschen, denn diese lebten nur in grönländischen Eishöhlen und verbrachten ihr ganzes Leben auf, in und unter Eis.

Wenn die Berserker der Wikinger weinerliche wehleidige Muttersöhnchen waren, dann waren die Deden wikingische Berserker auf Speed. Das Reich der Deden entstand vor 210000 Jahren im heutigen Dänemark, und seine Hauptstadt Djedendjed lag in der Nähe von Kopenhagen. Die Deden waren keine Eroberungskrieger, sondern Beutekrieger: ihre bevorzugte Beute waren schwächere und zartere Menschen, die sie ohne technische Hilfsmittel mit bloßer körperlicher Gewalt quälten, wobei das Schlagen und Treten als extrem barbarisch galt. Die in Quälbetten von Däen (ein ehrbarer Mann nannte sich ein Dä) Gefangenen wurden nicht vergewaltigt: ein Vergewaltiger galt als ein Tier und wurde geschlachtet und an Haustiere verfüttert. Fortgepflanzt haben sich die Deden, indem die Männer auf Glasscherbenbetten in liegender Position gefesselt wurden, und Frauen auf ihnen ballancierten, wobei besonders starke und angesehene Däe noch Tänzerinnen auf ihrer Brust tanzen ließen, die sie durch ihre Tänze besonders schmerzvoll gegen die Glasscherben drückten. Je größer der Schmerz, den ein Dä bei der Zeugung seines Kindes aushielt, umso stärker galt seine Verbindung zu diesem Kind. So ausführlich davon, weil es noch das Bemerkenswerteste ist, was über die Deden zu sagen wäre: es war eine kulturlose analphabetische Zivilisation von groben aber herzhaften und ehrbaren Vollbanausen.



§ 13. Die Geizzeiten


Die (zu 0,21%) Vorfahren der heutigen Stuttgarter, die kalifornischen Urschwaben, bewohnten die kalifornische Halbinsel (damals die Geizhalsinsel genannt) vor ungefähr 300000 Jahren. Sie waren die einzig Fleißigen in einer Welt der Faulpelze, die es sich rund um den Äquator gemütlich machten. Es gab Peace, Hanf und Anarchie, und in Urschwäbisch-Kalifornien auch ein wenig Bruttosozialprodukt. Bei einer weit verstreuten Weltbevölkerung von weniger als einer Million waren die Handels- und Kulturaustauschwege zu weit für Multikulti, weshalb es viele separate Zivilisationen gab, die untereinander nur mit Gras dealten - meist in Zeichensprache, da sich keiner die Zeit nehmen wollte, eine Fremdsprache zu lernen.

Die Menschen hatten vor 300000 Jahren wie heute keine Hautfarbe: es gab auch damals nur Grautöne zwischen schneeweiß (Baffininsel) und pechschwarz (am Fluss Limpopo). Die  kalifornischen Urschwaben waren braungebrannt und badeten gewöhnlich zur Mittagszeit Sonne (die Erfindung der Siesta), zur Arbeit standen sie um fünf Uhr morgens auf und erfanden als 1100-ste Zivilisation der Weltgeschichte das Rad neu.



§ 14. Die Ausrottung der Farbigen


Eine Kuriosität vorweg: in den letzten 1000 Jahren lebten insgesamt mehr Menschen auf der Welt, als in 1000000 Jahren zuvor. Es gab während der ganzen letzten Jahrmillion weitaus höheren Wohlstand, fruchtbarere Böden und eine unkommerziellere heilungsfixierte Medizin als nach unserer industriellen Revolution, aber die Vorstellung, es könnten eine Milliarde Menschen gleichzeitig den Erdball bevölkern, erschien damals absurd und gar obszön.

Von abstrakten Zahlen zu konkreten Farben (auch die, die Schulfächer wie Kunst und Musik mochten, und an ihre Leistungen im Fach Mathematik nicht gern erinnert werden wollen, sollen bei Laune gehalten werden): vor 350000 Jahren hätte die Blue Man Group nicht durch Bläue allein beeindrucken können, denn es gab sie noch, die wahren Farbigen. Die letzten farbigen Menschen, deren Hautfarbe auf der Farbpalette zwischen zyanblau und violett angesiedelt war, wurden aufgrund ihrer Hautfarbe nicht bloß diskriminiert, sondern gejagt und getötet. Es war ein d-moll-Kapitel in der Geschichte des menschlichen Miteinanders. Die letzten Farbigen, die Violetten, waren bis vor 314000 Jahren in Kalabrien beheimatet, bevor sie vom Antlitz der Erde verschwanden, und der Menschheit nur Grautöne auf der Haut hinterließen.



§ 15. Dark Blue


So könnte ein Horrorfilm zu einem heute durchaus beliebten Horrorfilmthema heißen: Kannibalismus. Die Dunkelblauen waren eine kriegerische Rasse, die zum Leidwesen alle anderen Rassen auf allen Kontinenten beheimatet war; diese sehr technophilen großgewachsenen Kahlköpfe verspeisten am Liebsten Menschenhirne. Für die dunkelblaue Farbe ihrer Haut waren extraterrestrische Gene verantwortlich, für die durchschnittliche Körpergröße von 2 Meter 20 die um 40% geringere Schwerkraft der Erde im Vergleich zu deren Urheimat, und für den einfallsreichen Haarschnitt die karge - um nicht zu sagen spartanische - Kultur.

Die Dunkelblauen tauchten vor 480000 Jahren auf und verschwanden vor 385000 Jahren vom Angesicht der Erde, was auf ein Virus zurückzuführen war, das bei den meisten anderen Völkern nur Schnupfen verursachte, die Dunkelblauen aber aufgrund deren genetischer Besonderheiten innerhalb von 6 bis 12 Stunden von Innen auffrass. Bei solch extrem kurzen Inkubationszeiten konnte das Virus die Dunkelblauen nicht auf eigene Faust ausgerottet haben - es wird vermutet, dass die von ihnen zum Fressen gern gehabten Völker das Virus als Biowaffe gegen ihre Verspeiser einsetzten.



§ 16. Mato Grosso


Die letzte Landung eines außerirdischen Raumschiffs auf der Erde fand vor einer halben Million Jahren statt und erwies sich als ein Glücksfall für die seit der letzten Yellowstone-Supervulkaneruption vor 650000 Jahren bedrohlich dezimierte Menschheit. Die Gene aus dem Weltall brachten neben den dunkelblauen Kannibalen auch friedfertigere Menschenarten hervor, z.B. die Maten. Die Maten waren Mestizen von menschlichen Ureinwohnern aus Südamerika und den nicht viel tierischeren Besuchern aus dem All. Während in Kenia Halbaffen zu Vollaffen heranreiften, um irgendwann den ach so menschlichen Neandertaler hervorzuevolvieren, beherbergte Mato Grosso (nicht nur) in der ersten Hälfte der letzten halben Million Jahre die bedeutendste Zivilisation auf dem Globus.

Mato Grosso war seit vier Millionen Jahren die Heimat von Primmaten (nicht zu verwechseln mit den Primaten), den modern-brasilianisch aussehenden Mulatten von Nordamerikanern und Aldebaran-Herkömmlingen. Der Zivilisationsherd Mato Grosso wurde zum Zentrum der schon damals schrecklich globalisierten Welt, und in diesem Teil des heutigen Zentralbrasiliens lebten 3,5 Millionen Jahre lang etwa 80% der gesamten Erdbevölkerung, die von knapp 200000 bis etwa 800000 Individuen schwankte. Vor 850000 Jahren war der Mato-Grosso-Herd so warm geworden, dass bis zu 98% aller Menschen auf diesem kleinen Gebiet lebten, was nach der oben erwähnten  letzten Yellowstone-Supervulkaneruption für die Menschheit zum Verhängnis werden sollte. Gut, dass wir wieder einmal von den Aliens gerettet wurden. Gut, weil heute sonst keiner mehr wüsste, was für herrliche Zivilisationen es auf der Erde in den letzten Jahrmillionen gegeben hat.



§ 17. Paläoprimmaten und Neopaden


Die Mato-Grosso-Kultur kannte weder wissenschaftlichen noch technologischen Fortschritt. Wozu auch? Es war gemütlich. Technogene Kulturen sind vergleichsweise kurzlebig und enden oft in Massenfluchten durch kosmische Portale oder in malerischen Atomkriegen. Die Paläoprimmaten, die vor viereinhalb Jahrmillionen verstreut in Brasilien lebten, fristeten ihr chilliges Dasein bis zur Invasion der Aldebaranen in der gehobenen Steinzeit. Schlagartig stiegen sie zum technologischen Standard unseres 22. Jahrhunderts auf, um langsam zum uns als 12. Jahrhundert bekannten Niveau herabzusinken, wofür sie immerhin drei Millionen Jahre benötigten. Auch der Verfall entwickelte sich sehr langsam, so dass jede neue Generation in einer Welt aufwuchs, wie sie schon die Urururgroßeltern aus alten Erzählungen kannten.

