Der Unfall

Innerer Monolog zum Thema Absurdes

von  Mondscheinsonate

Die Mama, nicht meine, wollte sich abends den Mantel anziehen, rutschte aus und donnerte mit der Stirn auf eine Stiegenkante, war sofort bewusstlos, erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Nach einer sechsstündigen Operation liegt sie nun seit Samstag im künstlichen Tiefschlaf. Die Ärztin meinte, wenn sie das überlebt, dann wird sie nie wieder dieselbe sein.

Die Mama, nicht meine, aber könnte es sein, wird auch beinahe so gesehen, denn wir sind seit 30 Jahren eine ausgesuchte Familie, sagte vor 28 Jahren: "Kind, komm sofort zu mir!", weil meine Mutter mit dem Messer auf mich losging. Sie sagte dies, ohne zu überlegen, es war spät in der Nacht, ich in einer Telefonzelle, frierend, klapperte mit den Zähnen, lief zuvor ohne Mantel hinaus, es war Winter, wir wohnten um die Ecke.

Aber, sonst zeigte sie keine großartigen Emotionen. Bei mir schon, bei ihrer Tochter nicht, aber die beiden sind ein Herz und eine Seele, das schon. Einmal passte sie auf meinen Kater auf, er fraß zwei Tage vor Kummer nichts, da rief sie den befreundeten Tierarzt an und war sehr nervös, der beruhigte sie, da beruhigte sich auch die Katze und fraß wieder, lag bald in ihrem Bett, das Kind sagte: "Eine Katz hat es gut, bei der Mutter!"

Weihnachten und Ostern verbrachten wir stets gemeinsam, heute schenkte mir die Freundin ein Kostüm, die Mutter wollte es mir letzte Woche schon schenken, es riecht nach Mitsouko, dem besten "immer-schon-Mama"-Parfüm der Welt. Mein Ritual als Teenager war, zuerst ins Bad gehen und an ihrem Parfüm riechen, immer, heute roch ich an dem Kostüm und fühlte mich gleich zuhause.

"Das Schlimmste ist, meine Mama so hilflos zu sehen!"
Die Mama, nicht meine, aber eigentlich schon, war immer voll aktiv, saß nie ruhig, war immer am Arbeiten, auch mit 74, dann zog sie sich den Mantel an und -ist sie noch? Wird sie noch sein? Was wird sein? Nicht mehr dieselbe sein? Was heißt das? Ungewissheit, während die Freundin am Bett ihrer Mama sitzt und ihr kleine Geschichten erzählt, aber nicht lange, das hält sie alles nicht aus.

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Kommentare zu diesem Text

Alaska (33)
(22.12.20)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 22.12.20:
Danke!

 RainerMScholz antwortete darauf am 07.01.21:
Stimme zu, tu ich, zustimmen.
Grüße,
R.

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 07.01.21:
Dankeschön!

 Dieter_Rotmund (22.12.20)
Stiegenkante -> Treppenabsatz oder Stufenkante

(das ist kein Korrekturvorschlag, nur ein Hinweis für Leser, die mit Austriazismen wenig vertraut sind.

 Mondscheinsonate äußerte darauf am 23.12.20:
Danke, Dieter.

 franky (23.12.20)
Hi liebe Mondscheinsonate

Das ist wieder Mal ein richtig guter Mondscheintext.
„Ob das doch nicht deine ….. war?“

Wünsche dir ein friedliches Weihnachtsfest und glücklichen Hupfer ins Neue 2021

Grüße aus dem westlichsten Züpfel von Austria

Von
Franky

 Mondscheinsonate ergänzte dazu am 23.12.20:
Danke, auch dir Alles Liebe!
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