Toxic INFP (F)

Kommentar zum Thema Schein und Sein

von  Terminator

Was ist jugendliche Rebellion? Filme wie "Ghost World" (2001) und "Margaret" (2011) zeigen, was sie nicht ist. Beide Filme erhielten überwiegend katastrophale Kritiken, doch nicht in dem Sinne, dass die Filme vernichtend kritísiert wurden, denn es sind gute Filme, - vielmehr in dem Sinne, dass die Handlungen der jeweiligen Hauptperson krass missverstanden wurden. Man weiß nicht so recht, ob die Kritiker mit dem Kopf oder mit dem Schwanz dachten, denn sie verwechselten das hinterfotzige und rücksichtslose Verhalten von Schlampen (die gute schauspielerische Leistung von Thora Birch in "Ghost World" und Anna Paquin in "Margaret" muss besonders gelobt werden, denn es ist nicht einfach, negative Charaktere in der Hauptrolle so realistisch zu spielen) mit jugendlicher Rebellion.

Die Protagonistinnen der beiden Filme sind ungefähr 18, und verhalten sich so narzisstisch wie Vierjährige, wobei es für Kleinkinder entwicklungstechnisch gar nicht anders möglich ist, als davon auszugehen, die Welt würde sich nur um sie drehen, - für ältere Kinder und Jugendliche allerdings schon. Sie lügen, betrügen, manipulieren, sind grausam zu ihren Mitmenschen, und dabei ach so sensibel, ja die einzigen, die überhaupt echte Gefühle haben können, und alle anderen Menschen sind ja nur Trottel und Idioten. Sie sind ein abstoßendes Beispiel dafür, wie weit spätpubertärer Eigendünkel gehen kann, wie scheinheilig und heuchlerisch bereits Heranwachsende sein können. Ihre "Rebellion", wie so viele Kritiker es nennen, hat nur für andere ernste Konsequenzen, sie selbst aber können, wie Kleinkinder, ungestraft jeden "Fehler" machen, mit dem großen Unterschied, dass sie ganz genau wissen, was sie tun, und das Schlechte absichtlich (oder grob fahrlässig) tun.

Es gibt viele Jugendliche, die auf dem Holzweg sind: Gewalt, Kriminalität, Extremismus, exzessiver Drogenmissbrauch. Jene, die nicht anders können, weil sie in schrecklichen Verhältnissen aufgewachsen sind, können einem nur leid tun. Die beiden wohlbehüteten Gören sind  abgeklärt und zynisch, sie wissen genau, was gut ist, und fordern das Gute von ihren Mitmenschen mit einem theatralisch in Szene gesetzten moralischen Terror. Für sich selbst lassen sie andere Maßstäbe gelten, denn sie haben schließlich Gefühle, und sind so sensibel und genial und einzigartig. Wer schon immer wissen wollte, aber nie zu fragen wagte, was eine Bitch ist, bekommt in diesen zwei Filmen eine klare Antwort (ohne dass die Filme beanspruchten, diese Antwort zu geben).

Die meisterhaft gespielten Bitches sind nur ein Spiegelbild einer verlogenen und narzisstischen Gesellschaft; sie saugen wie Schwämme die "Werte" dieser Gesellschaft mit sämtlichen Feuchtgebieten auf, - das, was auf benebelte Filmkritiker wie Rebellion wirkt, ist nichts als konsequente Nachahmung dessen, wogegen vermeintlich rebelliert wird. Dass die Bitches als solche nicht erkannt, sondern zu Rebellinnen verklärt werden, spricht nicht gerade für ein hohes Reflexionsniveau derer, die in den genannten Filmen Gesellschaftskritik zu sehen glauben. Dass die Protagonistinnen dem Zuschauer schon deshalb sympathisch werden, weil er dazu gedrängt wird, mit ihnen mitzufühlen, sollte nicht den Blick auf deren Handlungen vernebeln; der Wunsch, derartige Spätlolitas flachzulegen, sollte nicht zum Befehl werden, ihre Verdorbenheit als Ehrlichkeit usw. zu verklären.

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