Die Neopaden lebten vor 5,5 bis 3,5 Jahrmillionen in der Nähe der heutigen Stadt Padang in Indonesien. Ihre Vorfahren, die Paläopaden, bevölkerten Südasien vor etwa 11 Millionen Jahren, stiegen nach einer langen Reihe von Erdbeben und Seuchen in die Substeinzeit ab, und kriegten vor 5500000 Jahren die Kurve Richtung Sumatra. Sie hielten, wie schon ihre Vorfahren, die Welt der Träume für die wahre Realität, und lebten aus dem Tag hinaus, um wieder einschlafen zu können, den Wachzustand für eine Scheinwelt haltend, in der sie jeden Tag bis zum Einschlafen durchzuhalten hatten, um nicht in der Unendlichkeit des Todes, des Traums Aller, verloren zu gehen.



§ 18. Indischer Drift


Als es das Himalaya-Gebirge noch nicht gab, gab es in Indien auch keine Kasten. Der Subkontinent war eine Insel von der Größe Grönlands im Indischen Ozean, driftete aber nach Norden und kollidierte mit Asien. Auf dem südasiatischen Flachland, dass sich später aus genannen Gründen emporhob, lebten die Urfahren der Vorfahren der Paläopaden. In dem Zeitraum von vor 65 Millionen Jahren bis vor 11 Millionen Jahren erhob sich keine menschliche Kultur technologisch und moralisch höher als die alten Ägypter und Sumerer. Es waren 54 Millionen Jahre voller Langeweile und anderer Tiere.

Auf dem indischen Subkontinent lebten zu jener Zeit bis zu 90% aller Erdlinge, schwammen über Generationentausende gesehen nach Norden und starben hin und wieder durch malerische Erdbeben  mit einer satten 9 vor dem Komma. Aufgrund des Kannibalismus (Kleinkinder waren ein sakrales aber auch bloß königlich-höfisches Festmahl) betrug die durchschnittliche Lebenserwartung keine fünf Jahre. Es gab Perioden absichtlicher Menschenzucht, in denen viele Frauen ihren Lebensunterhalt mit der Austragung von Speisesäuglingen verdienten. Unsere haarigen Freunde, die manch einer heute noch im Spiegel beobachten kann, waren nicht viel zärtlicher zu ihrem Nachwuchs: sie knackten - wie mache Affenarten noch heutzutage - Schädel von eigen-artigen Jungtieren wie Walnüsse und verspeisten deren Gehirne. Der Gipfel der Gleichgültigkeit der Elemente gegenüber affiger und menschlicher Grausamkeit ist aber der Umstand, dass der Yucatan-Einschlag mitnichten die Strafe der Götter für dieses ungebührliche Betragen war, sondern erst dessen Ursache - die Möglichkeit, dass die Strafe dem Verbrechen zeitlich zuvorkommen kann, bleibt bei dieser Betrachtung außen vor, um ihr den prätentiösen pessimistischen Flair zu verleihen.



§ 19. Der Einschlag


Dass beim - besser: nach dem - Asteroideneinschlag vor 65 Millionen Jahren die Dinosaurier ausstarben, ist weithin bekannt, aber zu einem Ross gehört auch ein Reiter. Der Missi-Kultur im heutigen Mississippi-Delta verdanken wir womöglich das Überleben der Säugetiere, aber nicht dasjenige des Einschlags, sondern daswelche der Dinosaurier. Die Missis züchteten kleinere Säugetiere, meist putzige Nager, aber nicht zu kuscheligen, sondern mehr zu kulinarischen Zwecken. Das Dinosaurierfleisch war für den menschlichen Magen schwer verdaulich, viele Echsen sogar recht giftig. Anders herum ging es jedoch, und gar mit großer Dankbarkeit: die Dinos verspeisten zwar jede Menge Leute, ließen aber auf die Felder für die Landwirtschaft wertvollen Dung regnen.

Unfortunenhafterweise lebten die technologisch fortschrittlichsten Zivilisationen vor 65 Millionen Jahren im Umkreis von 2000 Kilometern vom Einschlagsort, was die totale Zerstörung der wichtigsten Zivilisationsherde zur Folge hatte. Die Katastrophengewinnler waren zentralasiatische Hinterbüschler, die als Nomaden lebten, und vor 65,015 Millionen Jahren durch die durch die von den Missis nach Ostasien mitgeschleppten Ratten mitgeführten Viren fast ausgestorben wären. Ein virusresistenter Menschenstamm auf dem Gebiet der heutigen Mongolei überlebte auch die Nachwirkungen der kosmischen Katastrophe, wanderte nach Südasien und von dort aus nach Inselindien, wo er auf geile Lebensbedingungen und höchstens 100 Überlebende stieß, die zu einem wertvollen genetischen Beitrag zur genotypischen Vielfalt unserer sagen wir ruhig mal Rasse vergewaltigt wurden.



§ 20. Das Urleptictidium


Das als warmes Gericht und warmer Po vor 50 Millionen Jahren auf dem ganzen Globus so beliebte Leptictidium hatte noch anmutigere Vorfahren, das Wiesel. Jene waren nun keine 60 bis 90 cm lang, sondern lediglich 5 bis 15 cm, was dinosaurische Gründe hatte. Die federlosen Vögel und ihre vierbeinigen Echsengebrüder beherrschten nämlich vor dem Einschlag die gesamte Tierwelt, und kein Mensch konnte sich damals Säugetiere in der Größe einer Katze oder größer vorstellen. Das Urleptictidium konnte somit auch keine passive Beihilfe zur Sodomie leisten, diente aber gern als Haus- und Ziertier.

Die thermonukleare Bombe der Geschichte soll über den Köpfen aller Tierschützer nun explodieren: es gab Menschen, die noch lieber zu den Tieren waren als jene, die heute sogar die Menschheit zum Wohle der Tierchen ausrotten würden. Vor 65,02 Millionen Jahren ernährten sich alle Menschen auf der Erde vegan. Es gab aber auch eiweißreiche Pflanzen, welche, gut gegrillt, kaum schlechter schmeckten als ein Steak. Zu den Echsen hielten die Menschen respektvollen Abstand, umzäunten Tierparks von der Größe Pakistans, Indonesiens oder gar Brasiliens, was auch heute keine schlechte Idee wäre. Allein der Psychosaurus, eine extem aggressive Echse, war zum Abschuss freigegeben, da er massenhaft Tiere tötete, ohne diese zu essen. Als aber die Psychosauren ausgerottet wurden, verendeten viele Aasfresser, sprich 98% der Vogelarten. Ein kleiner Trost, aber keine Entschuldigung der ökologischen Kurzsichtigkeit, dass diese spätenstens nach dem Einschlag ohnehin ausgestorben wären.



§ 21. Die natürlichen Langweiler


Dass der Einschlag vor 65 Millionen Jahren eine Strafe der Götter war, beweist die Tatsache, dass der Asteroid die erste menschliche Zivilisation traf, die sich vom Fleisch getöteter Tiere ernährte. Vielleicht war es aber auch Zufall. Es gibt womöglich auch den strafenden Zufall, was die Hoffnung der konservativeren Gemüter, dass es selbst bei den sprichwörtlichen Zigeunern am Rande des Universums ohne höhere oder gar transzendente Mächte mit Zucht und Ordnung von Oben zugehen kann, ihrer Losigkeit nicht gänzlich enthebt, jedoch etwas aufheitert.

Die Erde war vor 65-66 Millionen Jahren von zahlreichen friedlichen Menschheiten bevölkert, wobei jede Zivilisation einen Lebenszyklus von etwa 85000 Jahren hatte. Dabei dauerte der Aufstieg zur Hochkultur meist weniger als 10000 Jahre, die Hochzeit einige Jahrhunderte, und der Rest war Dekadenz. Es war ein Kommen und Gehen sehr naturverbundener Völker, die niemals auf die Idee gekommen wären, eine industrielle Revolution vom Zaun zu brechen oder nach Öl zu bohren. Änderte sich das Klima, starben Kulturen aus, und Wilde nahen ihren Platz ein. Eine verwüstete oder nuklear zerbombte Erde den Kindern und Barbaren zu überlassen, war weniger aus Gewissensgründen, als aufgrund des Fehlens einer calvinistischen Lunte am Arsch keine Option.



§ 22. Der Maurerfall


Der Nabel der Welt befand sich vor 71 Millionen Jahren in Mauretanien, das damals eine Insel von der Größe des heutigen Grönlands war. Nur lebten damals keine Mauren auf dem noch nicht vom Sandmännchen in den Wüstenschlaf gepusteten Land, sondern Maurer, die hohe Mauern bauten, um sich vor - ja, das ist banal, - Dinosauriern zu schützen. 99% der zivilisatorisch relevanten Menschheit lebte hinter hohen Steinmauern und konkurrierte mit den großen Brüdern des Tyrannosaurus Rex um - nein, nicht das Fleisch pflanzenfressender Saurier, - geostrategische Positionen. Ausgerechnet in den üppigst bewachsenen Regionen des Subkontinents hausten Raubechsen von zynischen 22 Metern, - der berühmte Rex maß nur 14 Meter. In den zahlreichen Gebieten von der Größe der Schweiz verteidigten die Überrexe neben dem, was sie hatten, den in deren Revieren jagbaren Brontosaurüssen und Diplodoküssen, auch das, was sie gern hätten - deren pflanzliche Nahrung als unerschöpfliche Ressource der passiven Viehzucht.

