Der Anwalt

Erzählung zum Thema Absurdes

von  Mondscheinsonate

So sagte er trocken, dass er gerade zwei Kanzleien zu betreuen hat, sein Bruder hatte einen Jagdunfall, zuvor hatte er die Mandanten vom Vater übernommen.
"Wie bitte?"
Der Vater hatte einen Schlaganfall im Sommer, fügte er hinzu.
"Wie geht es beiden?"
Sie sind tot.
Kurz und bündig.
Am 8. Dezember legte ein Jagdgast, ein 49-jähriger Anwalt aus Wien, seine Waffe in den Kofferraum seines Autos, ein Schuss löste sich und traf ihn mitten in die Brust. Er verblutete im Wald. Die Vögel sangen nicht.
Schweigen.
Man kann dazu nur schweigen.
Wie geht es dir, fragte er.
Ich umarmte ihn, trotz Umarmungsverbot.
Er weinte.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (06.01.21)
Den letzten Satz würde ich streichen, der macht den Text kitschig. Und es passt nicht zur Figur.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 06.01.21:
Ja.

 Augustus antwortete darauf am 06.01.21:
DR liest eben keine Klassiker. Schiller lässt in seinem großartigen politischen Stück „Don Karlos“ den spanischen König am Ende weinen. Das Weinen des Königs ist ein Ausdruck von Emotionen, der in scharfem Gegensatz zur königlichen, autoritären Macht steht. Das Weinen des Anwalts wäre eine Äußerung von Emotionen, die in scharfem Gegensatz zum Beruf des Anwaltes stünde. Dieser Bruch des Gängigen, das Eruptive, das authentisch Menschliche heben die Ordnung somit aus den Fugen. Ein Schiller hat das natürlich erkannt, ein DR leider nicht.

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 06.01.21:
Er hat auch geweint. Ich stelle es wieder hinein.
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