Den Krieg gewannen die Echsen, als vor 66 Millionen Jahren der große Cousin des Rex mit sarkastischen 28 Metern Körperlänge und sein sehr sportlicher Onkel von sadistischen 36 Metern über die Mauern kletterten und die Kinder der Menschen sich als M&M´s Minis leckermachten. Die Maurer starben aus, auch weil sie, tiefenpsychologisch betrachtet, die unsanften Riesen mit ihrern Kindern förmlich fütterten. Dies verschaffte den Menschen der letzten Jahrtausende jener Zeit wohl eine Befriedigung, so wie etwa einem Kleinkind bis Kind, seinem für dieses allmächtigen Vater zu gehorchen, und damit an dessen eingebildeter Allmacht teilzuhaben. Ohne psychologischen Schwachsinn gesagt: dumm gelaufen, die Dinos waren einfach zu clever. Mit vorindustrieller Technik war den Riesen nicht beizukommen, - manchmal ist die Größe doch entscheidend.



§ 23. Maastrichter


Zwischen dem Campanium und dem Maastrichtum vor knapp 71 Millionen Jahren erbebte die Erde, wo noch nicht Uganda war, unter dem größten Dino aller Zeiten, dessen Größe für Verschwörungstheoretiker unter den Urzeitforschern ein schlagender Beweis für das Wachstum der Erdkugel ist: nur bei viel geringerer Schwerkraft konnten angeblich solche Riesen emporwachsen. Ein Landtier so groß wie der Blauwal muss ja zu 80% aus Knochen bestehen, um nicht wie ein Kreislauf bei Hitze zusammenzubrechen. 40% der Körpermasse hätten zusätzlich die Muskeln abdecken müssen, aber ein einzelnes Ganzes hat leider nur 100%, und keine 120. So wie am 11. September 2001, galten die Naturgesetze auch vor 71.000.000 Jahren, das ist unbestritten. Jedoch ist das schönste Gedicht nicht dasjenige, das sich am Saubersten reimt. Die Gigantomanen unter den Echsen waren ein kurzlebiger Fehlgriff der Evolution, und verschwanden nach weniger als 50000 Jahren wieder, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Dabei hatte sie kein Raubtier gejagt, und kein Portugiese nach ihrem Elfenbein getrachtet. Sie waren einfach zu groß und zu dämlich zum Überleben, so bedauernswert wie das 1 Meter 80 messende Mädchen in einer 9. Klasse eines Kieler Gymnasiums.

Menschentechnisch gesehen, wanderten am Ende des Campaniums Caroliner (nicht Karolinger) aus der südlichen Caro in nur einem Jahrtausend sämtlich auf den mauretanischen Subkontinent, um, wie für Amerikaner üblich, nach Glück zu streben. Was für ein Glück für die dort lebenden T-Rex, die mit den Menschen anspornreiche Konkurrenz bekamen, und in den nächsten Jahrmillionen noch über sich hinauswuchsen, - um ein stolzes Dreifaches, um exakt zu sein.



§ 24. Mafiosaurus


300 Familien gehört die ganze Welt, so wissen wir heute, finanztechnisch. Vor 88 bis 71 Millionen Jahren war dieser Satz viel wörtlicher zu nehmen, als heutigen Verschwörungstheoretiker lieb ist: es lebten tatsächlich zu keinem Zeitpunkt mehr als wenn es hochkommt 500 Familien auf der Welt, davon die reichsten 75% in Nordamerika. Es gab Dichtung und Prosa, Wissenschaft und Kultur, aber die extrem geringe Population (stets unter 10000) verhinderte durch periodisches Wiedervergessen jeden dauerhaften Fortschritt. Dafür entwickelten sich die Echsen ständig weiter, und manchmal sogar zurück, so z.B. der Triceratops zum Jaylosaurus, der wie Jennifer Lopez aussah, und wegen seines breiten Beckens gejagt wurde, um um seine Beckenknochen Zelte aufzubauen. Die fleischfressenden Tyrannen der Wildnis ließen Arten wie den Iranosaurus entstehen, die keine Homosexualität kannten, was im Tierreich zu allen Zeiten äußerst selten vorkam.

Nicht zu vergessen ist der Espedeosaurus, eine so anpassungsfähige Spezies, dass sie sich zu sehr anpasste, um überleben zu können. Der Efdepeodon starb aufgrund sagenhafter Sturheit aus, der Cedeuraptor frass seine nähere Umgebung so radikal leer, dass er schließlich verhungerte. Gut im Bett war der große pflanzenfressende Ronaldosaurus, der geschätzte 40% seiner Lebenszeit bei der Paarung verbrachte, doch noch besser war der kleine Aasfresser Berlusconodon, der fast ausschließlich am Rammeln war, und nebenbei Unmengen von reptilen Bastarden produzierte. Der Mafiosaurus sah sehr lustig aus: dunkle Kreise um seine Augen erinnerten an große Sonnenbrillen, wobei es sich um ein ehrliches Reptil handelte, das weder Steuern hinterzog noch Handfeuerwaffen benutzen konnte.



§ 25. Annalen der Alienalen


Vor 88,1 Millionen Jahren setzten Extraterrestrische mindestens 800 Primititen auf der Erde aus - Menschenaffen, die gesamtkultürlich geringfügig höher entwickelt waren, als der Durchschnitt der heutigen Weltmenschenbevölkerung. Die Aliens haben wohl übersehen, dass es Menschen auf der Erde bereits gab, oder wollten dem Genpool der durch zahlreiche Naturkatastrophen auf knapp 2000 Leute dezimierten Menschheit nachhelfen. Vor 88,11 Jahrmillionen ging nämlich ein Meteoritenregen über der Antarktis nieder, die damals mehr dem Kongo ähnelte als einer Eiskunstlaufarena. Die Meteoriten waren künstlichen Ursprungs und enthielten Viren zur gezielten Genmutation. Da wollte ein Alienvolk umziehen und betrieb auf diese Weise Fauno- und Floroforming mit der Erde und mindestens drei weiteren oberfllächlich belebten Planeten.

Vor 88,28 Millionen Jahren begann ein Krieg zwischen Außerirdischen, deren Vorfahren einst das Sonnensystem schufen, und ungebetenen Besuchern aus einer anderen Galaxie. Der Krieg endete knapp 100000 Jahre später: unsere Schöpfer rotteten die Virusgenies zu 100 bis 105% aus, und nie wieder störten ungebetene Gäste auf der Erde den natürlichen Verlauf der Evolution. Gebetene schon.



§ 26. Nichtaussterbrekord


Zum bislang letzten Mal starb die Menschheit vor 99,94 Jahrmillionen aus. Halten wir noch 60000 Jahre durch, dann wird es telefoniere und telegraphiere 100.000.000 Jahre am Stück... nein, nicht so schnell. Vor 88,81 Millionen Jahren wurden erneut Menschen auf der Erde ausgesetzt, und dazwischen gab es lange nur Tiere. Um die Megahundert zu schaffen, müssen wir noch 111900 Jahrhunderte auf Atomkrieg verzichten.

Aber welche Tiere gab es denn? Ach ja, und warum starben die Menschen damals aus? Das ist doch banal: Atomkrieg. 8000 Jahre benötigten die vorletzten Menschen, um aus der Eisenzeit in die Uranzeit zu gelangen, und nur 75 Jahre, um sich 1500%-ig auszulöschen. Nur: das Nur könnte man noch in Frage stellen, denn erst im Jahr 2021 wäre ein finaler Atomkrieg bei uns ein Jahr länger als 75 vom ersten Atomtest entfernt. So weit, so dumm können wir uns noch anstellen, oder aber daran erinnern, was es für prächtige Tierchen doch gab, als die Erde mal eben für 11,13 Millionen Jahre menschenleer war. Da gab es doch diese 100 Meter lange Meerechse, den Unfassbarosaurus, das einzige Tier in der Geschichte des Planeten, das mehr als eine Kilotonne wog. 15 Unfassbarosaurüsse, ausgestopft und mit TNT gefüllt, über Lübeck oder Coventry abgeworfen, würden exakt eine Hiroshima-Bombe ergeben. So groß war das Reptil also doch nicht. Gut, da lebte noch eine Tiefseeschlange titels Unglaublichoschlangus, die eine Seemeile lang war, aber nur 20 cm dick, also wog sie nicht so viel, wobei sie bestimmten Monsteraffen prima als Schnürsenkel gedient hätte, wenn sie nicht auf der Erde gelebt hätte, sondern auf dem Planeten Affiran, etwas kleiner als der Mond und eine Lichtjahrmillion vom Sonnensystem entfernt. Die genannten Abarten des evolutionalen Wildwuchers wurden zugleich mit der Wiederaussetzung der Menschen beseitigt, um die Nackteren nicht zu Tode zu erschrecken.



§ 27. Tödliche Kreide


Am Anfang der Kreidezeit starb die Menschheit gleich 15 mal aus, aber zu dieser Zeit existierte noch eine ständige Vertretung außerirdischer Erdlingszüchter auf dem Mars. Immer wieder wurde neu gesät, und die Theropoden ernteten was das Zeug hielt. Ein Theropode ist ein Dino-Zweibeiner, der von seiner Statur her arg an das Huhn erinnert. Heutige Vögel sind auch im Grunde nichts anderes als Dinosaurier, nur etwas schöner als damals. So ist es in der Natur: die Hässlichen vernaschen die Schönen. Früher aßen die Vögel uns, heute essen wir die Vögel.

Vor 121.224.728 Jahren wurde das größte musikalische Genie aller Zeiten geboren. Der Typ war 2,24m groß, sehr schlank, seine Haut war grün, und er lebte kaum 25 Jahre. Als er spielte, hörten die Dinos auf zu jagen und ihm zu. Vor 127.334.191 Jahren sah die Welt den schlimmsten Gewaltverbrecher aller Zeiten. Ein homo sapiens alienalis, hatte er das Gebiss eines Theropoden, - eine bösartige Züchtung eines rebellischen Alienvolks, das für eine halbe Jahrmillion auf dem Mond lebte und die Menschheit auszurotten trachtete, um die Erde zu besiedeln. Deren geniale Züchtungen merzten in dieser Zeit gleich dreimal die Menschheit aus, aber sie verloren schließlich den Krieg gegen unsere guten Hirten. Das Vermächtnis dieser Rebellen, ein umgelenkter Asteroid, wird vermutlich in 30 Millionen Jahren die Erde treffen und völlig verwüsten. Vor 134.660.339 Jahren wurde allerdings eine absichtlich herbeigeführt werden gewollte Kollision eines 5km-Kieselsteins mit der Erde noch im letzten Moment verhindert, und das Steinchen traf die Sonne. Schoemaker-Levy war übrigens auch für uns gedacht, und es ist kein Geheimnis, wer dafür verantwortlich war, dass dieses kosmische Bömbchen richtung Jupiter umgeleitet wurde, den es 1994 auch wuchtig traf.



§ 28. Valanginium


Wir schreiben eine Zeit, die tief in der Kreide steckt. Es ist warm in der Antarktis, und dort leben Menschen - Männer, die nicht zuhören, Frauen, die nicht einparken. Frauen haben es leicht in dieser Zeit, denn auch Männer können nicht einparken, da es noch keine Autos gibt. Also beschränkt sich die öffentliche Diskussion darauf, dass Männer nicht zuhören. Valanginium, besser bekannt als Langvaginium, ist eine bittere Bezeichnung für eine Zeit, in der sich alle Frauen fast schon konsequent allen Männern verweigern. Ab und zu wird ein Mann zwecks unfreiwilliger Samenspende gefangen, und auf ihm wird rumgeritten, bis er tot umfällt, was heute so nicht mehr geschieht, - leider, denkt sich der zu Tode malochende Ehemann.

So wie die katholische Kirche mit dem Mittelalter unserer Zeitrechnung untrennbar durch Feuer und Schwert verbunden ist, kleben die Dinosaurier am Erdmittelalter wie Pech am Schwefel. Die Sexverweigerung nimmt konsequentere Züge an, als die Männer auf einmal zicken - innerhalb von 150 Jahren stirbt die Menschheit aus. Wieder muss der gute Alien nachhelfen, wieder verpasst das Menschengeschlecht ein paar lustige Saurier, z.B. den Dumichauchodon, eine Furzechse, welche - kein Scherz - sich durch explosive Fürze gegen Räuber wehrte. Ein Enddarm, der zum evolutionären Vorteil zur Verstopfung geschaffen ist, - stinkt das nicht herrlich? Den Langosuchus können die Paläontologen lage suchen: sämtliche Echsen dieser Art wurden von der Erde ins All verschleppt. Wahrscheinlich war das Fleisch des possierlichen Tierchens noch köstlicher als das eines Stachelschweins. Vor 140.000.368 Jahren schlug ein Asteroid aus purem Gold im heutigen Argentinien ein. Sein Durchmesser betrug 90 Meter, und er war wahrscheinlich ein Geschenk. Binnen einer Jahrmillion war das Gold auch schon weg. Wovon ich nicht weiß, dass ich es habe, kann ich auch nicht behaupten, es sei mir gestohlen worden.



§ 29. Das Kariat


Vor knapp 150 Millionen Jahren wurde Wissenschaft verboten - man studierte nicht mehr Jura, man malte mit Kreide. Beiseite spränge der Spaß, könnte ich kurz und langweilig sagen, dass der Grund für den Übergang des herrlichen Jura in die dämliche Kreidezeit noch nicht erforscht ist. Bekannt sind aber die Dinos, die diesen Übergang nicht überlebten: der Masochosuchus pflegte seine Beutetiere so lange zu quälen, dass diese sich selbst umzubringen trachteten. Sobald sie tot waren, interessierte sich der fünf Meter lange Raubsaurier von der Körperhöhe eines heutigen Norwegers nicht mehr für sie, und überließ sie seinem Nachwuchs zum banalen Fressen.

Der Blankosaurus, ein menschengroßer und leicht verwundbarer Pflanzenfresser, konnte sich inmitten der gefährlichsten Raubtiere seiner Zeit so frei bewegen, wie eine hübsche und aufreizend gekleidete Frau in zivilisierteren Stadtteilen Berlins - er wusste, dass ihn keiner angreifen würde, jedoch aus einem gänzlich anderen Grund: sein Fleisch war giftig, und jeder, der ihn zum Anbeißen fand, starb eines qualvollen und langsamen Todes. Noch mehr Nervengift bereitete in seinen Weichteilen nur der Minimalodon seinen potentiellen Auffressern vor, der allerdings ein Säugetier war, das kaum Fleisch zu bieten hatte - eine einzelne Portion wog wie ein mittelgroßes argentinisches Steak. Den Menschen bekamen die Wechseljahre nicht gut, sie starben aus. Kein Problem: den Aliens sei Dank kamen kurz darauf neue Menschen auf die Erde. Keine Ursache.



§ 30. Berliner Oberjuristen


Exakt da, wo heute Berlin ist, lebten im späten Oberjura vor 151 Millionen Jahren Menschen. Der heutige Alexanderplatz ist eine Zubetonierung einer Dauersiedlung, in der 1000 bis 5000 Menschen über eine Jahrmillion lang lebten und bis zu 180 Jahre alt wurden. Es handelte sich um die ökologisch sauberste aller menschlichen Kulturen. Sie lebten so, als würde es sie nicht geben, sprich nachhaltig. Sie kannten weder Feuer noch Werkzeuge, waren aber sehr schlau und improvisierten. Die bekannteste Subkultur in zeitlicher Hinsicht teilte den Monat wie wir in vier Wochen, wobei der letzte Wochentag ein Arbeitstag war, und so lange dauerte, wie die Sonne schien, - schien sie nicht, fiel dieser Tag aus.

In Südpangäa, unter einem anderen Namen besser bekannt, machte der Bestiosaurus alle Sicherheitsmaßnahmen zunichte. Wie ein aggressives Virus fraß er, was er nicht töten konnte, oder andersrum, bis keine Herbivoren mehr da waren. So lebte dieser vier Meter lange Angeberhahn knapp 200000 Jahre, war aber der effektivste Jäger aller Zeiten. Das faulste Tier, das jemals lebte, war auf Nordpangäa beheimatet, und verbrachte 95% seiner Lebenszeit im Schlaf. Aber das Urvögelchen wurde auch durchschnittlich 450 Jahre alt. Es war nicht größer als ein Mensch, und um seine katalogische Bezeichnung wird bis heute gestritten.



§ 31. Kimmeridgium


Obwohl es im Kimmeridgium vor 150-155 Millionen Jahren keinen Internet und somit weder Xhamster noch Sapphic Erotica gab, verstanden sich die Leute gut. Sie waren nicht viele, lebten verstreut, nahmen Drogen zu sich, entdeckten Tropenfrüchte, die auf eigenen Kern Alkohol brannten. Die Leute damals waren furchtbare Säufer, das glaubst du gar nicht. Wasser war als Getränk unbekannt. Fruchtfleisch mit Alkoholanteil von 12% war Babynahrung.

Das Leben im Oberjura war meist ein großes Fest - Saus wie Braus fanden dort Platz und bedrängten einander nicht. Der edle Wilde von Jean-Jacques Rousseau muss ein Mensch aus dem Kimmeridgium gewesen sein. Es gab Besitz noch Eigentum, Sitten noch Bräuche. Ein Kind mit langen Haaren galt als Mädchen, ein Kind mit kurzen Haaren als Junge, was bei den Erwachsenen nicht anders war. Der Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr und Kinderzeugung war den Menschen im Kimmeridgium - wie heute einigen Stämmen aus Nordaustralien oder dem Berliner Hartzland - nicht bekannt. Da aber die Menschen so furchtbar nach Schnaps stanken, machten die Raubsaurier gigantische Bögen um sie. Damit sich eine Population heute der Zahl nach erhalten kann, muss ein Paar im Westen durchschnittlich 2,11 Nachkommen produzieren. Vor hundert Jahren mussten es noch 4 sein. Im peacefullen Kimmeridgium lag dieser Wert bei 2,08.



§ 32. Spätes Oxfordium


Dem Kimmeridgium folgte im Frühersein geologisch das Oxfordium, kulturgeschichtlich das Hartzvierium. Es resultierte aus einem strengen vulkanischen Winter, der vor 157,3 Millionen Jahren 80 bis 90% der Weltbevölkerung zu Opfern abstempelte. Wahrlich nicht viel - in Ruanda wurden im Frühsommer 1994 der absoluten Anzahl nach mehr getötet. Dennoch verschlechterte sich das Genpool und die Laune, massenhaft fielen Arbeitsplätze - besser: Einkommensplätze, denn damals wie heute arbeiteten 60-75% der Bevölkerung überhaupt nicht, und weitere 10-20% richteten auf ihren Nichtstuplätzen aus Langeweile nur Schaden an - weg. Darauf folgten fruchtbringende Reformen, jeder bekam ein Stück Land und ein Grundeinkommen aus gemeinschaftlichem Jagd- und Sammelpool. Das Hartzvierium war keine Zeit der sozialen Verrohung, sondern eine Zeit kultivierten Selbst- und Weltgenusses.

Vor 155,8 Millionen Jahren setzte ein Klimawandel ein, der besonders alkoholproduzierende Fruchtbäume begünstigte, was sich auf die folgende Epoche, das Kimmeridgium, sehr chillig auswirkte. Die oxfordische Flora war hingegen so unspektkulär wie die der Eiszeit, sprich unseres Zeitalters, - dafür gab es eine ansehnliche Fauna. Der Bustosaurus, ein Kahlmammut mit Gänsehals und einer Höhe von knapp zehn Metern, trampelte in den Boden, was wir heute fossil verbrennen. Der Neinodochus beherrschte die Lüfte und tat immer so, als würde er an seinem Opfer vorbeifliegen. Unbeachtet drehte er sich plötzlich und segelte sanft und zynisch in den Tiefflug. Das Opfer wusste nicht, wie ihm geschah, und als es das endlich wusste, betrog der Abstand zum Boden das Tier um den rettenden Sprung.



§ 33. Everybodium


Im frühen Oxfordium, unter Experten besser als Everybodium bekannt, hatten alle damals lebenden Arten ideale Bedingungen: der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre betrug 24% (gut für die Libellen), es gab 3 mal so viel Kohlendioxid wie heute (ideal für die Pflanzen), Frühling und Sommer wechselten sich mit Spätsommer und Frühherbst ab (geil für die Tiere). Seit 40 Millionen Jahren driftete Nordamerika von der alten Welt Richtung kolumbische Position, seit 15 Millionen Jahren gab es Affen. Und Menschen? Menschen waren bereits da. Somit wäre die Abstammungsfrage geklärt.

Der Fadosaurus war das ödeste Reptil, das jemals lebte. Er war katzengroß und sah wie eine heutige Eidechse aus, war grau und ein Allesfresser. Der anspruchslose Generalist machte bald 70% der Fauna seiner Zeit aus, doch zum Glück erwiesen sich seine Schleimhäute als besonders anfällig für ein eigentlich harmloses Virus, das erste Grippe-Virus der Welt. Am Verrecken des Fadosaurus genasen sowohl Laurasien als auch Gondwana.



§ 34. Multikulturellitäten


Das mittlere chronostratigraphische System des Mesozoikums war schon eine herrliche Zeit. Vor 161 Millionen Jahren existierte auf Erden eine multikulturelle Vielfalt, die - so leid es mir tut - nie wieder erreicht wurde. Dabei lebte jedes Volk in seinem eigenen Land und versuchte Tag und Nacht, Monat und Jahr, nahe und ferne Nachbarn in der Disziplin Gastfreundschaft zu besiegen. Prassfeste wie bei den Indianern Nordamerikas waren an der Tagesordnung, es gab keine Schimpfwörter, Gebete und Flüche waren eins und dasselbe. Die Blut- und Bodenmythologie war bei den meisten Kulturvölkern sehr ausgeprägt, und da weder fremdes Blut auf eigenem Boden noch eigenes Blut auf fremdem Boden vergossen werden durfte, gab es weder Kriege noch Völkermorde.

Probleme machten den Menschen nach wie vor Raub- und Flugsaurier wie etwa der Allosaurus Psychoticus und der Pteroductus der Kanzlerin. Deshalb war jeder kultivierte Mensch verpflichtet, eine Waffe zu tragen, und dazu noch Opiate für den Fall eines schmerzvollen Abbisses eines unwiederannählichen Körperteils. Alles mit einer Haarlänge unter 50cm galt als männlich, große Brüste als eine Missbildung, die mit nutzlosen Kräutern behandelt wurde, - der Erfolg blieb aus wie bei der Heilung viraler Infekte durch Permanentbäder in eiskaltem Wasser. Die Medizin flog in schwindelnichtunbedingterregende Höhen, die Literatur stagnierte, die Kochkünste kamen nie über das Vegane hinaus. Es gab 200 prall mit Weltbevölkerung gefüllter Jahre: bis zu 5 Millionen lebten auf der Welt, wobei aus der Mode gekommene Schwangerschaft und Kriege entfachende Eine-Welt-Ideologie der Gleichheit aller Völker die Weltbevölkerung in einer Generation dezimierte, besser, promillierte. Knapp 5000 Menschinnen und Menschen retteten sich ins Oxfordium.



§ 35. Liopleurodon


Ich mag Hunde, diese niedlichen Bastarde. Ich mag Kaninchen, diese possierlichen Wichser. Doch Respekt habe ich vor wenigen Tieren, und dazu gehört der legendäre Pooldino Liopleurodon. Vor 164 Millionen Jahren tauchten zum ersten Mal vernünftige Exemplare dieser Wasserechse auf, und rotteten gleich drei Menschheiten aus. Die Menschen lebten damals auf Inselgruppen: die beiden Kontinente konnte man vergessen, denn sie waren seismisch und vukanisch aktiv, Wüsten breiteten sich rasant aus, und der kleine aber gemeine Denunziosaurus, die Ratte des Jura, übertrug tödliche Viren von Tier zu Tier.

Die Lios waren exzellente Schwimmer und Jäger menschlicher Boote und Schiffe, sie hatten vier große Flossen und lange aus dem Maul hervorragende Fangzähne. Die größten Lios erreichten höre und zweifle 44 Meter an Körperlänge, die größten bisher gefundenen Skelette sagen und schreiben von gerade mal 15 Metern. Zwei Millionen Jahre nach dem Triple Armageddon wurden erneut Menschen auf der Erde ausgesetzt, aber jene, die von den Lios verfrühstückt wurden, waren die glorarmen Nachfahren von kleinwüchsigen und langlebigen Menschlein, die vor 166,5 Millionen Jahren auf die Erde kamen, - die ersten Menschen des Jura. 32 Millionen Jahre in der ersten Hälfte des Jura war die Erde menschenrein. Wer eine Geschichtslücke vermutet, schlägt fehl und hysterisch um sich: eine Blume ist auch dann schön, wenn sie keiner sieht, und eine Geschichte auch dann spannend, wenn sie keiner mitbekommt.



§ 36. Atlantisches Meer


Die NATO wird sich in 100.000.000 Jahren über den ganzen Globus ausbebreitet haben, der Atlantik wird größer als der Pazifik sein. Wer - wie Udo Lattek - heute noch Neger verwechselt, wird es in Zukunft leichter haben, wenn Afrika und Europa zu einem Kontinent verschmelzen. Vor 168 Millionen Jahren war der Atlantik noch kein so gewaltiger Ozean, es war ein See, ein Meer, ein besseres Baltikum. An seinen Ufern entstanden aus Fledermäusen erste Affenarten, die jedoch wieder ausstarben, da es bessere Vampire gab: Vampirvögel züchteten regelrecht Vampiraffen, um deren Blut zu trinken.

Für eine kurze Zeit bevölkerten den Staat New York seltsame Synapsiden, sprich säugetierähnliche Reptilien, die nicht schwimmen konnten, aber regelmäßig ins Wasser sprangen, und folgerichtig ertranken. Die Bakterien in ihrem Hirn veranlassten die Tiere zum Suizid, weil die Einzeller das Salzwasser und jede Menge Leichen brauchten, um sich fortzupflanzen. Aasfressende Meerechsen nahmen die Bakterien mit der nennen wir es ruhig mal Nahrung auf, wonach sich die heimlichen Herrscher des Planeten ins Nervensystem der Wirte einloggten, um diese zum selbstmörderischen Sprung ans Land zu zwingen. An Land wurden die Kadaver von raten Sie mal welchen Reptilien mit Vergnügen verspeist, denn die Bakterien im Hirn manipulierten den Schmeckriechsinn so, dass dieser Mist den Reptilien schmeckte. Den Leckmichsinn der Dinos konnten die Bakterien nicht manipulieren, weshalb diese sich immer weiter entwickelten und die zum "ewigen Talent" verdammten Gegenspieler hinter sich ließen.



§ 37. Jungjura


Die ersten 30 Jahrmillionen des Jura qualmten im Zeichen der Tennung Nordamerikas von Europa. Nach dem der Atlantik am Anfang des Jura geöffnet wurde und Freiheitsmagma zwei Millionen Jahre lang aus dem Erdinneren demokratisch ins Erdäußere sich ergoss, blieb die heute ökonomisch stabilste und technisch fortschrittlichste Region der Welt seismisch und vulkanisch aktiv. Leben war nur außerhalb dieser Dampfmaschine möglich: die Industrialisierung ohne Industrie dampfte kapitalistischer dahin als jedes Bergwerk in Mittelengland.

In Indien, Australien und der Antarktis lebten eisfrei Saurier, primitive Säugetiere wie das putzige Hadrocodium, federlose Vögel. Die mittlere Temperatur auf dem Globus betrug 20°C, es gab nirgendwo Eis, und dennoch wurde alljährlich geschüttelt und nicht gerührt. Erdbeben der Magnitude 10 verursachsten regelmäßig Monsterwellen, die damals auch so hießen, da es noch keine Japaner gab, die sie Tsunamis nennen konnten. Der unüberschaubare Barockosaurus frass sich in überschaubaren Herden durch australische Savannen; für ein fast 70 Meter langes Tier mit einer Schulterhöhe von 9 Metern mussten viele Bäumchen ihre Blätter noch vor dem Herbst verlieren. Wen die Proportionen etwas irritieren, sollte sich an das Wort Schwanz erinnern, und sich an den Hals fassen. 20 Meter Hals mit Mund am Ende, ein 35 Meter langer im vierten Stock fensterscheibenzerschlagender Schwanz, dazwischen knapp 15 Meter der eigentliche Body, der, um das ganze Machwerk der Evolution zu halten, fast nur aus Muskeln und Knochen bestand.



§ 38. Laurasisches Kyoto


Die erste Jahrmillion des Atlantischen Massensterbens neigte sich ihrem Ende zu, Massen starben, Individuen richteten sich auf. Vor 198,6 Millionen Jahren wurden Menschen auf der Erde ausgesetzt, welche sich nach langen Wanderungen im Gebiet des heutigen Frankreichs niederließen. In einer klimatisch stabilen und seismisch ruhigen Zeit entwickelte sich in knapp 15000 Jahren eine Zivilisation wie die Unsere, um besorgt festzustellen, dass sie einen menschengemachten Klimawandel zu verursachen begann. Der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre verdoppelte sich von 380 auf 760 ppm, es war schnell etwas zu tun, und es wurde getan: die industrielle Produktion wurde weitgehend eingestellt, das ressourcenverschwenderische Raumfahrtprogramm nicht weiterverfolgt, und es zeichneten sich Erfolge ab: die Erde kühlte um 0,4°C zum Ausgangswert zurück, der Kohlendioxid unterschritt die 500 ppm, und alle hatten sich so furchtbar lieb, dass sie, wie etwa heute die vom Islam ausgehende Gewalt betreffend, von Einzelfällen sprachen, als am Atlantischen Graben immer öfter Vulkane ausbrachen.

Nun heizten die Vulkane die Atmosphäre in weniger als 200 Jahren um 3°C auf, verzehnfachten den Kohlendioxidanteil, und setzten darüber hinaus giftige Gase in die Luft. Es wurde eng. Weder die Technologien zur Erschaffung einer künstlichen Biosphäre noch das Raumfahrtprogramm kamen mit den neuen Herausforderungen zurecht, da sich auch im Bildungssystem alle lieb hatten. Die Wissenschaft hechelte mit einem Personal, das für queere Lyrik und Gleichberechtigung der Geschlechter, aber nicht in Mathematik, Physik und Chemie ausgebildet war, dem schleichenden Siechtum der Menschheit hinterher. Als die erste Stadt unter einem atmosphärischen Schutzschild auf der anderen Seite von Laurasien endlich fertiggestellt wurde, war es in so fern zu spät, in als wie krank die Menschen, die sich dorthin retten konnten, erwiesen: ihre Nachkommen kamen tot oder nicht lebensfähig zur Welt.



§ 39. Ein kurzes Kapitel


Stellen Sie sich vor: die ersten europäischen Siedler kommen in Nordamerika an, und da stinkt und qualmt es, und an der Küste hängen Schilder aus mit der Aufschrift "Dieser Kontinent ist bis auf Weiteres aufgrund von Bauarbeiten gesperrt". Vor 199,4 Millionen Jahren kamen Menschen nach einer 75000-jähriger Reise ins Sonnensystem, und mussten sich das Atlantische Massensterben vom Mond aus ansehen. 1200 Generationen hielten es in der künstlichen Biosphäre auf dem Mond geduldig aus, aber ein Erlöschen des Superdupervulkans war nicht abzusehen. Die Leute packten ihre Sachen und flogen zu ihrem erdähnlichen Heimatplaneten zurück. In der Erdumlaufbahn blieb jede Menge von Raumschiffmüll und abgereichertem Uran und Plutonium, was schlussendlich alles auf die Erde stürzte. Nicht mal um ein Bakterium wurde unser damals rotbrauner Planet bereichert.



§ 40. Der Trias-Abschiedsball


Zwei Arten von Säugetieren lebten am Ende der Trias: der Megazostrodon und der Mensch, wobei die erste Art ehrlich auf der Erde entstand, und die zweite aus dem Weltall auf den Planeten geschmuggelt wurde. Der Sinn des menschlichen Lebens - manche haben ja so lange danach gesucht - besteht seit vielen Jahrmillionen darin, das genetische Material unserer außerirdischen Vorfahren für den Fall ihres Aussterbens zu erhalten. Die Menschheit ist ein Speicher extraterrestrischen Lebens, wobei sie sich im Regelfall nur mäßig weiterentwickelt, und nur im Extremfall von den eingebauten Schnevolutionsgenen Gebrauch macht: treten für die Art gefährliche Umweltbedingungen auf, evolviert der Mensch schnell von einem gewöhnlichen intelligenten Zweibeiner zu einem seiner Selbst bewussten Übertier.

Am Ende der Trias war es ruhig, und erst die Spaltung der zwei Superkontinente durch einen lavaspeienden Riss in der Erdkruste ließ die Menschen philosophisch, nach- und andiezukunftdenkerisch aufwachen. Leider entwickelte sich die zahlenmäßig zu jener Zeit sehr kleine Menschheit nicht schnell genug. 10000 Jahre reichten nicht aus; die Menschen erstickten schließlich - wohlgemerkt unverschuldet: der ganze Ausstoß der Giftgase resultierte aus den tektonischen Spielchen der Edrkugel - auf dem Entwicklungsniveau unserer frühen Neuzeit. Versager? Nicht so schnell, Freundchen. Die Verschärfung der Umweltbedingungen, die zur Menschwerdung des Affen homo sapiens führte, trat vor 14000 Jahren ein. Stellen wir die Uhr danach, sind wir 10000 Jahre später im alten Ägypten vor Ramses II, vor Hammurabi, lange vor Troja und den Vorfahren der Hellenen. Und was wird wohl passieren, wenn sich nicht so ein winziger Supervulkan wie Toba auftut, oder ein Katzenklo wie Yellowstone in die Luft fliegt, sondern z.B. der Pazifische Feuerring in seiner ganzen Länge aus- und die Kruste über ihm einbricht? Was haben wir denn schon erfunden, um in einer solchen Extremsituation zu überleben? Facebook?



§ 41. Das Krokodyl


Sehr langsam erholte sich die Erdfauna vom Perm-Massensterben vor einer Viertelmilliarde Jahren, aber sie erholte sich gut. In der späten Trias verdrängten die Nacktsamer fast vollständig die Farne, um auch die Flora in die Erdgeschichte einzubinden. In der Welt der Reptilien gab es eine Vielfalt wie nie zuvor und nie danach: neben säugetierähnlichen Reptilien lebten und starben Dinos, Echsen, Urvögel, Meeressaurier, Krokodile. Das größte Krokodil aller Zeiten, das Krokodyl, lebte vor 204 Millionen Jahren am Äquator und war nicht der gefährlichste, sondern der faulste Räuber seiner Zeit. 15 Meter lang, war der Kaltblüter an das warme Klima und die üppigen Mahlzeiten bestens angepasst. Ihm ging es so gut, dass er devolvierte. Hoffentlich ergeht es dem postmodernen Menschen nicht ähnlich.

Neben der Dekadenz im Tierreich barg die Trias eine weitere ungewöhnliche Episode: durch eine verblüffende genetische Konstanz verkamen die Menschen zu einem evolutionären Uhrwerk, veränderten sich zwar saisonal (in 23000-Jahres-Zyklen etwa), aber fanden immer wieder zur Ursprungsform und -kultur zurück. Vor 216 Millionen Jahren fanden die ersten freilebenden Menschen auf der Erde ihre Heimat. Früher, im Perm, lebten sie in künstlichen Biosphären, und kamen nie mit der frischen Luft in Berührung. Dazwischen lag eine lange Phase erfolgloser Adaptation an die Erdbedingungen: fünf Menschheiten starben in der Mittleltrias aus, weil die alienalen Raumfahrer zu optimistisch waren, und davon ausgingen, es würde schon schiefgehen, was es dann auch ist. Künstliche Biosphären durch die Galaxie zu schleppen, ist schließlich ein sündhaft teures Vergnügen.



§ 42. Die Mitteltrias


Die Erdfauna aß die auf der Erde ausgesetzten Menschen, die Flora vergiftete sie, die Luft ließ sie ersticken, und so geschah fünf Mal hintereinander. Den extraterrestrischen Berechnungen zufolge war die Erde vor 230 Millionen Jahren reif für menschliches Leben, aber in diese Berechnungen flossen die Veränderungen nach dem Perm-Massensterben nicht ein. Fünf Mal umsonst so weit geflogen.

Im Tierreich geschahen seltsame Dinge: Spinnen, die am Ende des Perm von den kleineren Synapsiden fast ausgerottet wurden, überlebten im Kleinformat und wurden, wie heute Ratten und Kakerlaken, zu den heimlichen Herrschern auf dem Land. Die größeren Synapsiden starben aus, ihre reptilen Nackommen entwickelten sich zu Tode oder zu Kleintieren weiter. Nicht mehr den  säugetierähnlichen, sondern den einenvogelhabenen Reptilien gehörte nun die Zukunft. Die Blutsauger unter den Spinnen übertrugen Krankheitserreger, denen ganze Arten erlagen. Die Fotzenleckerspinne, deren Rücken an den berüchtigten Pinsel erinnerte, kroch den Reptilien in den Arsch, um für ihre Kinder zu sorgen: der meist suboptimal trockene Boden wurde mit den im Enddarm abgelegten Eiern beschissen, die in den Fladen überleben konnten. Da es in der Fauna damals zahlreiche Koprophagen gab, wurden die unverdaulichen Spinneneier weit durchs Land getragen, bis aus ihnen in den Fladen zweiter Ordnung an einem besseren oder nur ferneren Ort Spinnen schlüpfen konnten.

Nicht so geil war auch der Umstand, dass die warmen Gewässer widerlichen Algen und das Wasser zum Umkippen bringenden Bakterien einen idealen Vermehrungspuff boten. Viele Fischarten verschwanden für immer, und es blieben schon nach dem Perm-Massensterben nur 0,3 bis 1% der Fische übrig. Die ersten Flugsaurier waren die ersten großen Seuchenüberträger von Insel zu Kontinent. Die wenigen Säugetiere, die nicht im Boden lebten, wurden von Kleindinos und Schildkröten zurück in die Löcher verdrängt.



§ 43. Nach dem Sterben ist vor dem Tod


99% der Arten und 99,9999% der Individuen verschwanden im Perm-Massensterben. Verbrannte Erde, ohne Politik: da wuchs nichts mehr. Und auch in den Meeren schob das Leben eine ruhige Kugel, und erholte sich nur sehr langsam. Es hatte ja auch Zeit. Auf dem Land schafften es rattenscharfe Säugetiere und nervige Miniechsen wie Euparkeria. Im Wasser verschwanden die großen Arthropoden, Kopffüßler, Amphibien und Fische. In der Luft summte nichts mehr mit einer Flügelspannbreite von mehr als 9mm. Eine Scheißwelt war das, fast wie heute. Keine schönen Mädchen, gar nichts. In der Werbung und den Modezeitschriften durchaus, von Profis fotographiert und von Freaks am Computer nachbearbeitet. Zwei Tage nach der letzten Heldentat in vier Wänden sammelt sich wieder Staub und fliegt in Klumpen umher. In den öffentlichen Verkehrsmitteln eine einzige Freakshow, fast wie im Fernsehprogramm. Auf den Straßen fast nur alte und sterbende Menschen. Um nicht zu verhungern, muss man täglich einer monotonen Tätigkeit nachgehen. Überall liegen Kadaver, stehen Unordnungshüter und Drogendealer. Ach, das Perm-Massensterben war schon eine ganz gute Zeit, schließlich hat ja was überlebt, sonst wären wir heute nicht hier.



§ 44. Das Einzelschicksal ist das wahre Drama jeder Tragödie


Das Perm-Massensterben löschte vor 248 Millionen Jahren 99% der Arten aus. So weit, so tragisch. Es war das dritte große Sterben vielzelliger Tiere und lange nicht das letzte. Josef Stalin, georgisch-sowjetischer Politiker und Staatsmann, sagte, eine Million Tote seien eine Statistik, aber ein Toter eine wahrhaft tragische Ödie. So machen wir das. Stellen wir uns einen friedlich grasenden Scutosaurus vor. Einen weiblichen Scutosaurus, damit wir auch zu Tränen gerührt werden, - bei einem Männchen hätten wir ja schulterzuckend ein "Pech gehabt, Junge, vielleicht klappts beim nächsten Mal!" abgesondert. Taschentuch bereit?

Ein junges Scutosaurus-Weibchen grast friedlich auf dem Superkontinent Pangäa unweit der heutigen Stadt Omsk in Südsibirien. Plötzlich merkt das Weibchen, dass ihm das Gras, welches ihm früher so gut schmeckte, nicht mehr schmeckt. Auf einmal hat es Heißhunger auf eine gesalzene Gurke, dann greift es nach der Schokolade. Das Weibchen ist schwanger. Es ist die erste Schwangerschaft des Weibchens. Zu Hause, eine Stunde vom Wasserloch entfernt, wartet geduldig sein treues Männchen. Als ein hungriger Gorgonopsid vorbeischleicht, schießt aus dem Wasserloch ein urzeitliches Krokodil hervor, um die vermeintliche Beute zu schnappen, und wird selbst zur Beute des geschickten Jägers, des gefährlichsten Raubtiers jener Zeit. Glücklich, im letzten Moment dem zerfleischenden Todesbiss entkommen zu sein, wandert das schwangere Weibchen gemütlich heim, als unter seinen Füßen die Erde zu beben beginnt. In der Ferne fallen Bäume um, und schließlich fegt ein pyroklastischer Strom mit einer Hitze von 1000 Grad das arme unschuldige friedliche schwangere Scutosaurus-Weibchen vom Angesicht der Erde. Es ist kein gewöhnlicher Vulkanausbruch, es ist um ein Haar das Ende des Lebens auf unserem Planeten, und der sichere Tod für ein Scutosaurus-Weibchen, das schon in einer Woche entbunden hätte.



§ 45. Die letzten Jahre vor dem Vorbei


Das späte Perm endete gut, bevor alles endete. Menschenrein wehgehtierten die Arten dahin und daher, es ist gefressen worden und gefressen worden worden. Ohne Aufsicht durfte sich das Recht des Stärkeren voll entfalten. Horkheimer und Adorno benannten diese Zeiten später nach dem Gesetz des Dschungels Dschungularium, doch dieser lange Name war den Paläontologen zu mühsam auszuschreiben, und sie nannten das späte Perm Asselium, worinnen sie "asshole" und "asozial" gerinnen sahen. Nein, Scherz, so hieß das frühe Perm. Aber wer will mit einem Wort wie "Changhsingium" schon spielen?

Der Pristerognathus, ein Urfahr der Säugetiere, freute sich auf eine glorreiche Zukunft der Therapsiden, in welcher seine Nachkommen noch größer und säbelzahntigriger werden würden worden wären, wenn hätte gewesen geseint worden, - wenn man vom Guten denkt, kommt es böse. Den säugetierähnlichen Reptilien gehörte die Welt, solange es eine Welt noch gab; eine Welt der Tiere war das, eine ehrliche Welt, wie hinter Gittern ohne Schlusen. Der Anteosaurus gab die Walter, der Moschops die König, und den Geier gab es noch nicht, - die Zeit der Vögel sollte erst noch kommen.



§ 46. Diskursosuchus


Selbstverständlichst gehört die Intelligent-Design-Theorie an allen Bildungseinrichtungen gelehrt, denn sie ist nicht bloß wissenschaftlich, sondern besitzt auch ethisch das Prädikat "besonders wertvoll". Was sind schon erschlichene Schlüsse, was ist Inkohärenz, was sind erfundene Fakten im Vergleich zu den Möglichkeiten der Intelligent-Design-Theorie, das Dasein Gottes wissenschaftlich zu beweisen! Die Komplexität der DNA ist der beste Beweis für die Wahrheit des Christentums, die Vorwahrheit des Judentums und die Unwahrheit, so leid es mir tut...

Ganz im Ernst, halb im Ernst-August: im Jahr 252.619.379 v. Chr. starb der letzte Diskursosuchus, ein säugetierähnliches urzeitliches Krokodil. Er bewegte sich auf vier Beinen, konnte Fleisch verdauen (aber, wie bei Therapsiden üblich, nicht kauen), Eier legen und aus einem Hinterhalt nach Beute schnappen. Was für ein Wunder, dieses Tier! Ein eindeutiger Beweis für die Schöpfung! Ein Beweis auch dafür, dass das Böse schon vor dem Menschen in die Welt gekommen war, denn Gottes Geschöpfe sterben in der besten aller möglichen Welten nicht mir nichts dir nichts aus. Sekündchen. Ich erinnere gerade, dass es in der Bibel etwas anders steht, - da heißt es sehr ausdrücklich, dass das Böse erst mit dem Menschen in die Welt gekommen ist. Die Erbsünde ist eine wissenschaftliche Tatsache, denn wer wollte leugnen, dass es Menschen gibt, die die  Intelligent-Design-Theorie bösartigerweise abfällig als Kreationismus bezeichnen und sich weigern, an sie zu glauben? Warum starben dann so viele Arten aus? Wegen uns Menschen! Wir Bösen haben im Jahr 2176 die Zeitmaschine erfunden, was die dogmatische Wissenschaft noch nicht wissen kann, da sie in lächerlichen Kategorien wie Vergangenheit und Zukunft denkt. Die Magie der Wahrheit lässt durch den Glauben alles erkennen, was diesen Glauben zu einem Wissen macht.



§ 47. Dimetrodon und Gorgonopsia


Die lustigen Echsen mit dem Rückensegel gab es nicht nur wirklich, sondern auch in Dokus. Wirklich gab es noch ganz andere Biester. Am Ende des Perm wurden sämtliche Kannibalen dieser Spezies aufgefressen, sprich alle Dimetrodon. Das späte Perm war das Zeitalter der Gorgonopsiden, von denen der Inostrancevia, wörtlich aus dem Russischen übersetzt, der Fremdländer, einer der größten war: vier bis fünf Meter lang, dolchlange Säbelzähne, guter Hunger. Die Gorgonopsiden konnten nicht kauen, sie rissen immer das beste Stück (nein, nicht im wörtlichen Sinne: dieses war auch bei den Vorfahren des Homosapiens-Männchens eher kümmerlich) aus dem Körper ihrer Beutetiere und schluckten es runter; weder Karies noch Paradontose kannten die Gorgonopsiden.

Vor 254 Millionen Jahren landete eine außerirdische Arche Noah auf der Erde und nahm über 200 Arten - nicht Individuen - allein der Gorgonopsia mit nach Hause. Sie leben heute noch über das ganze Weltall verstreut; 11 von 14 mir bekannten und von meinen Bekannten bewohnten erdähnlichen Planeten beherbergen große Populationen von Gorgonopsiden. Dagegen hat sich nie ein Schwein für die ästhetisch eher minderwertigen Dimetrodon interessiert: das lustige Aussehen dieser Tiere ließ jeden Respekt vor ihnen schwinden, - selbst deren Beutetiere lachten diese armen Biester nur aus, und ließen sich lieber vom Wolfsgesicht Lycaenops verspeisen. Der Stern des Dimetrodon am Firmament der Evolution war kein Star, so viele Eier diese Tiere auch legten. Ihr Leibgericht waren übrigens ihre eigenen frisch geschlüpften und bis 3-6 Monate lang mühevoll ausgebrüteten Nachkommen.



§ 48. Phthinosuchia: die ersten Therapsiden


Die Therapsiden waren die ersten vernünftigen Synapsiden: ihre Beine standen nicht mehr seitlich ab, sondern befanden sich unter dem Körper; das Gebiss war schöner, der Gehirnraum im Schädel größer. Auch wir Kühe, Löwen und Affen, sprich Säugetiere, sind Synapsiden, obwohl der Althistoriker darunter eigentlich die ausgestorbenen säugetierähnlichen Reptilien versteht.

Die ersten Therapsiden scheuten keineswegs den Vergleich mit den ersten Schritten eines 10 Monate alten Jungtiers des homo sapiens: es waren unbeholfene Tiere. Die Phthinosuchia konnten es noch nicht mit den richtigen Reptilien aufnehmen: die Echsen der alten Schule waren schneller, wendiger, und produzierten mehr Nachkommen. Das Krokodil gibt es heute noch, den Skorpion auch. Es handelt sich wohl um perfekte Arten, die jedes Massensterben mit (nicht nur im Internet hilfreichen) Links und pfeifend auf die Rechte der anderen Tiere überleben. Die Phthinosuchia waren, wie der männliche homo sapiens, nur eine Zwischenstation in der Entwicklung der Therapsiden. Da sie Allesficker waren, brachten sie eine große genetische Vielfalt hervor, aus welcher vernünftigere Therapsiden entstanden. Leidvoll mussten die armen Dimetrodon zusehen, wie diese ungehobelten Kreaturen deren Eier fraßen, bevor sie ihre frisch geschlüpften Jungtiere selbst verspeisen konnten. Die noch unansehnlicheren Sphenacodonten wurden als Könige der Nahrungskette von den Therapsiden abgelöst, und starben aus. Die normalen Reptilien wurden - wie die Skorpione bei den Arthropoden - im Laufe der Zeit größer oder kleiner, wie es sich ergab, aber sie drägten sich nie auf die große Bühne, setzten nie alles auf eine Karte. Es sind die Mittelmäßigen, die überleben. Die heraus, hervor und sonstwohin Ragenden werden stets Opfer ihrer eigenen Unangepasstheit oder ihres Erfolgs.



§ 49. Perm


Eine karge Zeit. Pangäa, der einzige Kontinent, bestand am Ende des Perm noch vor dem Massensterben zu 90% aus Wüsten, doch es gab Zeiten der Oasifikation, welche, analog zu den Warmzeiten zwischen den Eiszeiten der letzten Jahrmillionen, die Wüste zum Ergrünen brachten. Das Lustigste war immer das Ende einer Oasifikation: in Klimawandeln, die kaum ein Jahrhundert dauerten, starben regelmäßig bis zu 99% aller t(i)errestrischen Individuen in Pangäa. Aber die Arten überlebten. Ein Dimetrodon-Weibchen, das vor 277.679.926 Jahren starb, sagte sinngemäß: "Frage nicht, was das Aussterben deiner Art für dich tun kann, frage, wie dein Tod für das Aussterben deiner Art nützlich sein könnte".

Die Araeoscelidia, zu denen der am Ende des Karbon ausgestorbene Petrolacosaurus gehörte, nervten. Unscheinbare Reptilien, aus denen nichts Vernünftiges wurde. Zu Beginn des Perm besuchten Aliens die Erde, aber nicht jene Aliens, die sie ständig besucht hatten. Es war eine aggressive stellare Zivilisation, die menschenähnliche Wesen auf der Erde aussetzte, um sie in 100 Generationen, die diese selbst als Weltgeschichte bezeichnet hätten, im industriellen Zeitalter abzuholen, damit die Menschenähnler für sie seltene Erden abbauten. Eine zweite Mission scheiterte an der Explosion einer Supernova in der Heimatgalaxie der gemeinen Eindringlinge, die durch ihre Gammastahlen deren alle 17 Welten vernichtete, die nur wenige Lichtjahre voneinander entfernt lagen. Die erste Mission wurde durch den großen Hunger der von den Aliens unterschätzten Reptilien jäh beendet: alle 50000 Menschenähnler wurden in wenigen Tagen verspeist. Es entstand zum Andenken an diese Pechvögel der Humanosaurus, ein Reptil mit dreimal so hohen Rückensegeln, wie der eigentliche Körper, wobei auf den Rückensegeln Hackfressen bis menschliche Gesichter gesehen werden konnten, - wenn sie denn jemand gesehen hätte.



§ 50. Karbon?


Fragezeichen? Schon. Denn: wer weiß. Nicht jeder Gymnasiast wird wissen, dass "homo erectus" nicht "notgeile Schwuchtel" bedeutet. Nicht wenige Realschüler werden, nach dem Perm gefragt, lange grübeln, um schließlich dem Wort ein S vorn und ein A hinten hinzuzuzuckern. Und Karbon? NFS (Need for Speed, ein Videospiel) Carbon, was sonst, freut sich der Hauptschüler. Der am unteren Ende der Debilitätskette angesiedelte Schulschwänzer wird bei Karbon sofort an Kohle denken, und Recht behalten: Karbon bedeutet tatsächlich Kohle. In keinem anderen Zeitalter wurde so viel Kohle gemacht, wie im Karbon. Es wurden Unmengen Geld an interstellaren Börsen umgesetzt, gigantische Blasen platzten, ganze Sternensysteme gingen pleite. Nur auf der Erde war nicht viel los: Amphibien, Reptilien, Arthropoden an Land, Amphibien, Kopffüßler, Fische, Arthropoden im Wasser. Das Karbon, ein Zeitalter der Riesenlibellen, der elegantesten biologischen Fluggeräte, hatte weltgeschichtlich eine eher geringe Bedeutung.

Drei Meter lange Tausendfüßler wie der berüchtigte Arthropleura schrieben Spuren im Sand, aber keine Geschichte. Nur einmal verirrte sich eine Expedition von geschichteschreibenden Wesen auf die Erde des Karbon. Sie schaute sich um und fand nichts, wieder nichts, und dann die Schwärze vor Augen, und dann wurde sie selbst gefunden - von Arthroneura, kleineren aber nicht so ganz vegetarischen Tausendfüßlern. Wer die Besucher aß, ist umstritten. Wer sie ausschied, ebenso. Fest steht, dass ihr Verschallensort, der Ort ihres Geschältseins, unsere ach so gastfreundliche Erde gewesen sein muss. Es waren aber nur Investmentbanker, die drei Quadrillionen Astro (heute wären das 730 Sextillionen Euro) Gassi führten. Viel Geld für Ottonormalalien, Peanuts für die Banken, die eine Suchaktion für zu teuer hielten.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 Augustus (03.12.20)
mit jedem Fortschreiten verstand ich erst den Zweck des Ganzen. Es kommen hier mehrere Zutaten zum tragen, die kaum in Worte zu fassen sind, wenngleich durch jede Zeile ein amüsanter Humor die Musik spielt. Kurz: humorvoll war Geschichte noch nie zuvor so wie hier dargeboten!
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram